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Xrola auncher Anffiindungeo Ton Aussen hat nch die alt-clas- Biache Literatur doch immer auch in der nen^sten Zeit »hlreich«r Verehrer mid Förderer au erfreuen gehabt; und den bessten Be- weis, dass ca mit derselben auch in änascrlichcr Hinsicht nicht Bo Bchlecht stehe, wie eine gevisae Purtei die Welt Rauben machen will, liefern die gediegenen .uiiU. «tinl -TlfeU 'fuftKi;- , reichen Werke, welche in den letzten Juhcea.aiuih in diesem Fache neu hervorgetreten sind. InabeaeitUere Jta} ^dsffaid'Kl^'''' tik und namentlich die früher xuniiNacfaiheüe üet.JtiMtnechaft . «o häufig vemachläasigte diplomatiache Kriiil^ uiiMi'-griksei^n Förderung so erfreuen gdiabt und . die Te\ie der -jirAiet^ ij tHä«»!- Bdien SchrifUteller haben in dep,letateo Doccuiilfn eine neue und festere Gestaltung gewonnen, so daas der Foxtapbiitt der Wisaeo- schaft hier keineawega auch nur ehien Avgenhlick «a Terkeunon iat Daaa onter atdchen Umatandai auch ä,ie Schriften eioea so bia^ gelesenen uad der wiederholten Leclüre ao würdige Schriltatellere , wie Cicero ist, nicht vertuchl^saigt worden sind , reratefat aich um ao mehr Ton aelbat , je mehr gerade seine ' . SchriAen in den Kreia der Schule gesogen sind und ao sfclft eelten für manchen Gelehrten auch eine äussere VeranlatsiBig vor- handen iit, sich mit der Kritik und Erklärung der «der jener CiGeronlachen.Schiift nüh^r m befassen. E« tHM demnadi, flo hoffen wir, ifir die Leser dieser Zeitschrift ntebt vointereesant «ein, wenn wir die Haupterscheioungen der Jetsten Jahre in die- sem Felde dner Benrtheilung nnler besMderer Berfickaichtlgung der in imierer Zelt beaondera wieder fn'a I<- pr^Um uUetIt. Ai todd. niM. r«««na eollatprUD «dWoiuirngMe wtS' . r«p>la*i -iimiia rvtgimU, «Manm mtdiüm mamqM imMMioium, Cioeranic IHspat. TweiiL ed* Momt. ft - exmtnua et iniu:e9ttäieeU Georgine MenrieuB Moa/^Tf M* Utr^ Bffmn. Ulm. Reetor tt BtBf. Tom. L XXVHI und 61S SS. Hau- noyerae, in' bibKopolio aolico Hahnumo» IföSL gr» 8» Tmb. IL 478 SS« i^d. 1836. Tom. m. 4S7 S8. und eine 8. CorngBada. ibid^ 1836. M. Tullii Ciceronis Tuacutanarutn Disputationum lihri guinque. Ex Orellü reaensione eäidit et äluatravH Rä^ phael Kühner^ Pkilos. Dr., in L^ceo Hannoverano Conreclor, Societ. later» Teutonicae Francofurtensis 8odali8, Edkio altera m»- ctior et emendatior, . lenae^ typis et sumtibtLs Friderici Frommann. 1835. XVin und 478 SS. 8.. . ZugUdiclL nambaf t will Ref. hier auch »^iae eifne Abgabe mi^cheii : jüfb Tulii Cieeronia. Diai^uiaiipn^s TuMCMiana0. fFriÜBcA Ikerioktügt' vmä erläutert mri R. K. Leipng,f bei BU B»- Soi^iekärt. 183&.. XX md 635 i^S. 8. und Terbindet ferner damit, da diese Uefne Schrift fast ganz der Kritik der Tusculanen Cfccro's jsich widmet^ zngiefch dfe An- zeige von ^uaesiionum Tullianärum specimen acripsit Oawal- du 9 Theodarus KeiU Licgnitz, 1839. Druck der konigl. Hof- und Regjierungsbuchdruckerei von E, D'oench. XXII SS. 4. ^ Was n«n suvörderat die snerst genannte Moaer'acbo Bear*, beitütig dieser Schrift Cicero'a aniangl, aa theilt aie Mängel tind Vorzilge mit den übrigen Anagaben Gieeronianiacher Werke desselben Verfassers, sofern sie eincvseita «war mit grosser Sorgfalt und dankenswerthem Fleiase nicht Mur dierei^h« liehen Varianten der verschiedenen Handschrifteanu. diesen Bii« ehern aufauspeidieni und die Anmerkungen der früheren Heraus-, geber festzuhalten bemüht ist, andrerseits aber auch eben dieses an sich höchst lobenswerthe Streben es mit sich gebracht hat« dass. man die Masse des Dargebotenen nicht allemal gleich fpA. übersehen ktfnn, oder wenigstens genüthigt ist, sich das Gute und Brauchbare erst aus einer Masse Mittelgut uad für imsere Zeit wenigstens Triviellen herauszusuchen. - Doch wollen wir ^a- mit dem Hrn. Verf., dem wir auch so für seine Bemühungen zu aufrichtigem Danke uns verpflichtet fi&hlen, gar nicht zu nahe treten, zumal er selbst nach seinen Aeusserungen in der Vorrede alle diese Uebelstände wohl fohlte, aber nur nicht. recht/ wusst«» wie er sie bei seinem besonderen Plane , die besseren Anmerkun- gen der früheren Herausgeber wörtlich in seine Bearbeitung auf« zunehmen , hätte vermeiden sollen. Wollte er diesen« auch in seinen übrigen Ausgaben Giceronischer Werke verfolgten Plan bei den Tusculanen nicht aufgeben , so konnte er allerdlnga nicht wohl anders verfahren; allein möglich wäre es ihm ^deiin doch wohl gewesen ,~ mit gewissenhafter Bennteung des von sieir < Romiaehe Literatnr. neti V^gkagern Geldsteten , feine Bearbeitung dieaer Bueber so 8o veranstalten, dass.dasVon den früheren Kritikern beigebrachte Materid festgehalten worden wire, ohne dass sich der Hr. Her- aosgeber selbst älliu sehr die Hände bei seinen jdgnen , an sich höchst dankenswerthen Beigaben gebunden hätte. Doch wollen yrit^ wie gesagt^ mit dem Hrn. Verf.. nicht darüber rechten, ^u- mal es auch io gewisser Hinsicht angenehm und vortheiibringend* ist, das von den Früheren Geleistete wörtlich Wiederholt und so Jn einer einzigen Ausgabe beisammen zu haben ; aber unerwähnt können wir es dennoch nicht lassen , dass es bisweilen sehr unan- genehm bleibt, den Wust fremder und eigner, alter und neuer Bemerkungen in Hrn. M.*s Ausgabe durchgemacht zu haben , und dainn noch in den besonders [Bd. 3. S. 269 — 352.] beigegebenen Ben iley^ sehen Anmerkungen; oder, wenn die Masse der An- merkungen und Varianten der ohnedies übermässig in Anspruch genommene Raum unter dem Texte nicht fasste, in einem der vierzehn [ebendaselbst S. 353-— 392.] beigegebenen Excurse sich erst noch Raths erholen zu müssen. Doch wir wollen init solchen, jetzt nichts mehr frommenden Bemerkungen unsere Leser nicht länger aufhalten und wenden uns lieber zu der weit angenehme- ren Darlegung dessen^ was durch des Hrn. Herausgebers An- strengung und Fleiss, namentlich fiir die Herstellung des Cicero- nischen Textes in diplomatischer Hinsicht, geleistet worden ist. Und hier bekennen wir offen, dass Hr. Moser sich im Ganzen unseren grossen Dank erworben hat. Denn da er nicht allein die Lesarten der früher verglichenen Handschriften mit girosser Ge- nauigkeit zusammengestellt , sondern anch selbst noch zahlreiche neue Gollatloaen mitgetheilt hat, unter denen namentlich die Vergleichiing dreier Wolfenbütteier Handschriften, des Gud. 1. 2. und Augustanus , sodann des Cod. Marburgensis und M9nac. 1. 2^ hervorgehoben zu werden verdienen, so hat er durch seine An- strengung die diplomatische Kritik ein ziemliches Stück weiter vorwärts gebracht, zumal er immer mit grosser Vorsicht sowohl die Wortstellungen als Textveränderungen erwogen hat. Dass auch ihiti noch Manches entgangen ist, darf um so weniger auf- fallen, da der, wer dem Sammeln sich hingiebt, selten so gut Vor- theil aus seinen Schätzen ziehen kann , als wer das Gesammelte überantwortet erhält. Und imdankbar, ja kannibalisch würde es dah^r seui, bei Auffindung euier besseren Lesart aus dem von d«m Hrn. Herausgeber gesammelten Materiale, statt demselben zu Bänke sich verpflichtet zu fohlen, ihm Vorwürfe machen zii wollen, dass er das, was wir fanden, nicht selbst gefunden hat. Gegen eine so undankbare Annahme wollen wir uns hier gleich im Voraus verwahren, wenn wir im Folgenden es versuchen werden, eine Naehlese dessen zu geben, was wir, dem grösseren Theile nach unter Benutzung von des Hrn. M.'s Ausgabe, nach ihm zu einer besseren FeststeUong des Textes in diesen Büchern Cieerow Dupat« TnseuL ed. Bfoser» 7^ entdeckt m hftben glauben.; Dabei. werdcai wir aber aoeb siygleieli den Beweis liefern, das« Hm« Maaer'a Anfmerloianikeit s^lbal ia Bezug aaf die Aufbringung de» kriti^en Materialea nod^ Manches entgangen.iatf waa Uaweiien uns njithigti auf (Ue alteren Aoagaben xuiückattgehen, und was eben das Biiaaliche aolcber Gesammtaüffgaben in ein um so fataleres Licht stellt, je weniger man bei einer sardch ausgestatteten; Ausgabe gerade Derartigea unbeachtet gelassen glaubt, und Je misstrauischer, wenn n^n durch die That davon überaeugt ist, fian sodann die ganse Bear- beitung in dieser Hinsicht betrachtet. , Doch gehen wir au dem Einaeinen über. . lib. 1. cap. U §3. gibt Hr. Moser folgenden Text: 04^^ etrina Oraeeia noa et omni liUerarum gfiu^re ißperuhat: in quo etat faeüe vmcere non repugnanies. Nam quum apud Graeeos antiquistAnum e daetia genue eüpoetarumg aiquideim Homeruafuü et Hesiodus ante Rctnam condüam^ Ärehüo6lm$, regnante Romulo; aertua p'oeticam noa'^aceepimua, dnnia efiim, fare CCCCCX poät JRotnam eandiiam JUiv$uafa6ulam dedit , C. Claudio Caedfilio^ HL Tuditano^ eonauiUua anno antenatHm- Emtium: quifuit maior naiu^ quam PUnUua et Nagtriua. Sero igUur a nöairia poetae vel eogniti, vel recepü.- Wir sind mit Hrn. M. «im grossen Tbeile mit der Kritik und Erklärung dieser Stelle ■ einTorstanden , billigen es aui^h , dass er die Worte : qui, fuit maior natu^ quam Plautua et Naevhia^ welche sammtUdie Handschriften schütsen, gans unbesweifelt im Texte behalten und, wie auch wir thateui das Pronomen qui auf Liviua beaogen hat; nur köooen wir es jetst in diplomatischer Hinsicht nfebt mehr Terantworten., dass euim nach annia auch in der Moser^«' sehen Ausgabe noch festgehalten worden ist, da nach seiner eignen Angabe die meisten und. bessten Handschriften dasselbe , nicht haben» Denn, abgesehen von Cod. Reg. 1. , der es nach Bentley's Angabe nicht 'habep soll, > gegen dessen ansdriick- liches Zengniss das Stillschweigen Borger 's und Kays er 's, welchem letateren Hr. M. eine genaue Vergleichung.der acht ersten Capitel dieser Schrift verdankt, von keinem Gewichte au sein scheint, lassen auch Cod. Gud. 1; Rehd. Mon. 1. Aug. Ms. in roarg. Verbr, sodann sechs Oxforder Handschriften Codd. />, JS, £/, I, 0, x^ von denen nur. der letatere enim .von fremder Hand am Rande hinzugefögt hat [es ist demnach nicht ganz richtig, wenn Hr. M. blos sagt: Ox. 5.], fallen; und Bentley sah ia seiner Anmerkung bei Hrn. M. Bd» 3. S, 274. sei>r richtig ^in, dass, wenn man dem folgenden igitur die gehörige Beachtung sciienkt, es techt .füglich in Wegfall kommen könne... Wir ii^iir« den demnach die ganze Stelle jetzt nach den Anforderungen der diplomatischen Kritik also gestalten und interpungf ren : Doctrißa Qraeeia noa et omni liUerarum gener e auperahat :, in quo 0rat^ faeäe tmeere non repugnantiam narnquiom apud Graecßa ßnti- 8 Romii«lie Literatar« fuinuimum e doeiis gmnt^ M poeiarum: Hfuidma Hwnefma fttit et Hesiodua ante JRomam e^mditamy ArchiloehuB r^gnante Momulo: serhte poeticam non aceepimus. atinia fere CCCiXJt past Romain cendüam LMu» faindam dedit C. Claudio Caeci fitio M. l\iditano eonauUhus^ anno ante natum Ennium: qui' fidt maiar natu quam Ptqtitue et Naeniue: [cap. II.] sero igüur a noHris poetae Del eognitivel reeeptu So steht, ine in han^ dert anderen Fallen, der ErkUrangssatSy ohne daas er durah eine Partikel untergeordnet wird , mehr parallel in dem Haupt- satxe; und es wird nur erat am Schlosse durch 'Hervorhebung des durch denselben ^wonnenen Resnliates seine Beziehung aum Ganzrä auf eine schickliche Weise angezeigt. Wenn also die Stimme des Lesenden die Zahlenangaben mit den Worten : annie fere CCCCCX po8t Bomam eonditam etc. eben als eine nähere^ Erläuterung des Vorhergehenden etwas mehr henrorhebt, so wird^ man, wie schon Bentley richtig ermaass, das flickende enim redit füglich missen können. Auch k&nnen wir Cap. 2« nicht mit Hm. M. uns einverstan- den eridSren, wenn er in den Worten : Quo minus igitur honarie erat poetia^ eo minor a atudia fuerunt. Nee tarnen^ ei qui magnia ingeniia in eo gener e esatiterunt^ non aatis Graecorum glotiae reaponderunt.^ noch immer die Vnlgata beibehalten hat,^ obschon die Lesart, welche auf Bentley 's Vorschlag IXav.ies^ tn den Text genommen hatte: nee tarnen ^to, gut magnia inge^ niia in eo genere esatiterunt^ non aatia Graecorum glotüi^ te:^- äponderunt^ ausser den von Davies genannten Handschiift«^ Cod. Reg. 1. Vatic. Palat. sec. auch Codd. Gud. 1. 2. Marb^ftegili; und Oxon. ^ 1. bestätigen. Schon Bentley bemerkte richtig: Nee tarnen aic: in eo ferum atatu; licet innuUohonore tum eaaent poetae^ et paene in probt o» Auch lasst sich nur so die in den bessten Handschriften befindliche Variante in diploma- tischer Hinsicht erklären , da es wohl Niemandem leicht ekifiel, ai qui in aic qui zu verändern, wohl aber sehr leicht der umge- kehrte Fall eintreten konnte , wenn man aic in der hier sehr pas- senden Beziehung nicht gehörig erfasste, oder bei zusammenhin- gender Schreibweise aicqui in ai qui aus Versehen umschrieb*. Einen Omnd aber, diese Lesart nicht aufzunehmen, darin zu fin-? den, dass im Ganzen nur wenige Handschriften aicy qui^,^^t meisten st qui läsen , wie Hr. M. that , scheint mir in Üi^sea Büchern um so unhaltbarer, da nachweislich die richtige Lesart «1 ^ anendlich vielen Stellen blos in den zwei oder drei besäten Handsehriften sich erhalten hat Sagt ja Hr. M. selbst zu Cap. 3. § 6. ^tiod muUi iam eaae libri Latini dicuntur^ nachdem er die Lesart der meisten Handschriften Latini libri angefahrt hat: ,^Mos cum Regio L päucioires sequimur,^* und so in ähnüchea Fällen mehr« Bbendas. § 5. wundem wir uns, bei Hm. M. zu den Worten : Cüceroni« Bifput. Tweul« ed. Moier. tf In aummo apud Hlos honme g^WMtriafipi: üaqm niUt nMk€* maticis ülmtriua. tolgeodeBaa^äomg la lesen : ,,Perfiiiit CMM. Reg. 4. et Marb. nikil üague, qiiod non displieet: «ed Tideliii; esse oonreetori8>^ Auf jepe Lefltrt kann die Kritik tue doppellem Griinde niciht eingdben, erstens weil itaque so dem Cioeroni- sehen Sprsdigebrincfae zuwider ist, sweitens weil jene beiden ' Handschriften, wenn sie verefaselt stehen, in diplomatiseher Hin- sieht gar kein Gewicht haben, also mnsste jene Lesart auch an sich nur missfallen.. Mit Debergehung einiger minder wichtigen Functe wende ich mich au Cap« 6. § 11. Dort lesen wir in Hrn. M.'s Ausgabe: Atqui pleni sunt libri contra ista ipsa disseretUium [pAiVoa^* pharutn] und wir mussoi, wie die Sache jetst vorliegt,, ebenfalls wieder swei Verstösse gegen die diplomatische Kritik in diesen Worten ahnden.. Erstens hat Cod. Reg. 1. [nach Kajser's und Bouhier's ausdrücklicher Angabe] die Wortftellang fiteni libri sunt, ihm folgen Cod. Reg. 2« Bern, und sehr viele ältere Ausgaben, wie auch Da?ies [wegen der unvollkommenen An- gabe bei Moser sehe man dessen eigne Berichtigung Bd. 3. S.^438. in den Corrigendis], und wahrscheinlich audli noch meh- rere Handschriften, aus denen die Wortstellung nur seltner aur gegeben weisen ist« Mit Recht hat aber bereits Stürenbui;g in seiner neo^ 'Bearbeitung von Cicero 's Rede pro ^rchia poeta [Ldpxig , 1839. 8.] S. 128. neuerdings diese Wortstellung ' in Schutx genommen« Doch möchte Jch nicht allein in Beaiig auf «len Wortfiill, wie Stnrenburg.will, sondern in Beaug auf den inneren Sinn selbst die Wortstellung der bessten tlandscbrift §ut^ genommen wissen« Atqui pleni jBunt libri contra isla ipsa di^' * Merentium pkiloeophorutn würde mit au scharfem Tone den Um- stand des Vo Ilse ins der Bücher hervorheben, während die andere Wortstellung: At pleni libri eunt etc. das Vorhand en-^ sein voller Bucher dagegen mehr hervortreten lässt, wa^ der gegenwärtigen Sachlage nach das Richtigere ist. Noch mehr ist es uns aber aufgefallen, dass Hr. M. das Substantiv philoeopho^ rrnn gegen alle nur irgend bekannten Handschriften getilgt wis-, sen will. _ Wir haben schon in unserer Ausgabe S. 17/ bemerket dass sowohl der Sprachgebrauch an sich, als auch der Sinn dieser Stelle den Zniata philosophorum erfordern. Und wenn ein paar höchst unbedeutende Handschriften .und einige alte Ausgaben das Wert phüosophorum umstellen , so sollte doch ein so besonnter Kritiker, wie Hr. M., auf diese blosse Anzeige hin eip Wort nicht sogleich verdächtigen, welches die meisten und bessien Haod- schriften insgesammt und swar .an einer und deptelben Stella schütsen. Denn was könnte man da nicht verdächtigen, wenn man so viel auf eine einfache Umstellung geben wolltet Dass aber gerade die Wortstellung der meisten und bessten Handschriften an unserer Stelle die passendste sei , darüber hat bereits ICriiz in 10 R&inische Ltieratar. der Recemion der Kühner* sehen Ausgabe [AUgem. Sdiolseit. 18S0. Nr. 111. S. 903.] sehr richüg geurtheOt. Mit gai4 Ihn- licher Ironiev wie hier Cicer^> spricht Arüitoteles in der Politik lib. 1. eap. 2. § 16. ed. Stahr. Kai tolffuevcvtm ioxsi^ .totg d' i^Blvwg^ xal tiSv 6oq)iov. und w&e die Sache nicht ^u geringfügig;^ so konnte man glauben, Cicero habe jene Steile Tor Angen gehabt. So war es alsb hier Pflicht des Kritikers , das diplomatisch treu Ueberiieferte , was ohne Grund nie lu ändern ist, beizubehalten und zu lesen: Atqui pleni libri sunt contra ista ipaa düserentiuni philosopharum ^ und statt dasselb^e ohne Noth anzufeinden, lieber die richtigen Besiehungen des Einzelnen anzuzeigen. Ein Verstoss gegen die diplomatische Kritik iift es allerdings auch, wenn Hr. M. cap. 6. § 12. drucken Hess : nam iatud ipaum^ non esse, quum fueria^ miserfimum puto.^ während er doch selbst aus fast allen Handschriften, Godd. Reg. 1. 2. 3. 4. Mon.2. ■Vind. 1. 2. Gud« L 2. [wozu ich noch zwei Oxford er Cod. £. und I föge , die ialuc ohne ipaum haben sollen , während ans den übrigen wohl nur um deswillen iatuc ipaum nicht besonders ange- merkt worden ist, weil man es für eine blos orthographische Ab- weichung hielt] iatuc ipaum notirt hat. Nicht blos euphonische Grunde können zwischen iatuc und iatud entscheiden , sondern auch tiefer liegende, ts^t^c hat mehr Demonstration , tds iatud ^ und diese ist hier ganz an ihrem Orte. Es war also hier den meisten tmd bessten Hiindschriften unbedingt Folge zu leisten. Ein anderes VerhältnisB scheint es schon zu sein, wenn § 13. in den Worten: ßa, qui nandum nati aunt^ miaeri iam aunt^ quia non aunt: et noa^ aipoat mortem miaeri futuri aumua^ mt- aerifuimua^ antequam naii.^ Hr. M., allerdings mit den bessten Handschriften, das gewöhnlich nach noa beigegebene ^st tilgte« Denn wenn schon Codd. Reg. 1. 2. Gud. 1. 2. Duisb. Marb. Mon.l. [ich ilige noch hinzu Codd. Oxon. E^ g, x^ ^ 1. , deren Zeuguiss Hr. M. hier ganz unbeachtet gelassen hat], ipai nicht haben und es auch in Bezug auf den Sinn recht füglich gemisst werden kann, so ist doch das Vorhandensein des Pronomens in den übrigen Handschriften immer ein Umstand , der einige Beachtung zu Ter- dienen scheint, da jenes Pronomen, an sich nicht nöthig, wohl kaum von einete Abschreiber oder Glossator hinzugefügt worden sein würde, wenn sich gar keine Spur desselben in der iilteren Ueberlieferung vorgefunden hätte. Da nun aber das Pronomen ipae nachweislich in diesen Büchern früher durch Abbreviatur geschrieben gewesen zu sein scheint, worüberivir zu Buch 2. Cap. 11. § 26. unten noch Einiges bemerken werden, so könnte man allerdings Trerführt werden , , hier und unten Cap« 30. § 03», wo ein gleiches Verhiltniss StaH zu haben scheint ,j anzunehmen, dass das abbrevirte Pronomen ipae aus Versehen in den bessten Handschriften ausgefallen, in den geringeren dagegen beibehalten Ciceronu Disput TomqI« e4. Moser. 11 werden eei t und ao würde in diesem Falle das Zengniat der bet- 8eren Handsdiriflen in diplomatischer Hinsicht nicht das Gewicht haben f wie in anderen Fällen, wa jener Umstand kein Bedenkea ein.fldsst. Denn auch unt^n Cap* 39. g 93. haben die geringeren fliandschriften einmüthig: Jt id quidem ipmrn in ceterU rebus me« lHi8 puiaiur etc. ., während Cod. Reg. 1. Gud. 1, 2.' Giypli. Aug» Duisb. Rehd. Bern. Vind. 1. und drei Oxford. Handsthriften ipsum weglassen, denen Hr» M. auch dort gefolgt ist, dies t&brigens aner- kennend, dass ausser dem Zeugnisse der besseren Handscliriften nichts gegen ^sum spreche. Da nun aber gegen das diplomati« sehe Zeugniss dasselbe Bedenken, wie in der gegenwärtigen Stelle, so auch dort geltend gemacht werden kann, der Sprachgebrauch aber, wie wenigstens Hr. M. meint, eher für Hinauf ngung ab Weghssung jenes Pronomens spricht, worüber er Kühner und Goerena ad Acad« 11. 14. p* 84. und unten Cap. 37. § 90. ^t id ipsum o^iosum est sine sensu esse. Tergleichen lässt, so könnte man allerdings auch hier gegen ein unbedingtes Verwer- fen des Fronomens Zweifel erheben, wenn nicht wenigstens an dieser Stelle ein anderer Umstand geltend gemacht werden könnte, den Hr. M. ganz ausser Acht gelassen hat. Es will nämlich dea Rec. bedünken, als sei das Pronomen ^se in dieser Wendung in der Regel dann weggelassen worden^ wenn die Partikel .^titd&ni das erste Pronomen bereits henrorhob. Und so ist es allerdings richtig, wenn unten Cap. 37. § 90« gesagt wird: ui^/ id ipsum odiosum est sine sensu esse.^ wie in Cicero^s Ep. ad Brut* IIb. 1. ep. 4. At hoc ipsum y inquit^ inique facis etc.^ aber mit Hinzufognng der Partikel quidem würde es hier richtiger i^ur heissen: Af id quidem in ceieris rebus meliui ptUaiur etc. Vgl* noch Ci c. de senecL Cap. 11. § 35. At id quidem non proprium seneetutis Vitium est^ sed commune valeiudinis^ welche Stelle^ wie ich sehe, Hr. M. selbst beibringt. Aehnlich pro Milone Cap. 22. § 58. Etsi id quidem non tanti est etc. Geht man hiervon a^is, so möchte allerdings ipsum an der zweiten Stelle zu streichen sein, da es der Sprachgebrauch eben so gut wie die diplomatische Kritik verwirft, und es sich auch allenfalls erl^ären lässt, warum die Abschreiber, Wendungen, wie at id ipsum und dergl. im Gedächtnisse habend, ipsum hinzufügen konnten; in der ersten Stelle bleibt es aber trotz der bessten Handschriften ,um so bedenklicher , dasselbe unbedingt zta entfernen , da das fol- gende si die letzte Silbe von ipsi absorbiren und so, kam ngch eine Kürzung . bei der . ersten Silbe hinzu , das ganze Wörtehen leicht ausfallen konnte. Nnr im Vorübergehen wollen wir erwähnen ^ dasT es uns auf-- gefallen ist, wenn Hr. M. mit Kühner und anderen Herausge- bern Cap« 8. § 15. den Vers : Emori nolo : sed me esse mortunßi nihil aestumo,. 12 Römische Litjbratür. so «cftnJHren slii müsseo glaubte, dtes me KWftr TiSrkunt, niciit aber eiidfrt ^ärde; Jene Gelehrten mügsen deninach emori ndo Mofl fSr zwei Versfässe gehalten und , wie ihre metrischeii Zi- ehen ancb. Ung^ben, dmoti | i»(^d scandirt haben. Allein emori ist. doefa ein Greticus und nölo ein Spoüdaeus , und se kann der Vers nur so scandirt werden : £mori nolö: sed me esse mörtuum nihU a^tumo,. Wodurch jene Annahme der Nicht -Elision, die hier auch durch den Binn der Rede nicht gerechtfertigt wird, Ton selbst In Nichls zerf&ilt. In demselben Cap. § 17. heisst es in den meisten und bessten Handschriften: Quid? siterogaeero oHquid^ nonne r^sponde-^ bis f Dagegen meinte Hr^ M. aus Codd. Duisb. Gnd, Viud. 1. 6ud. 2. schreiben zu müssen: nori respondeöis. und fertigt die Lesart alier glaubwürdigen Handschriften mit folgenden Worten ab: ,,Eqaidem cur, fion praestet, docere noio/cum nostris quidem temporibus süperracanenm esse ^ideatur. Adi tarnen sis Kritz. ad Sali. lug. 31. p. 185.'' Freilich , wenn Hr. M. in seinen Icriti* sehen Anmerliuilgen nur das als Norm befolgen wollte>, was die gemeine Meinung ist, so koimie er sich damit beruirigen. Doch, meinen wir, es hätte ihm auffallen müssen, daisi üier und ander- wärts die diplomatische Ki^lk mit der gewöhhliehen Annahme in Gonflict gerathe und "dasä es> daher wohlgethlin sei, über das yon den bessten und mei^tefn Handschriften Gebotene etwas genauere Untersuchungen anzusteileu. Da würde es' sicli wohl auch für ihn herausgestellt haben, dass diese Stellen nicht sofort zu än- dern ,> sondern Tielmehr die Ansichtien der neueren Grammatiker fn BetreflP ihrer zu berichtigen scaen. Eee. hat bereits in diesen NJbb. Bd. 22; Hft. 2. S. 134. atif die Art und Weise hingewiesen, wie diese Stellen, wo norme da steht, wo man non nach der ge- wöhnlichen Ansicht erwartet hatte, aufzufassen seien , und kann also hier füglich darauf zurückverweisen. Er giebt fiur noch einige durch eine diplomatisch genaue Kritik hinlänglich gesicherte Stel- len an, um darauf aufmerksam zu machen, wie gewaltsam die Kritik zu Werke gehen mösste, wollte sie die alten Texte nach den, Ansichten der neueren Grammatik ummodeln, nicht vielmelir die Lehre der Grammatik nach den Indicien der alten Handschrif- ten selbst umgestalten und beschränken. Denn nicht nur in Gi-, cero's AceusaU üb. IV. cap. 9. §19. wird man wohl: Quid? isti iaudatores tut nonne testes mei sunt ? gegen das Zeugniss des Cod. Reg. Leid. Guelf, die non wahrscheinlich aus Corrector haben» beibehalten müssen, da dort der Palimps. Yatic. die Vul- • gata nonne sicherstellt; sondern auch an vielen andern Stellen ^ zeigt sich nonne durch die diplomatische Kritik hinlänglich ge- schützt, wie Ui Cic. de finih. üb. 11. cap. 3. § 10. Quid pauUo Unte^ inquü^ diserim^ nonne meministi^ quem omnis dolor Cieer^nii Qi^piit* Tmcnl. ed. Moser* X9 4etraeiuß eiset^ Vßrißtij non augeri volupiaißmt Qpd lib.y. «;iip. 2S. § 86. JSlhnne igüur tibi videntur ^ infuit , fnßla f •• welchen Stellen auc^ Madvig zu der Schrift de finib. IlyA ^0* p. 153. Bedenken trug^ ^r gewöhnlichen Aanahme m folg«. Efnen Uebergang bilden «schon Stellen^ wie imten Ca^ 15. § 84. .Quid? poetiw twone past mortem nobilitari volfint? nnd ebenj* Quid? noatri philoßophi nonne in his ipsis libtia^ guoa Mcribunt ä^f .Qonietnftefida ghria^ aua namina inscribuni? Doch Hr. Bf. und der geneigte Leser werden,* wenn, einmal derauf aafmerkaain gemacht, Jeicht die vensicfaiedenen Schattiriuigen in^en eiaaelnep Stellen wahrnehmen nnd mit uns auch hier der diplomatlaeh^ Kritik den gehinrif^n Raum geben. Noch gröbere Verstösse gegen die Handhabung einer richti- gen^ diploipatischen Kritik müssen wir Hrn. M. Cap. 9« § 19. zei- hen, w^nn wir in seiiier Ausgabe also lesen: Animum auiam alii animam^ ut fere nostri: [DecUirat nomen:, nam-et agere animam et efflare dicimu8<^ et animosoa^ et beneani- matuf^a^ et es animi aententia] ipae enim animua ab ani" ma iMdua eat. . Der erste Irrthum ist hier der, dass Hr« Bf. naeh Davies' Vermnthung ganz gegen das Zeugniss der Hand- schriften herausgab : ut fere nostri. Declarat nomep. Denn ap konnte Cicero nnmögli^^h schreiben, noch hat er nach allen In- dicien so geschrieben, noch ist je einmal diese Lesart in einfx alten, w^nn auch interpolirten Handschrift, wie JHr. M. annefamep wlU,- gewesen. Deutlich iässt sich namltch hier aachw^e^, dass «iKe Abkürzung die Varianten, welche sich in deq einzelneu Hand- «fchriften- Familien finden, hervorgerufen hat, wi dass, wf^n.wlr das, was die AbMrzung ursprünglich hat besagen, wollen, Qoeh aus den Spiiren der Handschriften abnehmen könnSßn, anderw^ei^ tige Scbwii^rigkeiteii; keineiüwegs mehr torjiaM^ja sind^ t\a J|esen «ämlichdie meisten und besiit^ii .Han^^chtift^ni i^iepindi Qod. Reg.l« Qem« [iQ^|1(würdfgj^. Weife schweigt bto ]Btr. M^a^r überGud. 1«2. aii.einem..Qrt$f woes sehr wQiisch^ips^iverth .^e- weaen iiräire v il^e .Lesart^en feennexi zu lernen, wiewohl ß\e m^h G0Ai.V,^p m whlm^m r /wohl ^o^nen hab^o.] uad andere .m^r/: ut fere^ .noaißi ,deQlara^^ ilpnie^i andere, miI« Cod. Kabijis>s, wA MiÄboen die liltereu.Aiisgabea: nr/^n? nQat9^i4e^UifafH\nmir mari. Da di^e beider allein T^yn^den Handachrifieif.b^attbig- Ion Xiesartßqa^g^Rchelnlich.unlatajnisch sind, so mufis^woU eidtf) Oonruptel älaltgefnoden Jbabien, und dieselbe i$t naiA einer folri- gen d^kmatischea, Kritik doch zunächst in dem, Wdrt^ an m- chen^ wDtnber schon die alte Ueberliefbytmg achwanfcti nanilidi in nomßn oi^x nüminmi. Was dafür herzust(ellea sei, iM aucjb gar ideht «chwi^rig zu finden, ja es hatte es schon ein Abschret- her am Rande, d^ Vindob. L. und idele Heuere Herausgeber ht^ meirkt. Ss kann di^s nämUch uichis And^rea i^eiH, aia nomlnai Und onaece Au%4be wäre ea hier inur uoeh, um der Zweifer 14 Römische Literatar. willen, tiacIuEairelgeii , wie aus dieser Lesart die beiden uns üb^ lüeferten Lesarten nomen und nominati hervorgegangen zu seih scheinen, was eine sehr lefchte Aufgabe für die diplomatische Kritik ist. Es stand nämlich in der Drhandschrift flOle* Dies rerwechselten Einige mit dem Compendium von nomen : nom» welche Buchstaben, nach Orelli^s ausdrücklicher Angabe, God« sec. und Duisb. noch ganz so haben, und so entstand die Lesart der bessten Handschriften nomen,; allein Andere fanden jn jenem Gompenflium ftomf 9 und so entstand nominari» Nimmt man nun aber die leichte und gefallige, durch die Spuren in den Handschriften genugsam unterstützte Gonjectur nomine auf 4ind schreibt: utfere nostri declarant nomine^ so haben wir ja sofort Alles gewonnen, was nur hier, auch in Bezug auf den Sinn der Stcille, frommen kann. Denn wenn Davies und*Bentley lieber declarat nomen lesen wollten, wie Cicero unten IIb. IIL cap. 5. Totum igitur^id^ quod quaerimus^ quid et quäle ait verbi via ipda declarat, und de divin» üb. 1. cap. 42. Quorum ostentorum vim^ ut tu soleS' dicere, verha ipsa prudenter a maioribus po- atta declarant. gesagt habe, so ist dies eine Kurzsichtigkeit, die ich wohl Davies, nicht aber Bentley verzeihe. Denn was dort passend war, ist hier wegen der Nähe des Snbstantivbfe- Riffes nostri unpassend , und kann nur entweder durch eine küh- nere Aenderung, wie die Einsetzung des Pronomens ipaum^ oder durch ein unertragliches Asyndeton C i c e r o ' s übriger Rede ein- Terleibt werden. Aber ist denn die Wendung: utfere noatri de-- clarant nomine^ etwa unlateinisch? Man vergleiche nurPlin« hiat, nat. XXXni, 6. cuiua licentiae origo nomine ipao in Samothrace id inatitutum declarat. Doch genug zur Sicher- stellung' dieser Lesart. Wir hoffen, es werden weder Hr. M. noch der einsichtsvolle Leser nach dieser unserer Darlegung an der Richtigkeit der schon seit Wolf von den meisten Herausge- bern aufgenommenen Lesart ferherWeit zweifeln; Wenn nun aber Hr. M. ferner an den folgenden Etymologieeb: nam et agere anihtam et efflare dicimua ei änimoaoa et bene ani^ matoa et ex animi aententia^ bei denen es Cicero offen- bar nur um den allgemeinen Sinn zu ihun war, Anstoss^nahm, nnd deshalb, zwar das Einzelne als Cieeronianisch anerkennend, dennodt dk eben angeführten Worte mit Ben tle^ als von frem* der Hand hinzugrfugt betrachtet wissen wollte, so können wir Uim lüch hier kemeswegs beipflichten.' Denn fand es der Hr. Herausgeber tadelnswerth, däss Cicero iibeiliaupt diese Etymo- logieen hier so reichlich anbringt, so verkannte er offenbar die Ste Absicht des Verfassers, der nicht, uin mit Worten 9u si|ie- 1, dieselben hersetzte, sondern auf dieäe Weise seine philoso- phischen Ideen als Im lateinischen Sprachgebrauche wurzelnd und demnach ans den lateinischen Volksideen hervorgegangen erschd- nen lassen wollte. Fand er abdr, wie auch Anderen dies anstSssig Ciceronis Dispat. Tusiral. ed. MMer. 15 ersGbieneii ist, die etymolo^schen Betiehongen von animonuvmi hene anhnatus und ex animi sententia hier in Besag auf anima nicht ganz geeignet, so wollte er dem Verfasser eine gramoM.- tisch - etymologische Cfenaaigkelt xnmnthen, die nicht dmiial seine, diesen Studien von I^fesslon ergebenen Zeitgenosven, wie Varro und Andere, besassen,' und deren Yemachlissigung dem Verfasser hier um so weniger a^m Vorwurfe su machen ist» da er ja durch den Zusatx : ipse gutem animus ab anima didUB est , auch die obigen Beziehungen zu animus wieder auf antma s zurückzuführen weiss. Man whrd als^o wohl diese , von aimmtli- chen Handschriften cinmiithig geschützten Satzchen als tob Ci- eero's Hand geschrieben anzuerkennen haben. Doch wir müs- sen noch den dritten Verstoss gegen eine genaue Kritik erwih- nen v den sich Hr. M. in diesen Worten nach unserer Ansicht hat zu Schulden kommen lassen. Es ist dies die Aenderung der Par- tikel ttutem in enim in den Schhissworten : ipse autem animus ab gnhna dictus esi^., welche Hr. M. Ton Davies angenommen hat , ohne es nur mit 6iner Silbe besonders zu erwIAnen , dasa sammtliche Handschriften, und gewiss auch seine neuTergUche- nen, hier nicht enim , sondern autem lesen. Auch dieses autem^ was , wie gesagt, handschriftlich sicher 6teht , schützt die vorher stehenden Etymologieen und bedarf, wenn man diese nicht vei^- dächtigt , gar keiner weiteren Rechtfertigung. €ap. 10. ^20. heisst es bei Hrn. M.: Bius doetor Haio triplicem fmxit lärdmum: cums principaium^ id est rattonem^ incapite, sicut tri arce^ posuit: ei duas partes parere, voluü^ iräm et cupiditatem , quas loeis disetusit etc. ; Diese Lesart itts in doppelter Hinsieht nicht zu empfehlen, einestheils in Bezug auf den Sinn der Stelle selbst > andemtheils in diplomatischer Hinsicht. Was den Sinn anlangt, so würde äau vorgesetzte ei weniger auf den ptineipatum afiimi^ id est rationem, zu beziehen sein, alsüelmehr^auf die ganze Seele, die Plato dreifiich aioh vorgestellt habe, n^as aber nicht passt; sodann steht auch et^ was alle Handschriften Ibieten, indem es das folgende Satzglied enger an das Vorhergehende anschließt, hier ganz richtigv und es war also gar kein Grund vorbanden ;, an dieser Partikel zu rüttehi. Dagegen g^ben wir Hm. M. vollkommen Recht, wenn er ein Pro- nomen wie et hier vermisste, allein dann musste er berudksicht^ gen, dass diesem et, nach den Spuren der Handschriften selbst, ein andres f IStzehen tingewiesen werden müsse. Da nämlich niit Aus- nahme des Cod. Vätic. , der parteis parere liest , und vieOeidit des Cod. Reg. 1. [wiewohl von dem letzteren es zweifelhaft ist, daCod. Gud. 1. ihm nicht beistimmt] sammtliche Handschriften statt parere bieten separate oder seperare (siel) , so kann ich jetzt nur die von Davies gewählte Lesart: et duas partes et parere poltsit , auch in Rücksicht auf die diplomatische Kritik an- erkennen. Denn aus einer etwas undeutlichen cöntinna scriptio 16 RBmische Literatur» ' partue%pmrere konnte m»n leicht benuslesen: parti» ae- parareM purere im Cod. Yatic« gcheint dann blos Nachbesserung gewesen lu sein, die aber die SQbe ae als ganz aus der Luft gegriffen lirscheinen lässt, und folglidi nicht das rechte kritische Verfahren sein kann« Sclireibt man dagegen: cuius principatum^ id. est ratienem^ in capite sicut in arce posuit et duas^partis ei parere voluit eto.^ so geschieht dem Sinne der Stelle, sowie den Anforderungen der diplomatischen Kritik auf gleiche Weise Gnuge« Cap. 11. § 22. hat Hr. M« geschrieben: Democritum enim^ magmtm illum quidemvirum^ aed levibus et rotundia carpuscu^ Hs effioientem animum concursu guodam foriuiio, omittamua» und, obschon er nur geringere Handschriften, wie Codd. Marb. .Vihd. 2. Gud. Mon. 1. , dafuc anführen kann , missbilligen wir wegen des stehenden Sprachgebrauchs sein Verfahren nicht, nur Termissen wir bei d^n Hrn. Herausgeber hier einige Genauig- keit in den Angaben der Handschriften* Denn da Davies sonst nicht leidit ohne Handschriften «die Wortstellung änderte, hier aber schon magHKm t//um ^ttM^m liest, so scheint es, als habe ' er diese Lesart aus Cod. Reg« 1. aufgenommen, und es wäre also zu' wünschen gewesen, dass Hr« M. über Cod. Reg. 1. oder wenig- stens Gud. 1. ausdrücklich eine Angabe gemacht hätte. Dass Cod. Reg. 1. auch .wirklich jene Wortst^ung habe, glaube ich aus MikdT ig? &^ Bemerkung in den ^ddend. su Cic. definib. p. 877. abnehmeh su dürfen, da er dort, nachdem er in der Ausgabe selbst p. 553« sich< im GsusEcn für die sonst übliche Wortstellung In golchen Sätzen .erklart hatte und nur angegeben, dass bei Cic. ad :ätt:X\^ 13, 5«; und in dea bess^en. Sandschriften bei Cic. aVisc. 1, § S^. siteh die andre Wortstellung flnde^ in den Addend. 1. 2. sagt: „In Tusculanis I, 2% oodijr^s (Gud* et Erar. testi- bus) reVahrheit der Lesart der meisten und bessten Handschriften ge- zweifeft haben. Er that es ojQFenbar aus dem Grunde , weil in diesen Frag- und Ausrufungssätzen eine Ausfüllung des mit der Vergleichungspartikel genugsam angedeuteten Verhältnisses die Rede zu schleppend gemacht haben würde. Die Griechen scheint ein ähnliches Gefühl geleitet zu haben , wiewohl sie sich diese Freiheit im Ganzen öfters nahmen. Ueber den Sprachge- branch der Griechen vergleiche man Plato de legg. IV/ p. 715 exfr. ed. H. Steph. P. III. vol. II. p. 354. ed. Bekk. 6 nlv dij ^Bog^t wöitBQ xal 6 itakatog Xoyog^ ^QX^'^ ^^ ^^^ rtXBvtijv xal . Iii0a Twv ovTcaiv aTtdvtfDV ^%. E* V. 1/^2. Gud. 2. Aug. Duisb. Mon. 1. 2. anima drückt den edleren Theil des Menschen etwas materieller aus als animus , und ist um deswillen gerade hier ganz passend. Auch konnte leichter animam in animüm verwandelt werden , als um* gekehrt animum in anifiianu In demselben § schreibt Hr. M. noch immer: alteri nullt sunt: älteres non attingit, ^ obgleich fast alle nut einigermaassen glaubwürdige Handschriften : älteres non attinget , bieten , wie Cod. Reg. 1. Gud. 1. 2. Duisb. Gud. Oxon. D. U.^, %. i\)l. Da es Cicero vernünftiger Weise frei- stand , sich so oder so auszudrücken, da der Sinn der beiden Les- arten doch am Ende auf dasselbe hinausläuft,. so niuss hier die diplomatische Kritik entscheiden und diese i^t für das von uns ischon früher in Schlitz genommene attinget. Auch § 92. können wir uns nicht mit des Hrn. Herausgebers, kritischem Verfahren einverstanden erklären, wenn er in den Worten: Habes »omnum imaginent mortis eamque quotidie induis: et dubitaSj quin sensus in motte nullus sity cum in Ciceronifl DUpHt. TaseoL ed. Bfoser. 27 eüis simulaero vid^as' ea9e nuUum seneum? iiocb immer das m säratntlicheii Handsehriftea an der Endspitze des Stties wieder- holte aenaum getilgt wisaeo will« Ich habe schon in meiner Ani^ gäbe darauf aufmerksam gemadit, daas Cicero nicht ohne guten Grund dasselbe Wort wiederholt zu |iaben scheine, weil er einea Naehdrack darauf legti Die Wiederholung desselben Wortea kann also eben so wenig auffallen) als Cap. 19. §43;, wo es heisst : nulla eat celeriiaa^ quae p^aaü cum antmi eeleri-^ tute contendere^ oder an anderen unzShlichen Stellen, wo um. des Nachdruckes oder der Deutlichkeit willen eine Wiederholung desselben Wortes stattfindet. Ich tuende mich mit Uebergehung einiges minder Wichtigen zu Cap. 40. § 97. y wo Hr. M. zwar mit Recht nach den bessten Handschriften zuvörderst liest : Q^uis kanc masimi animi aequi- tatenß in ipsa morte taudaret^ ai mortem malum iudicaretf^ statt dass man früher animi masimi las, im Folgenden aber nach vadit mit Unrecht immer noch enim^ was auch die meisten seiner Handschriften lesen, nicht in den Text zu nehmen wagte. Da enim Cod. Reg. 1. Med. Eliens. pr. tert. BaHiol. Cantabr, und Bak. bei Davies, ferner Gud« 1. 2. Au£. Rehd. Gud. Duisb, Vind. 1. Math. Öxon. D. 2. 6. i/; 1. einmüthig schützen, so würde ich es jetzt unbedenklich aufnehmen, da das Wörtchen sehr leicht, wenn es mit Abbreviatur geschrieben war, ausfallen konnte. Es soll durch dasselbe der folgende Satz als ein Beleg zu der in der Frage enthaltenen Behauptung aufgeführt werden; und wenn schon das folgende igitur auch ohne jenes enim die Beziehung anzugehen scheint, worüber wir bereits zu Cap..l. § 3. uns aus- gesprochen haben, so dient doch die Partikel hier, wo der Sinn leicht missTerstanden werden könnte, als sichernde Führerin. Cap. 41. § 98. hat Hr. M. imraer noch die von mir bereite aufgeocmmeae Lesart: Tene^ cum üb iia^ qui ae iudipum nu- merö haberi völtmt , e^maeria , ad eaa venire , q^ vere iudiees appelieniur^ Minoem^ Rhadanvanthum ^ Aeaoum^ Triptaiemum^ amvenireque eoa, qui iuate et eumfide viserint? haec peregri^ natio mediacria vohia eideri poteat?^ welche Bentley schon früher mit Recht empfohlen hatte, verschmäht, mit grossem Un- recht, so glaub' ich* Denn ausserdem, dass s&mmtlldhe Hand- schriften Bentley's, unter diesen Cod. Reg. L, sodann Gud. 1. Oxon. if 1. und eine Leidener Haqdschrlft, diese Lesart ausdrück- lich, bieten, fuhren auch die Spuren vieler anderen Handschriften auf dieselbe Lesaft, wie Codd. Aug. Rehd., die tenere lesen, Oxon. f. , der pene schreibt und was dergleichen mehr ist. Man^ sieht, dass die äusseren Zeugnisse mehr för iene als das einfache' te sind. Wenn nun aber Hr. M. dagegen einwendet, dass durch diese Frage Immer etwas Unangenehmes , wenigstens etwas Uner- wartetes, ausgedruckt werde und dass schon um deswillen diese 23 • Romisehe Literatur/^ I Wendung hier vnsulässig sei, so ist wohl dieser Einwarf kanm einer besonderen Beseitigung werth , da ja die Frage nur die An- deutung einer Verwunderiuig enthält, die aber eben so gut ober ein glückliches Ereigniss, wenn dies- unerwartet kam, entstehen kann, als über ein unglückliches., und der ganze Zusammenhang erst an die Hand geben muss, wie man die picht ausdrücklich ausgesprochene Empfindung zu denken habe. Dass hier eine hei- tere und fröhliche Ueberraschung angedeutet werden soll, zeigt^ der Zusammenhang und, wenn an vielen Stellen das Gegentheil stattfindet, wie zum grossen Theile in den yon Heindorf'za Horat. SaL 1^9^73, gesammelten Beispielen ^ so wird dadurch noch nicht erwiesen, dass nicht auch das erstere Verhältniss auf gleiche Weise ausgedrückt werden könne, zumal wenn der ganze ^ Zusammenhang so sprechend ist, wie hier. Ein innerer Grund, die durch die äusseren Zeugnisse geschützte Lesart zu verwerfen, ist also von daher nicht abzuleiten. Was nun die von Hrn. M . in den Text gebrachte Lesart: Te quum ab iis — evaaeris^ ad eos venire — convenireque eos^ gut iuste et cum fide vixerint: haec peregrinatio mediocris vohis vidfri polest? anlangt, so hat eine so enge Verbindung dieser beiden Sätze etwas sehr Auffal- lendes; und es tritt bei der ersteren Construction, wenn man durch die Lesart tene etc, dem ersten Satze eine gewisse Seibst- fitändigkeit verleiht, das Verhältniss der beiden Sätze weit schö- ner hervor. Doch das kommt auf eines Jeden Geffihl an und ich fuge kein Wort weiter zur Vertheidigung der von mir empfoble- nien Lesart hinzu. Gap. 42. § 101. heisst es in allen neueren Ausgaben und so auch bei Hrn. M.: Quid ille dus Leonidaa dicit? Pergite animo fertig Lacedaemonii: hodie apud inferos fortaase eoenahimus. Ich möchte jetzt diese Lesart nicht längerim Texte dulden. Bekanntlich erzählen diese in den grie- chischen Philosophenscbukn wohl sehr oft erwähnte Anekdote sehr viele griechische und lateinische Sdbiriftsteller, jedoch 86, dass auch der erste Satz specieller gehalten ist, wie Di od. Sicul. lib. XI. p. 8. TovtoiQ nagi^yysikB taxicag dgiötOTCot* BLö^ai^ cjg Iv "^Jidov dsinvfiiSo(iivovg. Plutarch. jipophth. Lacon, p. 225. Tolg da ötgaticitaig nagifyyeikBV api- 6Tonoi8L6&ai>f fig Iv ^AiSov 8einvoicoifi4So(iivov£. Stobaeus Serm, VII. p. 91. £vco;|(ot;fftii'0£g alns toTg övfifii' XOtg' Ovtag dgtOxäts^ cd tgLaxo^ioi^ mg kv "Ai.9'ov dsi^ %viq6ovzsg; Aehnlich Suidas s.v. A-Bmvldfjß' Origen. contra Cels, lib. II. p. 71. Ganz so auch die Lateiner, wie Valer. Maxim. 111,2,3. extern. Sic prandete^ commüitO' nes , iamquam apud inferos coenaturi., ebenso auch S e n e c a Epist, LXXXII. und Orosius II, 11., auch Isidorus Origim XX, 2, IL Unde est illud ducis alloquium: Prand^eamus^ iamquam apud inferos coenaturi. Wenn es nun an sich schon dceronis Dispiit« ToscaL ed. Moser. 29 «nffallend sein Werde , wenn Cicero die bekannte Anekdote^ bei welcher eine besondere Variation nicht einmal mög iich war, an- ders erzählt hätte , als es yon allen seinen Vorgängern und Nach« folgern geschehen zu sein scheint, so wäre dies hier um so auf- fallender, weil, wenn man den ersten Satz nach der gewölin- liehen Lesart: Pergiie animo forti ^ Lacedaemonii ^ allgemeiner fasst, die~ ganze Pointe und der Trager des folgenden: hodie apud irrferos forjasse coenabimus^ schwindet. Ana diesem Grunde bin ich jetzt überzeugt, dass, wahrscheinlich ?ermittelst einer Abbreviatur, prandeie^ was Cicero geschrieben hatte, in der Urhandschrift, aus welcher alle unsere Handschriften ge* flössen sind , und die nachweislich durch falsch gelesene Kurzun- gen auch an anderen Stellen corrumpii^t gewesen ist, ia pergüe verändert worden sei; und dass mit Recht in der alteren Zeit schon Erasmus Roterodamus, 6ul. Cant er us (s. dessen Nov. Lect. lib. VI. cap, 12.), D. Lambinus diese Conjectur empfahlen: Denn wenn man dieselbe wegetf des Zusatzea animo forti geradezu für abgeschmackt erklärt hatte, so hat mit Recht bereits Hr. M. das Unstatthafte dieser Behauptung entkräftet, wenn er, obschon selber pergite schützend, sie also erklärte: Cibum sumite neque animum despondete ^ quamvis fortasBe hoc ultimum prandium futurum sit^ ita ut hodie apud inferoa for^ tasse coenaturi simus. Nimmt man noch in der grösseren Ab- weichung der Schriftzüge Anstoss, so lasst sich die Verwechse« lung nicht so schwer erklären, wenn man annimmt, dass wohl in der Urhandschrift geschrieben stand pradete oder pfdete» woraus^ dann mit geringer Veränderung /igi/e und pergite gemacht werden konnte. Auf jenes Compendlum scheint auch noch Vin- dob. !• hiniiuzeigen , Aerprudenter liest, was, wie' schon Hr. M. selbst sah , prudef, geschrieben , leicht aus pradete hervorgegan- gen sein kann. Doch wie Aem auch sei, innere Gründe sprechen zu sehr für pfändete^ und die äusseren sind so wenig bindend, dass man wohl /irojirfff^e unbedenklich inCicero's Text nehmen darf. Denn wenn einst Bentiey und in neuerer Zeit C. D. Beck (s. dessen Comment, de'gloss, in veit. libr. I. [Lips. 1831. 4.] p. 8.) dadurch' der Schwierigkeit abzuhelfen suchten , dass sie diese ganze Stelle von den Worten: Quid tue dux Leonidas disitl bis su den Worten: dum Lycurgi leges vigebantj für untergeschoben erklärten , so lässt sich für diese Behauptung gar kein gehöriger Grund auffinden« Und wenn man hauptsfichr lieh hervorhob, dass schon die Wendung e guibua einen fremdeil Ursprung dieser Sätze beweise, so hat Hr.M. mit Recht die Be« Ziehung derselben auf den vorausgehenden Collectivbegriff gena unter Anführung von geeigneten Beispielen festgestellt, wie Acad. II, 32, 103. Academia — * a guibua nunquam dictum est, de offlc. 1, 34, 122. haec aetaa a lubidinibua arcenda eat — ut ewum (seil, adulescentium) — vigeai hiduatria. In sachlicher 30 , Romisclie Literatur. Huigkht enthalten aber die Worte durchaus nichts, was Cicero nicht hatte schreiben können« Cap. 43. § 103. iesen wir bei Hrn. M. : Crüoni enim nostro non persuast^ me hinc avolaturum neque mei me quidquam re- lictu^um. Zur Aufnahme dieser Lesart glaubte er sich dadurch berechtigt, dass die Handschriften Bentlcj's, unter diesen Cod. Reg. 1., sodann Gud. 2. Mon. 1. 2. Vind. 1. Aug. Oxon. D. U, 2. ö, ;^. i/; 1. ^ 2. statt der Yulgata quidquam mei lesen me quid- quam^ dagegen Cod. Marb. mei quidquam^ Gud. meme quidquam,- Ich glaube in diesen Varianten blos das schon von Bentiey em- pfohlene neque mei quidquam relicturum zu finden und möchte das Pronomen me^ was zum Sinne nicht nöthig ist, da es schon in den Torhergehendeu Worten steht, nicht gerade hier wieder- holen. Cap. 44. § 107. hat Hr. M. nach meinem Dafürhalten eben- falls die Gesetze der diplomatischen Kritik verletzt, wenn er noch immer herausgab: Tenendum est igitur^ nihil curandum esse post mortem, quum multi inimicos etiam mortuos poeni- antur. Denn ausserdem, dass poeniuntur Cod. Reg. 1. Gud. 1. 2. und andere Handschriften ausdrücklich schützen , so hat auch Konius p. 472, 27. und p. 479, 29. ed. Merc. dieselbe Indicativ- form poeniuntur^ die schon Orelli mit Recht in Schutz nahm. Es will Cicero nicht sagen: obgleich Viele sich auch im Tode an ihren Feinden zu rächen suchen, sondern er sagt: Was den Umstand betrifft, daas Viele auch im Tode an ihren Feinden Genugtliuung zu nehmen streben^ so ist in Betreff dessen geltend zu machen , dass man sich im Tode nichts darum zu küoHnern brauche. Es ist also cum immer conditional zu fassen und folglich war der durch die äusseren Zeugnisse ge- /schützte Indicativ beizubehalten, puniantur haben nur die ge* fingeren Handschriften« Cap. 45. § 108^ hat Hr. M. zwar mit~ Recht die von allen Handschriften einmiithig geschützte Lesart: Multa mihi ipsi ad mortem iempestiva fuerunt : quae utinam pottdssem obire ! im Texte behalten und so, wie ich in meiner Ausgabe, erklärt; allein, was uns kaum erklärlich ist, in den Additam. vol. III; p. 395. ist er geneigt, dem Rec. in der Hall, Allg. LitL Zeit* ▼om J« 1836. Num. 137. S. 475., der sich gegen meine Erklärung der Stelle ausgesprodien, beizutreten und quam utinam potuissem 9bire! wiederherzustellen« Mit gresstem Unrechte. Denn wag ist in der Rede pro Milane 10, 27«, wo es heisst: nisi obire fa^ einoris locumiempusque voluisset^ locus et iempus Anderes als iempestiva adfacimts^ und wenn Cicero an jener Stelle sagen konnte: locum iempusque facinoris obire\ so konnte er auch hier schreiben: quae utinam potmssem obire; und dass er so geachneben, müssen wir so lange glauben, so lange wir nieht Ciceronis Disput. Tuscul. ed. Moser. Sl 'darch anssere diplomatische Zen^iase Ton dem Gegellthelle überzeugt werden. Cap. 47. § 113:^ schreibt Hr. M. noch: Ita saeerdos adveeta infanum^ qnum currus esset ductus afilns^ precaia a dea di^ citur^ ut Ulis praemium dar et pro pietate^ quod masimum homini daret a deo», und macht für die Lesart praemium die Auctorität des Cod. Gud. 1. Ang. Mod. 1. 2. Bern. Marb. Vhid. 1.2. Gud. und der Oxforder, über die wir jedoch kein directes Zeugniss haben, geltend. Ich glaubte mit Cod. Reg. 1., simmt- liehen Handschriften Bentiej's, Pittoe» Palat. quint Rehd. Duisb. Gud. 2. schreiben zu müssen ut Ulis praemii daret ete,^ da dieser Genitiv auch anderwärts bei Cicero so vorkommt, wie in der Accus. Verr. III, 61, 140. Cogit Scandüium Apronio oh Singular em improbitatem atque audaciam praedicationemque nefariae societatis HSV mercedis ac praemi dare. ib. 49, 116. multi HS singulos semis accessionia cogebaniur dare. und Cap. 48. § 114* Si ostendam minus tribus medimnis in iu" gerum neminem dedisse decumae.^ wozu man Zumpt Bd. 1« S. 531 fg. vergleichen kann , und billige auch jetzt noch diese Lesart, soferne man sich nicht leicht erklären kann, wie praemii aus praemium entstehen, wohl aber wie praemii in praernium verändert werden konnte. Hätten jedoch sämmtliche Handschrif«' ten Bentley's, wie es nach der Angabe jenes Gelehrten bei Hrn. Moser Bd. 3. S. 306. scheinen könnte, ut illud praemii daret etc.^ so wäre ich sehr geneigt vorzuschlagen: ut Ulis id praemii daret ^"^ sofern tlltstd leicht in Ulis oder auch in illud iibefgehen, und sodann die anderen Veränderungen nach sich ziehen konnte. Cap. 49. § 117. liest Hr. M. noch immer: At vero sapiens ille.^ obschon Codd. Reg. 1. Gud. 1. 2. Aug. Mon. 1. 2. Marb.. Gud. Duisb.: At vero ille sapiens^ lesen, was ich bereits in mei- ner Ausgabe in den Text nahm; dahin föhrt auch Cod. Yind. 1., woselbst geschrieben steht: at vir ille sapiens^ so dass man sich billig wundern kann, warum Hr. M. diesen Handschriften, den ältesten und bessten, nicht Folge leistete, zumal da die Wort- stellung aus den Oxforder und anderen Handschriften in der Re- gel nicht besonders notirt ist, so dass man annehmen kann, dass auch sie jene Wortstellung haben. Noch einmal finden wir Hrn. M. zum Schlüsse dieses ersten Baches Cap. 49. § 119. nicht auf dem richtigen Wege , wo- er den besseren Handschriften etwas zu viel einräumte. Dort heisst es : Cras autem et quot dies erimus in Tusculano^ agamus haec etc^y wo unser Hr. Herausg. neuerdings aus Cod. Reg. %. (jedoch nur nach Bouhier's Zeugnisse, seine CoIIation schweigt), Gud. 1. 2. Rehd. und einer Leidener Handschrift quos' dies statt quot dies aufnahm. Wir können ihm hierin nicht beipflichten. Denn er- stens scheinen sämmtliche übrige Handschriften quot dies zu 32 Romische Literatur. f tchutsen und der Sinn di^r Stdle selbst diese Lesart besser sn empfehlen^ zweitens sind auch ^fio/, aliquot und die übrig^en hierher gehörigen Wendungen sehr oft, selbst in den bessten Handschtiften ^ durch Verwechselung mit den Pronominalformen verderbt worden', wozu auch hier Fr. Fabr. das richtige Mittel-» giied gibt, der quod liest. War nämlich einmal quot in quod^ was sehr leicht geschehen konnte , verschrieben, so corrigirten dann die Abschreiber nicht mehr quot , sondern quo». Ein ähn- liches Verhältniss fand statt in Cicero' s ActU8. üb. IV. cap. 16. § 36. Me enim tabulaa tuaa habere et proferre oportebat, Ve^ rum negas te horum annorum aliquot confecisse^ wo nämlich ebenfalls die gewöhnliche Lesart aliquot durch die Lesart des Ca Stephanus und der Wolfenbntteler Handschriften aliquid ver- drängt worden war, mit Recht jedoch Madvig (s. dessen Opusc, Acad, p. 359.) die alte Lesart zurückrief, welchem ich und Orelli folgten. Das richtige Mittelglied gibt aach dort Cod. Reg. mit seinem aliquit (sie!), welche Verschreibung das fehler- hafte und dort kaum erträgliche aliquid in*s Dasein gerufen zu haben scheint. Auch inHorazens Briefen Buch L Er. 6. V. 42« tarnen quaeram et quot kabebo Mittam. zeigt sich gleicher Weise die Variante quod^ und an unzähligen anderen Stellen sind, wie gesagt, jene Formen verderbt worden. Kehren wir zu unserer Stelle zurück, so habe ich hinsichtlich des Sinnes bereits bemerkt, dass demselben quot dies besser entspricht, sofern es die Zahl bestimmter und sicherer hervorhebt, während quos dies nicht dasselbe thut. Vergl. oben Cap. 4. § 8, Itaque dierum quinque scholaSy ut Graeci appellant^ in totidem lib'ros contuti. Es ist also hier quot dies erimus in Tusculano so viel als: et quo- iidie , quam diu erimus in Tusculano. Wenn sich Hr. M. auf Nepos Milt» Cap. 8. beruft, woselbst es heisst: Chersonesi omnes — quos habitarat annos^ perpetuam obtinuerat domi- nationemy so ändert dort das hinzugefügte omnes ^ sowie das fol-; gende perpetuam die Sache ganz ab , abgesehen davon, dass eine solche Stelle an sich wenig Beweiskraft für seinen Zweck hat. Wenn wir schon an diesen sämmtlich aus dem ersten Buche entnommenen Beispielen gezeigt zu haben glauben, dass auch nach Hrn. M.'s Bearbeitung noch gar Manches für die Tusculanen des Cicero zu thun übrig sei, so wollen wir nun noch einige wenige Stellen aus dem zweiten Buche hervorheben, um unsere Behauptung zu erhärten, zugleich aber den geneigten Lesern zu zeigen, dass wir selbst auch fort und fort bedacht gewesen sind, das kritische Material zu diesen Büchern zu prüfen und aus den angehäuften Schlacken auch Manches aufzunehmen , was der Be- rücksichtigung nicht unwerth sein möchte, Cap. 3. § 7. hat auch Hr. M. mit den übrigen Herausgebern die handschriftliche Lesart: Quid enim dicant^ et quid seniiant tt, qui sunt ab ea disciplina^ nemo mediocriier quidem doctus Ciceronis Dispnt« TosoiL ed. Moser. 88 ignorat.^ beibehalten , indem er aioh toch a«f Cic« od Herenn. IV, 4, 7. id faciie faoiat quivis mediocriier liÜeratuB, und de finib, in, 1, 3. Quod quidemnemo mediocriier doetue mirabiiur. berief. Dass jedoch diese Stellen insofern ?ersehieden seien» weil bei der einen quidem gar nicht da ist, in der sweilen eine ganz andere Beziehung hat, bat bereits Hand sn Wopkena S. 80. mit Recht bemerket* Mir ist immer L a m b i n 'a Conjectnr : nemo ne mediocriier quidem doctus ignoraty welche den Schrift- zügen nach so leicht isit, an dieser Stelle höchst annehmbar und fast nothwendig erschienen. Auf ähnliche Weise heisst es in der Schrift ^de oratore I, 20, 91« Nam primum quaii dedita opera neminem ecriptorem artis ne mediocriier quidem diserlum fiu isse dicebat. Auch MadTigzuCic. de fin, 1. 1. p. 348. scheint L a m b i n ' s Conjectur als nothwendig anzuerkennen. Cap. 6. § 16. schreibt und interpungirt Hr. M« also: Ergo^ id quod natura ipsa et quaedam generosa virlus stalim rßspuit^ ne dolorem summ'um malum dicereß oppositoque dedecore aen^ tentia depellerere ; in eo magistra viiae phitoaophia tot aaecula permanet? indem er hierbei HandzuWopkens S. 81. folgte, dem auch Orelli in Wolfs Vorlesungen S. 375« beigetreten war. Wir halten aus mehreren Gründen diese Ansicht für ganz unhaltbar. Denn erstens giebt sie gar keinen richtigen Sinn, zweitens macht sie auch die Rede weit unbeholfen^, als wenn man so , wie wir gethan , eine leichte Anakoluthie annimmt und schreibt : Ergo id , quod natura ipsa — respuit — , in eo etc. Es ist dann, wie oft anderwärts (s. oben zu Buch I. Cap. 32. § 78.) , das Toraasgeschickte Pronomen id ohne weitere Berück* sichtigung geblieben und sodann f;i eo-anakoluthisch eingesetzt worden , wodurch die Rede nicht nur einen angemesseneren Sinn erhält, sodann auch weit leichler und gefälliger wird, als auf jene Weise. Dieselbe Ansicht theilt jetzt auch Madvig zu Gic. deflnib. 11, 33, 107. p. 325., der noch anführt Glc. ad Attic. lib. XV. ep. 3. § 1. Nam illa^ quae recordaria Lentulo et Marceilo eonaulibua acta in aede ApoUinia^ nee cawaa eo- dem est nee aimile tempua etc. Ich übergehe einiges minder Wichtige und wende mich den Ton Cicero aus Sophocles' Trachinierinnen iibersetzten Ver- sen zn , zu welchen ich zwei Emendationen nachzutragen habe, die einestheils für den Sinn jener Verse selbst nicht unbedeutend zu sein scheinen , anderntheils aber auch in sprachlicher Hinsicht einige Beachtung Terdienen möchten. Dort spricht zuvörderst Hercules Cap. 8. §20. also: Ues fiftn hoatüis dexlra^ non terra edita moliBS Giganium y non b^ormaio impetu Centaurw f ictus €wrp0iipßisßit meo : non Grata vis, non barbara uüa immanitasy N. Jahrb, f. PhU. «. Päd,'oiL KrU. Bibi, Bd. KK^Yhl. Hfl. 1. 3 84 Romlseke Literatur. r «Ion «000a ierrk gena relegata tdtimU^ qtu» peragransj undique omnem hie ferilatem expuU: »edfeminea mV, feminea interimor manu, SoHr. M. ; doch abgesehen davon, dasg wohl s(litt non^ terra ediia zu sehreiben war: non Terra edita^ dass wohl auch m Be- zug auf die Lesarten inflixit und inflxU^ worüber die Hand- schriften schwanken, sich aber doch der Zahl und dem Rangö nach mehr für inflxit entscheiden , noch eine anderweitige Unter- sucliung nothig gewesen wäre, so macht die Hauptschwierigkeit der Vers : quas peragrans , undique omnem hic feritatem expulL Denn wenn auch die meisten Handschriften hier hic^ wofür man frülier gewöhnlich hinc las, schützen, wie Cod. Reg. 1« Gud. 1. (ic) Gud. 2. Bern. Duisb. und sämmtliche Handschriften bei Da- vies, wohl auch die meisten Oxforder, so gibt dies Wort doch im Cfrunde gar keinen Sinn. Denn will man es örtlich verstehen, so passt es nicht zu undique^ nimmt man es SBixuHcag von der ersten Person, so war an dieser Stelle wenigstens gar kein Grund vorhanden, warum gerade hier jene Hervorhebung , die an sieh unpassend ist, eintreten sollte. Kurz hie passt gar wenig zum Sinne und, wie störend dies schon den alten Abschreibern er- schienen, sieht man daraus, dass viele, wie im Cod. Reg. 1« Gud. 1. 2. Aug. Duisb. Marb. Oxon. 6. ;^. '^2., in Folge dessen espulity was noch weniger passt , statt exjDtf/t schrieben. Eben so wenig ist aber auch die Vulgata kinc^ welche .wenig hand- schriftliche Auetoritat für sich hat , dem Sinne entsprechend, da das Wort undique das Vcrhältniss schon an sich genug bezeichnet. Ich habe deshalb bereits in diesen NJbb. Bd. 33. (Hft. 2.) S. 209 fg. heme^t, dass Cicero hier gewiss geschrieben habe: quas fcragrans undique omnem ecferitatem expuli,, worauf auch Cod. Gud. 1., der tc liest» Cod. Marb., der s«c hat, ziemlich deutlich fahren. Ich konnte mich auch am angeführten Orte schon darauf berufen , um das Wart ecfaritaa oder efferiias^ was in seinen Sippen ecferus oder efferus bei Virgii, sodann in ecferart bei Cicero selbst nocli erscheint, nicht nur als latei- nisch, sondern auch als ciceronianisch sicher zu stellen, dass dasselbe Wort auch in der Rede pro P. Sesiio Cap. 42. § 94. in der Stelle: eosqtie es feritate illa ad iustitiam atque man- suetudinem iranaduserunt. nach dem Zeugnisse der bessten hand- schriftlichen Auctorität, Cod. Reg., der ausdrücklich: eosque ex ecferitate illa etc. hat, und Codd. Bern., die ex efferilate lesen^ herzustellen sei, worüber ich auf das in diesen NJbb. Bd. 22. 8. 167. ausfuhrlicher Dargelegte schon dort verwies. Sowie ich nun noch heute diese Bmendation als unumgänglich nothwendig für jenen Vers anspreche , so muss ich auch für den Vers Cap. 9. § 21. , der gewöhnlich also lautet: dcerom Diipttt. Tuscol* ed. Moser. 35 Sie feminata viriUB a^ftkta ocdäU eine fibnliche Verbesseniiig in Ampruch nehmen. Denn anch hier bestimmt mictt Zweierlei, an der Wahrheit der gewöhnlichen Lesart su zweifeln. Er« tent sieht man nieht recht ab, was die PartÜLel stc hier weile; und an derselben nahmen nach sdion frO* here Herausgeber Anstoss ond, da im Griechischen der Vera also lautet: vvv d* Ix toiovtov 9ijXvg BCgt/nai täXaß. 80 wollte Davies und Wakefield lesen: Sed feminata virtuM a^^flkta ocddU. Jedoch ist diese Abweiching, an eich «war nicht so gar auffal- lend, doch schwer zu erlEÜren, und da man aus der ganzen Steile sieht, wie wenig sich Cicero bei seiner Uebertragnng an das Getriebe der griechischen Partikeln gehalten hat, so ist eine solche Aenderung mit Recht far sehr wenig nützlich und nothwendig von den Herausgebern geachtet worden. Doch ausser dem störenden sie fllit in der Vtilgata zweitens das Wort feminata mir nicht wenig auf, nicht als ein axag l^fLWOv bei Cicero und in der übrigen Latinitit, sondern, weil es in der Bedeutung, die es hier haben «oll, aller Analogie ermangelt, und wohl kaum tou Cicero oder sonst einem Lateiner wurde gebildet worden sein, da /emtnore nnd/^minit/fo, Wörter, welche zwar erst später in der Schrifb^rache erseheinen , gewiss aber «chon früher im Hunde des Volkes und der Aerzte vorhanden waren, auf einen ganz anderen Gebrandi dieser Wortform wiirden hingdeitet haben« Nimmt man dazu noch, dass die Bildung ei- nes Verbums /emtiiore von femina ohne vermittelnde Präposition, an sich .schon minder wahrscheinlich ist , so wird man wohl unsem Zweifel an der Richtigkeit der überlieferten Lesart nicht unbegriuidet finden nnd gendgt sein, mit uns aodi hier zu lesen : Heuj mrgvnalem me ore ploratum edere^ quem vidit nemo ulli ingemisceniem malo: ecfeminata vtrtua adJUcta occidit» effeminata lesen Oxon« £, i,. 91 arb. Aug. Vind. 1. Rebd.» ohne jedoch, wie es scheint, sie wegzulassen, und wohl auch noch viele andere Handschriften, .da schon Comm* Anon, ap. Leod* a Queren «agt: rJn aliis Codd, effeminata^^y wodurch unsere Annahme mn so wahrscheinlicher wird, ecfeminata ging in ie und kic femi^ nata eben so leicht überi als oben eeferitatem in tc und hieferi- totem und, da ic oder hie b;eineQ Slnu gab, schrieb man4afur «tc, wie }a auchoben Cod. JUarb* siejeritatem dsjcbot. Das», aber in der ältesten Handschrift, ans der alle unsere E(andscbriften hervor- gingea, ecfeminatus in diesen Büchern anderwärts gesdirieben war , gebt daraus hervor, dass Davies und üb. Ul. Cap. 17. % 36. wabcscbeiiili^h au« Cod. Reg. 1« eefeminata liest und nneb 3* 86 Römische Literaton * . - • • _ » Hr. M. daselbst (Bd. 2. S. 118.) tnmebkt, dass Cod. Giid. 1. a. pr. m* also lesen« Dieses «c, war es einmal von seinem. Compositum ab^ertsaeO) ward dann ganz beliebig, je nachdem es der Sinn er- forderte^ in eine ähilliehe, bisweilen auch den ersten Schriftiü^^en anscheinlich minder entsprechende Form gebracht, wie unten Cap. 17. § 39. in den Worten non potest ecfari eic, statt eefari gerade die bessten Handschriften Codd. Reg. 1. Gud. 1.2.'Mon. 2« Bern. Rehd. drei Oxforder, haecfäri^ Codd. Mon. 1. drei Oxfor- ierhqcfari^ Cod. Aug. hoc effari und Oxon. if 1., haec effari bieten (eine Lesart, die gerade so wie oben in einigen Handschriften sie effeminatUf dadurch entstand, dass man die ursprüngliche Lesart mit der Corruptel verband), während nur sehr wenige, wie Duisb. Vind..2. «[^art haben und eo/art, worauf alle Spuren In den Hand- schriften deutlich führen, wohl gar keine Handschrift ausdrück- lich fichützt. Aehnliche Varianten finden sich ferner Cap. 14« § 82. und an vielen andern Stellen dieser Bücher, so dass unsere Vermuthung, dass auch hier ecfeminata herausellen sei, wohl kaum noch von irgend Jemandem angeaweifelt werden wird. Wenden wir uns zurück zi^ unserm Texte, so bietet uns Cap« 11. der § 26. mehrfache Veranlassung. zu diplomatisch genauerer Sicherstellung des von Hrn. M. gegebenen Textes. Dort lesen wir bei Hrn. M. zuvörderst: Probe dids, Sed is quasi dictata^ tmlio dileclu^ nulia elegantia: Philo noater et proprium nume- rutn et lecta poemata^ et loco adiungebat. Diese Worte enthal- ten, wenn wir Mos auf den Sinn der Stelle sehen^ tfichta Falsches, allein prüfe nwir die Lesarten der ältesten und bessten Handachrif« ten^ so müssen wir an ihrer Richtigkeit zweifeln. Nämlich simmt- licfae Handschriften Bentley'a sowie die meisten belDavie«, unter ihnen auch Cod. Reg. L, sodann Oxon. 6. Palat tert. lesen ausdrücklich: Philo, et preprium noster et lecta etc.^ ähnlkh Marb. Philo pr^rium noater , und darauf führen auch Cod. Gud. 1. Philo et proprium nft et lecta ^ Gud. 2. Philo etpropriua nr» et lecta, Aug. Philo et propriua nostram et electa etc. Man sieht, dass diese Handschriften alle auf eine und dieselbe Lesart: Philo et proprium noater et lecta poemata etc. hinführen. Gleich- wohl bin ich aber gar nicht mehr geneigt, diese Lesart an sich in Schutz zu nehmen , aondem glaube nur , sie zu folgen- der Annahme benutzen zu können. In der Urhandsehrift, aus welcher alle unsere Handschriften flössen, stand geschrieben: Philo et proprium §tuü et lecta poemata etc. Dieses oder ein ahnliches Compendium statt es numerum^ wie sie sollten, zu lesen^ verwechsdten die Abschreiber mit dem Compendium nr und schrie- ben noster, oder mit dem Compendium nrü "und schrieben, wie im Cod. Aug., naatram. Da dieses noater ^ was die meisten und il-* testen Handschriften bieten , an jener Steile ganz unpassend er- schien, nahmen es die Abschreiber hinanf au Philo ^ wo es aller-' dings mehr an seinem Platze war, und schrieben , indem sie auch CiceroDis Dupvt TucuL ^. Moser. S7 profriiim.in pr^fjuiami^fetMt^tBn^ bqo mio nosier ei prapria et leeta poemata^ wie Codd. Oxon. 2. Rdid Gud. aasdrncUich lesen, andere hingefen nalmien swar nosier sa Philo ^ lieaaen aller dann das ihnei» lästige et proprwm weg, und schrieben blos: Phüo noater et leeta poemata etc» Aus allen diesen Varianten ergiebt sich also mit ziemlicher Bestimmtheit die Lesart: PMlo ei. proprium numerum et lecfa poemata et loeo adiungebaty welche ich jetzt ganz nach der Schutzischen Erklärung, die ich fnl- her nüt Unrecht verwarf, aufgefiisst wissen möchte, wie aucli Hr. M . that. Doch es bleibt noch eine andre Aufgabe für die diplomatisch genaue Kritik in diesem § sa lösen «brig. Es heisst nSmlich bei Hrn. M. ferner: Itaque poatquam a^amavi hanc quasi senilem declamationem^ studiose equidem utor nostris poeUsi sedysicubi tili defecerufit^ verti muUa de Graeeis^ ne quo ornamento iu hoc genere disputationis careret Latina oratio^ Gegen diese Lesart würde dch wenig einwenden lassen, wenn nicht das Zeug- niss der Sltesten und bessten Handschriften dagegen wäre. Denn nach verti setzen Codd. Reg. 1., zwei Codd. Gud. 1. 2. Aug. Rehd. Gud. Vind. 2. Bern, vier Oxforder, sodann Palat. tert. quart, quint« noch enim ein, wofür eine geringere Anzahl Handschriften,, wie Oxon. D, E. £/. £. Palat. pr. sec. Mon. L 2. eine Leidener Hand- schrift bei B o u h i e r eerte lesen, während Hr. M. für seine Lesart nur Duisb. Vind. 1. Ms. in marg. Aso. 2. anführen kann. Aus den, Lesarten der ältesten und meisten Handschriften sieht man, dass in der Urhandschrift, aus welcher wir unseren Text haben, wenig" stens noch etwas gestanden haben müsse ; denn, woher wären denn sonst jene Varianten enti» und eerte entstanden* Diese bei- den Lesarten nun so zu vereinigeu, dass, indem man ihren ge* meinschaftlicben Ursprung aus einer Quelle ableitet, zugleich eine Lesart aufgefunden wird, die dem Sinne der Stelle ent- spricht, muss hier Aufgabe des Kritikers sein.^ Diesen Verei« nigungspunct jener beiden Lesarten in etiam zu finden, wie mir und Andern früher in den Sinn kam, halte ich jetzt fnr unsuiässig. Denn etiam konnte wohl , wie anderwärts ge- schehen, in enim übergehen, nicht so leicht aber in eerte; auch ist diese Partikel in Bezog auf den Sinn höchstens zulässig, keines« wegs aber besonders annehmlich. Somit glaube ich, dass das Wahre ipse sei , was sieh meines Wissens zuerst in der Ausgabe von C. Stephan US (Paris, 1543) findet und wahrscheinlich nicht aus blosser Conjectur, sondern aus einem gut gelesenen Compen- dium, auf dessen früheres Vorhandensein- auch die Variante eerte fuhrt, hervorgegangen ist. Diese Lesart, welche enim und eerte vereinigt, giebt aber einen ganz angemessenen Sinn , indem d»« durch ein richtiger Gegensütz zu den Worten: sieuhi Uli defe'^ eerunt^ gewonnen wird, wenn man schreibt: Itaque^ postquam adamavi hone quasi sehHem declamationem ^ studiose equidem SS Römische LilAVstur« « üior nosMs poBtü^ sei 9ümbi tUi d&fgeermnt ^ wrli tp$e wmlia de Oraeeis , ne quo omamento in hoc genere dUputationi» ca-- reret Latinn oratio. Auch hier hetfe tch die Streitfrage anf ein Aicberefl Endresultat gefShrt su haben und bemerke nurnoch, daaa auch Bentiey die von mir in Schuts gcfnommene Lesart em- pfohlen hatte. § 27. achreibt auch Hr. M. wie die Qbrigen Heransgeber s Beete igitur a Matone edueuntur (nSmlich poetae) es ea eioitaie^ quatnfinsUMle ete.^ obschon das in seiner Ausgabe gesammdte kritische Material: ihn auf einen andern Weg bringen konnte, der Sinn auch selbst eine andere Lesart empfieliit. Deshalb nehme ich jetat nach M advig s (su Gio. de flnib. V, 19, 5L p. 709.) Vorgang die Lesart: eiieiuntur aus den Codd. Eliens. sec. u. Bak« bei Dar i es «riilig an, da auf dieselbe Lesart auch die Spuren der meisten, ältesten und bessten Handschriften fast einmüthig fuhren. Denn abgesehen davon, dass die meisten Handschriften, wie Ck>d. Reg. 1. drei Leidener bei Bouhier, drei Oxforder und andere mehr, nicht edueuntur^ sondern blos ducuntur lesen, in welcher Lesart man ettCiuntUV^ wenn nur das erste t etwas hoher gesogen war , leicht erkennt , so haben auch andere Hand'* fichriften, wie Cod. find. 1 Marb« dieuntur^ was fast noch ent* schiedener auf ektCitfflftl^f* hinceigt, andere ferner, wie Cod. Aug. und Rehd. deiciuntur^ was noch ausdrücklicher auf eOciun-^ für hinfuhrt. Dass aber auch dem Sinne eiieiuntur weit besser totspreche, als edueuntur sah bereits M advig a. a. O. Dend wetin gleich Plato selbst einen etwas schwächeren Ausdruck änonsfAnsiv braucht, was im Lateinischen wenigstens entfl- tere heissen mtisste, so brauchen doch auch, wie bereits Da vi es 'nicht in Abrede stellte, die flbrigen Schriftstellen stärkere Aus- drucke, wie Athen. l{b.V.p. 187» üb. XI. p. 505. Origenes adv. Cele. üb. IV. p. 186. ixßaXlBLV^ Augustinus de civ. dei 11, 14« pellere^ Mi nu eins Fjelix Octav, cap. 22. gerade unser eiicere. Cap. 13. § 30. liest jetzt auch Hr. M.: ut omnia praeterea^ guae bona corporis et fortunae putantur^ peresigua etpernänuta videantur. Hier bestimmt mich jetzt hauptsächlich die hand-^ achriftliche Anctorität, von der von mir früher ebenfalls gebilligtea Lesart abzugehen. Denn nur sehr wenige Handschriften , *wie Mon. 1. 2. zwei Oxforder und Palat. pr. geben perminuta^ was recht fuglich durch eine AssimiUrnng an das vorhergehende per^ exigua sowohl in jenen geringeren Handschriften als in den alte* ren Ausgaben, welche diese Lesart schützen , entstehen konnte. Die bessten und meisten Handschriften , wie Cod. Reg. 1., nicht blos nach Bergers, sondern auch nach Krampfs Verglei- chung bei M advig zu Gl c. de flnib. III, 11, 36. p. 410., Gud. 1. 2. Bern, a pr. m. und wohl fast alle neuvergiichenen bei Hrn» Moser, die Oxforder Handschriften zum grossen Theile, geben deresigua et mhuta. Nicht nur die bereits von Orelli früher CiceronU Di^nt« TaacuL ed. Momt, 89 angeßiirte äleUe aus CIc. ad AUie. lib. XIV. ep. 16. S^« ^•- bkeum htc perhanorißee eiMtniceVclüviuw^woperaniieein mätg. Criit. wohl blosse Conjectur J^l, sondern auch andere SteUen schütaen die Lesart der bessten Handschriften. Denn auch bei €ie. de ßn. III, 11, 36« hat neuerdings Mad vig die Lesart: Sed haec fuidem est perfaciÜs et espedüq defetisio, nach Codd. Spfr. Gnd. I. Oxon. £^ |. mit Recht beibehalten, indem er sicli anCCic. ad Quint,fr»iih, I. ep. 1. cap. & S 18. beruft, woselbst es heisst: Deleetue in famüiaritatibue et provincialium homiftum et Grae^ corum pereautue et düigene^ ohne dass irgend eine Variantcf an^ gegeben würde. Zu den Steilen , an welchen die Handschriften die Wiederholung der Partikel per schntsen, fuge ich hiniu Cle* pro HL Caeiw 20, 50. num tibi perturpe aut perflagitioeum eeee vüteatur. Aadi über Cap. 16. § 37« müssen wir in Besug auf die von uns vorzugsweise hier au vertretenden Grundsätze einer genaneni dtplomatisehen Kritik noch einige Bemerkungen machen. Zuvor« derst heisst es hier bei Hrn. M.: Militiam vero — (nostram dUo^ noH Spartiatarum^ quorum procedit tnora ad tibiam^ nee ndhi- betur uUa eine anapaestie pedibus hortatio) — nostri esercUue primUm unde nomen habeant^ tndes. In diesen Worten haben alierdiaga sämmtliche Handschriften mäitiam vero^ allein wie man auch diesen Accutativ hat zu rechtfertigen gesucht i so bleibt er doch höchst auffallend ; und nimmt man dazu noch die Leichtigkeit) mit welcher wegen der folgenden Worte: noatram dieo^wm Spar-» - zunehmen, dass blos der einzelne Theil des spartanischen Heeres, welcher unter der Benennung noga begriffen ward, unter Begleitung der Flöte marschirt sei; es wird also hier vielmehr eine allgemeinere Bezeichnung des spartanischen HeereS| nicht eine specielle erwartet; ja es würde wohl auch Cicero^ seiner sonstigen Gewohnheit nach, in diesen populären Vortragen über Philosophie, wie er sonst thut, noch etwas zur Erkfiirung des griechischen Wortes /tp^a hinzugefügt, oder wenigst^is gesiDhrieben haben : pars esercitus^ quae dieitur mora^ da jener Aus* druck, wenn ihn auch Nepos Iphicr, 11, 3. ebenfalls ohne Er- klärung braucht, doch im Lateinischen nicht allgeüiein ge^ braaohlich gewesen zu sein scheint. Allein abgesehen von alle dem, so lasst sich zweitens auch aus den Spuren der Handschriften das Wort mora nicht wohl nachweisen. Die Handschriften haben einmuthig : quorum procedit admodum ad tibiam etc.^ nur einige ~ lesen ad modum getrennt, wie Codd. Rehd. Duisb. Marb., und wenn Cod. Gantabr. dafür blos modus hat , so erkennt man die emendirende Hand hier eben so leicht, wie wenn im God. Vind. 1. esercitus st. admodum geschrieben steht. Nach alle dem hege ich keinen Zwdfel, dass Cicero geschrieben habe: quorum pro* cedit agmen ad tibiam etc. Denn so lässt sich der Weg leicht zeigen, wie admodum in die Handschriften gekommen ist. agmen ward agm^ vielleicht sodann auch acm geschrieben (so wenig- stens ist agminis in einer Oxforder Handschrift in den folgenden Worten in ac nimis verwandelt worden), dieses agm oder acm^ konnte aber sehr leicht mit acm oder qdm verwechselt werden, woraus dann das hier ganz unpassende admodum hervorging. Denn ac und ad sind an unzähligen Stellen unter einander ver- wechselt worden. Kaum bedarf es der Bemerkung, dass ogme/i Cicteronis Disput. Tnacul. ed. Moser. 41 liier ftnch hinsichtHch des Sf nnea selbst das allein passende ist, da agmen precedtt^ agmen sequilur^ agmen praeeeaserai in der la- teinischen Militärspraclie oft Torkommende Redensarten sind, 80 dass auch in dieser Hinsicht unserer Emendation nicht das C(e- ringste hn Wege steht Ich bemerke noch, dass ich spiter, als ich diese Yermnthnng gemacht und diplomatisch begründet hatte, bei Hrn. M. angemerkt fand , dass am Rande der Yen. Aitinrl dem Worte admodum beigeschrieben gewesen: aiiter agtnef9^ dass femer La m bin geschrieben habe: quorum proeedii agmeu ad modum^ ad tibiam ete-^ wo La m bin wohl ad modum getUgi wissen wollte ; was Alles nur die Lächtigkeit unserer Emendation zu bestätigen geeignet sdieint. Doch ehe ich mich tou diesem § entferne , muss ich noch eine Ungenauigkeit des Hm. Heransge- bers in diplomatischer Hinsicht bemerken. Es liest nimlich Hr. M. im Folgenden noch immer: deinde^ qtä labor ^ et quarUuB agminisj obgleich nach seiner eignen Angabe wohl nur Cod. Eliens« bei DsTies und höchstens awei bis drei Oxforder die Verbindung»- Partikel et bieten. Betont ma» qui und quaniue^ so wird man die Copula keineswegs Terraissen/ sogar das Asyndeton an seinem Platze finden und wir können deshalb Hrn. M.'s kritisches Ver- fahren hier nur tadein. ^ * In demselben Capitel hat Hr. M. aifch § 38^ die diplomatische Kritik nieht sicher genug geöbt, wenn er den Versen: O Potroclcff , — ad vos adveniens auxüium et vestrtu manua peto, priusquam oppeto malam pestem mandatam hoitüi manu, noch immer die Conjectnr datam st. mandatam , welche Lesart alle Handschrifken einmütbig schützen, im Texte beibehalten hat, Ja nicht einmal von Kühner und O r c 1 1 i daran erinnert, dass mandare pestem in der älteren Sprache für immitiere pestem gesagt wor- den, sich bestimmen Hess, die alte Lesart mandatam wiederher- zustellen. Das Verhältniss jener Redensart ist dieses. In der la- teinischen Umgangssprache ward mandare aticui aliquid von etwas Bösem wohl oft genug im tagtägiichen Verkehre gebraucht, seltner jedoch in der dassischen Schriftsprache ; zum Beweise indess, dass diese Redensart nicht ganz isoiirt dastehe, habeii schon die Lexikographen beigebracht mandare suspendium alicui aus Appul. Metam. 9. und Juvenal's bekannte Stelle aus Sai. 10. V. 51 fgg. Ridehat curaa nee non et gaudia volgi^ interdum et lacrumaa, quom Fortunae ipse minaci mandaret laqueum mediumque ostenderet unguem, und so wird nun wohl Hr. M. mit uns der handschriftUcben Lesart auch hier die ihr gebührende Anerkennung nicht versagen. . Cap. 17. § 40. heisst es : Consuetudinis magna vis est : perno^ ctant venatores in nivei in montibus uri se patiuntur, inde pugk tes cesiibus eontusi ne ingemiscunt quidem* Und diese Lesarten 42 :Roniisohe Literatur. schützen fast samnitiicbe Handgcbriften ; *denii urena eiuige O&forder statt inde geben unde^ so ist das eiae geringe und kaum zu beachtende Variante. Dagegen erhoben die Kritiker zwiefachen Zweifel an der Richtigkeit der uberiieferten Lesart. Erstens missfiei das Wort uri ohne Angabe der nihern Bezie- hung, ob es Ton Kälte oder von Hitze zu verstehen sei, und aller- dittgsist dies ein Uebelstand, der Gicero*s Darstellungswetse sonst nicht leicht trifl^'t; sodann wusste man auch nicht, wie, wenn gleich der erste Satz an und für sich richtig wäre, man daa Wort inde und in welcher Beziehung aufzufassen habe. Und auch dieses Bedenken scheint mir gar nicht ungegründet; denn wenn es auch Wolf dadurch beseitigt glaubte, dass er inde mit den Wor* ten es hac consuetudine dolmetschte, so wäre eine solche Angabe mindestens höchst überflüssig. In Erwägung dieser an sich nicht ungegründeten Bedenken und in Betracht dessen, dass in der ür- bandschrift, aus welcher wir diese Bücher zunächst erhaltea haben. Manches durch Abbreviatur und ziemlich undeutlich ge- schrieben gewesen sein muss, glaube ich nun nicht allzu kühn zu sein, wenn ich annehme,, in den uns durch die Handschriften über-* lieferten Schriftzügen inde sei der Ablativus eines ass der Heraus- geber des Celsns Leonh. Targa einige Codices snm Anfange der Med!« cina nenne, worin kein Vorname stehe, war mir wohl bekannt., und danim gab ich meinen Worten jene Teranderte Fassung. Doch schreibt dariiber Hr. P. 8. 4. : Temm non est, quod Ritteius narrat, A» praefigi noadai in opCtmtt (!) codiabai« -/ 54 Rumische Literatur. - \ der besten Handschrift fehlt, doch sonst hinreichend beglaubigt ist. Für den Celsus jedoch wurde die vorher behauptete hand- schriftliche Beglaubigung seines Vornamens wegfallen^ wenn eine Yermuthung, welche Hr. P. S. 4« aufstellt, richtig wäre. Diese lautet: Natnm videtor praenomen A. ex Artium inscriptione, quae libris de medicina praefixa est in codd., Telut in optimo Mediceo L: Corneli Celai Artium Über VL Item Medicinae primus. Allein diese Entstehnngsweise Ton A. ist ganz unmög- lich, da Artium in -diesem Casus nienmls in A. abgekürzt wird, und da obendrein dieses A. an die unrechte Stelle sich veri^ufen haben müsste. lieber die Vaterstadt des Celsus schreibt Hr. P. S. 4. : Pa- triam fuisse Romam dubitari nequit: praeter alia probat insignis linguae cüstimonia mirablliter in praefatione elucens , n. s. w. Auch diese Frage kann so einfach nicht gestellt und beantwortet werden. Wird nSmlich unter Vaterland der gewöhnliche Auf- enthaltsort des Celsus verstanden, so wird die Behauptung, das« die Hauptstadt des römischen Reichs dies gewesen sei, wohl ihre Richtigkeit haben: wird hingegen nach dem Geburtsort^ des Cel- sus gefragt, so müssen wir uns bescheiden, darauf keine Aütwort crtheilen zu können. 2. Die Frage nach dem Zeitalter des Celsns war von Bian- coni dahin beantwortet Worden , dass er vor dem Jahre 731 nach Roms Erbauung seine acht Bücher über die Heilkunde geschrie- ben habe ; von dem Unterzeichneten war die Unrichtigkeit die-^ ser Annahme bewiesen und behauptet, dass die schriftstellerische Thätigkeit des Celsus unter die Regierung des Tiberius fallet Hr. P. will dafür die Jahre 735—765 annehmen. Da ich den Celsus um das Jahr 767 mit Abfassung seiner Werke den Anfang machen lasse, so ergiebt sich, dass der Verfasser des Programms in gewisser Hinsieht bis auf eine unbedeutende Distanz sich mir genähert hat: nur darin stehen unsre Ansichten sich noch ent- gegen, dass Hr. Pi die Wirksamkeit des Celsus auf das Zeitalter des Augustus beschränken will. Aber auch diese Disharmonie würde nicht stattlfinden, wenn ich in der Darlegung meiner Gründe auf eine für die Entscheidung dieser Frage nicht geeignete Stelle des Quintilianus, wovon nachher die Rede sein soll, kein Gewicht gelegt und mich auf solche Stellen, die allein einen sichern Auf- schluss gewähren, beschrankt hätte. Da Hr. P. ebenfalls von Quintilianus ausgeht und dadurch, wie sich bald zeigen wird, zu einem falschen Ergebniss gel^^ngt, so wird der Unterzeichnete »diese Fragp hier noch einmal erörtern und hofft dadurch den Hrn. P. ganz auf seine Seite zu ziehen. Bei lunius Columella werden Cornelius Celsus und hilius Atticus noatrorum temporum viri (de rcTust. I, 1.), aetatis no- strae celeberrimi auctores (III, 17.) genannt , und IV, 8. heisst es von ihnen : quoa in re rustica masime noatra aetaa probaoü. Paldamas: De Gornelio Celto. 55 Au£ diese Erwahnuiigen habe Seh ia meiner Vorrede (S. XIV.) mich gestutst und danodt die Behauptnng verbanden, das« Colu- rneUa unter Claudius und Nero gelebt, aber erat wibrend der Regierung des letztem sein Werk über den Landbau herausge- geben habe, wahrend bisher angenommen wurde, diese Schrift sei unter Claudius erschienen. Dasa die gewöhnliche Meinung auf einer morschen 8tutze ruhe , muss Hr. P. selbst eingestehen (S. 8.), dagegen will er meine Behauptung auch nicht gelten lassen. Warum nicht? fFeü ein Schein dagegen spreche. Da- mit verhäit es sich so: ich hatte herrorgehoben , dass Columella von Seneca als seinem Zeitgenossen rede und der ungewöhnlichen Wein-Crescenz gedenke, welche auf dessen Nat^entanischen Landgütern mehrfach wahrgenommen sei. Colpmella's Worte lauten (QI, 3.): Sed Nomentana regio nunc celeberriraa fama est illustris, et praecipue quam possidet Seneca, vir excellentis in- genii ac doctrinac , cuius in praediis vinearum lugera singula cul- leos octonos reddidisse plerumque compertum est. Obgleich das vom Vater ererbte Vermögen des Seneca nicht unbedeutend war *), so ist es doch bekannt genug, dass er seine zahlrcidien und prächtigen Landgüter erst in den letzten Jahren des Claudlna und vorzüglich während Nero's Regierung zum. Geschenk empfan- gen hat.' Was liegt nun näher als die Voraussetzung, dass die höchst eintriglichen Nomentanischen Landgiiter, die unter An- derm mehrere Jugera der besten Weinlagen enthielten , zu den kaiserlichen Geschenken gehörten? Allein Hr. P. erinnert da- gegen: ,^eneca iam paterna hereditate magnas opes adeptus erat (wohl wahr, aber auch Landgüter bei Nomentum?). Lips. Vit. Sen. €. 2. (soll heissen c. 6.) et Tacit. A. 14, 53. quo ex loco ap- parere videtur propius Romam fuisse praedla a Nerone donata,^^ Die Stelle dea Tacitus, woraus der Schein^ gegen mich hervorge- hen soll, heisst: talia hortas exstruit^ et per haec suhurbana incedit^ et tantia agrarum epatüa^ tarn lato fenore exuberät. Aber Hr. P. sollte doch wissen, dass Nomen tum gar nicht weit von Rom liegt, dass dortige Landgüter mit dem besten Fug noch suhurbana genannt werden können. Auch sollte er wissen, dass dl^ von Nero erhaltenen Villen des Seneca in verschiedenen Strecken Italiens nah und weit von Rom lagen , und dass in den Worten bei Tacitus nur die schätzbarsten erwähnt werden. Der Schein spricht also nicht wider sondern für meine Behauptung. Dazu bemerke man weiter, dass Columella von einer Beobachtung redet, die schon seit einer Reihe von Jahren an den Nomentaoi- schen Weinbergen des Seneca gemacht sei Das dritte Buch des Columella kann also nicht vor Nero's Regierung geschrieben sein. *) Da88 dieses väterliche Vermögen (ygl. Seneca ad Helv. c. 14.) Aber ans Landgütern in der NdAe Rom$ bestanden habcy iat ganz un- tfahrsdieiniicb. \ 56 Römische Literatur. und gerftde in diesem Bachre heissen Celsas und AUicus aeiatis noatrae^eeleberrimi auctores^ Was daraus für das Zeitalter des Celsus fol^e^ soll bald nachher idar^elegt werden. Vorher aber will ich die Behanptunf , jdass. Columella unter Nero geschrieben habe, durch einen neuen Beweis stutzen. Im eilften Jahre der Regierung des Claudius, drei Jahre vor seinem Tode, litt Rom an einer grossen durch Misswachs erzeugten Hunrgersnoth. S. Tacit. Ann. XII, 43. : Frugum quoque egestas et orta ex eo.fames in prodigium accipiebatur. Euseb. bei Hieronym. magna fames Romae. Dieser Misswachs dauerte mehrere Jahre fort. S. Sue« ton. Claud. c. 19. Mit offenbarer Bezugnahme auf diese Um^- stände beginnt Columella das erste Buch seines Landbaues: Saepe* numero civitatis nostrae principes audio calpantes niodo agrornm infecuiiditatem, modo caeli per muita iam t empor a nosiamfru- gibtis intemperiem^ qnosdam etiam praedictas querimonias ratione certa mitigantes , quod existiment ubertatd nimia prioris aevi de- fatigatum et effetum solum nequire pristina benignitate praebere mortalibus alimenta. Diese Stelle zeigt uns eben so entschieden als die vorige Columelia's schriftsteUerische Thätigkeit unter der Regierung des Nero. Wenn nun ein Mann, der unter Nero über den Landbau schreibt, den Celsus einen berühmten Autor seiner Zeit nennt, was folgt daraus für den letztern? So Tiel zum wenigsten, dass dieser nicht unter Augustus geschrieben haben kann. Wer da- gegen auch nur noch den geringsten Zweifel hegt, der vergleiche, Jim denselben ganz zu zerstreuen, wie der nämliche Columella des Terentius Varro (I. praefat.) gedenkt: sicut M. Yarro tarn temportbus avorum conquestus est. Also lebte Varro dem Colu- mella zu Zeiten der Groasväter^ und doch hat dieser die Regie- rung des Augustus noch erlebt und sein Werk über den Landbau nicht lange vorher (702 ab u. c.) geschrieben. Wenn das Leben des Celsus unter Augustus fiele und seine vielfache schriftsteUe- rische Wirksamkeit vor dem Ende der Regierung jenes Kaisers ihr Ziel gefunden hätte , so wäre Celsus nur ein jüngerer Zeitge- nosse des Varro: wie würde Columella dann den Celsus als einen Mann seiner Zeit, den Varro aber als einen, der zur Zelt seiner Grossväter gelebt habe, bezeichnen können? Wenn nun aus der Art und Weise, wie Columella unter Nero des Celsus gedenkt, mit genügender Sicherheit erhellt, dass dieser unter Augustus nicht geschrieben haben kann , so ist auch wieder ausgemacht , dass dessen Werke vor der Regieruiig des Caligula erschienen sind. Denn lulius Graecinus, der von Callgiila hingerichtet wurde, hatte in seinem Werke über den Weinbau die Schriften des Celsus und Atticus über den Landbau benutzt. S. Plin. N. H. XIV, 4 (2), § 5. Columella I, 1. . Demnach bleibt die von dem Unterzeichneten früher ange- gebene Bestimmung, dass Celsus nach Augustus und vor Cali- Paldanuis : D« Comelio Celfo. , 57 # gala'S' Regierung geine Werke verfaasi hebe, unenehUteri be- stehen, und wenn etwas bu berichtigen ist, so wurde dieses darin bestehen, dass ich damals auf die entscheidenden Stellen mich nicht aliein besclirankt, sondern auch andre herbeigesogen habet auf welche kein sicherer Schluss au bauen war. Dahin gehört unter Anderm eine Aeosserung des Quintilianus (Inst or. III, 1, 21.) folgenden Inhalts: Scripsit de eadem materia (Hber Rhe» torik) non paucs Cornificius, aliqna Stertlnlus, nonnttiü pater Gallio: accurätius vero priores Gallione Celsus et Laenas et aeta- Ha nostrae Virginius, Plinius, Tutilius. QMio det Vater ^ wie er im Gegensatze au dem von ihm adoptirten Bruder des Philo« sophen Seneca (NoTatus) hiess, lebte unter Angustus, Tiberius und Galigula. Wenn nun Celsus und Laenas vor dßr Zeit dee Gallio (priores Gallione) gelebt haben solleii '*'), so müssten sie ungefähr Zeitgenossen des Vsrro und Cicero gewesen sein. Diese Angabe steht aber mit Allem , was uns über Celsus überliefert wird,' im offenbarsten Widerspruche. Wofern also. Quintilianus nicht ein auffallendes Versehen gemscht hat^ was gar mcht wahr* scheinlich ist, so miissen seine Worte entweder anders ausgelegt, oder es muss ihnen durch die Kritik nachgeholfen werden. Die esegeiische Aushülfe schien mir früher die richtige, und daheir sollten Quintilian's Worte in der oben genannten Vorrede so inter* pungirt werden: Scripsit de eadem materia • . • • pater Gallio {accurätius vero priores Gallione)^ Celsus et Laenas etc. Dann würde Gallione Ton accurätius ab^sngen, und priores wSren die vorher genannten Comificius und Stertinius. Jetzt sehe ich, dsss Andre (vgL Spalding z. a. St. und Schüling Vit. Celsi S. 33.) den nämlichen Gedanken durch ein Komma nach Gallione zu gewin- nen Buchten. Hr. F. nennt (S. 5.) diesen Versuch , wobei keine Sjlbe geändert wird, eine verwegene Kritik (von Kritik darf hier gar nicht die Rede sein) und eine schlechte Vei^wandlung. Ital- ien wir etwa bei dieser Auslegung der Stelle, trotz des Mscht- Spruches von Hrn. P., uns beruhigen? Keineswegs: denn sieht man die Worte genauer an, so ist eine Wechselbeziehung zwi- schen jürtores und aetatis nosirae (Zeitgenossen und solche^ die vor uns lebten) nicht zu verkennen, und darffus ergiebt sich Gal^ Hone als ein verkehrtes Glossem. Die Stelle ist demnach so zu ordaen: Scripsit de eadem materia • r . . pater Gallio: accurätius ' vero priores Celsus et Laenas et aetatis nostrae Virginius, Pli- nius^ Tutilius^ d. h. aber mit mehr Sorgfalt (als die drei vorher *^ Priores Gallione kann in dem Zusammenhange der obigen Stelle nicht heissen, dass Celsus nnd Länas ihre rhetorischen Schriften vor Gallio (ante Gallionem) abgefasst hätten, sondern diese Worte können' nur bedeuten , dass ihr Leben und Wirken in die Zeit vor Gallio falle. Was ich in meioer Vorrede xara Celsas ober diese Stelle S. VI. bemerkt habe, ist hiernach za berichtigen. 58 Romiftcbe Literatnr. \ geqannten) haben nbier Ähetorik geBchrieben vor untrer Zeit Cehus und Laenas und unsre Zeitgenotsen FirgimuSj Plinius^ 7^atiliu8. Von den rhetorischen &lhriflen der drei ersten ein- heimischen Rhetoriker weiss Qaintilianus nichts Rütunliches su sagen; daher begnügt er sich damit, eine Bemerkung über den Umfang ihrer Werke an machen , non pauca , aliqua , nannihiL An den übrigen fünf wird grossere Sorgfalt gerühmt« und voa ihnen fallen zwei in die Zeit vor Qutntiüanus, drei alier waren ältere und bereits gestorbene Zeitgenossen von ihm. Jetzt herrscht in dem ganzen Abschnitte über die einheimischen Rbe- toren (§ 19 — 22.) eine genaue chronologische Folge^ gerade wie in der vorausgehenden Auseinandersetzung (§8 — 18.) über die griechischen Rhetoren , und das Zengniss des Quintilianus steht mit demjenigen y was wir über das Zeitalter des Celsus aus siche- ren Andeutungen erfahren, im besten Einklänge. Jetzt wird sich auch beurtheHen lassen , was Ton der Behäuptuiig des Hm. P. zu halten sei , welche wir bei ihm S. 5. nach Anfährung der eben behandelten Worte des Quintilianus lesen: Gelsnm aetate antecessisse Gallionem unusquisque, opinor, inde cum Bianconio coiliget. Vielmehr kann Niemand, der in den richtigen Zusam- knenhang der Frage nach dem Zeitalter des Celsus eingedrungen ist, so schliessen, sondern wir mnssten, wenn sich nicht ein leichtes Mittel für Quintilian's Worte darböte^ lieber an ein Ver- sehen bei ihm denken^ als etwas annehmen, was andern und ganz bestimmten Zeugnissen widerspricht. Zu welchen Irrthiiinern aber der Verfasser des Programms durch die irrige Vorauasetzung, Celsus sei vor Augustus ge- storben , ^ich weiter hat verleiten lassen , soll jetzt gezeigt werden. In seinem Briefe an den lulius Florus, den Begleiter des Tiberius auf dem Feldznge nach Fannonien und dem Orient, nennt Horatius einen Celsus und bezeichnet ihn als einen Dichter, der sich mit fremden Federn schmückte, auf diese höchst ergötz- liche Weise (Epist. U 3^ 15): Quid mihi Celsus agit, monitos multumqne monendos, Priratas at qaaerat opes et tangere vitet Scripta, Palatinus quaecunqtie recepit Apollo, Ne , si forte suas repetitom venerit oiim Grex avium plnmas, moveat cornicula risnm Fnrtivis nudata coioribns. Deki hier erwähnten Celsus hielt Bianconi für identisch mitun- serm Cornelius Celsus, und der Verf. des Programms stimmt ihm (S, 11.) bei: quod equidem persuasum habeo, Convenit enim tempua et ingenü indolea. Jener Brief des Horatius ist im Jahre 734 oder kurz nachher geschrieben, und daher kann nach unsrer obigen Erörterung über das Zeltalter des Cornelius Celsus dieser nicht gemeint sein. Aber auch davon abgesehen, kann in jener Annahme doch nur ein fast unbegreifficher Irrthnm erkannt Paidamas: De Comelio Celso. ;S0 werden. Denn der Hofadsche CettiM wtr eio IMehler, wie die labrigen, die mit ihm dort (V« 6 — 14.) andeutet oder geneiiBt werden , ein Dichter , der fremde Verse di aeine dgaen aafoo- tischen liebte. Wenn aber unter 'Cornelias Celsos efaiselne DIsci- plinen behandelte und darin Tonragsweise griecldsehe Gewahra- männer benutzte und diese , wie es in seinen Bucfaem fiber Sie» dicin immer gescliieht, gewissenhaft anführte, so kann darin, zumal naeh römischer Yorstellnng, unmöglich ein Entwenden fremden Gutes gesehen werden. Allein eines Beweises ans sel- chen Innern Gründen bedarf es hier gar nicht: denn wir finden den Cebus dea Horaa noch einmal bei ihm wieder (Epiat. I, 8.), und swar durch seinen Beinamen deutlidi genug von Comellna VdoUo UBMSnidlRSWSll ■ Cebo gandere et bene rem gerejre uiflMnooofio, MnsB rogata, refer, comiti scribaeqae NeroDis« Also CeUus JUnnavanu8 hiess der Didhter oder Dichterling, . dessen Horaz gedenkt, und ist eine von Cornelius CeUus gann Tersehiedene Person. Oder w&rde wohl Jemand zu behaupten wagen, der Verfasser der Hedidna habe voUstindig A. Cameimt CeUus Albmovanus geheissenl Auch Ovidius erwihnt (Epist. ex Ponte 1, 9.) einen Ceisns. Darüber meint Hr. P. 8. 12.: „Quemadmodum vero Horatianna Gelsus plane cum nostro (d. h. mit Cornelius Celans) conveniti ita Ovidlanas quoque , cuins mors a poeta (soll heissen wm Ovi^ dius) deploratur anno fere 766.^^ Dass dieser eine Person mit Celsus Albinooanus sei, ist kaam zu bezweifeln und ziemlich allgemein angenommen : dass er aber auch von Cornelius Celsus nicht Terschieden gewesen, wie Paldamns voranssetzt, ist rein unmöglich, weil der Tim Ovid erwähnte vor Augustus gestorben ist, weil femer bei Ovü nicht die geringste Hindentung auf eins Ton den Werken des Celsus sich findet, weil endlich der Celsus, dessen Tod Odd beklagt, von diesem als ein Msnn ohne Ver- mögen und ohne vornehme Herkunft (V. 37-^40«) beschrieben wird: Crede ndhi, rnukos babeas cnn dignas andoos, Non foit e mnitia qaolibet iiie minor, Si modo nee cenmu neo elarum nomen avarum^ Sed probitas magnos ingeniomqne facit. Dem Cornelius Celsus fehlte es durchaus nicht an einem elarum nomen avorum; auch ein erhebliches Vermögen muss er gehabt haben: denn ohne ein solches hatte er die zahlreichen und ge- Idtrten Werke nicht verfasse» können , die von ihm erwihnt wer* den ; ohne bedeutende Geldmittel hfitte er aus reiner Liebhaberei mit der Medicin und ihrer Literatur sich nicht in dem Maasse vertraut machen können , wie es ihm nach dem Zeugnisse seines gehaltreichen Werkes in der That gelungen ist Wenn dagegen Ovidius aH seinem verstorbenen Freunde Bravheit (probitatem) / • 60 Römische Literatur. lind Talent (ingeniurn) rnhml, so fohrt nns das auf den Celsuii Albinoranus des Horatitis. Denn dieser muss, ntigeachteft seiner nicht geringen Unart, fremdes Gut als eignes in sdnen poetischen Versuchen darzubieten, im Uebrigen 'eine brave Seele und auch nicht ohne f^nl^^m zum Dichten gewesen sein, weil sich sonst Horaz gar nii^t mit ihm befasst haben wurde *)> Dem Hrn. P* rauss das Bedenlcliche seiner Behauptung seihst! einigermasssen fühlbar geworden sein: denn obgleich er zuerst >on einer Ueber^ Zeugung spricht (persuasum habeo), so wird doch am Ende hin- zugesetzt: Sed longius immorari nolui in re numqnam ultra pro- babilitatem demonstranda. Konnten wir doch Alles so sicher be- weisen, als dass CeUus Albinovatms^ dessen Horaz und Ovid gedenicen, und Cornelius Celsus zwd verschiedene Personen ge- wesen sind! 3. Cornelius Celsus hat nicht blos die uns von ihm allein zugekommenen acht Bücher über Heilkunde, sondern auch Werke Ober Rhetorik, Philosophie, Militär- Wissenschaft undLandbau geschrieben. Was uns von alten Gewährsmännern ilber die unter- gegangenen Schriften des Celsus überliefert wird, hat BianconI und kürzer der Unterzeichnete zusammengestellt. Hr. P. weicht (S. 12. 13.) von Beiden in folgenden Punkten ab. Zuerst termu- thet er, dass Celsus sein Werk de re militari ausgearbeitet oder wenigstens begonnen habe, als er den Tiberius auf dessen Feld- zuge begleitete. Diese Vermuthung beruht auf der unglücklichen Verwechslung des Cornelius Celsus mit Celsus AUnnovanus^ und muss demnach als leine yerkehrte unbedenklich aufgegeben werden. -7- Ferner behauptet Hr. P., die Anzahl der Bücher des Celsus über Rhetorik sei nicht bekannt, während seine Vor- ginger nach dem Scholiasten zu Juvenars Sat. VI^ 245. sieben Bücher angenommen haben. Juvenal nämlich spricht von unver- schämten^ Weibern, die sich zu Anklagen vor Gericht erkühnen: Componunt ipsae peif se fonnantque Ubellos, IVtnctptum atque loeos Cdso dictare parataey und dazu bemerkt sein Scholiast: Celso^ oratori illius temnpris, qui Septem libros Institntlonum scriptos reliquit. Wenn der Scholiast mit diesen Worten das rhetorische Werk des Cornelius Celsus meint, so ist sein Ausdruck illius temporis und ebenso , orator statt rhetor ungenau , was jedoch bei ihm nicht auffallen kann. Wenn wir ebenso annehmen, Juvenal habe an Cornelius *) Uebrigens ist an ein vertraaliches Verhältniss des Horaz an diesem Celsos kaam zu denken, obgleich ^r, ansser jener .Stelle, worin er sich ofiEenbar über ihn lastig macht, ein eignes Sendschr^ben, das achte im ersten Buche", an ihii gerichtet hat. Denn dieser Brief enthalt ausser einem Conventionellen Grosse (V. 1 — 2.) und einer Warnung vor Uebermuth (V. 15—17.) nichtis mehr für Celsus, und ist weniger ffir diesen als für Tiberius bestimmt. Paldämatt» De Conielio Celio. 61 CelsQB ^edadii, so stimmen seine Worte damit sehr wohl iiber* ein: aie^ die Weiber, sind gefmsty einem CeUtfe Unterricht über den Eingang einer Rede und Ober BeweiequeUen (locoo ar^mentorum) %u ertheilen. Beides, die Daratelinng der Theile einer Hede (Aofäo^, JMItte, Schluss) und die AoseioandersetiVDg der loci argumentorum^ f eliört in die Rhetorilr^ und Celsus wird hier als der erste he%ie Lehrer der Rhetorik erwähnt. Nun gidlit es aber auch awei Rechtsgelelirte mit Namen luveatias Celeue sEur Zeit des Damitiauus und Trajanns (siehe de Orig» iur. liegen Ende Big. 1 2. und L. 19. § 3. n. 6. de aüro, arg. Dig. XXXIV,?. Dio'Cass. LXVII, 13.). Cramer zu den Schollen des Juvenal denkt, jedoch mit bescheidenem Zweifel, beim Celsus des Juvenal und seines Erklärers an luventius Celeua den Sohn, Heinrich im Com* mentar zum Juvenal an den Vater Celsus , weil dieser noch unter Domitianus, dessen Zeitalter von Juvenal vorzugsweise gezeichnet wird, am Leben war, der Sohn hingegen erst unter Trajanus sich bekannt machte.' Wer wird nun Recht haben? Gewiss keiner von beiden : denn die ioct oder aedes argumqntorum gehen deo Rechtsgelehrten als solche nichts an , sondern Sire Behandlung gehört in die Rhetorik , ebenso die Erörtenmg der Theile einer vor Gericht zu haltenden Rede, welche Juvenal durch Erwähnung des Eingänge (principium) augedeutet hat. Es wird also dabei bleiben müssen, dass Juvenal und sein Scholiast den Cornelius Celsus gemeint haben , und dass dessen Rhetorik aus sieben Bü- chern bestand. Sehr naiv lautet, was Hr. P. mit einer beinahe beneidenswerthen Unbefangenheit gegen vorstehendes Ergebniss (S. 13. Annu 63.) äussert: Septem libros fuisse prave tradit Rit- terus p. XVIL, testimonio Scholiastäe ad luvenal. S. 6. 245. ful- tus^ ubi meliora edocent Cramer '*') et Heiorichlus. Wer dieses liest, mus» glauben , dass beide dort genannte Männer dasselbe sagen, dass sie ebenso eine Belehrung geben, wogegen kein Zweifel mehr aufkommen kann: von beiden findet das Gegen- theä statt. 4. Vergebliche Bruchstücice aus der Rhetorik des Corne- lius Celsus, Der Unterzeichnete muss gestehen, dass er mit nicht geringem Interesse zum Schlüsse der Abhandlung des Hrn. *) Was Cramer a. a. O. für seine Vermuthang beibringt, ist schwach and leicht zu widerlegen , z. B# es gehöre doch eher für den Rechtsge- lehrten als für den Rhetoriker, Klagschriften (libelltfs accnsatorios) auf- zusetzen: allein von diesen ist im Vers^, worin Celsns vorkommt, nic]|t' mehr die Rede, sondern von Gegenstanden. der Rhetorik. Er mnss zu- geben , dass InxtHuüoneB von luventius Celsus nirgends erwähnt werden, Jedoch werde in den Digesten (L. 19. S 6. XXXIY, %) getade das tkbenU Buch Comiiienlortbrufii angeführt: dieses würde nur dann einige Bedeu- tung haben , wenn i^ wossten , dass jenes siebente Bach auch das letzte gewesen sei* "62 Romische Literatur« P. (S. 13 — 14.) uber^g. Dena to wenig ndch der bisherige Inhalt derselben erbaut oder befriedigt hatte, so ¥mrde wenige stens hier etwas ganz Neues geboten, nämlich Bruchstucke aus der Rhetorik des Gelsus, und zwar ac^/ Stuck. Meine Erwar- tung wurde indessen schon etwas getäuscht, als ich sah, dass zwei dieser Bruchstücke (die unter Nr. 7. und 8. aufgeführten) mit Unrecht so genannt wurden und weiter nichts waren , als be- kannte Beziehungen andrer Schriftsteller auf Aussprüche des Celisus.- Immer jedoch blieben noch sechs übrig. Aliein meine Neugierde ging in Erstaunen über, als ich bemerkte, dass Hr. P., wie früher den €!el8U8 ^Albinovanua ^ so hier den Arruntius Cel^ 8U8^ den Commentator der Gedichte des Virgil über Landbau und des, Tereäzischen Phormio , diesen Gramnmtiker aus dem viertea Jahrhundert nach Christus, mit CarneUua Celsua verwechselte '*')• Um diese Behauptung gleich zu begrfinden und jedem Leser ein eignes Urtheil möglich zu machen, sollen hier die sechs Bruch- stucke aus dem Commentar des Arruntius Celsus zUm Landbau des Virgil mitgetheilt werden. Das erste lesen wir bei Serviuß SU VirgU. Georg. I, 277«: Quiniamfuge: ptüHdua Orcuf , Eumenidesque satae, . Celsus ut iurisiurandi deum pallidum dictum, quia iurflntes trepi- datione pallesciint: nam apud Orcum defunctae animae iurare dl- cuntur , ne quid suos quos in Tita reliquerunt contra lata adiurent. Wir erhalten hier eine Erklärung des Beiwortes paüidus^ dessep Bedeutung der Grammatiker Celsus als eine active fasste, der erblassen macht. Dabei dachte er an die Blässe der abgeschie- denen Seelen, während diese einen furchtbaren Eid schwören. Die Erklärung selbst ist falsch und gesucht , gan^ im Geiste eines späteren Commentators, unmöglich anzunehmen bei eineih jün- geren Zeitgenossen des Virgilius, was Cornelius Celsus nach der Voraussetzung des Hrn. P« sein würde. Der Orcus heisst blase, weil alle Gottheiten der Unterwelt blass oder schwarz (ygVfurva Proserpina bei Horaz) aussehen, well die Vorstellung von der Gestalt der Unterwelt und ihrer Bewohner auf die unterirdischen Götter übergetragen wird. Hr. P. hat sich über den Sinn und Werth der Worte seines Celsus gar nicht erklärt Die übrigen *) Scheint es doch fast, als ob eine harte Nemesis den Uebermoth des Hm. P. gezfichtigt habe. Er wolite arge Irrthumer Andrer Terbea- Sern, nnd' giebt nur die seinigoi lam Besten; er wollte fSr Sachkenner schreiben (S. 3.: „Nos dum vitam Celsi, remm magis quam verbonun cnriosi, rei fi^erariae panio peritioribas scribimas'O» ^^i strauchelt schlimmer als ein Anfanger; er wollte sich melff um die Sache ahi um den Atisdruck bekümmern , und begeht in ersterer nodi ärgere Fehler, als in seinem allerdings sehr unvollkommnen Stile. Paldamus: De Coraelio Cebo. ' 63 Aof Cilate aas Celaa§ hat Pkäargffriua aofbewahrly cimlich tu Virgil. Georg. II, 332.: Inque novo» töla audent se germina iuio \ Credere* Gramina: Celsua ait germina reliquisse Vir^liam: loqnitor enim de omnium arbonim fein. Unde male quidam gramina legnnf. Das ist eine begründete Zarückweisang einer yerkehrten Lesart, yn\e aie sich erwarten lässt Ton einem spatern Commentator, nicht von einem , der gleich nach Yirgil's Tode schrieb. Hr. P. bemerkt: cum Celso faciunt etiam recentissimi intcrpretes, Hey- hius et Wagncrus. — Zu Virgii. Georg. II, 479 sqq.: qua vi maria tdta tumescant ' ObUcibua rupiü rurßitsque in se ip$a ruidant lesen wir bei Philargyrins: maria alta: Celans Oceaniim signifi* cari alt, qui aeatu suo diffidit terram inter M auretaniam et Hiapa- niam, nt hoc sit obiicibus rupiia. Die Deutung ist eine gelehrte, aber spitzfindige und unzulässige. Denn ein Anschwellen der hohen See, wobei alle Riegel und Hemmnisse brechen, ohne Beieichnnng einer bestimmten -Localitat, ist gemeint. Die Kritik des Hrn. F. an seinem Celans (er schreibt nämlich ; Male. Est eol ui hieme) würde ganz unyeratändlich aein, wenn man nicht sähe, dass er das Scholion des Philargyriua irriger Weiae auf den nächsten Vers des Virgii (qnid tantum Oceano properent se tin* guere soles Hiberni) bezogen hat. Dann würde freilich Celsua reinen. Unsinn geschrieben haben : aber was muaa sich der un- schuldige Cornelius Celsns nicht ?on Hrn. P. ge&llen lassen 1 -^ Die nächste Erklärung bezieht sich auf Virg. Georg. III, 188.: in^e vieem det moUibu8 ora eapktria InväliduB etc. Es ist hier die Rede Ton einem Fohlen , daa inm Schlachtross erzogen und dem mitunter (in vicem) die Halfter (capistrum)' angelegt wird. .Darüber schreibt Philargyriua: Celsua inque vi- cem sie intelligit, ut sit nonnunquam sine capistria, Tel ut sit in utraque parte ductus facilis. Die erste Erklärung des Celsus ist richtig, die zweite falsch. Der Verfasser des Programma fuhrt nnr die erste an und setzt hinzu: Mectesequitur Wagnerua» — Zu Virg. Georg. III, 296. : dum mox firondosa redueitur aeatas bemerkt Philargyriua: Celsua dum mos pro donec interpretatur, sed, ut puto, mos abundat. Dum mox bei Virgii heisst bis näch^ stene^ so dass beide Commentatoren Falsches behaupten. Hr. P« nrtheilt anders: Reete Celans, — Zuletzt gedenkt Philargyriua einer Bemerkung dea Celsua zu Georg. III, 313. : Gwjlfilm iwidehi Mrci »a^a$que cojiunitet . * Ü8um in eastrorum» 64 Romische Lit/Bratar.' Vsum in eastrarum: quod inde tormenta fiant itemque ciiicia, quae Celsna. ait retulisse Varronem (§. de re rast. 11, 1.1 extr.) ideo 8ic appellari , quod usus eorum in Ciiicia ortus ait. Nachdem wir diese yorgeblichen Bruchsticke aus der Rhe- torik *) des Cornelius Celsus überschaut und in allea^ die Weise eines Commentators aus später Zeit gefunden haben,* müssen wir uns erinnern, dass Yirgilius im J. 735 nach Roms Erbauung gestorben , und dass die Zeit der schriftstellerischen Thätigkeit des Celsus von Hrn. P. zwischen 735 und 765 gesetzt ist, dass endlich diese Erklärungen Vlrgiiischer Stellen als die ersten Ver- suche des Celsus bezeichiiet werden« Demnach müsste) i^obaid Virgil seine Augen geschlossen hatte ^ unter den Römern einer aufgestanden seiiji, der ihnen die gewöhnlichsten Ausdrücke zu erklären yersuchte! Allein solcher innem Beweise gegen diese Annahme ' bedarf es nicht einmal, sondern Hr. P. konnte den wahren Verfasser, dieser Erklärungen, den Arruntius Celans^ aus vielen Citaten lateinischer Grammatiker kennen lernen , z. B. aus Charis. Institut. IL p. 196.: Tuto Maro undecimo (v. 381.): quae tuto tibi magna volant^ ubi Arruntius Celsus ,,Non est, inquit, ut falao et raroJ^ Celsus machte die richtige Bemer- kung, dass in jener Stelle der Aeneis tuto als Nomen adiectivum, nicht als Adverbium zu verstehen sei. Wirersehen danms, dass sein Commentar sich nicht auf das Werk des Virgil vom Landbaa beschränkte. Den Commentar zum eilften Buche der Aencas er-s wähnt Charisius auch IL p. 180. , wo er jedoch den Gentilnaraen anslässt: Ilicet Maro in undecimo (v. 4d8.), ubi Celsus „nunc pro t/ico, id est statim: antiqui pro eus UcetJ*^ Der nämliche Grammatiker citirt den Commentar des Arruntius Celsus zum Fhormio des Terenz in folgenden Stellen. IL p. 185; Nimium quantum Terentius in Phormione (IV, 3, 38«) , ubi Celsus „pro nimium^ uti immane quantum y inq^edibile quantum; licet qui- dam sic.legant, inquit, ut nimium servus dicat, quantum verq senex.'^ — Pag. 189. Plurimum: Terentius in Phormione (I, 4, 17.) ibi plurimum est^ ubi Celsus „nunc adverblnm est pro t^t *) Es ist vielleicht nicht aberflossig zu erwähnen, dass Hr. F. jene Bruchstücke zuerst (S. 13.) aus der Rhetorik des Celsus , nachher (S. 14.) aus einem gewissen Vorwerke delrselben entnommen glaubt. Die erste Stelle heisst: „Ceterorum librorum (ausser der Medicin) fra- gmenta perquam exigua , nulla rei rusticae (wie Hr.- P. das Wort fra- gmenta versteht, ist ^eses falsch) militarisqae et philosophiae , sola tantum artis rhetoricae , quae quantum a nobis fieri potuit integra sab- iiciemus.'* Nachdem das geschehen ist, erfahren wir weiter: „Yides autem omnia Celsi opera interiore quodam connexu contineri : scriptor enim liberali institutione , qua imbutus est , utitur primum ad Georgica^ opus technica eruditione refertissimnm , interpretanda , deinde progre> ditnr ad artes ipsas exponendas." Paldamos: P« CoraeHo Celso. S5 «ae/ie, ibi frequenter est. — Pag. 100. Perdtte pro valde. TerentioB in Phormione (I, 2, 32.}: eam amare eoepii perdiie. Nam iia Arruntius CeUus ; et addit ,,aatiqai enim dicebaat ar» dere froamare.^^ — Pag. 197. ui pro ulinam: ut ie quidem omnea di deaeque (Phorm. IV, 4, 6.), ubi Arrutdm^ CeUua ^pro utinam Tereoihis in Phormioiie^S — Ebenda«. Fieiniaec hie vieiniae in Hecjra (vielmehr im Pliormio I, 2, 45.) , ubi CeUua ,,adv^TbiaJiter, ioquit, ut domi militlaeqoe.^^ Priacian oenot denselben Grammatiker iweimal Arruniiua (pag. 607. 708.) und Tiermai Celsua (p. 644.687. 774. 9620; bei Diomedea (p. 307.) ist ArrufUius QaudiuB in ArrufUiua CelauB lu verbeaaem, nach Liademann's richtiger Bemerkung ad Charia. S. 127. Hoffentlich wird daa Vorstehende genügen, um den dreilei» bigen Geryon, zu dem Cornelius Celsas gestempelt werden aoUte, als einen einfachen und Ternünftigen Menschen wieder au er* kennen. Allein noch ist Einiges au aagen über drei *) beiläufige Erwähnungen des Cornelius Celsus^ woraua wir swar keine Bruck" Stücke gewinnen , aber doch Ansichten von Cekus kennen lernen. Diese kommen ?or erstens bei Phllargyriua su Virg. Georg«. IV, 1.: Frotinu» «rem mdlia eaeleHia dona, Sive quod luppiter melle nutritus sit in insula Creta^ aive qnod (mel) in aere concipiatur: nam, ut alt Cornelius Celsns^ apes ex flöribus ceras faciunt, ex rore matutino mel. Hier ist doch end- lich einmal von Cornelius Celsus die Rede, was der Commentator, der den Grammatiker schlechtweg Celsus nennt, auch bemerklich gemacht hat. Allein das Citat bezieht sich nicht auf die Rhetorik des Celsus oder auf einen Torgeblichen Commentar uim Virgili- sehen Landbau, den es nie gegeben hat, sondern auf daa Werk des CeUus über Landwirthschaft. Dort nfimlich hatte Celsus, ohne Zweifel in dem Abschnitte über Bienenzucht, behauptet, die Bienen holten das Wachs aus den Blumen, den Honig aus dem Morgenthau. Diese Behauptung will Phllargyrius zur Erklärung der caelestia dona meiiis aerii benutzen. Es folge hier gleich noch eine zweite Behauptung des Celsus aus dem Werke de re rustica, welche Hr. P. ganz übersehen hat. Sie steht bei Plin. N. H. X, 74. (53.) extr. : quaedam gallinae omnia gemina ova pa- riunt et geminos {pulloh) interdum excludunt, ut Cornelius Celsus au^tor est, alterum maiorepi. Celsus wollte bemerkt haben, dasa solche Hubner, welche aus einem Ei zwei Küchen ausbrüten, das eine, nnd zwar das grössere von beiden, nicht anerkennen'. — Eid drittes Citat bei Qointilianus VllI, 3, 47. , das seinem Inhalte gemäss auf die Rhetorik des Celsus bezogen werden muss, lautet: Siquidem Celsus xaxintpatov apud Virgilium (G. I, 357.) putat *) Bei Hrn. P. finden sich nur zweif and davon wird eine mit Vn- recht auf die Rhetorik verwiesen. N. Jakrb, f. Pkü. »• Päd. od. ErU. Bibi. Dd. XXXYHI. Hfi. 1. ,5^ * t • 66 Roniigche Literatiir/ I • — ^^indpium a^itaia tumescere^^ ; quod si recipias, nihil loqai ttttiim est. Die Erklärer des Qiiintilianns waren an dieser Stelle, wie an einem bösen Feinde ^ vorüber ge^an^en, und Bianconi hatte, das %a7Lkfiq>atov mit deiti 3iax6q)&vov v'erwechselnd, einen Debelklan^ in Virgirs Worten zu vernehmen geglaubt, als der Unterzeichnete in der Vorrede zum Celsus (S. XVlii.) den ersten Versuch machte, das Verständniss der dunklen Worte aufsu- achliessen. Weil nämlich unter naxifiqiatov «eine solche Wort- verbindung verstanden wird', die in dem Leser leiciit eine obscöne Neben Vorstellung erwecken kann *), so hatte Cclsus nach meiner Deutung behauptet, durch den DoppelbegriflP agitare {rütteln) und tumescer^e (anschwellen) könne bei« dem Leser leicht die Vorstellung einer obscönen Manipiilution und deren Wirkung erregt werden. Weil sich darüber besser lateinisch sprechen lä'sst, so schreibe ich jene Erklärung hierher: Celsus, qui pro ^ aua arte medica sciebat agitari et tumeseere praecipue dici de tole^ ponti freta agitaia tumeseere nimium religiosis auribut exceperat. Was meint Hr. P. da^ut Hören wir ihn selbst: Cuius loci, de quo silent Quintiiiani interpretes , mir^ est Uitteri jnterpretatio , putans '*''^), agitari et tumeseere praecipue dici de cole eamque ob causam offendisse Gelsum. Constat agitari de concubitu^ praecipue in composito subagitandi dici, tumeseere autem de graviditate« Wie verhält. es sich mit der Wahrheit dieser Behauptung? Wird agüari jemals vom Beischlaf ge- braucht? Miemals! SucJhe der Verfasser nur nach Belegen, und führe uns eine sichere Stelle für diese Bedeutung an. Allein wie er um die Worte nacli eignem Geständniss wenig bekümmert ' ist, so schiebt er schnell das Zeitwort subagüari unter, in der «IMeinüpg, dass auf drei Buchstaben nicht viel ankommen werde. Wer ebenso denkt, mag die neue Auslegung immerhin vorziehen: ich muss dieselbe fi'ir sprachwidrig und ganz unzulässig erklären. Der Verf. beschliesst sein Programm mit dem Versprechen, nächstens über den Text der Medicina des Cclsus zu sprechen: „de ipsis libris, ^qui supersunt de re medica eorumque textu, pa- rum adhuc castigato, propediem dicemus.^^ Möge es ihm gelin- gen, auf diesem Felde bessere und reifere Früchte zu erzfeien; möge er aber auch die Ueberzeugung hegen, dass gute und gründ- liche Leistungen weder durch übermassige Selbstschätzung noch durch unverdiente Herabsetzung Anderer empfohlen zu werdeo brauchen. ^ Fr. Ritter. *) Z. B, bellum ductare, Krieg fuhren oder in die hänge ziekenf und einen Schonen misahrauchen* **) Die Latinität muss man Hm. F. zu Gute halten j weil er mehr um Sachen als um Worte (vgl. S« 3.) sich bemühen will. Ohm : Lehrbuch fgi* den mathem. Klementarmiterricht. 67 Lehrbuch für den gesammten mathemaiiachen Elementarunterrich-t an Gymnasien , höheren Bürger- und Militär -Schulen, bearbeitet von Dr, Marün Oibi, Ritter des t rothen Adlerordens 4. Classe, Prof. an der Friedrich -Wilhelma- Universität u. s. ly. zu Berlin. Dritte , durchgesehene und theil- Mreise umgearbeifete Auflage, mit 1 Fignrentafel. Leipzig, bei Friedr. Volckmar. 1842. gr. 8. Vm und 232 S. (1 FL 39 Kr.) Durch den Geist, die Methode nnd Ansichten, welche den niatlieniatlschen Lehrbüchern des Verf. snm Grande liegen , hat er in dem Bearbeiten des mathematischen Stoffes fnr die Schule and für wissenschaftliches Fortschreiten eine eigne Bahn gebro- chen und viele durch mechanische, gesetslose und unlogische Behandlnn^sweisen der arithmetlsdien und geometrischen DMci-« plinen in den Lehrbuchern für Schulen und Selbstunterricht höchst ▼erderbliche Missgriffe beseitigt. Er hat hierdurch dem grund- licheren und lefchteren Studium der Mathematik einen bedeuten- den Vorschub geleistet, letsteres sehr v^breitet und nicht allein durch seine Vofftrige, sondern auch dnndi seine Lehrbuchs dem betheiligten Publicum Gelegenheit rerschafft, irnt dem wahren Geiste der Arithmetik nnd Geometrie naher vertraut au werden* Sein Lehrbuch der gesammten Elementar -Mathematik In 3 Theilen (Berlin b^. RIemann. 1825«), sein Lehrbuch der ge- sammten -höheren Mathematik in 2 Bänden (Leipcig b. Volckmar. 1839.) und sein kurzes Elementar- Lehrbuch der mechanischen Wissenschaften (Berlin b. Enslin. 1840.) als Ausaug aus seinem Lehrbuche der Mechanik in 3 Banden (in demselben Verlage) hangen Insofern sosaromen, als vorliegendes Lehrbuch ein, aber selbstständiger, Auszug ans obigen -drei Theflen ist, an dieses daa zweite Lehrbuch in 2 Binden und das Elementar - Lehrbuch der mechan. Wissenschaften sich anschliessen und das System der Mathematik (Berlin 1826 — 33.), wovon nach des Rec. Wissen bereits 7 Thelle erschienen sind und noch 5 Theile erscheinen sollen, die Grundlage bildet. I>er Gebrauch des Lehrbuches der Elementar -Mathematik war fUr Schulen zu kostspielig hinsichtlich der Zeit, Kraft und des Geldes der Schüler; daher entstand vorliegender Leilfsden als selbstständiger und zusammenhängend bearbeiteter Auszugs der eignes Leben hat und geeignet ist, den Schiller geistig anzu- regen und zum ^idnsm aasfulfflicherer Werke zu' veranlassen, jri der 1. Aufl. 1836, In der 2. JÜS37, und hier in der 3., woraus eine besondere Anerkennung seiner Vorzüge und Brauchbarkeit her- vorgeht. Schon in der 2. Aufl. (Rec. besitzt die erste und^ver- glich sie mit jener beiihrem Erscheinen) war der Verf. bemüht, das Buch zu vereiniacheii, abzurnnden und »averbessern. Noch mehr ist, dieses in «Ueser 3. Aufl. geschehen, da der Verf. während des 5 bis 6jllhrigen Gebrauches mancherlei Erfahvungseh mächtä^ 5* 68 Mathematik. r^ theiis die Citate^ theils die Andeutungen sur weiteren Ausfnh' rnng von Rechnungen oder Beweisen vermefirte und die Trigpno* metrie bedeutend iTmarbeitete i, wobei die dofipelte Definition der Sinus und Cosinus der stampfen Winlcei vermieden^ und dadurch Wahrheit und Gründlichlteit mit noch grösserer Einfachheit ver- einigt wurden« Den Nutzen dieses Leitfadens bezeichnet der Verf. kurz mit folgenden Worten: ^^Dass der Lehrer die Überall kostbare Zeit spare, welche er sonst zum Dictiren der einfachsten und wich- tigsten Satze Terwenden müsse, um den Schälierii wenigstens einige Haltpunkte in die Hände zu geben , und dass ihm fortwäh- rend Gelegenheit gegeben sei, die Schüler ausser der Schul- stunde zweckmässig zu beschäftigen, insofern er die Andeutungen zu den Entwicklungen oder zu den Beweisen schriftlich zur Aus- führung .bringen iässt, oder auch Ton dem SchülerHblos verlangt, daas er sich zu Hause dergestalt vorbereite , um diese Andeutun- gen in der nächaten Schulstunde zur Ausfuhrung bringen zu können.^^ Dieser pädagogische Gesichtspunkt verschafft dem Leitfaden für den Gebrauch in Schulen einen wesentlichen Vor- zug vor den meisten ähnlichen Schriften, in welchen derselbe fast durchgehends übersehen ist* Er ist es eigentlich, welcher dem Verf. durch seine Bearbeitungen der elementaren Disciplinen der Mathematik einen besondern Ruhm erwarb und seiner Methode allgemeine Anerkennung verschaffte. Der Verf. legt viele Sätze neben- und nicht hintereinander, wodurch er dem Lehrer eine leichte Umänderung der Ordnung im Lehrbuche insoweit möglich macht, als individuelle Ansicht oder eigenthümUches Bedürfniss der Schule es wiinschenswerth machen, ohne der berührten Vortbeile^ oder auch nur eines Theiles derselben. verlustig zu gehen. Ein wesentlicher Vorzug der Darstellungsweise und somit auch ^dieses Leitfadens des Verf« besteht noch darin , dass er aus einfachen , jedpch umfassenden Erklärungen einer Dlsciplin eine Anzahl allgemeiner, leicht ver-* ständlicher und allenthalben anwendbarer Sätze, Grundsätze, ab- leitet , sie der zu behandelnden Dlsciplin voranstellt und mittelst derselben den Lernenden bestimmte A^haltepunkte für Beweis- führungen aller Artgiebt, welche sie in den Stand setzen, selbat- ständig mit Liebe und Freude zur Wissenschaft fortzuschreiten. Rec. beobachtete schon vor bereits 18 Jahren ein ähnlichea Verfahren bei seinem Unterrichte und freute sich sehr, dasselbe in den Schriften des Verf. wissenschaftlich behandelt und durch- geführt zu sehen« Das Studium derselben verschaffte ihm neben grosser Freude noch mancherlei Gesichtspunkte, welche er bei dem Unterrichte zu berücksichtigen für hothwendig und vortheii- haft hielt und deren Bethätigung in den Schülern eine gewisse Selbstthfitigkeit, sich zu zeigen, zu üben und zu etkräftigen, und dleUebeeneugt, welche die Schüler für die Wiaaeoschaft gleich Ohm: Lehrbuch fSr den rnathem. BlementAninterricbt. 09 vom Anfange erhalten müaaen, wefia auf afehern Erfolg des Unter- richts gerechnet und das Gewonnene fest begrindet werden soll. So hoch übrigens. Rec. ' die Behandlung de« mathemaliscIieB Stoffes und die Methode des Verf. schfitct und so ?iel er dem Studium der Schriften desselben verdankt, so kann er doch nicht unbedingt mit der Anordnung des arithmetischen und geometri- schen Stoffes, einrerstanden sein, indem sie in manchen Fftllea der Grundidee der beiden Zweige, d. h. dem wissenschaftlichen und praktischen Gesichtspunkte, unter welchem sie bearbeitet werden müssen , wenn sie dem oben ber&hrten pädagogischen Ge- sichtspunkte zur Grundlage dienen und die susuieiner Ber&cksich- tigung sich ergebenden Vortheile gewähren sollen, nicht gani entsprechen. Auch in Bezug auf die Bearbeitung hegt er hier und da abweichende Ansichten, deren wichtigere in den nach- folgenden Bemerkungen um so mehr herTorgt^hoben werden, je sorgfaltiger ^der Verf. jeden auf die Verbesserung seiner Schriften gerichteten Wink zu prüfen und, wenn seine Grundüberzeugung es ihm nicht unmöglich mache , zu benutzen bereit ist. Er zerlegt den elementar- mathematischen Stoff* in drei Theile, in die Arithmetik und AlgebnT (S. 3 — 118.), In die ebene Geometrie (S; 119 — 190.) und in die körperliche Geometrie (S. 191—223.). Ein Anhang bietet noch Einiges über Reihen, Permutationen und Combinationen nebst dem Beweise des bino- mischen Lehrsatzes. Halt nun Rec. die Grondansicht fest, dass die Gegenstände der Mathematik die Zahlen ^^ und ausgedehnten Grossen sind, so kann diese Wissenschaft liur in zwei Haupttheile serfallen, deren Modificationen sich alsdann in besondern Ab- schnitten von selbst ergeben. Der erste Haupttheil , die Zahlen- iebre, zerfallt nach den drei möglichen Gesichtspunkten, unter welchen sich die Zahlen betrachten lassen, in das Verändern, Vergleichen und Beziehen der Zahlen, wovon das erste in der dreifachen Vermehmngsart, Addition, 'Multiplication und Po- tenziatlon und in der gleichvielfachen Verminderungsart, Sub- tüBction, Division und Radication, also in sechs Operationen, das zweite in den synthetischen bestimmten und unbestimmten nie- dem und hohem Gleichungen, also in der eigentlichen Glei- chungslehre , und endlich das dritte in der einfachen und zusam- mengesetzten Beziehung, in den Verhältnissen, Proportionen, Loganthmen und Progressionen besteht. Jene sechs Operationen müssen, von allen gebrochenen Zah- len rein gehalten , zuerst ununterbrochen an ganzen Zahlen zum klaren Bewusstseiii der Lernenden gebracht, alsdann bei den Bruchzahlen, bei den Potenz-, Wurzel- imd imaginären Zahlen angewendet und sonach unter verschiedenen Capiteln entwickelt werden, wodurch eine lebendige Uebersicht des Verändems alldr . Zahlenarten gewonnen und die Arithmetik wissenschaftlich be- gründet wird. Auf diesen Disciplinen ruhen die Gesetze für die 70 Mathematik. • » tynthetiflclien Gieidiuogen, welclie rara gans yweck- luid bedeu* tuDgslos iiDt€r dem Begriffe ^Aigebra^^ Terstaiideii wissen will. Reo. «agt dartuii bedeutungslos, weil der Begriff weder eine be- stimmt wörtliche noch sachliche Bedeutung hat^ sondern iiacb den Ansichten der Mathematiker eben so viele Bedeutungen er- hält, so dass man niemals bestimmt sagen kann , was man unter ihm zu verstehen habe , und sonach die Lernenden in steter Un- sicherheit sind. Die (analytische und synthetische) Vergieichung der Zahlen bildet die Grundlage für das einlache and zusammengesetzte Ver- halten der Zahlen zu einander, mithin einen sichern Uebergaug SU diesem 3. Gesichtspunkte der Zahlenbetrachtung. Diftersucht man auch das einfache Verhaiten mittelst der Subtraction oder Division, also mittelst zweier Verminderungsarten , so ist es doch keine Veränderungsart der Zahlen, hat mit dem Verändern gar nichts gemein und bildet eine eigne Betrachtungsweise der Zah- len, weiche ihre Grundlage. in der Vergieichung hat, mithio selbstständig und durchaus nicht als Anhang, wie vom Verf. ge- schieht, zu betrachten ist. Die Idee dieses Zahlenverhaltens findet sich in den sogenannten Verhältnissen und Proportionen, in den Logarithmen' und Progressionen. Die Verbindung der «Logarithmen mit den Potenzen, aber nicht mit den Wurzeln, findet wohl in dem Umstände eine Rechtfertigung , dass die Ek* ponenten der Potenzen als Logarithmen der wirklichen Potenzen erscheinen; aber alsdann müssen die Grundgesetze der Progrei^- sionen vorausgehen ,. erhält der Begriff „Logaritbme^^ d. h. Ver- hältnisszähler der von der NuUpotenz bis zu einer bestimmten Potenz einer gewissen Grundzahl liegenden Verhältnisse seine eigenthiimliche Bedeutung nicht und kann ans den logarithmi- schen Gesetzen dwchaus keine Operation abgeleitet werden,' weil hier nicht verändert wird und durchaus kein Gegensatz stattfindet, wie bei den Vermehrungs- upd Verminderungsarten. Der Verf. theilt den arithmetischen Stoff in 9 Capitel: 1) Vom Addtren nnd Snbtrahiren, von der Null und dem additiven , und subtractiven Ausdrucke; 2) vom Moltipliciren und Dividiren, von den Brüchen , positiven und negativeif Zahlen ; Anlang: von den Verhältnissen und Proportionen; 3) von Potenzen, Wurzeln und Logarithmen im Allgemeinen ; 4) von den bestimmten Zah- len , gemeines Zifferrechnen , von Decimalbr liehen ; 5) einige Ei« - genschaften der bestinuttten Zahlen, .Primzahlen , Theiler, Viel- iif^eii Kettcnbruehe^ fi) praktische Buchstaben- und Ziffer- rechniiflg; 7) der .binomische Lehrsatz: von den absoluten Po- tenzen, Wurzeln luid Logarithmen; 8) Auflösung der einfachen ttlgebralichen Glelohmigen mit einer und mehr Unbekannten; 9) voa den qtaadratisebcn oHd hohem Glelehungen ; voa den allge- meinen luul hnagiiiären Quadratwurzeln. Lehre der benannten Zahkn. Ohm: Lehrbuch für den nathem. Elementaronterricbi. 71 der Verf. und (fachkundige Leser diese Anordnnnf au derjeidgen Tergleichen, weiche sich, nach obigen Bemerkungen des Rec. ergiebt, und jeder nach seiner individuellen Ansichl letztere beurtheiien« Dass die Ztisammensteliung der Disciplinen nach den genannten neun Capitein den Grundchtraktereu der Arithmetik nicht ganz entspricht und nicht überall systematisch ist| dürfte Jedem Jeloht einieqchten, wenn er auf den consequen^ ten und wissenschaftlichen Charakter der Zablenlehre sieht und tlurch den bedeutungslosen Begriff ^, Algebra'^ derselben den In^ halt und Umfang nicht schmälert. Mach diesen allgemeinen Be* merkungen geht Rec. zur Beurtheilnng der Materie selbst über und erlaubt sich auch hier vesschledene Abweichungen ?on den Ansichten des Verf. In der Einleitung Termisst man Tiele ganz allgemeine und umfassende Begrifftühestimmungen und findet gleich Anfangs eine Ansicht ausgesprochen , weiche keine Haltbarkeit hat. Die Zahl hält nämlich der Verf. für keine Grösse, sondern für ein Kenn* zeichen derselben: da aber jede Einheit eine Grösse ist, und wir in der Zahl Einheiten erblicken , so miiss diese auch eine Grösse . sein. Daher beschäftigt sich die Mathematik mit den gezählten und ausgedehnten^ mit den Zahieur und Raumgrössen. i Unter unbenannten Zahlen versteht der Verf. die allgemeinen Zahlzei* chen y und doch soll die Lehre der benannten Zählen die ,,al]ge* meine Grösseulchre^^ ausmachen, was darum nicht haltbar ist, weil die Zahl als Inbegriff einer besoudern oder allgemeinen Menge von Einheiten eine besondere und allgemeine, und erstere wieder unbenaont oder benannt ist. Da der Verf. die Lehre der benannten Zahlen die allgemeine Grössehlehre nennt, so ist ihm die Zahl eine Grösse und er geräth mit seiner obigen Ansicht in Widerspruch. Alle Operationen sind entweder formelle oder reelle, und bilden durch -das Verwsndeln jener in diese analytische Gleichim- gen; daher ist a + b eine formelle Addition oder Summe; a — b > kein blosses Zeichen, sondern eine formelle Subtraction oder solche Differenz u. s. w» Da Subtrabiren an und für sich eui blosses Aufheben bedeutet,, und jede Zahl Entweder additiv, po- sitiv , oder subtractiv , negativ , sein kann , so ergiebt sich hieraus einfach das Gesetz für. das Umkehren der Zeichen des Subtra- henden* Hinsichtlich der Proportionen sagt der Verf. in der Note: „Obgleich jetzt eine Lehre der Proportionen sIs Tersitel angesehen werden kann, so mögen hier doch die wichtigsten Resultate derselben Platz finden/^ Hieraus folgert Rec., dass es dem Verf. nicht Ernst zu sein scheint, die Proportionslehr^ alz veraltet anzusehen, und dass sie es auch nicht sein kann, wenn rann des Rec. Ansicht berticksichtigt, wornach sie eine eigne Be- ^ tnn^tungsweise, nämlich die des doppelten Beziehens ausmacht ittil für die Progressionslehre die Grundlage bildet. Zogleicb ist 72 Mathemaiik. die Stellun; des Anhanges Terfehlt, weil bei den Proportions- gliedern anch Gesetze für Poten^iren und Radkiren Torkommen, und di^se defr Verf. erst nach diesem Anhange entwickelt. Das Zelclien ^c nennt der Verf. Wursel ; nun ist aber Wur- sei diejenige Grösse, welche aus einer andern gefunden wird und die EHgenscbaft hat , so oft als Factor gesetzt , wie der Wurzel- exponent anzeigt, den Radicanden wieder zu geben, d. h. in dem Ausdrucke Q^x^ = a ist die Grösse x dle\l^urzel, mithin kann '^/^c nicht auch Wurzel, sondern miiss Wnrzelgrösse heissen. Den Begriff „Coefficient^^ erklart der Verf. nicht sachlich , indem er blos sagt, in einem Producte, wie 7a, nenne man den Ziffer- factor 7 hüafig den Coefficienten , weil er anzeigt., wie oft die Grösse a als Summand zu setzen ist und eben so gut eine allge- meine als eine besondere Zahl stein kann. Da man zu den Potenz - und Wurzelgrössen erst durch das wirkliche Potenziren und Radiciren gelangt, so ist die Stellung des 3. und 7. Capitels verfehlt; in jenem sollten die Gesetze dea Potenztrens io ganzen Zahlen nebst dem Blnomialsatze entwickelt und auf das Wurzelausziehen aus ganzen , reinen Potenzzahlen angewendet sein; die unreinen Zahlen erscheinen alsdann in Form Ton Wurzelgrössen , welche mit den eigentlichen Potena^ grossen eine selbstständige Behandlung erfordern und mit wei- chen dieselben sechs Operationen vorzunehmen sind, vde mit den ganzen und gebrochenen Zahlen. Da ferner alle Grössen positive und negative sein können und aus letztem bald positive, bald negative Potenzzahlen entstehen , so fuhrt das Wurzelausziehen aus negativen Grössen zugleich auf imaginäre Grössen , mit wei-. eben ebenfalls obige Operationen vorgenommen werden müssen. Das zufällige Einschieben bei quadratischen Gleichungen wider- apricht dem wissenschaftlichen Charakter der berührten Grössen und entzieht ihnen die Selbstständigkeit ihrer Gesetze. Auch lernt der Anfanger das Operiren mit ihnen nicht kennen , was als eine Lücke arithmetischer Kenntnisse anzusehen ist. Mit den Ansichten über Erklärung, Eintheilung und Cha- rakter der Gleichungen ist Rec nicht unbedingt einverstanden, weil Vieles dunkel bleibt uiid manche Angaben dem Wesen der- selben nicht entsprechen. Rec. nennt Gleichung die Gleichstei- lung zweier Ausdrücke, von denen der zweite entweder unmittel- bar aus dem ersten abgeleitet ist , analytische , oder in welchen die Gleichheit von einer (oder mehr) noch zu bestimmenden Un- bekannten abhängt, synthetische Gleichung; jene nennt der Verf. identische, diese Bestimmungsgleichung; da aber letztere inso- fern, als der eine Gieichungstheii eine dem andern ganz gleiche Crrösse enthalten muss , ebenfalls identisch ist , so ist der Unter- schied nicht charakteristisch. Auch hat der Ausdruck „alge- braische Gleidinng^^ darum keine Haltbarkeit, weil der Begriff „algebraisch^^ weder wörtliche noch aachliche Bedeutung hat. Ohm: Lehrbuch lor dea DMihem. BlenenUnintenidit. 7S dalMT Ton venchtedeoen Matheiiiatikciii*f«8t eben m TenebMeii erklärt wird und nach den Ansichten Vieler eine Oleicbnnf keine Ziffergrössen enthalten darf. Qaadratisch nennt der Verf. eine . Gleichung, welche nebst der Unbekannten nach deren Quadrat enthalte, s. B. 4x^ — 7x = — 11, mithin ist nadi seiner Ansicht die Gleichung x*4:a= + b keine quadratische , waa wohl nicht behauptet werden kann, da er selbst die Gleichung ax't^b eine rein quadratische nennt, aber ihren Charakter nicht erklirt. Die Behandlongsweise der Auflösung der unrein quadratischen Gleichungen entwickelt der Verf. wedeif einfach noch deutlich; die Eigenschaften des Quadrats eines Binomiums fuhren gani ein- fach und knrs zum Ziele, weil das 3. Glied jenes stets das Qiuh drat Tom halben Coefficienten des 2. Gliedes Ist u. s. w. Das Einfuhren einer reinen Unbekannten befördert wed« Klarheit und Kürze , noch Bestimmtheit und Einfachheit. Die Ueberschrift „allgemeine Grössenlehre oder Lehre der benannten Zahlen^^ enthalt insofern einen Wideniprnch , als die benannten Zahlen in Ziffergrössen bestehen , welche keine allge- meine Grössenlehre abgeben können ; die Gesetse letzterer wer- den auf jene übertragen, besonders in der Proportions-, Pro- gressions- xund zusammengesetzten Zinsrechnung und in der praktischen Gleichnngslehre, welche nach des Rec. Ansicht um- fassender behandelt werden mnsste, -wenn das Buch für Bfirger- und Militftrscholen bestimmt sein soll. Die Geometrie, wofür man passender Raomgrössenlehre sagen dütite, theilt der Verf. in die ebene und körperliche, zu jener die ebene und zu dieser die sphärische Trigonometrie rech- nend, womit Rec. nicjit.ganz einrerstanden ist, weil ihm die Lehre von den ausgedehnten Grössen in die allgemeine und be- sondere, erstere in die Lebte tou Linien, .Winkeln, Parallelei^ und allen Linien r und Winkelgesetzen der Figuren, in die von den Flächen und endlich von den Körpern, und letztere in die Goniometrie und deren Anwendung auf Dreiecke und Vielecke zerfällt und die ebene und sphärische Trigonometrie, ihre Grund- lage. In der Goniometrie habend , mit dieser ein Ganzes ausma- chen und nicht gut getrennt werden. Von dem Ideengange des Verf. weicht Rec. nur in einigen Punkten ab, weiter tou der Grundansicht ausgeht, das« die 6e« setze der Winkel, Parallelen und der linien und Winkel an den Figuren im Zusammenhange vorgetragen und- tou der Einmi-^ schimg aller Plächengesetze rein gehalten werden müssen, und die Linien- und Winkelgesetze des Kreises unmittelbar nach den Gesetzen der Figuren , Vielecke überiiaupt, zu betrachten sind; und dtfiBs diesen Erörterungen die arithmetische Inhaltsbestim- mung, die geometrische Vergleicbung, Verwandlung und Thei- lung der Flächen ztf folgen hat und von .den Linien- und WJn- kelgefietzen genau zn trennen ist, damit der Lernende das Wesen 74 Mathematik. der iogenannten Longimetrie nod Plaoimeiria genau uoterscbei* den könne. , . Die ebene Geometrie zerlegt der Verf. In 10 Capital: 1) ▼on geraden Linien, Winkeln, Parallelen und achneideiiden Liaien; 2) Vergleichung deir Seiten und Winkel im Dreiecke; Congrueuz der. Dreiecke,- Folgerungen; 3) ton der Aehnlkhkeit der Dreiecke und ebenen Figuren überhaupt; 4) von der Vergleichung der Flüchen bei Dreiecken, Parallelogrammen und geradliuigen Figu- ren überhaupt; 5) vom Kreise und von regulären Vielecken; Q) eine Auswahl von Sätzen zur Uebuug; 7) geometrisch • algebrai« sehe Aufgaben; 8) Aufgaben der geometrischen Zeichenkunst; 9^ ebene Trigonometrie; 10) analytische Trigonometrie. Die körperliche Geometrie zerfällt in 4 Capitel: 1) von der Lage der Linien und Ebenen gegen einander; 2) von körperlichen Drei* ecken, Pyranuden,' Prismen, Gy lindern, Kegeln und der Kugel; 3) sphärische Trigonometrie ; 4) von den Projcctionen und Coor- dinaten im Räume. Für jede gerade Linie unterscheidet man nebst der Grösse besonders die Richtung, welche horizontal, vertical oder schief ist, die Grundlage fiir die Bildung der Winkelarten ausmacht und z. B. den rechten Winkel entstehen lässt, wenn am Anfange oder Ende einer horizontalen eine verticalc Linie gezogen wird, wofür der Verf. die Gleichheit der Nebenwinkel zu Hülfe nimmt; allein es geht aus seiner, Erklärung vom rechten Winkel weder dessen Entstehung noch Grundcharakter hervor. In § 117. fehlt ein Hauptlehrsatz, nämlich däss die Summe zweier schiefen NebeQ^ Winkel = 2R ist , . woraus der 1. Hauptlehrsatz des Verf. als Foir gerung sich ergiebt. Die Parallelität der Linien fuhrt der Verf» auf das niemalige Schneiden zuriick, so lange der äussere dem Innern Gegenwinkel gleich ist. Rec. billigt diese Darstellungsweise nicht; er erklärt parallele Linien als solche, welche stets gleich entfernte Rich- tungen haben , und beweist hieraus jene Gleichheit der Winkel, auf die Grundwahrheit hinweisend, dass die Richtmig der Scheu« kel die Grösse der Winkel bestimmt, also -zwei. Winkel gleich sind, wenn ihre Schenkel gleiehe Richtungen haben. Das Schnei- den der Linien ergiebt sich alsdann von selbst. Die Congruena der' Dreiecke setzt eine genaue Kenntuiss von den Bedingungen^ unter w'elchen das Wesen eines Dreieckes völlig bestimmt ist, also von den Besttmmungsstüeken und BestimmiingäfäUen voraus und wird alsdann "völlig klar erkannt. Diese Nachwelsupg über- geht äer Verf , weswegen Rec. die Darstellungsweise nicht grl&nd^ lieh und bestimmt nennen kann, so sehr er es billigt^ die Con« grtrenzfälie neben einander gestellt zu finden. Für Trapeze^ Pa- ralleltrapeze und Parallelogramme vermisst Rec. ähnliche Nach*- Weisungen über die Bestimmung ^rselben , wie für das Dreieckf Zu den Eigenschaften des ParaUelogrammes. gehöffi die Eotste- Ohm : Lehrbach far deo matheiiu SUneirtamntenricfct. 75 hon^ von zwei mittelst einer und zwei Patreo coograenter I>rd> ecke mittelst zwei Diagonalen, die Haibirung beider Diagoaalca und die Gleichtieit der zwei an jeder Seite Jiegenden Wini^el ndt 2R. Die Grundeigenschaft des Paraiieiogramma ist die Paralle- lität der zwei Paar Gegenseiten, ond lässt sicli niclit beweisen ; alle andern Eigenschaften miissen als wahr dargestellt werden, was leicht und einfach geschieht* Die Aehnlichl^eit der Dreiecke wurde Rec* von der Gongm- enz um so weniger trennen, als jene in dieser mitbegriffen ist und daher mit ihr Manches, die Gleichheit der Winl^el, gemein hat und das Unterscheidende hinsichtlich der Seiten klarer hervor* tritt. Für die Vergleichnng der Flächen sollte die arithmetlache Inhaltsbestimmung vorangehen, damit der Lernende anschaulich wahrnehme, inwiefern der Werth der Flache vom Maasse der Grandlinie und Höhe abhängt. Der Verf. kehrt die Darstellungs* weise um, was der Gründlichkeit und Klarheit nicht ganz ent- ' spricht. Die verschiedenen Uebungen im 6* und 7. Capitel ver- dienen unbedingtes Lob« Eine wesentliche Verbesserung hat die Trigonometrie erfah** ren, indem der Verf. sogleich mii der EIntwickelung der Formeln beginnt ond dieselben auf die Berechnung der fehlenden Stücke ebener Dreiecke anwendet, ohne jedoch die nopasaende Schreib- art sin.a^, cos.a^ fnr 8in;^a, co8.% u. dgl. zu vermeiden. Reo« hält diese Schreibart dämm, für unpassend , weil die Zeichen sin., COS. ü. s. w. in analytischem Sinne diejenigen Zahlengrpssen be- zeichnen, welche den Winkel bestimmen, also nicht der Winkel, sondern jene Zahlengrösse potenzirt werden kann. Auf die prakti- sche Seite sollte mehr Gewicht gelegt sein, damit die Berechnung der Formeln den Lernenden geläufiger würde. Die Stereometrie und sphärische Trigonometrie bieten die wichtigeren Gesetze dar und entsprechen jeder billigen Anforde- rung. Nur dürfte es zweckmässig erscheinen, die Berechnung der einzelnen Körper und Thelle derselben weitläufiger und ge- nauer behandelt zu haben, weil gerade diese Materie für ScbiÜei* der höhern Bürgerschulen von besonderer Wichtigkeit ist und daher nicht aufmerksam genug beachtet werden kann. Weniger ausführlich konnten die körperlichen Dreiecke . nebst der spliari^ sehen Trigonometrie behandelt werden. Der Verf. glebt von letzterer fast mehr, als in einem so kurzen .Leitfaden im Ver- gleiche mit den übrigen abgehandelten geometrisdien Materien gegeben werden kann. Für gelehrte Schu^n erfordern manche geometrische Disciplinen eine umfassendere Behandlung, stren^ gere Consequenz und B^rüodung, wenn ihren Schülern derje- nige Nutzen des mathematischen Studiums zufliessen soll , wozu die Methode des Verf. berechtigt. Die Schreihart ist höchst (ilari Papier und Druck sind gut. Reuler. 76 Rebräische Literfttar. Anleitung »um Üeheraetzen aus dem Deutschen in das Hebräische für Gymnasien von FrtcdricÄ üfdemanrif Doctor der Theologie etc. % Cutsuä: Die Guttural- und anregeL massigen Verba nebst zusammenhängenden üebungsstücken. Berlin 1Ä41. VIII und 208 S. 8. 18 gGr. Dieser aweite Cursus (über den ersten vergl. Jfahrbb. 1840. Heft 6.) besteht aus 2 Hanpttheilen , deren erster Beispiele zu den Vcrbi» mit Gnttnralen und zu den «nreg^clmässigen Verbi«, der zweite zusammenhängende Üebungsstüclce enthalt. Dem er- sten Haupttheil geht voran S. 1 — 4. Vorerinnerung über den Gebrauch def beiden Haupttemptira mit aoristischem oder relati- vem .1 voi* dem Futuro und i vor dem Praeterito. Das* erste Ca- pltel "des ersten Haupttheüs,' S. 4— 46., enthält die Verba mit Gutturalen^ Voran gehen die Regeln über die Bildung der Gut- turalverba, S. 5 — 8., d^inn folgen Beispiele ober die Verba prim. gutt. , und zwar 1) über die Conjugation Kai mit regel- mässiger Vocalsetzung 64 Beispiele, mit der den Gutturalen ei- genthömlichen Vocalsetzung 68 Beispiele ; 2) über die erste Re- gel in den Conjugationcn NIphal, Hiphil und Hophai; und über die zweite im Fut, Imperf. und Inf. des NIphal 55 Beispiele; 3) über die regelmässig sich bildenden Conjugationcn Fiel , Pjal und Hithpaei 30 Beispiele. § 3. enthält Beispiele zu den Verbis med. gutt. S. 27—35., § 4. zu den Verbis tert. gutt. S. 35—46. Zur Eimibung der Verba prim. gutt finden sich 217, med. gutt. 08, tert. gutt. 114, also im Ganzen 429 Beispiele. Das 2. Ca- pitel von den nnregeliliässigen Verben, mit einer Vorerinnerung beginnend , zerfällt in 3 Abtheilungen , deren erste die Zeitwör- ter mit unregelmässiger Bildung der ersten Staiümsilbe («»a, -»a, ,43) S. 47— 86., deren 2. die contrahirten Zeitwörter (ii>, «»x^, vv) S. 86— 143., und deren 3. die Zeitwörter mit unregelmässi- gcm dritten Stammbuchstaben (nS, lA) S. 143—183. umfasst. Den Beispielen jeder Classe von Verben gehen die Regeln voraus. Der zweite Haupttheil, zusammenhängende Uebnngsstncke, ent- hält zuerst S. 183 — 193. Uebungsstücke gemischten Inhalt«, dann S. 193 — 208. Parabeln. Von S. 48. an sind den einzelnen Beispielen auch diejenigen syntaktischen Regeln vorangestellt, die in denselben ihre Anwendung finden; so die Verbindniig von Abstractis, z. B. yü^H etc. mit allgemeinen Personennamen, der Gebranch des Femin. des Adjectivs für das deutsche Ncutrunx S. 48., Apposition, Wiederholung des Substantivs zur Bezeich- nung einer Menge etc., Genitiv des Besitzes, Adjective im statu» cönstructus S. 52. , Bezeichnung des Superlativs S. 57. , Zahl- wörter, Majestfitspinrale S. 63., Collectiva mit dem Plur. des Verbi S. 67., Geschlecht des Verbi zu Anfang des Satzes S. 69., Verhältniss des Verbi zum Subject S. 71., Stellung des Verbi S. 73., pleonastischer Personaldativ S. 78., Gebrauch des Relativs, Uhlemaniv: Anleit z, Ueben, a* d. Deotfchen in d. Hebr. 77 des Fragepronrnnens /»» , Ausdruck der andern Pronomina 8. 88., Gebrauch des Imperativs S. 93., des Futurs S. 96«, des Participo S. 101., Optativ, das unbestimmte ,,man^^ S« 102., Adverbia durer Stndienlehrer der «weiten Classe M. Rauch war an Anfange des Jahrts 18^ nach Manchen yersetzt worden' nnd daliir der Lehramtscandidat Frzm Xao* Enzentpergtr als Verweser eingetreten. Mit dem Schlnss des Scboijabres aber wurde das Lehrerpersonale so geordnet, dass nach den Stodienlehrem MaikioB TVteft (zugleich Rector der Landwirtbschaft- nnd Grewerbschule) und ^nlon KolUer der seit Jnni 1841 angestellte Stndien- lehrer der 1« Classe, Priester Leoiift. BSfer, in die Lehrstelle der 2. Classe anfrickte und die Lehrstelle der 1. Cl. dem bisherigen Schulbenefidaten sn Weiden , Priester Quirin ZioUitaeh übertragen wurde. Dem Jahres-- AerieAte der Btndienanstalt ist eine kurve, aber recht TerdienstHche Ab- handinng über DtMes^ Geeeizg^er der Ssräkusier^ von dem Prof. J. G. HicAmimn ^Amberg gedr. b. Klober. 1842. 26 (8) S. gr. 4.} beigegeben, worin derselbe nach kurzer Angabe der Hauptdata ans der Geschichte Tan Syraktts auf die Schilderung der beiden VolksfSbrer Hermokrates tmd Diokles übergeht, beider Wirken and Schicksale genau nach den Quellen beschreibt und dabei die Augabe des Diodor. XIII, 35. von dem' freiwilligen Tode dea Diokles wid^Iegt, ▼ornehmlich aber die von Dlo- klea henrorgerafene neue Gesetzgebung in Syrakus (im J. 412 t. Chr.) und die Benutzung der Gesetze des Zalenkos, Charon^s nnd P'ytbsgoras für das neue Cresetzbucb , die zu gleicher Zeit von ihm bewirkte Um- wandlung der gemässigten Demokratie in eine absolute (wo das «Xi^- ^ovcQ'ai statt des xstQOxopBüf dntrat) , den Gegenkampf und Untergang des Hermokrates und die dadurch herbeigeführte Tyrands des Diofiysios (im J. 406.) sorgfllltig schildert. — Das protestantische Gyronasiuni in Ansbach war im Herbst 1841 nach dem damals ausgegebenen Fereekh- iV. Jahrb. f. PkiL u.\Pütd. od. Krü. Bibl. Bd. XXXVUI» Uft, I. 6 82 Schul- und UnirerftUätsnachriehten, nM88 der sammtliehen Schüler [18 S. gr. 4.] von 80 und die Uteinische Schale von 111 Schuieru besucht. Im Gymnasium unterrichteten ausser dem konigi. Schalrath Prof. Bomhard und dessen Assistenten Hoffmann und dem Studienrector Prof. Dr. Eiaperger die Classenprofessoren Dr. Jordan und Fucka und der Prof. der Mathematik Dr. Friederich , some für die katholischen Schuler der* Stadtpfarrer i^aunt als Religionslehrer; in der latein. Schäle der Prof. Maurer und die Studienlehrer Dr. Hoff- mannf Gettfr. Herold und J. L. F. Krauts. — Am kathol. Gymnasium in ' AscHAFfENBURQ hat der R^ctor und Prof. Joseph MiUermatfer im Pro- gramm * ^ (▼gl. mit Athen. VI. p. 232. P.) deutlich erklart, dau DemophiloB nur idie Geschichte Tonl heiligen Kriege in diesem dO. Buche ergänzt habe. Üeber Athanis oder Athanas ans Sjrakns lasst sich , wie S. 5 — 7. tias- einander gesetzt ist, nichts weiter wissen, als dass er sein jGrescbichts- werk ZinsXi*« mit dem Leben und Tbaten öm Dion begonnen [Diodor. Sic. XV, 94. Athen. XV, 54.] , einleitnngsweise aber auch die sieben letzten Regierungsjabre des jungem Dionysios [362-^356 ▼• Chr.] kurz beschrieben hatte, um so die Fortsetzung zur Geschichte des Philistoa zu bilden, in welcher die fünf ersten Regierungajahre des jungem Dio- nysios (367 — 362) noch enthalten waren. Doch darf man nicht mit Scholl annehmen , dass die SinBliwi des Athanis eben nnr die Geschichte der Jahre 362 — 354 nmfasst hatten; einigen Spuren zufolge ist auch noch von Ereignissen nach dem Tode des Dion darin die Rede gewesen. Am ausführlichsten yerbreitet sich die Erörterung über Timaeos (S. 8 — 19.), der, um 357 v. Chr. geboren und um 262 gestorben, den grossten Theil seines Lebens in Athen yerlebte [311 — 289 ▼. Chr. s. Polyb. fragm. XII, 13.] und dort seine ZinBlirtd und die Geschichte des Pyrrhos schrieb. Es galt nSmlich die historische Glaubwürdigkeit desselben fest- snstellen , über welche Cicero de erat. IT, 14. sehr gunstig, aber Polybios mehrfach tadelnd sich ausgesprochen hat, und Hr. H. hat in der That diese widersprechenden Urtheile sehr geschickt zn Tereinigen und damach die Benutzung seines Werkes beiPiutarch zu bestimmen gewusst. Ab eine besondere Gelegenheitsschrift ist hier noch zu erwähnen die Redty am 15. Nov. 1841 , als dem Tage n€uih der feierL Enthüllung de$ von Sr» Maj, Konig Ludwig L von Bauern dem Dichter Jean Paul Friedr* Riehter au Bayreuth errichteten Standhildes ^ im Gymnasium gehalten von Dr. J. C Held [gedruckt zum Besten der Jean -Paul -Stiftung für yerwahrloste Kinder. Bayreuth in Commiss. der Grau'schen Bnchhandl. 1841. 16 S. gr. 4.] , worin das Leben und Streben Jean Paufs in sehr ansprechender Weise charakterisirt ist. — Die kathol. Stndienanstalt in Dilingeh zählte in dem Ljccum am Schlnss des Studienjahres I84I 85 theol. und- 26 philosopb,, am Schlnss des Studienjahres 1842 98 theologische und 28 philosophische Candidaten (unter den theol. Candidaten im ersten Jahre 8, im zweiten 2 Benedictiner- Kleriker), im Gymnasium zu den beiden Zeitabschnitten 97 |ind 127, in der latein. Schule 103' und -110 Schulen Am Lyceum lehrten die theol. Lycealprofessoren Dr. Hagel, Dr. Mblly Stempfle, Dr. Gratz und die philos. Professoren Sehrott (Stndienreotor), Dr. Aymold, Dr. Bedcets, Dr. PoUtäc, und zur Vertretung der Vorlesungen ober Landwirthschaft im ersten Jahre der Subregens Mich, Ritaf, im zweiten der Subregens Anton Eber, Doch ist der Prof. Dr. Maurua Hagfl am 2. Januar 1842 gestorben und dafür der bisherige Präfect des 'bischöflichen Klerikal -Seminars Joh, Evang, ff agner zum Professor der Dogmaitik ernannt worden. Hagel hat seine Bibliothek der Stndiea- bibliothek in Diillngen Tcrmacht, wie dies auch der am 8. Apr9 1840 verstorbene vormalige Stndienrector in Kempten, Decan und Scblossbene- ficiat Jos, Kirchhqfer zu Wertingen mit einem grossen Theile setner Bibliothek gethan hatte. Am Gymnasium lehren die Gymnasialprofes- Befordernngen und Bkrenbeteif anf eo. 87 soren JRJra, J. M. Bet^elroefc, Augj AhH und Dr. KarlB^mmMt^ der Prof. der Mathematik und Geo^aphie Dr. Fr. Mimhiger, der Reßgion«- lehrer Prof. jinion MCräh .und 4 Halfsiebrer; an der lateinischen Schal« der Prof. Mich. Heckner y die Stndienlehrer Jok. Mkk. Brfuenerj Joh» Nepi KtUer und Nie, Egger nnd 3 Hälfslehrer. Dem Jahresberichte Ton 1841 hat der Professor Dr. Laur, Clem. Qratss ein Programm ITeder dUt- räkter und Deutung der prüpheHschen Sckrift de$ neuen Bundes [40 S. gr. 4.] beigegeben, und neben dem Jahresbericht Ton J§42 erschien als Programm: Probe einer neuen üebersetzung der Oden dee Horaa, xugUkk* ein Versuch y dieselben nach innerem Zusammenhange m ordnen, tob dem Prof, Dr. Karl Hoffmann [Sl S. gr. 4.], worin eine wohlgelnngene Verdeotschnng der Oden J, 1. III, 4. u. 1. IJ, 18. 2. n. 16. lY, 3. u. 3. I, 12. IIJ, 3. 2. n. 5. IV, 4. a. 5. enthalten ist, weiche sich durch treues Wiedergeben des Inhalts , darch genaue NachbÜdnng der Form mit sorg- fölüger Beachtung der Wortqnanütät im Deutschen und durch gutes und reines Deutsch auszeichnet. Dass übrigens diese Oden doch weit pathe- tischer klingen als im Lateinischen, hat aucli Hr. H. nicht yermeidea können , zumal da er sich selbst die Nachbildung dadurch erschwert hat, dass er in den Metris der einzelnen Oden die von Horaz eingeführten Langen (statt der im griechischen Metrum vorhandenen Kürzen) fiberall treu wiederzugeben bemuht war , während ihn doch das Beispiel des ' Horaz selbst darauf hinweisen konnte , dass es sich mit der Wortquan^ titat unsrer Sprache besser vertragen wurde, die in diesen Fallen von den Griechen beibehaltenen Kurzen wieder zurückzuführen. Indes» hat er dqcb sein Princip meist mit so glücklichem Erfolg durchgeführt, dasa uian den Versuch dankbar anerkennen muss. In einem besondern Vor« wort hat er die Grundsatze, nach welchen er übersetzte, kurz angege- ben, und zugleich einen Inhalts- und Ideen - Zqsammenhang d^lr fiber- setzten Oden nachgewiesen, welcher aber, obgleich er im Allgemeinen richtig ist, doch nur eine subjective Auffassung bietet. -^ An der. kathol. Studienanstalt zu EicHstXDT ist in Folge der seit 1839 eingelei- teten Erweiterung derselben mit dem Beginn des Studienjahres 1842 (am 18. Oct. 1841) die dritte Gymnasialclasse eröffnet worden, und am Schiusa des Schuljahres 1841 Zahlte dieselbe in den beiden Gymnasialclassen 38 nnd in den 4 Classen der latein. Schule 200 Schüler. Das LehrercoHe- gium bildeten der Studienrector nnd Lehrer der 2. Gymnasialclasse J, Ev, Schuster y die Gymna^alprofessoren Karl Kugler [Classenlehrer der ersten Gymnasialclasse], Vitus Schauer [Classenlehrer in latein. Seh. IV.] ond F, Xav, Richter [Classenl. in II. A, der latein. Seh.], der Oberlehrer IVf. Hafner [Classenl. in III. der latein. Seh.], die Studienlehrer Georg Fischer [ClassenU in I. der lat. Seh. , von Homburg in der Pfalz hierher berufen], der Classenverweser in IL B, der lat. Seh. Ignaz Oäugengigly der, Protestant. Religionslehrer Pfarramtscandidat Joh, Nddhardt nnd ein Zeichen-,, Schreib -^ Musik- und Schwimmlehrer. — Die protestant. Stndienanstalt in Erlattgen hatte im Studienjahr 1840 in den 4 Gymna^ sialclassen 41 und in den 4 Classen der ^latein. Schule 73 Schüler , 1841 43 und 71 Seh. nnd 1842 39 und 78 Schüler. Lehrer sind der Studien- ^ Schul- und. yniversitatsnachrichten» vector und UniTerritaUprefessor pr, /i^. Ludw, ChpJu WU, Do^fjUmf die Gjjrmnasialprofessoren Dr. Joh, Albr* Karl Sehqfer and Dan» Zimmef* loonn^ der Professor der Mathematik Dr. C%m. Flamin Heinr, uiug* Qla9er, die Studienlehrer Professor Dr. Frdr. JFäh* Rücker ^ Dr. Heinr » Schmidt y Dr« Karl Bayer and Dr. Chm. WUh, Cron^ der Geschichta- lehrer and Assistent im Gymnasiam Dr. Cftnt. Anl, Lud» SchiUerj der hebr. Sprachlehrer Repetent Dr. H^mr* Schmidy der franz. Sprachlehrer ' Chph. Wüh^ Hwffeldj der engl. Spracblehrer Cantor Georg Eggen»- hergery der katliol. Reli^onslehrer Decan und Professor Mich. Rehhan mid ein Zeichen-, Schreib- und Gesanglehrer. Im Jahresbericht Toq , 1810 steht eine Abhandlung über PenrionaanstaUen von dem Professoi^ Dr. G/mter [31 (26) 3« gr* ^«l» ^* ^* Wahrscheinlichkeitsberechnangeo über die menschliche Lebensdauer and daraas abgeleitete Bedingungen ^ber die Einri/chtong von Pensionsanstalten für Männer und die davoa absutrennenden und anders einzurichtenden Pensionsanstalten für Witt- if¥en und Waisen; im Jahresbericht Ton 1841 eine sehr sorgfaltige und' gelehrte Dareteilung der pyrrhonischen Philosophie von dem Prof. Dan* Zimmermann [54 (22) S. gr. 4.] mit einleitenden Erörterungen über den Skeptieismus der Philosophen des Alterthums überhaupt; in dem Jahres- bericht für 1842 eine Jristologie für den Vortrag der Poetik und Rhetorik YOQ dem Studienrector Dr. Ludw, Doderlein [36 (24) S. gr. 4.] , \?oria der Verf* B, 3 — 8. sein Yerfehren £ei dem auf drei Jahrescurse berech- neten Unterrichte in der Poetik, Rhetorik und Stilistik beschreibt, die Anlehnung, dieser Uaterrichtsgegenstande an den classischen Sprachunter-' licht und die theilweise Hineinziehung, der deutschen Sprache, der clasr sischen Literargeschichte und der ersten Elemente der Logik angiebt, über Umfang, Auswahl und methodische Einrichtung überaus durchdachte und wahrhaft praktische, wenn auch bisweUeu zieptilich subjective Andeu- Uingen giebt, und dann S. 9 — 24. eine für seine Schülei' bestimmte Sammlung griechischer und lateinischer Beispiele zur Metrik ,^ Literatar- geschichte und Stilistik folgen lässt, welche von ihnen als Mu^erstücke für die daran zu knüpfenden. Erläuterungen auswendig gelernt werden sollen» Der erste Theil , der Abhandlung ist so belehrend und erregend für den aufmerksamen Gymnasiallehrer, dass man wünschen rauss, der Hn Verf. mochte denselben etwa in einer pädagogischen Zeitschrift zur allgemeinen Kunde bringen. — Die kathol. Studienanstalt in Kemptbbt hatte im Jahr 1842 d6 Schuler des Gymnasiums und 122 Schüler der latein. Schule, welche Yon dem Studienrector und Professor der 4. Gym- . nasialclasse Dr. heonh» Böhm , dem Professor der Mathematik Dr. Jqh» Bundschuef den Classenprofessoren Aloys JVtfcl, Frx. Wifiing .und Karl BeiackU, d«n Prof. der kathol. ReUg^onslehre Joh, Köpfy dem protest. Pfarrer JBentd. Jd. Geyer als protest. Religionslehrer, dem quiesc Prof.^ Remig Geist als Lehrer des Hebräischen, dem Subrectorder Landwirth- schaft- und Gewerbschule Otto Phil. Mündler als Lehrer des Franzosi- ^ sehen, den Studienlehrem Frdr> JU^dw. Hopf^ Sim. Mayer ^ Isid, Steg- mitter und Jos. Soilinger and einem Zeichen-, Schreib- und Gesanglehrer UBterrichtet worden. In dem Jahresbericht ist über einige neuere , das Beförderungen nrnd Ehrenbeseigungen. 89 beyerijBclie fiftndienwesen betreffende Verordnungen nnd beetebende ScM- einrichtongen Folgendeii mitgetheilt: „Hinncbüich des Religionsmiteiw richte ist darch höchste kÖnigl» Minlstexialentschfiessongen Terordnet, dass dem hochwichtigen Gegenstande, der Religion, der ihm gebnhrend» grosse Antheil bei der Beurtheilang der Schüler YoUst&ndig gewährt, dabei nicht blos das Maass der Religionskenntnisse, sondern forsngs« weise die innere Cresinnong nnd der Erfolg (die Fruchte) des Unterricbti l^eachtet , und sn dem Ende auch die bisher übliche Zifferredinung idcht ferner angewendet werde. Deswegen ist weder fnr den Fortgang in der Religiottskentttniss , als eii^em ober aUe Zifferrechnnng erhabenen Gegen« Stande, in dem Jahreskataloge eine eigne Rubrik «nfsunehmen, noch darf eine Einrechnung desselben in den allgemeiden Fortgang stattfinden | jedoch ist zur Ermuntenuig der Schaler in jeder Cfaisse des Gymnasinm» nnd der latein. Schule aus dem Religionsunterrichte ein Preis an jenen Schaler zu Terleihen., welcher in Hinsicht auf Umiang nnd Gründlichkeit der Religionskenntflisse nnd durch ausgezeichnetes religids-sittUches Ver- balten vor allcia seinen Mitschülern den entscfaiedensten Vorzug behauptet* Zor Bezeichnung der über die religiösen Verhältnisse (über Religion»« kenntnisse und religiös »sittliches Betragen) der Schaler zu fallenden Urtheile sind drei Classen und in jeder Classe 2 Abstufungen Torge- schrieben: I. Classe: 1. ausgezeichnet, 2« Torzuglich (Sehr gut); II. CLt 1« Tollkommen gut, 2. hinlänglich gut; III« CLt 1. gering, 2. schlecht*)« Zam Vorrucken in eine höhere Classe ist nicht nur die Befähigung in allen Gegenstanden, sondern auch femer nothwendig, dass ein Schüler in Absicht auf Frömmigkeit und religiöse Gesinnung, sowie auf sittliches Verhalten , mindestens die Note U. 1. , in Religionskenntnissen aber min- destens die Note II. 2. sich erworben habe. Auch kann , wer nidit min* destens diese Noten hat, weder aus dem aligemeinen Fortgange, noch aus einem einzelnen Gegenstande einen Preis erhalten. Femer bleibt hinsichtlich der Preise die frühere Besthnmnng, dass ein Sch&ler nur dann einen Preis aus dem allgemeinen Fortgange erhalten soll , wenn er in den Nebenfachern zusammengenommen im ersten Dritttheile steht, und ans den Nebenfächern nur dann , wenn er aus dem allgemeinen Fortgange im ersten Dritttheile ist oder wenigstens keins der den allgemeinen Fort- gang bedingenden Fächer eigentlich vernUchlässigt hat. Zur grossem Auffflunterang, und damit der Anhäufung der Preise bei ^nem und ^dem» selben Schuler Torzu^ich in jenen Ffiilen begebet werde, in welchen zwischen diesem und dem ihm zunächst stehenden nur geringe Unter- schiede des Fortganges nnd der Befähigung sich wahrnehmen lassen, ist ♦) Was, überhaupt in Bayern zar Verbesserung nnd VenroHkomm» nnng des Religionsunterrichts in den hohem Schulen geschehen Jst, das findet man zusammengestellt tou dem evangelischen Oberconäistorialrath Dr. Karl Fuchs in Manchen in dem Aufsatz: Der Religionsunterricht tn den Gymnasien y lateinischen Schulen, und andern Bildungsanstalten in der Pfalz am Rhein, in dessen ^nnolen d^ protestantischen Kirehe im Kä»igr€ieh Bayern , neue Folge, 3, ^eft. (Monehen 1842.) 90 Schal- nnd UnlT^trsStatsnachrichieiif ^ fettgesetsi, das« derjenige Schuler,. der nach dem gewissenhaften UrCheile det Rector« nnd der Lehrer neben dem Prebe aas dem allgemeinen Fort- gange noch einen oder mehrere Preise aus den einzelnen Gegenständen erhalten würde, in dem 'Kataloge als preiswärdig aus dem einzelnen Lehrfache bezeichnet, der Preis -selbst aber dem von ihm nur wenig unterschiedenen , wenn sonst nichts entgegensteht , gegeben werden sidU. Uebrigena sei auch kein Hinderniss, dass nicht derselbe Schäler mehrere Preise erhalte« Die Preiswnrdigkeit eines übergangenen Schülers zeigt in dem Kataloge die höhere Platznommer an. Der allgemeine Fortgangs« platz jedes Schülers ist so ermittelt, dass bei der Zusamm^nzahlung der Platze ans den einzelnen Gegenstanden die aus dem Lateinischen t;term6l, dem Griechischen dreimal, dem Deutschen, der Mathematik, nnd in den obern 2 Classen des Gymnasiums auch aus der allgemeinen Geschichte und .der Geschichte der deqtschen Sprache (welche zwei Gegenstande zusammengerechnet werden) zweimai , in den untern 2 Classen des Gym- ' nasiums aber aus der allgemeinen Geschichte allein , und so auch iu den ^ obern Classen der latein. Schule einmal , endlich auch die Platze ans der Geographie in allen 8 Classen einmal, die aus der Kalligraphie aber gemäss der Vorschrift nicht gezahlt werden« Da die vorher beseicbneten Noten nur für das religiös - sittliche Verhalten nnd die Religionskenntnisse vorgeschrieben worden , ohne dass in den , nur über diese Gegenstande wgangenen, höchsten EntSchUessungen eine weitere Ausdehnung auch in andern Beziehungen gemacht wäre, so werden in den Classenzeog- liissen wiederum dieselben Pradicate wie bisher gebraucht, nämUch: vorzügliche, sehr viele, viele, hinlängliche, schwache Fähigkeiten; vorzüglicher, sehr grosser, grosser, genügender, wenig Fleiss; fbr* ^ zngücher, sehr guter, guter, mittelmassiger, geringer Fortgang. Im Uebrigen ist wohl zu bemerken, dass, wer immer aus einer lateinischen Schale oder dem Privatunterrichte in das Gymnasium übertreten will, behufs dieses Uebertrittes am Anfange des Studienjahrs in einer von den sammtlichen Gymnasialprofessoren unter dem Vorsitze des Reotors abza- haltenden strengen Prüfung seine Befähigung beweisen muss. Wer sich den Stadien in der Absicht widmet, einst ein Amt im Öffentlichen Dienste zu erlangen, der muss, wenn er auch den Gymnasialunterricht durch Privatstudien ersetzt zu haben glaubt, vor der Zulassung zur Absoluto- rialprufung wenigstens die vierte (oberste) Classe des öffentlichen Unter- richts besuchen. Unter denselben Voraussetzungen und Beschrünknngen ist der Besuch auswärtiger Gymnasialanstalten , jedoch nur unter Geneh- migung des kon. Ministeriums des Innern , gestattet,^' Das dem Jahres- berichte beigelegte Programm der Studienanstalt ist überschrieben : Ad solemnia exeuntis anni scbol. 1842 celebranda levttatem etfaUaeiam argu- mentat. in M. T. Ciceronis oratione pro lege Man, adhibitüe ostendit Aloifs» Nikly gymn. Campodun. prof. [15 S. 4.] Der Verf. geht von dem durch Cicero selbst [erat, pro Cluent c 50. öl. de orat. II, 54. epist. ad famil. V, 12.] ausgesprochenen und gatgeheissenen Satze aus, dass in den öffent- lichen Reden der Redner oft von der Wahrheit abweiche und seine Beweis- führung nur für den besondern Zweck und die Ueberredang seiner Zu- Beförderungen nnd BKrenbeieignnfea. n h6rer ber^cbne , so dasi man ans denselben nidbi etwa die winbre Blei* nnng des Redners über die behandelte Sacbe dürfe ermitteln woUeä» Zar Bestätigung dieses Satzes ist der Brörtemngsgang nnd die B^wd** ffibrong in der Rede pro lege ManiÜa nach den einseinen Hanpttheilen derselben dargelegt nnd dor^bgegangen, nnd daran geseigt, wie sehr der Redner die Thatsachen übertreibt und wie wenig die Grunde für das, was er beweisen will, der Wahrheit gemäss sind, aber allerdings ^ Rede aberall darauf berechnet ist , das Interesse nnd die Neigungen dea Volkes for sich zu. gewinnen. — Das (kathol.) alte Gymnasium in MmiCBEN war nach dem am Schhisse des Schuljahrs It^O — 1841 bekannt gemachten Jahresberichte in sdnen 4 Classen, von denen jede in 2 geson- derte Abtheilungen zerfallt, (im August 1841) von 337 Schillern besucht, und den Unterricht besorgten fils Classeiilehrer der Rector J, v, O. Fr&t* Ikh und die Professoren Canonicus Joh. BapU Sehwam^ Dr« Leonh, Spoi» ^el [ist seitdem nach Heidelberg berufen worden] , Joh* BapU HutUff Priester Georg WorUtsckeky Ign* Müi^auer^ Dr. Georg BeiUbodb, Priester Joe, Wük. Tkam nnd Dr. Joe, von Ihfner^ als Religionslehrer fiir die kathol. Schaler der Prof. Priester An^ Fieeker^ für die protest. Schüler der Prof. und PfarrWcar Ludw* SehoberUm [im 3. Semester Tcr^ treten von dem Predigtaratscandidaten WÜh. von Btarowakg] , als protest. Geschichtslehrer der Lehrer der Geschichte am k. Cadettencorps Georg Ra» [iat seitdem nach Speyer befördert worden] , als Lehrer der Mathe- matik und Geographie der Prof. Dr. Georg* Mmfer und der Funcdonar Dr. j4nt, fitscftqf , und ausserdem noch besondere Lehrer der hebräischen^ franzomschen , italienischen und englischen Sprache , des Zeichnens und der Instrumental- und Vocalmnsik. In Folge allerhöchster Verordnung mnss seit 1841 der Unterricht nicht nur in der Religionslehre, sondern auch in der Geschichte von Lehrern geistlichen Standes ertheilt werden» — In Regeüsburo ist das Rectorat des Lyceums und Gymnasiums dem iheolog. Lyceaiprofessor Dr. Herd in widerruflicher Eigenschaft über- tragen nnd am Lyceum der Priester Dr. theol. jint. Sporer Ton München als Prof. des Kirchenrechts und der Kirchengeschichte, der Pr9fessor Priester Ant, Rietter rem Lyceum -in Amberg als Prof. der theol* Moral, nnd der bisherige Wallfahrtsdirector in Fuohsmuhl) Printer Frs, Joe* Schhnlj als Professor der Bxegese und bibl. Hermeneutik, der orientalw Sprachen und der Einleitung in das A. und N. Testament angestellt worden. — Das protest. Gymnasium in Schweinpurt war am Scbluss des Studienjahres 1842 von 37 und. die latein. Schule Ton. 66 Schülern besucht, und es lehrten an denselben der Rector und Prof. OeUchlüger und die Professoren Dr. von Jan, Dr. fFUtmann und Dr. Enderlein als Classenlehrer, der Prof. Hennig als Lehrer der Mathematik, der Ober- lehrer Plrich nnd die Studienlehrer Pfirech^ Zmk^ Wemand in der latein. Schule, der Pfarrrerweser j7%r^'als kathol. Religionsleh^er, em Zeichen* lehrer und ein Schreib - und Gesanglehrer. Das dem Jahresbericht bei-, gegebene Programm enthält: Commeniat, de Bambergenn eodke tnstt- tuiionum.QuinlxHani manu scripto, eectio prima , von dem Prof. Dr. Frdr: Leonh, Enderlein [16 S. gr. 8.], nnd bringt eine sorgfältige Beschreibung 92 ScIiqI- and UniTersititaDaehriehteDi und CharakteriBtik dieser von ZcuDpt za gering geaditeten Bamberger Handschrift, eine Probe ihrer Lesarten za iib. iX. c. 4. mit einigen kri- tischen Rechtfertigungen, und eine kurze Nachricht aber den Codex PoUingianas in München* -^ Die protest. Stadienanstalt in Spetbe war am Schluss des Stadieigahrs 1842 im Lyceam von 28 Candidaten, im Gymnasium ron 120, in der lat^in. Schafe yon 129 Schalem besacht. Der Prof. der Philosophie am Lyceom Dr. H, Puekta wurde im Nor* 1841 wegen andaaemder Krankheit seiner Lehrstelle enthoben und späterhin als Pfarrer in Bib bei Ansbach angestellt. Das Rectorat der Stadienanstalt . fShrt der Hofrath und Kreisscholarch Georg Jäger ^ und es lehren am Lyceam die Professoren Frdr. M* Sckwerd Mathematik, Physik and Chemie , Domcapitalar und bisch, geisü. Rath Bruno Würeehmitt Natnr- gescbichte , Dr. Caep, Zeuse Geschichte, Karl FeU» Halm Philologie und Archäologie , Dr. Georg Rhu [an Puchta^s Stelle Ton München berufen] Philosophie and zugleich Geschichte für die Candidaten protestant. Con- lession , und der F^of. des Clericalseminars Dr. Frz* JT. Diringer Reli> gions- und Moralphilosophie und biblisches Sprachstudium für die kath« Candidaten ; am Gymnasinm der Prof. der Mathematik Fr. M, Schwerdy die Ctassenprofessoren Aug. Muster , K, FeL Hidm , Rupert Jäger und Jos* Fischer j der IfathoL Rcligionslehrer Domcapitular und bisch, geiztl. Rath Peter Busch , der protest. > Religionslehrer Pfarnricar Got^r* Rosen- bauery der Lehrer der hebr. Sprache Ferd, Osihelder und ein Zeichen - und Mnsiklehrer; an der latein. Schule der Subrector Prof. F^dr. Fähr^ die Classenlehreir Georg HoUerieth , Frdr. Bettmger und Ferd* OstheldeTf zwei Reli gions- und zwei Schreiblehter. Das mit dem Jahresbericht zugleich ansgegebene Programm enthalt ; Leetiones StohenseSy proposait Car^ Fei. Halm» Partaeula posterior. [Heidelb. gedr. b. Reichard. 1842. S. 33r^62. gr. 4.] und bildet den Beschluss zu der als Programm des Jahres 1841 ebendaselbst erschienenen Partkula prior. [32 9. gr. 4.] In beiden Programmen hat der Hr. Prof. Holm eine lange Reihe Ton Stellen der Ton Stobaas excerpirten Sciiriftsteller in der Weise behandelt, das« er die Stellen der einzelnen Schriftsteller zusammengeordnet, für ihre Verbesserang den Torhandenen Afiparat der Handschriften, Tomehmlichx des Cod. Paris, ji. , and die kritischen Bemerkungen neuerer Gelehrten sorgfaltig benutzt, die Schwierigkeiten der Stellen mit tiefer Sprach- einsieht bald ausfohrlicher bald kürzer erörtert und theüs aus den Hand- schriften theils aus Conjectnr die bessere Lesart hergestellt hat. Die Conjectnren sind meistens sehr gelangen, Tiele unzweifelhaft and eTident. Verhandelt ist iii der Partie, prior S. 1 — 10. de Musonii fragmentis, 8. ll-^lb. de Teletis philosophi fragmentis, S. 16 — 21. de nonnullis Plutarchl, Antipatri et Hieroclis fragmentis, S. 22— -32. de Tariorum scriptorum pedestdnnt fragmentis attice scriptis (AristoteU de Tirtute, Pläton, Bpiktet, Diogenes, Hierax, Hermes, Aelian, Periander, Dema^ ratos, Zaleukos, (^harondas, Chrysippos, PhaTorinos, Dio Oekonom.» Nikostratos, Aristoxenos, lamblichos, Zeno , ^ Anaximenes , Antyllo^, Sotion, Jancus und Nicolaos de nationibus); in der Partie, posterior S, 33—38. de fragmentis lonicis (ex Perictyone Pythagor., «x Easebio, Beforderangen und Bhreabtiaifaaf en. tS « Democnto), 8.39 — 49. de fragmetttb DorMs (f«i Perio^oB, Bfetopw, KiiniaB, Theages, ArchyUs, Kriton, Hippodamoi, Diotogeoefl, Cbarott- das, StiieDidas^ EkpbantoA, Kallikratida« , Phin^c, Brisoo» BorypIiuMi and Hipparchos), S. 50 — 57* de aliqaot poeUuniin fragmenlia (wU Sophe» klea, Selon, Nikolaos Komikoa, Apellodorosy Enripidee, Phileaeo, Anti- pbwies, Mimnermoey Aaazandrides , Aatydanas, Diphiloi, AatipbwMfy Menander, Moschion, Hypsäo« und Timokiee), woran sick S. 58«->6l* ein Epimetarom emendationiun ad Escerpta FiorentSna ex ParallelU sacria loannia Damasceni anreibt. . Die Erorternngen und ihre Reaaltate geet^i- t^en keinen Auszug and müssen in den Schriften selbst nachgelesen werden« ' — - Am 13. und 14» Ni>t. 1842 wurde das Jubelfest der fun^gjibrigen Amtstbätigkelt des Hofraiksond Kreisscbolardien Dr. Oc^rg Jäg9r an dem Gymnasium in Speyer Yon den Lehrern und Schalem der Stadien- anstalt feierlich begangen, and es nahmen daran nicht. nur der Aatk, die Bürgerschaft und die Schulen der Stadt, sondern anch der kon* Regie» rungspräsident Forst Wrede mit dem gesammten RegierungacoUegittniy sowie der Bischof mit dem Domcapitel den alljgemeinsten und lebhaftesten Antbeil, sowohl wegen der grossen und viel&chen Verdienste des Jabi- lars , als iLuch weil das 25jährige Bestehen der Stndienanstalt mit denn selben in engster Verbindung steht. Als nämlich durch kon. Decret Tom J8. Oct. 1817 die aus der franzosischen Zeit hier bestehende Secondair^ schule in ein Gymnasium mit einer Lycealclasse umgewandelt wurde, da ward auch zugleich Jäger als Rector desselben angestellt und hat seitdem dasselbe und die damit Terbundene lateinbche Schule nicht nar fortwäh- rend geleitet, sondern aadi die Erweiterung desselben mit berbeigeföhrt, dass 1839 die frühere eine Lyccalclasae zu einem ToUstandigen Lyceum mit zweijährigem philosophischen Corsas umgestaltet wurde. Die übrigen Stndienanstalten der Pfalz hatten zu dem Feste gluckwünscbende Depu- tationen geschickt, und die UniTeraitat -Heidelberg übersandte dem. Jubilar das Ehrendiplom eines 'Doctors der Philosophie. Vgl. die weitere Fest- beschreibung in der Neuen Speyerer Zeitung 1842 Nr. 231 f. Die I^ehrer der Studienanstalt, von denen drei, die Professoren Sehwerd^ ÜfibCer undFakr^ ebenfalls seit dem Bestehen des Gymnasiums an derselbeQ dienen, überreichten einen ülbernen Pokal und folgende Festscbrtfts. Gwrgw,IaegerOj Connliario regio ^ Rectori Ljfcei et GymtuuH Spiretuiif ■ UlhAro rehue sehaltui. Ptdathna admimgtran^f tpänque lustrie m regi- mme gymnam Spirenne ante ho» ipsoe XXV annoa wb atupum Baoariek uuiaMratifeLicker peraetie Coüegmm Prqfesaorum omni qua paar est pjeiato o<9iie oftservonfta gratulatur interprete Carolo Haimio, Additnm est »pe- amen eommenforn de M. TuUi Ciceroni» pro P, Seetio oratiane, [Speyer gedr. b. Kranzbfihler. 1842. VIII u. 20 S. gr.4.] Hr. Pro^ Halm begrnsit darin den Jubilar mit einer freudigen und herzlichen Zuschrift und kun- digt sugleich .einen lateinischen Commentar zu den Ciceronischen Reden an, wovon auch der Commentar zu den 9 ersten Capiteln der Rede pro Sestio S. 1-^20. als Probe mitgetheilt hat. Derselbe soll für den Grebranch der Gymnasien and namentlich der Gymnasiallehrer bestiipmt sein and so eingerichtet werden , daas er ans den ESrorterungen der bis« I 94 Sekttl- «nd UBiTer«ititiiiacliriclii6it> herigen Commentatoren, Toraelmilicli ans den Commentaren Ton ÜfonaÜoi, FerraUua und Garatoni , ans den alten Schollen nnd ana den Comnken- taren nnd Gelegenheitsschriften zu den eihzebien Reden und Stellen in sweckmaasiger Auswahl und bequemer Uebersioht dasjenige darbiete^ was daraus Inr die sprachliche und saehliche Erklärung der Cioeronischea Steilen nothig und brauchbar ist, 9nd dass der Herausgeber zu diesen Auszügen in eignen Brorterungen hinzufugen will » was zur Berichtigung und Ergänzung derselben und zur Erklärung des Cicero für deaGymnasial- ' zweck nothig zu sein scheint. Der dargelegte Plan und die mitgeiheilte Probe geben den Beweis y dass der Verf. der wohldurchdachten and gut- berechneten Arbeit in besonderem Grade gewachsen ist und dgisa man in diesem Commentar etwas recht Vorzugliche;/! und Branchbares erwarten darf. Zu der Rede pro Sestio sind 30 verschiedene Commentatoren benutzt, und aus ihren Brorterungen ist in umsichtiger Auswahi das- jenige mitgetheilt, 'was für Sinn, Sprache und nothwendige Sacherklärung forderlich ist« Diese Auswahl ist durch noch zahlreichere eigne Erörte- rungen Tenrollständigt und durch, sie die sachliche und sprachliche Er- klärung in angemessener Weise und nach den gegenwärtigen Forderun- gen der Sprachwissenschaft erweitert und gefordert. Dabei ist überall nur das Nothwendige beachtet und der Standpunkt so genommen, dass der Verf. nicht etwa dem Sdiuler seine eigne Arbeit beim Lesen bequem machen, sondern ihm nnd noch mehr dem Lehrer an die Hand geben will, was beide zum Verständniss der schwierigeren Gegenstände und zur BereicheruAg ihrer Kenntnisse, der letztere aber zur weiteren nnd besonderen Erörterung brauchen kann. In den Stellen, wo die For- schung noch nicht abgeschlossen ist , wird auf den Widerstreit der Mei- nungen in angemessener Kurze und mit Angabe der Urheber , doch ohne Tautologie und Wiederholung der gleichen Resultate mehrerer hinge- wiesen. Aus der Kritik ist dasjenige aufgenommen, was für die Eridä- rung Ton Nutzen ist, und in den Stellen, wo die Lesart noch nicht sicher steht, werden auch die Meinungen und Lesarten der neuesten Kritiker mit Angabe des handschriftlichen Fundaments aufgeführt und discutirt. In allen diesen Dingen bewährt der Verf. überall ein reifes und selbst- ständiges Urtheil, eine tüchtige und allseitige Sprachkenntniss und reiche Belesenheit und Gelehrsamkeit, so dass man sein Unternehmen durchaus willkommen heissen und ihn mit vollem Rechte zur rüstigen Fortsetzung nnd Vollendung auffordern darf und. muss. Da übrigens diese Probe nur erst zur Darlegung des allgemeinen Planes dienen soll und die Vollendung des Ganzen dem Vernehmen nach noch nicht so bald bevorsteht, so lasst sich erwarten, dass auch noch einige nothig scheinende Erweiterungen nnd Abänderungen werden vorgenommen werden. Dahin rechnet Ref., dass der Verf. noch allgemeine Einleitungen zu den einzelnen Reden hin- zufügt, in welchen er den Gang und die Disposition derselben in alige- meinen Hauptzngen nachweist, die historischen, staatsrechtlichen, gericht- liehen und sonstigen Verhältnisse und Umstände , unter denen die Rede gehalten worden ist, darlegt, den allgemeinen Charakter^ und Werth der Rede bestimmt und wohl liach diejenigen Handsduriften, welche die Befordernngan Qnd Bkrenbeielgtag^tt. 05 Hauptgrtuidlage der gangbaren und besten Texte büden, mwb Sine« kritiBchen Werthe nnd Gebnache kurz charakterisirt. Bei den hritiaclwn Erörterungen der noch unaichern Teztesstellen wird es iweckdiealicli sein , dasa der Verf. jedesmal ans dem Zusanunenhange und den Torhaa- denen Worten den Sinn and das, was der Redner waiuracbeinlich gesagt haben muss , möglichst klar und bestimmt feststelle und daran anraÜM, vras die besten Handschriften und die KHtiker für die Verbesserung den aufgedeckten FeÜers und for die Herstellung des muthmaasslieh Rechten bieten : wodurch auch oft die uototandiiche Aniftthmng ihrer Meinungen und Conjecturea unnöthig werden wird. 3ei den sadiliohen Erörterungen ist Tieileicht ein tieferes Eingehen auf dasjenige der 6taatseinricfaton|jiBO, Gesetze, GericbtsTerfassnng und dgl* recht heilsam, was die obwaltenden Verhaltnisse klarer machen und namentlich das richtige Verstandniss der in den CSceronischen Reden so häufigen staatsrechtlichen Titulaturen nnd der officiellen, gerichtlichen nnd juristischen Kunstausdriidce und For- meln eröfihen kann. Auch ist eavielleicht nicht unangemessen, hin und wieder^ auf die trügerische und der strengen VITahrheit nicht entspre- chende, sondern nur fSr den obwaltenden Zwedc berechnete Beweisfiib- rung aufinerksam zu machen. Hinsichtlich der sprachlichen ErÖrterangen lasst die vorzügliche Geschicklichkeit, mit welcher Hr. H. den allgemei- nen Sprachgebrauch erörtert bat, wohl erwarten, dass er neben dem Lexicaliscfaen auch die Erörterung schwierigerer grammatischer Punkte noch mehr beachten , Tomehmlich aber nodi mehr auf die Erörterung des speciellen Sprachgebrauchs Cicero*s als Indiyiduums nnd als Redners und auf die Besprechung des oratorischen Knnststils eingehen werde. Dia Vorzagiichkeit des Geleisteten erlaubt diese Forderungen an den Hm« Verf. zu stellen , und sie sind von dem Ref. nicht darum gemacht worden^ um das V^dienstiiche des bereits Gegebenen zu schnuLlem, sondern nur um anf das hinzuweisen, was noch zur hohem VenroUkommnnng der tüchtigen und trefflichen Arbeit dienlich zu sein scheint. -— Das katho- lische Gymnasium nnd die lateinische Schule in-WvRXBDRO waren am Schluas des Schuljahres 1841 Ton 158 Gymnasial- und 379 lateinischea Schülern besucht , und es lehrten am Gymnasium der Stndienrector und l^rofessor Dr. Frz. Xao. Eisenhcfer, die Classenprofessoren Dr. Mü Georg Weidmann y DV. VtiL Mausr und Dr. Fü, Adam Eariy der Prof. der Mathematik und Geographie Dr. Fr. X^ Attemperger , der Religions» lehrer Prof« und Priester Dr. Georg Joh. Safenreuier^ die Assistenten und Repetitoren Lehramtscand. Dr. Jos. Wüh» Sehamhergery Lehramts- cand. Dr. Joh. Barth. Gfostmimn, Leluramtscand. Georg fliannmodkery Lehramtscand. und InstitntsTorstand FkÜ. Hannwaeker; an der latein. Schule der Professor Mitregen- ten im' J. 1840 enthalten JST. F. HermanrCs Disputatio de statu Lacedae- moniorum ante Lycurgum [48 S. 4.] ;und Disputatio de novis Lacedaemo- niorum post Lycurgum insiitutis [42 S. 4.] , und beide Abhandlungen sind dann zugleich mit der 1832 geschriebenen Disputatio de condicione atque origine eorum , qui homoei äpud Lacedaemonios appellati sunt unter dem Titel: Cur, Fr. Hermanni antiquitates Laconicae [Marburg b. Elwert. 1841. VllI u. 216 iS!$. gr. 4.] in einem neuen Abdruck erschienen und in den Buchhandel gekommen. Gegen die ebenfalls im J, 1840 erschienene und an Gottfr. Hermann gesandte Gratulationsschrift desselben Gelehrten: Disputatio de distributione personarum inter kistriones in^tragoedüs graecia [Marburg, Elwert. 1840. 68 S. gr. 8. 10 Ngr.] hat Lachmann in unsern NJbb. 31, 456 ff. Einspruch erhoben , und Gottfr. Hermann selbst hat in der Vorrede zu seiner Ausgabe von Euripides Orestes [Leipz. 1841.] für dieses Euripideische Stuck eine andre Vertheilung der Rollen an die drei Schauspieler vorgeschlagen. Der Gegenstand hat neuerdings eine aus- führlichere, Erörterung gefqaden in der Schrift: Die Vertheilung der Rollen unier die Schauspieler der griechischen Tragödie von Dr« Jul, Rkhter [Berlin , Schröder. 1842.' XVI u. 112 S. 8.], deren Verf. auch 7* -/ 100 v Schul- und Uniyersitatsnachrichten, gegen Lachmann in sehr heftiger und unziemlicher Weise aufgetreten ist und K. Fr. Hermann*s Ansichten gegen dessen Einwendungen in Schutz genommen hat. 'Was er übrigens selbst über die Vertheilung der Schau- spielerrollen und über die Oekonomie des alten Drama^s Torgetrageu hat, das ist in mehreren Hauptpunkten von K. Fr. Hermann in den Berl. Jhbb. für wissenschaftl. Kritik 1843, 1. Nr. 49 — 55. sehr enischieden bestritten worden. Das Einladungsprogramm zur Geburtagsfeier des Kurfürsten im Jahr 1841 enthalt: Car. Frid. Hermanni disputatio de aatirae Romanae auctore ex sententia Horatii Serm, I, 10, 66. [Marburg, El wert. 51 S. 4. 10 Gr.], eine etwas umständlich und schwerfällig, aber scharfsinnig und überzeugend durchgeführte Untersuchung über die Frage, ob Lucilins oder Ennius'.Ton dem Horaz als auctor der römischen Satire bezeichnet werde. Der Verf. folgt in Vs. 66. der schon von Heindorf u. A. treffend gerechtfertigten Erklärung : LutM%U8 mag gefeilter gewesen sein, als man von dem Urheber einer rohen und von den Griechen nicht behandelten Gedichtgattung erwarte sollte, und verwirft die andre Deutting: Luciliut mag gefeÜter gewesen sein, als der Urht^er der rohen Gedichtsgattungy und gewinnt dadurch natürlich das Resultat, dass nun auctor ebensa, \?ie Vs. 48. inventor, vom Lucilius verstanden wird, und dass nun auch die Worte st foret hoc nostrum delatus in aevum auf Lucilfus und nicht auf Ennius sich beziehen. Z^ur Begründung dieser Ansicht wird das eigehthümliche Wesen und der Unterschied der Satiren des Ennios und Lucilins in sehr gelehrter Weise erörtert und das Resultat getwonnen^ Ennii satiras , quantum quidem veterum testimoniis constat , a 'metrörum tantum varietate nomen accepisse, carmen autem ipsios argumenti varie- täte miscellum perque omnem vitae humanae farraginem licenter vagum primum, Lücilibm condidisse , zugleich auch durch Beispiele und Verglei- chung der griechischen Literatur dargethan, dass die Satiren des Ennios nicht hätten carmen Graecis intactnm genannt werden können , dass aber allerdings in den Satiren des Lucilius keine Nachafimung der Griechen, sondern eine wesentliche Verschiedenheit 'von denselben und ein echt römisches Gepräge sich kundgebe. Im Programm zur ^Feier des Geburts- tages des Kronprinzen -Mitregenten im J. 1841 hat Hr. Prof. Hermann unter dem Titel « . AnaXecta catalogi codicum bibliothecae academicae Lati- norum [40 S. 4.] Nachträge zu dem von ihm herausgegebenen CatalogU9' eodicum mahuscriptorum, qui in bibliotheca academ, Marburgensi asser- vanturf Latinorum [Marburg, Genthe. 1838. XII u. 104 S. 4.] geliefert. In dem Catalogus nämlich hat er die auf der Marburger Universitäts- bibliothek vorhandenen lateinischen Handschriften unter folgende 4 Classen rubricirt: 1) Scriptores antiqui [nur 3 Handschriften] , 2) Libri medici, physici, alchimici [25 Nummern, worunter Mehreres von Galen und Hip- pokrates] , 3) Libri de iure , inprimis canonico [5 Handschrr.] , 4) Libri theologici [36 Handschrr., worunter ein paar Evangeliencodd.] , und so beschrie][>en , dass er von Jeder Stoff, Alter , Pormat und Blätterzahl anhebt, bei den Miscellanhandschriften die einzelnen Stücke mit Angabe der Anfangs- und Schlussworte aufzählt, und auch die frühem Besitzer der Handschriften imd die Gelehrten, welche sie benutzt haben, nan^hait Beforderan^en und Bhrenbezeigangen« 101 macbt*)« Die JnäUcta bringen nan erl^ternde Zusätze nnd weitere Mitthoilangen über 26 der dort beschriebenen Handschriften nnd die Be- schreibung von 6 neuaufgefundenen und der Bibliothek angehorigen Hand- schriften. Zunächst sind bei den Scriptoribtis aniiquü über den Codex Von Lucans Pharsetlia einige weitere Literarnotizen mitgetheilt und ist bemerkt, dass Hr. H. denselben mit Weheres Ausgabe neu Terglichen.und die Resultate dieser Vergleichung in Indice^, lectionum per sem. hibemum a. 1841 — 42. [16 (8) S. gr. 4.] bekannt geipacht hat« In diesen Indices nämlich theilt er diejenigen Varianten der Handschrift mit, welche in der von Körte gemachten und in Webe^Js Ausgabe mitgetheiiten CoUatJOu fehlen, und weist die Steilen nach, wo Körte falsch gelesen oder sonstige Irrthümer begangen hat. Aus dem Codex lustini hat bereits Etfsell in dem Rintelner Gymnasialprogramm Ton 1840 die Varianten mitgetheilt, und in den Analectis ist das latein. Glossarium abgedruckt, welches dem- selben angehängt ist. Ueber den Miscellancodex Nr. 3« sind die Bemer- kungen nachgetragen, welche Frieäländer in der Recension des Catalogus in den Jahrbb. f. wiss. Kritik 1839, L S, 342 ff. niedergelegt hat, und ans derselben Recension sind auch für mehrere Handschriften 4^t fol- genden drei Abtheilungen mehrfache Nachträge entlehnt. Für die Libri medici , physici , alchimici hat Choulant reiche literarhistorische nnd zur Literaturgeschichte des Mittelalters bedeutungsTolle Notizen beigesteuert, die S. 14 — 20. bekannt gemacht werden. Bei den Libris de iure hat nur die Beschreibung des Cod. 3. eine Ergänzung erhalten. Dagegen ist zu *) Die Notizen, welche, über die Entstehung und Bereicherung der Handschriftensammlang und über den Zustand einzelner Handschriften in Marburg mitgetheilt sind, lassen sich theilweise aus dem Yom Professor Adrian herausgegebenen Caialogu» eodicum nu», hUtUothteae academiat Criesseiisis. [Accedunt tabtflae lithogr. VIII. Frankfurt, Sauerländer. 1840. IX nnd 400 S. 4.] ergänzen. Als nämlich 1650 die Universität Giessen von der Universität Marburg losgetrennt wurde, da fand auch eine Theilung der Bibliothek statt, und namentlich wurden die Handschriften so gewissenhaft getheilt, dass einzelne, z.B. ein Deicretnra Gratiani, sogar auseinandergerissen und jeder Bibliothek zur Hälfte gegebea wurden. Die Marburger Bibliothek hat sich später wieder aus dem Kloster Corvey bereichert, aber von dort freilich nur neuere und theo- logische Handschriften erhalten , weil die alten classischen Handschriften längst verschleppt waren. Aus der Giessener Bibliothek hat Adrian 12^ Handschriften unter -30 Rubriken aufgezählt und beschrieben , unter 4enen namentlich viel Handschriften für scholastische Theologie, deutsche Geschichte und deutsches Recht vorkommen. Bemerkenswerth sind dar- unter die Sammlungen Schilters zur deutschen Sprache, der Iwein Hart- manns von der Aue, der Wilhelm von Orleans Rudolphs von Ems, eine Handschrift des Otto von Freysingen und ein BVagmentnm carminis epici ex cyclo fabularum Carolingensium ; aus der classischen^ Literatur Ovidii Metamorphoseon fragmentum aus dem 12. Jahrb., Ovidii Heroides aus dem 14. Jahrb. (mit beigefügter Probe von Varianten) , Ovidii 'Ars amatoria, Cicerohis Cato maior und Laelius (mit Variantenproben), Ju- stinus aus dem 15. Jahrhundert und die ersten 9 Bacher des Justinian mit der Glosse. Aus den besten Handschriften sind auf den 3 Tafeln Facsimile*8 mitgetheilt. 102 Schul- niid UniYersitatflhracliricbteny den Libris theologicis ans Cod. 2. das lateinisch • deutsche Glossarinm abgedruckt, das in den lateinischen Notizen ein Auszug ans Isidor ist und in den deutschen Glossen mit den von GraiF n. A. bekannt gemachten Glossarien verglichen werden. kann, und auch über das darin befindliche lateinische elegische Gedicht, dessen Anfang schon Beangendre in Opera Hildeberti Cenonianensis [Paris 1708.] bekannt gemacht hat, folgen meh- rere Bemerkungen. Besonders wichtig aber ist die Beschreibung des ' Cod. ^0. oder der Inhaltsbericht aus Theodoaius de vita Jltxandrji, einem Seitenstucke zu den Alexandersagen des Pseudokallisthenes und Julius Valerius. Neu beschrieben sind zwei theologische Misceilanhandschriften und eine Miscellanhandschrift medicinischen Inhalts, sowie drei Hand- scbriften^ragmente , der^a erstes Donatus de barbarismo et soloecismo, de metaplasmo und de scheroatibus, sowie einige ^ grammatische Tractate des Mittelalters, das zweite Bruchstücke der Fabeln des anonymps Ne- veictianus, das dritte ein Stückchen aus Priscian enthält. Die für Do- natus, Neveletianus und,Priscianus sich ergebenden Varianten hat Hr. H. I angeführt. Die zu den beiden Geburtstagsfeiern gehaltenen Festreden, ■^ nämüch die kaiserlichen Privilegien der . Universität Marburg, verliehen den 16. Juli 1541, von dem Prof. Dr. Rettherg, und, über die Charakter" ^losigkeit unsrer Zeit von dem Geh, Hofrath Dr. Platner, sind ebenfalls {Marburg b. Elwert. 1841. 8.] gedruckt erschienen. In den Indices lectt* per semestre aestivum o. 1842. hat Hr. Prof. Hermann Rechtfertigungen zu den frühern Abhandlungen über Aristophanes gegen erhobene Einwen- dungen von Fritzsche und Bergk , und eine neue Erörterung der Stelle in Equites 11 — 20. mitgetheilt, indem er in dieser letztern Stelle seine frühere Ansicht gegen die von Gottfr. Hermann in der Zeitschr. f. d. ^Alterthumswiss. 1837 Nr. 62 ff. aufgestellte vertauscht, aber doch auch an dieser Einiges anders gestaltet hat. Zu den beiden Geburtstagsfesten des Kurfürsten und Kurprinzen im Jahr 1842 gab derselbe Gelehrte eine Disputatio prima et altera de usu et auctoritcUe scholiorum in Persii Satiris emendandis [33 und 66 S. 4.] heraus , und hat darin über Entstehung,' Zusammensetzung und Werth dieser Schollen und über die Ausbeute, welche sie für die kritische Behandlung mehrerer Stellen des Persias darbieten , sehr sorgiiiltige und genaue Untersuchungen angestellt. Das Resultat hat. er selbst in der gleich zu nennenden Schrift in folgenden Worten" angegeben: Edidimus nuper obscurissimi poetae locos difficilli- roos aliquot ita illustratos , ut genuinae orationis constituendae fundamen- tum in Veteris scholiastae auctoritate poneremus , quem,qnod aut incor- rupta verba ante oculos habuisse , aut si vel maxime corrupta legerit, a»tiquissimam tarnen lectlonis varietatcm fuisse statuimus , düabus dispu- tationibus satis probatnm esse arbitramur. Daran reihte sich in Indices lectionum hibernarum a, 1842—^43. die Mittheiluns der Farietas lectionis Persianae [34 S. 4.], d.i. eine Zusammenstellung der Lesarten aus 13 neu- , verglichenen Handsjchriften , deren Collation der Verf. besitzt, durch- zogen mit einzelnen (kritischen Rechtfertigungen und" sprachlichen Erör- terungen. Alle 3 Schriften sind unter dem Titel Cor. Frid, Hermanni Lectiones Perstanae [Marburg und Leipz. b. Elwert. 1842. 4.] auch in Beförderajigeii and EhrtabeseigDogen. 103 den Bacbbandel gekommen, nnd eine wmtere Pruiiing derselben vvipd in unsem Jahrbb, noch besonders erscheinen. Znr Erlangung der I>octor- iwurde bei der philosoph. Facultat in Marburg sind während der letzten Jahre folgende Abhandlungen herausgegeben worden: Der Temutenbau der Erdoberfläche j Ton Joh, Georg Ed» Bernstein, i^ehrer an der Stadt- schule in Schlüchtern [Marb. 1839. 83 S. gr. 8.}; Dissertatio de jipollinie numine aolari, von Chr, Fresenius .[1840. 28 S. gr. 8.], eine neue Ver- theidignng der von Muller, Schwende und Grottschick verworfenen Ansicht, dass die Verehrung des Apollo als Sonnengottes die älteste Vorstellung von demselben bei den Griechen gewesen sei; Dissert» mglhologica de Hippolyto Thesei flUo, von Ed. Most [1840. IV u. 33 8. gr. 8.], eine recht sorgfältige Erörterung der Fabel von Hippolytos, nnd eine Zusam- menstellung der alten Nachrichten über ihn, als Vorläufer sn einer künfti- gen Erörterung, dass unter Hippolytos eine Sonnengottheit der Griechen versteckt sei ; Dissert. de nova quadam methodo quadrandi areas figu- ramm in sphaera descriptarumy von deta Dr. med. Frdr. Ludw, Steg- mann, Lehrer an der Realschule in Marburg [1840. 16 S. gr. 4.], durch welche Schrift er sich zugleich die Rechte eines Privatdocenten bei der Universität erwarb ; Dissert. d<^ maris nocturna lueis emissione, von Conr, Grimm [Hannover, Edler. 1840. 19 S. gr. 4.]; Dissert. de pendulo, in- primis de pendulo centr^go , von Conr. Fliedner , Lehrer an der Real- schule in Hersfeld [Hersfeld. 1841. 21 S.gr. 4.]; Diss. de aädorum pm- guium constitutione et metamorphosibus , von Joh. Conr. Bromeis [Marb. 1841. 20 S. 4.] ; Diss. de condkionibus ad arborum nostrarum saltuensium vitam neeessarüs, von Joh. Frdr. Aug. Grebe, Lehrer an der Akademie in Eldena [1841. 31 S. gr. 8.}-; Quaestiones ietragonometrieae , von Jul. Hartmann [1841. 38 S. gr. 8.]; Diss. defiguris oraiionis, quae a compa- ratione rerum petuntur, von ffüh, Kroger, IMakon in Witzenhausen [1841. VIII u. 56 S. gr. 8.]; Der Religionsbegriff bei Kant und Schleier- macher, von Sal. Leviseur, Lehrer an der israel. Schulbiidungsanstalt in Cassel [Cassel, Hotop. 1841. VIH u. 53 S. gr. 8.]; ffsstory and anii- quities of the ioum and borough ef Reading , von Joh. Doran ans London [1841.]; Diss. de Myronida et.Tolnnda, Atheniensium ducibus, von Chr. Roth [IMl. 33 S. gr. 8.]; Diss. de rebus Platäeensium, von Friedr. Münscher, Lehrer am '^Gymnasium in Hanau [Adiecta est tabula agri Pla- taeensis. Hanau. 1841. VI u. 102 S. gr. 4.]. Die letztgenannte Abhand- lung, welche auch als Programm des Gymnasiums in Htanaa ausgegeben worden ist, enthält eine auf sehr fleissige und umfassende Sammlungen begründete und besonders an K. O. Muller's Arbeiten angelehnte Dar- stellung der Geographie und Geschichte Platää's. Sie zerfällt in 6 Ab- schnitte: 1) Deseriptio agri Plataeensis,' worin di^ Topographie und Geo- graphie desselben durchaus treu nach den Nachrichten der Alton beschrie- ben nnd von den Neuem nur Dodwell und K. O. Müller im Art. Böotien in der Ersch-Gruberschen Bncyclopädie benutzt worden sind, weshalb sich auch grade dieser Abschnitt noch mehrfach beireichern iässt. 2) Hi- storia Platäeensium ante migrationem Boeotorum a Thucifdide narratmn, worin die mythische und ältere Geschichte weit ausführlicher erzählt ist, ).04 Schal- und Ualverflitätsnachrichten', als bei G. 0. Friedneh in Rerum Ftataiearwn gpeeimen [Berlin 1841. 8,], aber aach die allzn bereitwillige Annahm^ der Ansichten Miiiler^s an meh- reren Stellen auffallend hervortritt, z.B. da, wo Hr. M. die Kadmeer zu Pelasgern macht und des Herodot Zeugniss far die phonizische Ab- kunft mit sehr unbedeutenden Gründen bestreitet. 3) Plataeerues foederi Boeotico adaeriptif die Darstellufig der Staatsform der Plataenser ,und ihres Goltus. 4) Piataeenses et pro sua et pro communi Graecorum Itber- tote pugnant€8j awe hiatoria rerum ab anno a. Chr, 519. uaque ad 479. a Plataeensibua gesiarum, 5) De varia Plataeengium fortuna, guac civi- totem gratia apud Graecos florenteni in odium ac petniciem dedit^ swe hütotia rerum ab a. 479. ueque ad 427. a Plataeengihus gettarum^ , 6) Piataeensee bU eoeulantes aive bistoria usque ad o. 324. , wo zugleich der Beweis geführt ist, dass die von Alexander angeordnete Wiederherstel- lung der Maoern wahrscheinlich auf das Jahr 324 fallt. [J.] Schlesien. Die 20 Gymnasien der Provinz und das Progymna- sinm in Sagan waren im Sommer 1842 von 4582, im Winter vorher von 4569 Schülern besucht. Für die an der polnischen Grenze liegenden Gymnasien ist angeordnet worden, dass für die daselbst befindlichen deu^ sehen Schüler Unterri<;ht in der polnischen, für die Polen aber Unter- richt in der deutschen Sprache ertheilt werden soll. In Breslau hatte das Elisabeth - Gymnasium zu Ostern 1841 236 Schüler und das damala erschienene Programm [1841. 58 S. gr. 4.] enthält S. 3 — 15. die Rede des ProreetorS' Prof. Weicbert zur Amtsjubelfeier des Rectors Dr. Reiche [vgl. NJbb. 33, 324.] , S. 16 — 29. den gewöhnlichen Jahresbericht und S. 31 — 58. Ergänzungen und Zusaiae jsu dem geordneten Verzeichnisse der von 1825 — 1840 erschienenen Programme etc. [s. NJbb. 33, 325.]« — . Das Friedrichs -Gymnasium hatte zu Ostern 1841 137 Schüler,/ und in dem damals erschienenen Programm steht unter dem Titel: De Nicolai Henelii Breslographia scripsit lo, Theoph. Kunisch [24 (12) S. gr. 4.] eine Abhandlung über den yormaligen Breslauer Syndicas Henel [geboren zu Nebstadt in Schlesien 1582, gestorben am 23. Juli 1656], der von Kaiser Ferdinand III. 1642 als Henel von Hennenfeld in den Adelstand erhoben wurde und 1613 eine Breslographia and Silesiographia heraus- gab. Aus der erstem ist der Abschnitt de bortis Vratislaviensibas als Probe mitgetheilt. — Am katholischen Gymnasium ist dem Collaborator Dr. Gloger im Jahr 1842 inr Herausgabe eines neuen Systems der Thier- weit eine Unterstützung von 600 Thlrn. bewilligt worden. — Das Maria -Magdalena -Gymnasium hatte im Schuljahr von Ostern 1841 bis dahin 1842 zu Anfang 474, am Schluss 488 Schüler nnd entliess 13 Abitu- rienten zur Universität. Dem Lehrer Schilling ist nach 46jäbriger Dienst- zeit die Erleichterung gewährt worden, dass ihm 8 Lehrstunden wöchent- lich abgenommen sind , welche auf Kosten des Stadtmagistrats von einemr Schulamtscandidaten vertreten werden. Das Jahresprogramm enthält vor den Schulnachricfaten : Panyasidis HaOcamassei Heradeadis fragmenta praemisns de Panyasidis vita et carminibus commeniationibus edidit Dr. Joh. Pistoth. Tzsehimer. [1842. 87 (71) S. gr. 4.] Der Hr. Verf. hatte einen Theil dieser sehr fleissrgen und sorgfältigen Untersuchung schon Beförderungen und EMirenbeieigangen. X05 1836 alfl Inaagurftlschrift zar Erlangung der philosophischen Doctorworda herausgegeben, und hat- sie jetzt, nachdem J. P. Funcke de Panyasidis Halle. Tita ac poesi (Bonn. 1837*) und F, A, EcfctCetn in der Ersch-Gm- berschen Encyclopädie 3. Abth. I. S« 8 ff. denselben Gegenstand mit mehrfachen Abweichungen behandelt hatten, in neuer Ueberarbeitung und Erweiterung bekannt gemacht und auch mit einigen Anhängen unter dem Titel : Panyasidis Halte, Heracleadis fragmenta, PraetnUsU de Pa- nycuidia vita et carminibüs commentationibus ex programmate gymniun Magdidenaei Vratid* seonum edidit et fragmenta PanyaMU- phäosoph»^ poematia pentametra, indibee adiecit Dr. Pietoth, Tzsehimer, [Breslau, Schulz und Comp« 1842« 84 S« gr. 4.] im Buchhandel erscheinen lassen. Das historische Material, welches sich über die beiden Panjasis und deren Schriften aus den Alten gewinnen lässt, ist mit grosser Vollstän- digkeit zusammengebracht und mit Besonnenheit und Umsicht erörtert. Die ganze Untersuchung zeifällt, mit Ausschluss der yon S. 72. an fol- genden Epimetra, in 6 Capitel. Im 1. Cap. De nomine poetae (S. 3 — 6.) wird aus den vielen Verderbnissen ^ unter welchen der Name des Dich- ters in den Handschriften erscheint, ermittelt, dass derselbe* IJccvvccais (nicht Ilccvvatfatg oder Hatvvaaig) zu schreiben ist, vielljeicht aber etwas za schnell' angenommen, dass das « der Penuitima lang sei, und das wjderstreitende Zengmss in Rufi Avien. Arat. 176. zu leicht abgefertigt. Ueber schwierigere Dinge ist im zweiten Capitel, De patria et gente Panyasidis (S. 7 — 15.) yerhandelt, ind^m das Hauptzeugniss bei Suidas mehrfache Bedenken macht. Suidas sagt nämlich: Tlavvaai^^ JIoXväQ- X^v f . AliwxQvccaaBvg f TSQQog , Qovqiov di, und combinirt ein Verwandtschaftsverhältniss , nach welchem Polyarch, der Vater des Dichters, den Lyxas zum Bruder hat, Lyxas mit der Dryo, der Tochter des Polyarch und Schwester des Panyasis , den Historiker Herodot erzeugt, and der Philosoph Panyasis, als Sohn des Diokies, wiederum zum Enkel des Dichters Panyasis wird. Freilich ermangelt aber diese Combination jeder historischen Grundlage. Mehr gesichert sind die Corabinationen des 3. Cap. De aetate Panyasidis (S. 15—20.), t 106 Scbul- nnd Universita tsnachrichten, wo der Verf. aus den Worten des Saidas yiyors Hcttd ri}v o»} oXvfjmidScc herausfindet, dass Panyasis um die 77. Olympiade nicht geboren ist^ son- dern gelebt hat, und dann aus den Verhältnissen des Tyrannen Lygdamis in Haiikarnass ermittelt , dass der Dichter yon diesem zwischen Olymp. 82, 3. und 84, 1. getodtet worden ist. Von diesem Anhaltepunkt aus setzt er dann des Dichters Blüthezeit nach einer Angabe des Synceilus um Olymp. 72, 4. und dessen Geburt auf Ol. 66, 3. , und weiss auch des Sluidas (s. Y. 'AvTificcxos) Angabe , dass Antimachus des Panyasis Schüler gewesen sei, zu vertnitteln, indem er denselben um Ol. 79, 1. geboren werden lässt, so dass er bei des Panyasis Tode 14— 17 Jahre gewesen wäre. Minder kann sich Ref. mit den Resultaten des 4. Cap. De Panya- side poeta (S. 21 — 31.) befreunden. Es lässt sich wahrscheinlich über den Dichterwerth des Panyasis aus den beschränkten Nachrichten der , Alten nichts weiter ermitteln, als dass er für den Wiedererwecker der epische'n Poesie angesehen und von den Alexandrinern unter die fünf kanonischen Epiker aufgenommen , ja sogar zunächst nach Homer gestellt wurde. Allein weil dessen Leben -in die Zeit der politischen Kämpfe Kleinasiens und des ersten Aufschwunges der Wissenschaften in Griechen- land ^ällt; so setzt Hr. Tzsch. voraus, derselbe hätte den Stoff seiner Poesien vielmehr aus den Zeitinteressen entnehmen sollen, und da er dies nicht gethan, so folge daraus, dass er als Dichter bei seinen Zeitgenossen feinen besondern Eingang gefunden, sondern erst in der Alexandriner - Zeit zu Ehren gekommen i^ei. Somit gelangt er denn zu dem Resultat, „Panyasin iis poetis annumerandnm e^se , qui maiore eura quam iiigenio carmina condant« Nam Ingenium poeticum si in eo verissimi et princi- palis generis fuisset, vix enm illö tempore, quo vixit, ad epicam poesin duxisset'^ Das Uebereilte dieser Folgerung hat schon Bahr in den Hei- delb. Jahrbb. 1842 Nr, 57. S. 897 f. gerügt, und sicherer wäre bei der obwaltenden Mangelhaftigkeit der Nachrichten jedenfalls der Grundsatz gewes'bn: Est etiam quaedam nesciendi ars. Denselben .möchten wir dem Verf. auch für das 5. Cap. empfehlen , worin er über die 'icavittd des Dichters verhandelt. Suidas, den Eudocia ausgeschrieben hat, sagt uns von dessen Gedichten: EyQoctps de xat 'HQcmKsLccda iv ßtßXioig iS' eis "inri 9i 'Itovmd iv TtsvrcciiirQa} • l S. gr. 4.], worin vorläufig geographische und ethnographische Untersuchungen über die Pelasger und Hellenen mitgethcilt sind. — Am konigl. und städtischen Gymnasium in Li£GT«rrz gab der Director und Hauptmann a. D. M. Joh* Karl Köhler im Osterprogramm 1841 Geschichtliche Mittheüungen über das Gymnanum [38 (23) S. gr. 4.] , d. h. 2 Urkunden aus den Jahren 1597— 1612 und 1617, heraus und im Osterprogramm 1842 der Pro- rector Dr. Ed, MüUer eine durch grundliche Forschung und scharfsichtige Beobachtung ausgezeichnete Abhandlung tf6er dte Sophokleische Natur- WMchammg [50 (34) S. gr. 4.], worin besonders das tiefe Naturgefuhl des Sophokles und die Innigkeit der Ausprägung desselben eben so geistreich als überzeugend dargethati ist. Das Gymnasium war im ersten Schuljahr von 194 , im zweiten von 220 Schülern besucht und entlless zu Ostern 1841 6 Schüler zur Universität. An der konigl. Ritterakademie erschien zu Ost^u 1842 die Fortsetzung der Geschichte der Ritteraka- demie bis zum Jahr 1809 von dem Inspector Karl Frdr. Blau. Vgl. NJbb. 33, 347. Ans dem LehrercoUegium war zu Anfange des Schuljahrs der Professor Dr. Richter ausgeschieden, und es ist demzufolge der Inspector Blau in dessen Lehrstelle aufgerückt und der Schulamtscandidat Dr. Hürtel als 3. Inspector angestellt, und der Candidat Dr. Sondhaus als Hulfslehrer angenommen worden. — Am Gymnasium zu Oels erschieif zu Ostern 1841 ein Versuch einer Geschichte des herzogU Gymnasiums, 1. Abthl. , von dem Collegen Leissnig , worin die Geschichte der Schule bis zum Jahr 1792 aus Quellen dargestellt ist. Schüler waren 175, und der Candidat Rehm war als Hulfslehrer angestellt worden. — IiT Oppbln ist im December 1841 der pensionirte Professor Eisner gestorben, und Director des Gymnasiums ist der Oberlehrer Dr. Stinner vom kathol. Gymnasium in Breslau, kathol. Religionslehrer der Oberlehrer Peschke vom Gymnasium in Ratibor geworden. — Am^Gymnasium in Ratibor ruckte nach Peschke^s Weggang der Hulfslehrer Fülle zum ordentlichen Lehrer der Mathematik und Physik auf und der Schulamtscandidat Rei- chardt wurde als Hulfslehrer angestellt. Das LehrercoUegium besteht demnach gegenwärtig aus dem Director Ed. Manisch , dem Prorector Dr. Ufehlhorn^ dem Conrector jBrener,'^dem kathol. Religionslehrer Strauss, den Oberlehrern Konig uqd Kelch , dem Lehrer Fülle , den Hülfslehrern Sehnalke und Reichardt^ dem Zeichenlehrer Schäffer und dem Pastor B'efordernngtif und BkrcnbeifBigangen. 111 Bedlich, der io den mittlem Classen den evangel. Religioiisanterrieht ertheilt. Die 6 Classen der Schule waren yor Ostern 1842 ¥on 386 und im December desselben Jahres Ton 293 Schulern besucht, und Ostern 1843 wurden - 14 Schüler zur Universität entlassen. Das su dem letzt- genannten Termin erschienene Programm gu der offenü, Fnifung aller Classen' enthält ein wichtiges nnd inb altreiches Sendschraben an Herrn Prcf. Ahrens über die Verlängerung durch die Liquida bei den Epikern yoiA Prorector Dr. Friedr. Mehlhorn. [1843. 29 (16) S. gr. 4.] Gegen die Ton Ahrens im Rhein. Museum für Philol. 18^2. II, 2. S. 167—176. angestellte Behauptung, dass die epische Verlängerung vor Halbvocalen im Anlaute nicht so allgemein gültig sei, als man gewöhnlich glaube, sondern dass immer ein anlautender Consonant aus der Ursprache noch seine Wirkung dabei gehabt habe (vgl. Dawes Miscell. p. 128. ed. Lips.), hat der Verf^ durch eine vollständige und genau geordnete Sammlung aller bei Homer und Hesiod vorkommenden epischen Verlängerungen dargethan , dass jene Annahme von einem besondem anlautenden Conso- nanten für die wenigsten Beispiele anwendbar und zu weit her gesucht, ist, nnd dass vielmehr in allen den Fällen, wo bei Homer und Hesiod Vocale, die von Natur kurz sind, scheinbar ohne alle Position lang gebraucht werden , ausser mehreren besondern Ursachen (wie Digamma, Caesuren, Vocativ - Pausen , vielsylbige Wörter mit kurzen Selben) als vorzüglichst^ Moment der Verlängerung eine der Aussprache überlassene Schwellung des folgenden Consonanten , die einer Doppelung gleichkam, anzunehmen sei. Die Annahme dieser Schwellung soll dadurch gerecht» fertigt sein , 1) weil sie eben hauptsächlich in der Arsis vorkommt , die eine solche Schwellung vorzüglich begünstigt,^ und weil die wenigen Beispiele der Thesisverlängerungen kein Gegenmoment geben; 2) weil sie hauptsächlich vor Halbvocalen und Spiranten stattfindet, die ihrer Natur nach am^eichtesten forttönen können; 3) weil eine Vocalverlänge- rung der Natur der Endsilben meistens zuwider sein würde, indem diese, als durch Flexion gebotene oder durch den Usus sanctionirte Ausgänge, einen zu bestimmt organisirten Körper haben; 4) weil in der Mitte der Worter uns nicht selten eine wirkliche Doppelung der Halbvocale und Spiranten auch durch die Schrift überliefert worden ist, welche im An- fang die Natur der Sache , zu Ende der Usus nicht gestattete. Aus der Beispielsammlung der bei Römer und Hesiod vorkommenden Verlängerung gen ergiebt sich dann, dass in der Arsis die Verlängerungen in den End- sylben sehr häufig sind, wenn nach dem kurzen Vocale der Endsilbe das nächfite Wort mit den Halbvocalen X, fx, v, q oder den Spiranten a und F anfangt , oder wenn die kurze Endsylbe vor einem mit Vocai anfangenden Worte selbst auf r, q und die Spirante q sich endigt; dass aber auch ziemlich viel Beispiele dasind ,' wo die auf einen kurzen Vocal aus- gehende Endsylbe vor den Mutis |9, y, d, qp, x^ 9; n, x, x verlängert ist, und dass die Verlängerung des kurzen Vocals der Endsylbe in einzelnen Fällen selbst da vorkommt, wo das nächste Wort mit Vocal anlautet, aber entweder ein Digamma gehabt zu haben scheint; eder die Verlange- 112 Schul- u« Uidrenitatsnachrr., Beforderr. u. Bhcenbezeigungen. rong durch die Hauptcaesur entschuldigt uU In der Mitte der Worter sind die kurzen Vocale vor Halbvocalen und Spiranten, vor Mntis und Vocalen verlängert, und die Anzahl ^er Beispiele jeder Art steht sich so ziemlich gleich. 'Die Verlängerungen kurzer Vocale in der Thesis sind Terhältnissmassig selten, aber doch noch zahlreich genug, dass man sie weder alle durch Conjecturen beseitigen, noch durch die Annahme der Verlängerung durch den Accent rechtfertigen kann. Daher lässt Hr. M. mit Recht nur die Ansicht gelten , dass der alte Dichter um des Verses willen , weil er isoiche Worte sonst gar nicht brauchen konnte, die korzen Sylben in ^esen Fällen verlängert hat, und er begründet dies noch besonders durch die S. 14 — 16. angehängte Zusammenstellung und Erörterung derjenigen Stellen, wo die bei den alten Epikern sonst überall gültige Position verletzt ist, wenn das Wort ohne Vernachlässigung jener Position nicht in den Vers passt, — welche Vernachlässigung bei Homer sogar mit einer gewissen Gesetzmässigkeit stattfindet, sobald die beiden ersten Sylben des mit zwei Consonanten anlautenden Wortes einen Jambus bilden , wie z. B. XsiiitSvi Z%a\iavBqC€o IL ß, 465. , vkri^cca Zutivv^os Od. I, 24. Hr. M. hat alle diese einzelnen Fälle der Verlängerung kurzer Sylben oder der Verkürzung bei vorhandener Position durch voll- ständige Aufzählung der vorhandenen Beispiele, übersichtliche Anordnung und treffende Erörterung der im Einzelnen vorhandenen Schwierigkeiten erläutert und begründet und dadurch die ganze Untersuchung zu einem Abschluss gebracht, aus der man sich selbst ein bestimmtes Resultat ziehen kann, wenn man auch der von ihm aufgestellten und in der That recht einfachen und ansprechenden Ansicht nicht beitreten will. — Das Progymnasium in Saqan hat seit dem J. 1842 einen jährl. Mehrzuschuss von 950 Thlrn. aus dem schlesisch - kathol. Hanptgymnasialfonds erhalten. — Am Gymnasium in Schweidnitz hat zu Ostern 1841 der Rector Dr. Jul» Held in dem Jahresprogramm eine Commentatio de vita srripiisque A. Cremuiü Cordt [27 (13) S. 4.] herausgegeben. Schüler waren in dem genannten Schuljahr- 173, und der Caplan Jos» EicJUer trat als katho- lischer Religionslehrer [statt des zu einem Pfarramt beförderten Caplans Beisig] , der Schulamtscandldat Dr. Heinr, Gottlieb Hartmann als Hülfs- lehrer ein. [J.] WiLiiA. Die bisher hier bestandene geistliche Akademie des romisch - katholischen Cultus'wird nach Petersburg verlegt, und gleich allen religiösen Instituten der fremden, in Russland geduldeten Religionen dem Minister des Innern untergeordnet. Bemerkungen über eine Recenston von „A Schel- lingii de Solonis legibus apud Oratoree Atti- e08 Dissertatio ab ampl. ord. philo«. Moivac« praem. orn." im elften Hefte des neunten Jahrganges (1842) der Zimmermann^Bcheo „Zeh" :echryt für die Alterthumshinde^^, Es Ist wähl noch nie Torgcfkommen , dasg eine akademische Preisschrift, iiachdem de von ihrem Verfasser veröflFenilicht wurde, von einem ^ der sich nm denselben Preis mitbeworben hatte, recensirt worden ist; ein Solcher wurde sich selbst sagten, dass man ihn nicht für unparteilich halten werde, und sogar den gegründeten Tadel, zu dem ihm die Preisschrifi des Andern etwa Veranlassung gäbe , zu veröffentlichen Scheu tragen; am aller- wenigsten wird ein Solcher, wenn er anders sich selbst achtet, mit Verschweigung jenes Umstandea der Mitbewerbung eine tadelnde Beurtheilung veröffentlichen, weil er dadurch Jeden, dem dieser Umstand dennoch bekannt wäre, berechtigen würde, seine Taktik als eine unaufrichtige und unehrliche zu bezeichnen. Dennoch Hegt ein solcher Fall hier vor. Der Verf. der genannten Recension, ein Hr. Dr. Prantl^ der sich durch diese zuerst einem grösaern Publicum bekannt gemacht hat, hat bei der von der Münchner Facnltat- gestellten Preisfrage mit mir concurrfrt, allein dieses Umstandes mit keiner Silbe erwähnt. Es scheint aber dem Hrn. P. sehon überhaupt unangenehm gewesen zu sein , einen Concurrenten gehabt zu haben: denn er hat durch mich Nichts verloren; auch ihm ward der Preis zu Theil, und es war ver- niathlich nur zufilllg, dass unter den zwei Preisträgern ich zuerst genannt wurde; nun sucht er vor Allem den Sinn festzustellen, in vrelchem die Faculiat mir den-Preis ertheilt habe, gleich als wäre er Mitglied der Facultät und nicht ebenfalls ein Bewerber gewesen. Um das Publicum in den Stand zu setzen , die Art zu heurtheilen, kl welchem Hr. Prantl das für mich günstige Urtheil der Facultät auf seinen wahren Werth zurückzuführen die Muhe sich giebt, erlaube ich mir das publicirte Urtheil der Facultät über meine Schrift in^ einer Anmerkung *) mitzutheSen. Es war *) yß}ie Abhandlnng in lateinischer Sprache mit dem Titel : de Solonis legibus apud Oratorefl Atticos,. enthält ia wohlgeordneter and lichtroller Darstelhing die zur Sache noth wendigen Ckgenst^nde nicht ohne mehr- fache Beweise von gründlichen Kenntnissen , richtigem Urtheil und Ge- wandtheit in Behandlung wissenschaftlicher Gegenstände. Die einzelnen Poidcte sind groMtentheiis erschöpfend und durchgängig mit Genauigkeit dargesteUt ; die historischen Schwierigkeiten sind gehörig hervorgehoben nnd nicht selten gluckÜch gelost, und die verdorbenen Textstellen mit selbatgtändigem Urtheil nnd kritischem Sinn ver1>e9^sert , weshalb die BVuaikat dem Verfi&sser derselben, dem Candidaten deir Philosophie , Her- mann Sdieiling, den Preis zuerkannt hat.^ t 11 , Bemerkangen über eine Reeension'" sonst wohl nicht ungewöhnlich, das Facultats-Urtheil gleich der Preisschrift beizodrucken ; nnr die ungehenchelte Bescheidenheit, mit der ich diesen Erstlingsversuch im Druck nun auch dem Ur- theil eines grossem Kreises TOn Gelehrten unterwarf, hielt mich davon zurück. Dagegen hätte man erwarten dürfen, däss Hr. P., dem die glückliche Mitbewerbung eines freilich Jüngeren so unleidlich war, um auch seinerseits die gelehrte Welt zu einem Urtheii über dasUrtheii der Facultät zu befähigen, sein eignes Werk dem Publicum .vorgelegt hätte. Dies zu thun hat er aber nicht für gut befunden, von einigen Proben abgesehen, die er . als Doctor- Dissertation 1841 drucken liess, und auf die ich bei der Beleuchtung jener Recension , zu der ich nun fortschreite, gelegentlich hinweisen werde. Man hätte doch vor Allem erwarten könqen, dass Hr. P. die im Prooemiiim von mir gegebenen ausführlichen Erklärungen über die Grundsätze, die mich bei jener Arbeit geleitet, und die nothwendigen Grenzen, die ich meinen Erörterungen gesetzt habe , angeführt , berücJcsichtigt und von diesen ausgehend meine Schrift beurtheilt hätte. Denn da durch jene Preisaufgabe, die ausdrücklich nur Theile oder Bruchstucke der Solomachen Ge- setzgebung bei den attischen Rednern zu sammeln und zu erkla- ren befahl, nicht eine Sammlung aller auf das attische Recht überhaupt sich beziehenden Stellen (die schon durch Meursius und Petitos ziemlich vollständig geschehen ist), noch eine sprach- liche und sachliche Erklärung aller dieser Stellen d. h. eine durchgebildete Darstellung der ganzen attischen Gesetzgebung (zu der ja ein Menschenleben kaum genügte) gefordert sein konnte; so habe Ich mir blos ZusammensteUung und Erklärung der entschieden Solonischen Gesetze zum Zwecke gesetzt , daher ich in der Einleitung die möglichen Kennzeichen eines Solonischen Gesetzes untersucht und mir vorgenommen habe, nur diejenigcfti , Gesetze aufzunejitnen, Hie vermöge unwldersprechlicher Kenn- zeichen als Solonisch erwiesen werden könnten. Hr. P., der vielleicht selbst eine solche vorgängige Festsetzung von Grund- sätzen , die von blos taigiöhnermässigem Compiliren zurückhalten, sich erspart hatte, verschweigt ge^wissenloser Weise alle diese meine Erklärungen und indem er sich fortwährend vorstellt , der Schwindel; der ihn bei der Bearbeitung der Preisaufgabe- ergriffen zu haben scheint, müsse auch mich über alle Schranken fortge- rissen, die Unklarheit, die ihm über juristische Begriffe vor- schwebt, müsse auch ich getheilt haben, macht er mir die grund- losesten Vorwürfe, dass ich nicht jede „Andeutung einer geseti* liehen oder ungesetzlichen Handlung^^ bei den attischen Rednern für ein „Fragment der Solonischen Gesetzgebung^^ gehalten,' dasn ich nicht die Lehre von den attischen Magistraten nnd die gani^ Solonische Staatsverfalsung In das Gebiet meiner Erörterungen gezogen habe. Solche Ansiehten, dasi der ganze Soloaische. Toii Schellingii de Solonia legibaa dissertatio. III 8Uat 80 im Vorbeigehen snr ^iSacbeikHruog einiger Slellen^^ abgetfaan, werden Icönnte, zeigen recht, anff welcher ÜDdlichea Stofe die wisaenschafllichen Begriffe unsera Recensenten atehen. Durch jene betrikgliehe Verschweigqng meiner Erklärungen ge- winnt aber Hr. P. besonders den Tortheil, daaa er jetit ohne Weiteres in , jedem Gapitei^^ die UnTollständiglceit meiner Samoi- lung ^^nachweisen^^ kann, indem er som Beweise seiner Behaup- tung möglichst gedankenlos zusammengeraffte Stellen mir vor- führt, die in der Regel gar Icein Gesets^ nie aber, wie ich im Einzelnen nachweisen werde, ein als Solomaeh erweisöaree Ge- setz enthalten; ja Hr« P. führt gradezu Stellen aus ganz spfiten Fsephismen als Solonisch an, und wie er es schon in seiner Doctor -r Dissertatioii gethan, so stellt er auch in dieser Recenslon als Solonisch Gesetze auf, deren Solonischer Ursprung rein un- möglich ist , wobei es denn nicht fehlen kann , dass er'zugleich traurige Beweise seiner mangelhaften attischen Rechtskenntnisa giebt (was ich -Alles im Einzelnen zeigen werde). Wenn Hr. F. vorwurfsweise bemerkt, ich hatte auch Stellen aus andern Schriftstellern , „z. B. Plutarch^^ beibringen sollen, so ropss ich diesen unwahren Tadel insofern zurückweisen, als ich mich immer bestrebt habe ,• bei jedem aus den Rednern ent- nommenen Sblonischen Gesetz die Parallelstellen aus andern Schriftstellern wenigstens zu citlren, wie denn auch mein Buch selbst am besten bezeugen kann, dass in demselben nicht nur Stellen ans Plutarch (von dessen „Selon et Poplicola^^ zu wissen Hr. P. sich, als besonderes Verdienst zuzuschreiben scheint), son- dern' aus mehr als zwanzig andern Schriftstellern angezogen habe. Von der Kenntniss, die Hr. P. selbst von diesen Erwähnungen Solonischer Gesetze bei diesen andern Schriftstellern hat, legt seine hinzugefügte Behauptung, „ein günstiger Zufall habe ea gewollt, dass nicht ein einziges solches Gesetz, von dem wir anderswoher wissen, ohne Andeutung bei den attischen Rednern geblieben sei^S ein höchst ungünstiges Zeugniss ab. Nahe an zwanzig Solonische Gesetze lassen sich aufzählen, die bei andern Schriftstellern erwähnt, bei den Rednern aber nirgends ange- deutet sind; beispielsweise nenne ich nur das Gesetz, dass man Oiel- und Feigenbäume nicht näher der Grenze des fremden Grundstücks als höchstens 9 Fuss pflanzen dürfe (bei Gai. in L 13. P. flu. reg. und Plut. Sol. c. 23.) , die Solonischen Gesetze über Brunnen-Anlegung und -Benutzung (bei Plut. und Gal. ibid.) , das Solen. Gesetz über die Hetärien (bei Gal. in 1. 4. D. de colleg.), das Selon. Gesetz , wodurch das Wehgeheul der Weiber bei Lei- chenzügen beschränkt wurde (bei Cic de legg. II, 46. und Plut). Die Unrichtigkeit jener mit unverantwortlichem Leichtsinn Ton Hrn. P. aufgestellten Behauptung ergiebt sich hieraus Top selbst. Betrachten wir nun zuerst meine Ein(heilung des Stoffs und die Anlage des Ganzen , d|e Hr. P. tadelnswürdig findet. Da ea. A* - V IV '~ BemeFkängeti ober eine Recennon mir nar am AuMhlmig und Erläntening der als Solonigch «a erweisenden Gesetze bei den attischen Rednern sn thun war, so kann meine Arbeit natürlich fnr keine in allen Theilen abgerun- dete Darstellung^ des attischen Rechts gelten; doch war es mein Bestreben, bei Anordnung des Stoffes so Tiel wie möglich syste- matisch KU verfahren , so dass , wenn auch picht jeder einaelne Theil des Rechtssjstems durch einschlägige Gesetse repräsentirt war, wenigstens die Aneinanderreihung der einzelnen Gesetze einen Innern Zusammenhang erkennen Hess. Hr. P. aber erlaubt sich, die Crrundsätze meiner Eintheilung, die ich in der Einlei- tung (meiner Schrift) auseinandergesetzt habe, völlig mit StiO- schweigen zu übergehen, indem er vielmehr versichert, ich vrare zwar im Aligemeinen von der Eintheilung in Privat- und öffent- liches Aecht ausgegangen , die einzelnen Gesetze seien aber gabt unlogisch und „willkürlich^^ aneinandergereiht , „so dass wir (!) uns dabei stets an S. Petitus' fluchtige (!) Arbeit erinnerten , in welcher in ähnlicher Weise Alles durcheinander geworfelt ist^^ (woraus hervorgeht, dass Hr. P. von Petitus nie gehörige tCennt» niss genommen hat, da dieser bekanntlich der Ordnung der Dige- sten und des Codex von Justinian in seiner Eintheilung gefolgt ist). Zur Würdigung jener Behauptung entwerfe ich eine Ceber- sicht meiner Eintheilung. Indem ich das öffentliche Recht in eigentliches Staats- Recht und in Criminal- Recht theilte (Völkerrecht und das ins sacrum «ind durch keine bei den Rednern vorkommende Gesetze repräsentirt), nahm ich ini Staatsrecht meinen Ausgansspunkt von den zwei obersten Gewalten , die dem oligarchischen Element in der Solonischen Staatsverfassuog angehören (C. 1. de Sen. Areop. C. 2. de Sen« Quadring.), ging dann zu der obersten Gewalt des demokratischen Elements fort (€; 3. de concione populi) und gelangte hieraufMEu den einzelnen Repräsentanten der administra- tiven und richterlichen Gewalt, sowie zu den den Beamten gewis- sermaassen gleichgestellten Rednern (G. 4 — 6.), — die Redner bei der Volksversammlung abzuhandeln, wäre unpassend gewesen, da sie ja auch in den Gerichten sprachen — , und endlich zu den Ausflüssen der gesetzgebenden Gewalt (G. 7«), die zwischen dem Senat der Vierhundert und der Volksversammlung getheilt war. An die Gesetze von den Staatsgewalten, ihren Repräsentanten und Ausflüssen schlössen sich die Gesetze über das Verhäitnisa der Burger zum Staatsganzen an; hier behandelte ich zuerst die Gesetze über den Mangel der bürgerlichen Rechtsfähigkeit, 'sowohl den totalen als den partiellen (G. 8. de servis et pere^<- nis| man muss sich ikber die Kurzsichtigkeit des Hrn. P. wundern, wenn er es für „widersinnig*^ hSIt , beide in eineiih Capitel zusam- menzufassen) ; hieran schliesst sich systematisch die Leh^e von einem Ausfluss der Rei^tsfihfgkeit, der bürgerlichen Ehre an (C. 9. de ignominiosis); die Behauptung des Hrn. P.^ »^es ae von SchfBUiogli de Solonis legibas dissertatio. w nicht eimoseheD) wie die ignominia ohne Torgioglge Botwiddaiig des Strafrechts könne «bgehandeit werden^^ (wahrscheinlich, weil sie gewöhnlich- als Strafe entstand), bezeugt , das« er gar keinen Begriff Ton einem conseqnenten Rechtssystem hat: denn danun, dass ein rechtlicher Zastand, der im Staatsrecht abgehandelt wird , zufölUg einen Entstehungsgrund hat , der in das Criminal- recht fallt, kann es doch keinem vernünftigen Menschen einfallen, alle systematische Ordnung su verkehren und das Strafrecht (wel- ches auf der Staatsgewalt beruht) vor dem Staatsrecl^t abzuhandeln. Den Schluss des Staatsrechte bilden die Gesetze über die dem Staate schuldigen Leistungen der Bürger (G. 16. de militia et iitnrgiis). Im Criminalrechi machen den Anfang die Ver- iKrechen gegen das Leben (C. 11.), dann folgen die gegen daa Eigenthom, insofern sie criminell bestraft wurden (G. 12.), gegen die Ehre (G. 13.), dann gegen die öffentliche Sittlichkeit (G. 14.)- Im Privairecht befolgte ich die Bintheilung in Famüien» Recht, Saehen^Retiit^ zu dem ich* auch das Erbrecht rechnete) * und in Oöligaiians-tieeht In das erstere fallen die Gapitei 15 (de liberis legitimis, nothis, adoptivis) und 16 (de sponsalibua, dotibus et connubiis). Allen Grundes entbehrt die Behauptung des Hrn. P., „die liberi adoptivi gehörten nach attisch^tn Begriffe in das Erbrecbt^^ Vom Undeutschen und Ungenauen des Aus* drucks abzusehen, ist es schon überhaupt dem Begriffe des Erbrechts widersprechend, dass irgend eine Gesetzgebung die Adoptation in das Erbrecht aufnehmen sollte; im attischen Rechte* ' iasbesondere ist gar kein Grund zu einer so abnormen Meinung vorhanden. Hr. P» ist wohl durch das öftere Vorkommen testa- mentarischer Adoption zu jenem Irrthnm verleitet worden. In das Mligationa-ReAt fallen nur wenige Solonische Gesetze; ich behandelte zuerst die Obligation der Verwandten zur Bestattung (€. 18.), hierauf die Obligationen aus Privat -Delicteo, nämlich aus Schmähungen (G. 19.), ans Diebstahl, insoweit er privatrecht- lieh verfolgt werden kann (G. 20.) , aus Wucher (G. 21.) und aus Schadenszufügung (G. 22.). Aus dieser Darlegung wird mein Bestreben, den Stoff so viel wie möglich systematisch zu bewlil> tigen, hinlänglich hervorgehen; in der That, glaube ich, muss sich jeder unparteiHche Beurtheiler über die kecke Zuversicht- lichkeit wundern , mit der Hr. P. ,^ meine in der Einleitung gege- benen Erklärungen vernachlässigend , meiner Anlage gradezu die Pridicate .der Verworrenheit, der Planlosigkeit und der Unord- nung zuzuschreiben und aus meiner Eintheilungsart meine man- gelhafte juristische Bildung zu folgern sich nicht entblödet; jene Verwunderung muss aber bis zur gerechten Entrüstung über die unbegreifliche Anmaassung des Hrn. P. steigen , wenn man dessen wissenschaftliche Befähigung und Berechtigung, ein solches Ur* theil zu fiiUen , näher betrachtet. Wer wie Hr. P. in seiner Recension, nicht nur eine mangelhafte Kenntnisr des attischen VI Bemerkangen aber eine Reocnsion Recht« bezeugt, sondern auch der ällergewohnlichsten reehtlichen Begriffe in. so hohem Grade entbehrt, dass er von der Recht- losigkeit der Sklaven — einer Thatsache, die einem Jeden der erste Blick in das Alterthum lehrt — keine Kenntniss hat, viel- mehr (p. 1089J von ,,Rechten^^ der attischen Sklaven spricht; wer, wie Hr. F. , Andeutungen über gesetzliche oder ungesetz- liche Handlungen für ,,Fragmente von Gesetzen^^ ansieht, wer eine so ungereimte und allen juristischen Begriffen widerspre- chende Behauptung, „dass die erbenden Töchter (al IfftxAi^pqt) Im attischen Rechte Theile der Erbschaft seien^S aufzustellen und ■ als einen „Hauptgrundsatz des attischen Rechts^S „der sich auf jeder Seite der Reden über Erbklagen findet^^, auszuposaunen wagt, sollte sich doch wahrlich nicht das Recht zuschreiben, mit einem Urthdl über den Innern Zusammenhang einer Schrift aus dem Gebiete des attischen Rechts und über die juristische Befl- Bigung des Verfassers öffentlich aufzutreten. Aber auch die Ur- theilsHihigkeit des Hm« P. in rein philologischen Sachen musa bezweifelt werden, so lange derselbe grammatikalischer Begriffe so sehr entbehrt, dass er von einem y^Adverhium av^^ (p. 1100.) zu sprechen' fähig ist. Wenden wir uns nun zu den einzelnen Bemerkungen des Hrn. P. Aodocides erwähnt (de myster. § 95 sq.) ein Solonisches Gesetz, welches denjenigen zu tödten erlaubte, der nach Auf- lösung der Demokratie ein öffentliches Amt bekleiden würde, und befiehlt dem ygaupkax^vq^ dies Gesetz vorzulesen« Nun folgt aber ein offenbares Psephisma, jedoch mit dem Titel NOMOU. Meiner Vermuthung (p. 8.), dass nach NOMOI} eine Lücke anzu- nehmen und etwa die Worte ^^dvdyva^i drj xoA ro ijfijqtiöfia*^ und der Titel ^^VPHOIUMA.'' einzuschalten seien, stellt Hr. P. die Ansiciht entgegen, dass dies Psephisma nichts Anderes als eben jenes, nur nach Y.erjagung der 30 Tyrannen erneuerte Solonische Gesetz sei und daher vom Redner wohl ,^NOMO£'^ genannt werden könne. Dass Hr. P. von der in seiner Doctor - Dissertation (p. 10.) ansgesprooh^nen richtigen Behauptung, die ursprüng- lichen Solonischen Gesetze hätten auch nach der Ealdidischen ^^euerung selbstständig und abgesondert fortexistirt , jetzt in seiner Recension, um mir zu widersprechen, willkürlich abweicht, macht seinen Eifer für die blosse Wahrheit etwas verdächtig. Ich leugne nun nicht, dass^ dies Psephisma in Erinnerung des alten Soionischen Gesetzes erlassen wurde; aber dass jenes dies Solonische Gesetz selbst war, nur „in erneuter Form und Aue- dehnung^^ (wie sich Hr. P. höchst ungeschickt ausdrückt), kann durchaus nicht angenommen werden , da das Psephisma nicht Mos d^r Form, sondern dem JitÄa/^^ nach ein vom NOMO£ ver- schiedenes ist ; dieser hatte im genannten Fall nur Straflosigkeit des Thäters bestimmt, jenes legte durch einen gebotenen Eid- achwor jedem Burger die lyiichi auf, mit eigner Hand den zu f.. yon ScheUiogii de SolonLi legibus disaertatio. tu ermordeo , ^, og äv Tcatakvöy tifv ihi^oxQatlav ti^ *A^py6iy Ttai lav tiq aqlxi ^?7^ ^Q%^^ naxuXhXvyLkiniq t^g d^ßoxgmlag X. t. V"^ Dieses verschiedenen Inhalts wsr iich entschiedeo «ach der Redner bewnsst, da er im Vorhergehenden in indirecter Rede die Solonische Restimninng wahrscheinlich mit ihren eignen Wor- ten anfuhrt; eine Verwechslung wäre um so nngUrauicher/da wir anderswo (Dem. in Eiib. § l0a6&B ndkiv xov avxov dva- VB&öaö^au Hr. P. stutzt sich auf eine Stelle des Lysias (adv, Leoer. § 125 sq.), in welcher jenes Psephlsma erwähnt und ge- sagt wird, es sei auf eine tfvi^A^ geschrieben und diese in das ßoißlsvxiiQiov gestellt worden ; da nun Andocides Jenes Gesets des Selon auch xov iv r$ ötjjXji vofiQv^*' nannte, so hält Hr. P. die Identität dieses Gesetses und jenes Psephisma^s für erwiesen. Stringent wäre dieser Beweis ^uf keinen Fall, da wohl alle bedeu- tenderen Psephismen^ auf 6x^kag geschrieben wurden; eine mehr als oberflächliche Betrachtung jener Stellen bitte aber im Gegen- theil Hrn. P. zeigen müssen, dass seine Ansicht eben durch diese Stelle des Lysias völlig widerlegt wird. Denn hier heisst es, die 6tij)iriy auf der das Pscphisma stand , sei „ stg x6 ßovlsvxiJQi(yu^^ gesetzt worden, während die öxijltjj auf der Solon's Gesetz ver- zeichnet war, wie Andocides ausdrücklich sagt, „IffsrpoiJ&si^ rov ßovXBVXfjglov^^ sich befand. Die Verschiedenheit beider ist damit dargethan: wenn Andocides ein auf einer öxi^ltj vor dem ßovXsvxiiQiov verzeichnetes Gesetz vorzulesen befahl, konnte nicht ein Paephüma^ was im Innern des Buleuterion stsnd*, ver- lesen werden; daher meine Vermnthung gegen den leichtsinnigen ^ Einwurf des Hrn. P. gerechtfertigt ist. Die Behauptung des Hm. P. , jenes Solonische Gesetz selbst sei nirgends in meiner Dissertation zu finden , nrass ich gradezu als eine Unwahrheit bezeichnen, da es p. 77. behandelt worden ist. Die verworrenen Vorstellungen des Hrn. P. über den Begriff eines Gesetzes, die er die ganze Abhandlung hindurch mit der zihesten Hartnäckigkeit festhält, bewähren sich gleich in seiner Beurtheilnng meines ersten Capitels. Während er meine Andeu- tungen über die älteste Greschichte des Areopags und sein Ver- lutttniss zu den Ephoren unbesprochen lässt, wirft er mir vor, dass ich fUschlich als einziges Gesetz über den Areopag das bei Dem. in Aristocr. (§ 22.) über die Gerichtsbarkeit bei dolosen Todtungen und Verwundungen angefahrt hätte. Zur Begründung seineiei Vorwurfs Yührt er drei allbekannte und in jedem Lehrbuch der griechischen Antiquitäten (z. B. bei Hermann § 109. Not. 2. Till Bemerkungen über ^e Kecen^on , . 5. 11.) ausgesebHjBbeoe Stellen an (bocr. Areop. § 37 sq. Dem« in Neaer. § 80. Ar^um. ad Dem« in Androt.) , die zwar Tom Areo- pag im Allgemeinen reden , aber obne dabei auf ein bestimmtes Gesets, geschwelge ein Solonlscbes^ Bezug zu nehmen. Völlig ▼erkehrt ist die Anführung einer Stelle des Andocides (de myster. ^ § 84., auch bei Hermann § 109. n. 8.), die aus einem offenbaren Paephisma des Tisamenps genommen ist; hier wird verordnet, nach geschehener Gesetzrevision solle der Areopag darüber wachen, dass die Gesetze von den Magistraten gehörig beobachtet wurden; dennoch meint Hr. F. auch von dieser (nach Vertreibung, der 30) erlassenen Verordnung , sie lasse sich ,,aus Piutarch^^ und ,^us innem Gründen^^ als Solonisch nachweisen. Der Bezug, in den er diese Stelle und die im Argum. ad Dem. in Androt. mit Plutarch (wahrscheinlich SoL c. 2. ^^xfiv xb avm fiovXr^v %. x, V'^) bringen will, bezeugt, dass Hrn. P. die Veränderung, die Ephialtes mit dem Areopag vorgenommen hat^ völlig unbekannt ist. Nichts* destoweniger ist Hr. P. anmaassend genug, zu verstehen zu geben, ich hatte blos die Stellen gesammelt, über welchen der Titel NO MOL Stande — ein hämischer Vorwurf, der sich gleich in diesem 1. Capitel durch die fünf Stellen widerlegen muss, die Ich als Vergleichungsstellen zu dem Gesetze bei Dem. in Arist p. 22« angezogen hsbe (p. 20.) — • Da das Gesetz des Selon, welches verbot, ohne vorgängigen Beschlnss des Senats einen Antrag an die Volksversammlung zu bringen, in der Rede des De- mosthenies gegen Androtion selbst nicht verlesen wird, von Ulpiaa aber wahrscheinlich mit den eignen Worten des Gesetzes ange- führt wird, so war es keineswegs „ganz ungenau^^ von mir, zu sagen: „verba legis aptissime intelligi possunt ex loco Ulpiani.^^ Die Bezeichnung, die Hr. P. jenem Gesetze giebt: „das Gesets über die ipfiq>l6iia%a axQO^ovk%vxa^^^ ist eben so widersinnig, als wenn man ein Gesetz, das die Ehe mit der Schwester ver- bietet, „das Gesetz Ikber die Schwesterehe^ nennen wollte. Wenn Hr. P. mir ferner vorwirft, dass ich nicht die Solonische Bestimmung bei Plutardi über das Stimmrecht der d^rs^ in Ver- bindung mit einer Stelle des Demosthenes gebracht hätte, wo es heisst, dass die Athener jeden gunstig angenommen hätten , der „seine Meinung Vorbringens so bemerke ich, dass meine Begriffe ' nicht verworren genug sind, um eine Stelle, die von einem erzwiogbaren Rechte, mit einer Stelle, die von einer Gunst redet, zusammenwerfen zu können. — Den Inhalt der Stellen, in denen Hr. P. Solonische Bestimmimgen über den Verlust des Sümmrechts findet, hat er ganz verkannt; sechs der von ihm citirten Stdlen (Aesch. in Tim. § 'iT— 32. ibid. § 46. ibid. § 154. Dem. in Andr. p. 30. ibid. p. 24. Dem. in Aristog. I. p. 30.) han- deln nicht vom Verlust des Stimmrechts, sondern von dem Solo-* nisehen Gesetze über das Recht, öffentlich als Redner aufzu- treten, das p. 39 sq. in meinem Buche behaiAdelt ist; die Stelle von ScheUingii de Solonis legibus dUsertatio. a bei Dfoarch« in Aristogit. § 16 sq. gehört nicht hierher, Ist aber gehörigen Orts (p. 25 sq.) wörtlich von mir citirt wprden. — Der fiilschen Ansicht gemfiss, die Hr. P. von den Ford^rungfen der Preisaufgabe und dem Inhalte meines Buchs gefasst hat, hört er nicht auf, mir die Behandlung von Gegenstanden susumuthen, die mir ganz fern liegen musslen, z. B. Auseinandersetzungen über die Gegenstände der Volksberathungen , über die TTQOtÖQO^, die unstreitig Solonischen Ursprungs waren und In vielen Soloni- 8e8tinimte8 Gesets, sondern bemft sich blos im Allgemeinen anf die rechtlichen Ansichten. — Meine ErkläriiiTg der Stelle bef Dem. in Timocr. § 105. hat Hr. P. Temdreht. Wundern muss man sich, wie er die von neuem Schriftstellern schon langst verworfene, Mos von einem Codem unterstfitzte Lesart Reiske's (ohne t} vor nqoBiQijiUvcfv) anneh- men konnte, durdi die der Sinn des Gesetxea, das offenbar von allen ätl(ioig spricht und die arl(ikovg wegen yoviav xttxmöBmg und dCTQatsläg nur beispielsweise anfiihrt, gani ohne Grund be- schrankt wird. Da auf ngonnslv ebenso wie auf voiiog ietlv der Acc. c. inf. folgt, so kann man auch sagen: ^^ngosiQTugivmv avttö riDi/ vofAcav tlgyio^ai^'' (dies ist die Lesart der besten Hand- schriften; Hr. P. sehlagt eine unnothige und gewaltsame Con- jectar 9r9o»9f;|ii€vov avrd, dv voßog sfgyeö^ai^*^ vor, wahrend er kurz vorher vofiog tJgyBö^ai für ungriechisch erklart hat; im seiner LJebersetzung des »gosuulv nimmt er das entsprechende Sustantiv zu Hülfe, „da ihm durch dlexgo^^ffiig angekündigt ist% . indem er zugleich eine von den vielen Stellen über die ngo^^öig anführt. S. meine Schrift p. 70. not. 11.). — Gegen die Einwürfe, die Hr. P. bei Gelegenheit meines Gapitels de oratoribus gegen meine Erörterungen iber das höchst corrupte Gesetz bei Aesch. in Tim. § 85. vorbringt, bemerke ich^ dass die Lesart der Hand- Bcbriften: iäv xig Xiyy — srspl tov ^Ig^Bgoiiivov fii} xt^glg ij nsgl iudötov^^^ durchaus keinen Sinn giebt.» wie auch Hr. P. keinen hineinzulegen versucht (Bekker klammert die drei letzten Worte ein); da überdies ^' vor itsgCin 3 Handschriften fehlt, so wnrf ,ich das ^ %Bgl aus, so dass die Worte ,,«£^1 tov Bl0q>Bgo^ fiivov fi'^ X^Q^S Budötov^^ den passenden Sinn bekommen {den Hr. P. absichtlich nicht verstanden hat): nicht abgesondert über jeden einzelnen Gegenstand. Dass Sri (für das ich Bt tig vor- schlug) im Folgenden nicht stehen kann, erkennt auch Hr. P« an; ixi ab», was er vorschligt (welche Conjectur übrigens schon von Taylor gemacht wurde), kommt nie als Verbindongspartikel zwischen den einzelnen Bestimmungen eines Gesetzes vor und wire ein reines Flickwort; auch müsste jedenfalls iat; t&$ nach dem iti wiederholt werden. Dass die Indlcative AoidopsiTac, ayogBVBi u» s. w. in sehr vielen und guten Handschriften stehen, geht aus Dobson's Variantensammlung hervor, der die Indlcative auch in den Tett aufnahm. Im Folgenden hat Big nur ein einziger Codex hei Bekker; hingegen a. b. g. h. 1. haben «2 xatd' (was am ehesten auf Blff deutet) und d. hat bW. — ^^Avtini^rmg Uyuv^^ wire allerdings ein a«af| kBf6iJLBV0v; dass avfixi&tiQg fSr sich diea sei (wie Hr. P. mb fälschlieh xusMebt) , habe idi niidit 1 XXV ' Bemerkangen aber eine Reoension ges^gU Die Stellen, i\e er als Vergleichuagsstelleii so Aescli. in Tim. § 27^- 31. nicht angeführt zu haben mir vorwirft, aiod grade dieselben Stellen , die er kurz vorher zur Begriiiidung eine« (gar nicht existirenden) Soionischen Gesetzes über den Verlust des Stimmrechts anfuhrt, (Dinarch. in Arist. § 16. und Dem. in Androt. § 30. sind bei mir gehörigen Orts p. ^5. und p. 92. citirt*) Bei der Beurtheilnng meines Capitels de militia et liturgiis über- steigt die Gedankenlosigkeit des Hrn. F. alle Grenzen, indem er mir znmuthet , ich hfitte von Bestimmungen , die nicht in einem Gesetz begründet, oder nur bei Plutarch erwfihnt, oder bekannter Maassen nachsolonisch sind, untersuchen, sollen, ob sie nicht vielleicht Solonisch wären ; indem er ferner ganz falsche Citate vorbringt, in denen der angebliche Inhalt sich gar nicht vorfindet (wie Dem. in Phaen. § 24. Lys. in Alcib. II. § 14. ; diese Rede hat nur 12 (13) §§) ; indem er endlich eine offenbare Unwahrheit sich zu Schulden kommen lässt, behauptend, als einzige St^hd^ die das Gesetz über Eihrlosigkeit der öbIXoi u. s. w. erwähne, hätte' ich Aesch. in Ctesiph. § 175. angeführt (während ich p. 60. Heben Stellen über jenes Gesetz- citirt habe). — Cap. 15. Zu der Stelle in dem Gesetz bei Dem. in Aristocr. § 28.: %ovq i\ivdQoq>6vov$ i^slvai anoKZBlvBiv — elgq>6QBi,v 06 tovg "AQxovxag — x& ßovkofiivtp* ri}v d' 'HXialav dta- yivd^uBvv^^, die ich durch Einschiebung der Präposition elg vor tovg &Q%ovxag zu emepdiren suchte, bemerke iöh, dass s^gqp^- Quv ttvl in der von Hni. P. behaupteten Bedeutung „//ir einen eine Klage anhängig machen^^ bei den Rednern durchaus nirgends vorkommt; eben die Dngewöhnlichkeit dieser Formel (deren „öft^es^^ Vorkommen Hr, P. ohne alle Beweise mit der scheolo- sesten Zuversicht behauptet) bewog mich zu meiner Gonjectar. Hingegen wird Blgq^sgsiv keineswegs blos vom Gerichtsvorstande 'gesagt; sondern eben so gut wie Blgdyuv von einer Privatperson, Ai^ eine Klage anbringt, gesagt wird (Dem. in Tira'ocr. § 10. von der Klage gegen das Gesetz des Timokrates: „e^ ygailfdpBVO^ rov vofLOv »al BlöayayovTBg Big viiäg Xvöai dvval(tB^a^'i vgl. de coron. p. 12.), ebenso wird auch slgipigBiv vom Privat- mann- gebraucht, der eine Sache zur Entscheidung bringt (z. B. Dem« in Timocr» § 19.: ^^TifioKgdti^g xal nagd ndvta rat;/ BigBVtjVOXB^ xovvofiov; in Aristocr. §. 218. in Timocr. §25. a. s. w.). Andre Gründe hat Hr. Dr. Thomas (in den „Münchner Gelehrten i^nzeigen^^ 1843 Nr. 28.) gegen meine Conjectur /geltend gemacht; offenbar stehe das öi^yi^vdOiCBiv dem Blg(pigBiv^ r^v HXialav aber dem tovg Sgxovtag gegenüber, und es erscheine somit die Reiske'sche Deutung dieser Stelle als die richtige. Eine solche elegante Gegenfiberstellung wäre zwar nun wohl bei einem Redner oder Dichter anzunehmen ; bei einem alten Gesetzgeber aber finden wir eine solche Redeweise .nicht leicht mit Absicht beobachtet; vielmehr sind beide Satze, der mit Btgq>BgBtv und der von Schellingii de Solonis legibu diMertatio. IT mit tijv aDfangeode offenliar nur gani lote , jeder darch die Par- tikel öi mit dem Vorausgeheaden verknüpft. Die „Rdtke^aehe J)eutung^^ (der zu tta ßovXofiivfp hinzudenkt: ti^v iavtov dlnupß tpovi%iqv ÜQ zj]v ^Hkialav slgq)iQB09ai) hätte Hr. Dr. Thomaa nicht ohne Weiteres aufne)imen sollen, da Ihm bekannt sein musste, dass eine dUij q)oviHij niemals in der Heliäa entschieden wurde; natürlich kann In diesen Worten (waa Heiake nicht sah) nur Ton der Klage auf das 8titkovv wegen des kviialvhe%a% u. 8. w. die Rede sein. Wenn llr. Dr. Thmnaa ferner jener Deu- tung zufolge die Worte ^^üqfpiQHv — ßovXofiivq^*^ von der ^^Bin- leitung des Processes, der durch die Archonten an die Helluten übergeben worden^^ versteht, so wSre dies im attischen Proceas* verfahren eine reine Unmöglichkeit , da die Einleitung des Pro* cesses immer bei der Behörde geschah und dieser erst nach völli- ger Instruction von der Behörde an die Heliasten übergeben wurde. Versteht man nun das slgg>iQ€iv von dieaer Debergabe (wie es wohl Hr. Dr. Thomas im Grunde gewollt hat), so bliebe nicht. nur der in diesen Formeln ungewöhnliche Dativ tdi ßovXofUvcp eine sprachliche Schwierigkeit (die durch die Versicherung, „er be- dürfe keiner Rechtfertigung^^ nicht beseitigt wird), sondern es wären anch die folgenden Worte: „xj/t^ d^'HXialav diayivaöxEiv^^ fast überflüssig, da schon im Vorhergehenden die Debergabe an die Heliäa ausgedrückt wäre; auch wäre es unpassend ; wenn 4u Gesetz beföhle , dass die Klage von dem competenten Archen an die Heliäa gebracht werden solle, da ja eine incompetente Be- hörde von vorn herein die Klage nicht annehmen durfte; wenn^ die Klage aber einmal angenommen war, sie im Rechtsgange von selbst an die Heliäa kommen musste ; dagegen ist es vollkommen angemessen und durch das Beispiel andrer Gesetze bestätigt, dasa ein Gesetz dem Privatmann (jedem der es will) bei der compe- tenten Behörde die Klage anzubringen gestattete ; und dieser Sinn wird durch meine Conjectur in diese Worte gelegt. So anerkenn nenswerth die philologische Geschicklichkeit des Hrn. Dr. Thoma» iat, wie sie sich namentlich in seinen Recensionen in den Münch- ner gelehrten Anzeigen darstellt, und so schrieb die Sagacität- hewundern muss, mit welcher derselbe die lateinische Sprache durch das Wort antiqniscius bereichert hat, so möge Hr. Dr* Thomas doch aus meinen Bemerkungen ersehen, dass er durch seine sprachliche Fertigkeit sich nicht hätte auf das Gebiet des attischen Rechts verleiten lassen sollen^ das ihm, so viel ich weiss, bisher fremd war. Meine Conjectur „ixtög avc^io- tijTog*^ (bei Dem. in Macart § 57.) so widersinnig zu- erklircü, wie Hr. Pa. vorgiebt: „innerhalb, exclasive^', Ist mir nirgends In den Sinn gekommen; wie durch ^^ivtog dvaiftotiitog*^ die Ver- wandten mit Einachluae der avv^iol und avc^ioiSor bezeichnet werden, so heissen Intog avBifiOtfjtog die Verwandten mit JIM" seUues jener. Die Gr&nde memer Conjectur hat Hr. P. weder XTi Bemerkungen über eine Reoen^ön hervorgehoben, noch widerlegt, wie er uberhaapt die Schwierig- keiten dieser Stelle gar nicht bu erlcennen fähig war, wie schon au^ der von ihm'angeNommeneu Lesart (^agoBinelv ivtog dvstlfiö' tfixog xal avs'^iov' Cvvdicixsiv da xal dveil^iovg Kai ävs^it^ia- dovg Koi yaptßgovg «•r. A.) erhellt; hier wird ^^dvstlftmv n^tdag^^ hinansgeworfen, die Namen der Verwandten, wie sie in den Hand- schriften «tehen, werden willknrlich umgestellt, und doch ist die Hauptschwierigkeit nicht beseitigt; denn da die dvBtlfiaöol^ der Bedeatung von ivtog sufolge, schon unter den Verwandten ivvog dviflfiotritog , denen das XQosifcilv selbst obliegt, begriffen sind (vgl. Schoemann. Antiquit. iur. ptibL Graec. p. 288. n. 4.), so können sie nicht wiederum unter den öwÖimKomsg genannt werden. Der Lesart des Hrn. Dr. Thomas (a* a. O. n. 27.) steht derselbe Umstand entgegen^ den er freilich mit Stillschweigen übergeht. Die Stelle über das Oesets gegen Nothzucht (bei Lys. de caed. Eratosth. § 32.) habe ich (p. 89 sq.) durch eine Conjectur so herzustellen versucht: ^^dvxig av%Qfonov ikh-v^Bgoy ^ natöa al6xvvy ßla^ öml^v tr^v ßkafiifv 6q)BlkiLv^ idv Ös yvvaiKug^ iq> alönsQ (seil. ßUf ato;|rt;vd*E/0«6$) ovk dnoKtBivuv S^bötiv^ iv tolg avtoig ivixB^^ai^^^ d. h. wenn Biner eine freie oder eine wierwachsene Person nothsüchtigt, soll er mit ^mX^ ß^^ßv b®~ straft werden ; wenn eine (Terheirathete) Frau , bei welcher den^ der €kwalt braucht, su tödten (durch das Gesetz) nicht erlaubt ist, so soll er dieselbe Strafe (wie der Nothsuchtiger im ersten Falle) erleiden. Wenn nun mein Beurtheiler einwendet, die Par- tikel di müsse hier noth wendig einen Gegensatz ausdrücken, so beweist dies , dass ihm der gewöhnliche Gebrauch des ds in Ge- setsen zur blossen Verknüpfung, gar nicht bekannt ist. Wenn er ferner behauptet, es sei nicht wahr« dass man den. Nothzüchtig^r einer Ehefraa nicht habe tödten dürfen, und in Folge dieser seiner Meinung, dass die Tödtuog eines Solchen erlaubt gewesen sei, die Stelle durch eine Conjectur: „xal iq>' alönsg dttoiKTBl- vBtv^ Yerbessern zu können glaubt , so ist er im unverzeihlich- sten Irrthniii befangen, den er aus der Betrachtung der Folge- rungen, die Lysias ans jenem Gesetze zieht, selbst hätte erken- nen müssen: „ovro Tovg ßia^ofisvovg iXdttovog ^f^iilag c^lovg iqyijöato ^Ivai '^ xovg xsl^ovtag' xäv filv yäg ^a- t^ttvov uaxsyvm^ xolg dh d^nkijv ixalifis xriv ßlißriv x. r. ^.^^ Trotz dieser ausdrücklfchen Erklärung des Lysias, dass der Nothxächtiger einer Frau nicht getödtet werden durfte, leugnet Hr. P. in unverantwordichem Leichtsinn diese Thatsache, und leg^ mit Hülfe seiner Conjectur in die letzten Worte des Gesetzen den Sinn : „es sei ganz gleich (so kann Iv xolg caholg IvixBödixi nie übersetzt werden), ob einer eine Ehefrau mit Gewalt 'schände oder eine andre Ton den Personen, 1^' alöitsQ AnouxBbifBiv Ui6ta^ (Hr. P. meint, man könne sie \m beiden Fällen tödten). Ton Schellingii de Soloois legibn« dissertatio. zm Dass als Strafe der Nothsncht an einem freien Weibe Selon eine Geldstrafe feittgesetat habe, Tenichert nberdiea Plotarch (So!. C.23.). Daa ^^dml^v ßlaßrjv^ erklart Hr. P.: „es sei, da die Todesstrafe nicht habe beantrag (1) werden Itönnen , eine Klage ßkcißf^g geführt worden/^ Solon, der wegen jeder vßgig eine öiSrentliche Klage salleas, soll aus der Nothzacht nur eine Privat- klage (denn dies Ist die dlxti ßkaßrjg) gestattet haben — und zwar auf das Doppelte des geschätzten ^^Schadetuf'^ der Noth- Zucht ! ! Weiche lächerliche Ungereimtheit ! In seinen Bemerkungen zu meinem 16. Capitel erklart Hr. P; die Worte: ^^lav iaIv IxlxktjQog rig ^^S die er noch in seiner Doctor- Dissertation (wie iclrp. 98. gezeigt) v^^si dives filia est^^ übersetzt hat, ganz richtig; also scheint für Hrn. P. wenigstens meine Abhandlung doch ,,etwa8 Neues^^ enthalten zu haben und nicht so ganz ,,ohne Nutzen^' gewesen zu sein. Ueber die Ansicht des Hrn. P. , dass die ixlxXrjQOi Theile der Erbschaft gewesen seien, brauche ich nicht viel Worte zu Terlieren; denn dass die Töchter wirkliche Erben und nicht Sachen waren , ergiebt sich aus der Betrachtung der Grundsätze des attischen Elrbrechts (z. B. der Regel : xgarelv ds zovg S^Qsvag X« r. iU) so Ton selbst und ist von den Schriftstellern über diese Materie, Yon Jones bis t. Boor, so entschieden anerkannt, dass ich jenen Irrthum des Hrn. P« nicht anders erklären kann, als durch eine Verwechslung der virgo hereditaria des attischen Rechts mit dem servos hereditarios der Römer, von dem Hr. P. wohl einmal gehört hat, dass er ein Theil der Erbschaft war. Die uneigent- liche R^denatttt^^KX^Qov6(iovxki]Qovo(ieTv^^ (bei Dem. ad EubnI. § 41.) kann natürlich Nichts beweisen. .Merkwürdig ist es, dass Hr. P. zur Zeit , als er seine Doctor - Dissertation verf asste , jenes angebliche Princip des attischen Erbrechts , ,,da8 sich in jeder Erbklage findet^% noch nicht entdeckt hatte; denn in dieser lesen wir (p. 34.): patris mortui hontt pariter inter filios et filiaa divh- debantur (was übrigens ganz unrichtig Ist, da e^ dem Grundsatze ^jTiQazBlv rovg S^QBvag^^ völlig widerspricht); hier sollen also die Töchter mit den Söhnen erben, näher bestimmt Hr. P. seine Ansicht so, dass die Töchter bis zu ihrer Verheirathung ihren firbschaftstheil ^^dvvtifiei tantummodo po68ederint^^ Hr. P. sollte gich erst ein besseres Verständniss der Aristotelischen Kategorien ▼erschaffen, ehe er sie mit so viel Weisheitsdünkel anzuwenden versucht. Denn da der Besitz dem juristischen Begriff nach immer actus ist, so ist, von einem potentiellen Besitz zu reden, widersinnig. Die Bedeutung der Worte: ^^xgaTBiv öi tovg ä^§s- vctg Hai rovg Itc roSv d^givcjv^ idv Ix x&v avtäv oöi xal idv ytvEi.ci«mtiQCi>^^ im Erbrechtsgesetz bei Dem. adjtlaeart. § 87. sind so dunkel und die einzelnen Anwendungen derselben bei den attischen Rednern so zweifelhaft und theilweise widersprechend, das» sie wiederholt der Gegenstand ausführlicher und eifriger B XTiii Bemerkungen aber eine Recension Erörterungen geworden sind (von Jones ^ Bunsen, Platner, Schü- mann, V. Boor) und wohl über keine andre attisdie Gesetaea- stelle auch nur halb so viel geschrieben ist, wie über jene Worte. Ich habe versucht, die Formel im Geseta bei Demosthenes nach der Lesart hei Isaeus (de Apoll, hered. § 20.), wo ^ie Formel ao erwähnt wird, dass die letzten Worte: „iat^ m tovriov (oder Ix tovr&v avt&v) ca0t xul iäv yivsi ditouQOff'' lauten (eine Lesart, die bei Isaeoa koineswegj» „die scblechten^S sondern alle Manuscripte ausser zweien haben), zu emendiren und also „Ik %ovTC9u^^ zu lesen, um auf diese Weise die obwaltenden Wider-^ Sprüche aufzulösen. ^Eh zovrs^v bezog ich auf die vorher ge- nannten Verwandten, welche Erklärung keineswegs „wider die "Bprache^^ ist, da einige Zeilen später aivt^ tavvm^^'' in der- selben Beziehung vorkommt. Dass nun Hr. F., ohne auf die höchst wichtigen Innern Gründe im Geringsten einzugehen, uoi- gekehrt wegen falsch angegebener äusserer Grunde die Stelle hei Isaens aus der bei Demosthenies emendirt, wodurdi nicht nur die Innern Widersprüche nicht gehoben, sondern die Stelle hei Isaeus auch völljg unverständlich wif^, ist seinem Geiste ganz gemäss. — Wenn Hr. P. zu der Emendation, die ich In Cap. 22. in der Stelle des Lys. in Theomn. § 17, vorschlug: „icai Qln^ag ßXdßf^^ xiiv dtstl^v dvtti. og^fUs^v'S bemerkt, ich schiene schon vergessen zu haben , dass ich p. 89. im Gesetz bei JLys, de eaed. Eratosth. § 32. das xi^v dmktjv auf ein diesem vorausgehen^ des Gesetz bezogen hätten in welchem die simplex multa bestimmt worden sei, so verwechädt Hr. P. hier gradezu die öffentliche Strafe der Nothzucht mit der Frivatstrafe aus Schadenazufiignng. Die Strafen waren natürlich in beiden Fällen wesentlich verschie- den, daher auch die W^orte f^v dmX^v (die an sich keine be- stimmte tei^hnische Bedeutung haben) im Gesetz über die Noth- zucht anders erklärt werden «nussten , als in dem Fragment über Schadenersatz ; in jenem wird die Nothzucht an einer freien Per- son mit dem doppelten Betrag der öffentlichen Geldstrafe, die den Nothzüchtiger einer' Sklavin traf, bedroht; in diesem (so nehme ich an) wird festgesetzt, dass, wie im attischen Rechte regeimäsjiig bei jeder absichtlichen Bescliädigung das doppelte Interesse ersetzt werden musste (Dem. in Mid. § 43.)^ auch um eines einem Sklaven zugefugten Sichadens halber der Herr des Sklaven (mit der gewöhnlichen Poenalklage) das Doppelte des Schadens fordern konnte. Diese Unkenntniss eines so bekannten und .wichtigen Untersduedes« wie des zwischen eiaer öffentlieheii und Privatstrafe, führt wieder einen Beweis der juristiscbea Be- griffslosigkeit des Hrn. P. Noch habe ich zu bem^ken, dass die Behauptung des Hrii. P. , ich habe* meine Arbeit in das Lateinische übersetzt , nidMs weiter ab eine Unwahrheit ist, wekbe nicht einmal auf einer irgendwie beg^rüadeten V^rmuthung beruht, da Hr. F. das Gegea- ' Ton Schellingii de Solonis legtboi disflertatio. XU theil aui den publicirten Ürtbeil der Münchoer FaculUierfthreii konnte , welche meine Arbeit ausdrücklicli aU eine iateinigcbe bezdchnete. In der Absiebt, nur Yerstögae gegen die lateinische Sprache und Grammatik nachzuweisen, fuhrt er einen Druckfehler an, den gleich ^eder als solchen erkennen muss: Petitus et Gan- sius cenaet (statt censent); ferner macht er mir ^Vorwurfe über Aedeweisen und Autdrucke, deren Tadel umgekehrt die Unkennt- iiiss des Hrn. P. beweist, da dieselben entweder grade so classisch 8i9d,^wie: non defuerunt, qui a linguae graecae et iuris attici scientia pariter initructi (diese Ciceronianiscbe Redeweise ist' also Hrn. P. nie Torgekommen), oder wenigstens gans richtig sind, wie sequitnr mit Acc. cum Inf.: „mirabitur forte quis^^; „senaum fwrte satis expresseris^^ ; „caedis eaiua exul^^; „de legum abrogao- darum ratione quam tilgst/ SoIon*>S „Nomine veniebat^^ ist p. 28. ?on mir wie usu venire gebraucht; nomine venihiA wurde an dieser Stelle ^r keinen Sinn geben, mid Ausdrücke, wie „principium de maribos ante feminas ad hereditatem vocandis^^ p. 122. oder „locus, in quo clausula ilia exliibebatur^S *iod bei Erörterung juristischer Fragen, wo es um einen präcisen Ausdruck au thun ist, unvermeidlich. Auch will Hr. P. in folgenden Stellen Germar nismen gefunden haben: „quuih Meierus praesuropsisset^^(p.83.; dies'heisst nicht, wie Hr. P. übersetzt: „da Meier präsumirte'S sondern; „da Meier von der vorgefassten Meinung ausging^^). „In arehivis descriptas Draconis leges*^ (p. 02.); von diesen Werk- ten meint Hr. P., sie hätten im Deutschen gelautet: „Die in den Archiven abgeschriebenen Draconischen Gesetze^S was ganz sinn- los wäre; denn die Gesetze wurden zwar /är die- Archive, aber nicht in den Archiven abgeschrieben, da man doch die 6xriKa<^ Behufs der Abschrift nicht in die Archive tragen konnte. Zudem habe ich diesen Ausdruck wörtlich aus Salmasius (de modo usur. P; 768.) entlehnt, dessen Behauptung ich daselbst in indirecter Rede anführe. Offenbar hat also Hr. P. den von mir citirten Salmasius nie auch nur nachgeschlagen, oder glaubt er, Salmasius habe ursprünglich auch in deutscher Sprache geschrieben ? Zum Schlüsse will ich noch fragen , welche Berechtigung meinen latei- nischen Styl durch missgünstige Vorwurfe herabzusetzen Hr. P. haben kann, der in seiner Doctor- Dissertation so unglückliche Proben seiner lateinischen Sprachfertigkeit gegeben hat, dass man wohl ohne Uebertreibung behaupten kann : seitdem Disser^ tationen auf Universitäten geschrieben werden, ist nie von ein^m Philologen eine Dissertation in so schülerhaftem und von Gram- matikalfehlern durchwehtem Latein geschrieben worden, als das- jenige ist, was Hr. P. in jener Dissertation zar Schau trägt., Proben gebe ich in der Note '*'). Indem ich nun die von Hrn. P. "^^ Die Abhandiang „de Solonis legibus Specimina'^ hat 31 filfiten in kl. 8. , wovon mindestens 14 auf griechische Texte zu rechnen sind. XX B^merkk. üb. eine Recens. v« Schellingii d^ Sol. legg. dissert. meiner Abhandlung gemachten Vorwurfe beleuchtet habe, wird die entschiedene Sprache, die ich gegjen diesen zu fuhren mich veranlasst sah , bei den Männern der Wissenschaft nicht als ein Zeichen der Selbstüberschätzung angesehen werden; dehn ich habe in der Vorrede meiner Schrift wiederholt erklärt, dass ich nur im Vertrauen auf die Sitte und Gewohnheit, durch welche Publlcationen Ton Preisschriften gerechtfertigt werden, meine Schrift der Oeffentlichkeit übergeben habe; ich hoffte, dass, wenn die Männer der Wissenschaft mir auch nicht immer bei- stimmen könnten, doch einzelne Erörterungen und die Anlage des Ganzen mit beifälliger Gewogenheit aufgenommen würde; — eine Aufnahme, wie sie auch meiner Schrift Ton Seiten Schö- mann^s (im Ind. Lect. Gryphiswald. a. 18|f •) geworden ist. Je höher ich nun immer da» Uriheil der im attischen Rechte ausge- zeichneten Männer ehren werde , desto mehr glaubte ich , gegen einen Prantl^ der sich zuerst durch eine unedle Herabwürdigung eines seiner frühern -Studiengenossen bekannt zu machen bestrebt hat, und sein Ziel weder durch Verdrehungen und Unwahrheiten, noch durch unberufene Eindrangung in rein juristische Fragen zu erreichen verschmähte, indem er zugleich die Blosse seiner atti- schen Rechtskenntniss und die Schwäche seiner Jurist. Distlnctions- kraft unter dem Deckmantel wohlfeiler Compilationen vergeblich zu verstecken sucht, — um so mehr glaubte ich gegen einen Solchen eine entschiedene Sprache führen und die Grundlagen, auf denen aeine Vorwürfe beruhen , ohne Schonung beleuchten zu müssen. Hermann Schelling. Ich hebe nar die fehlerhaftesten Stellen aas: „Aliam difficultatem et eam inextricabiliorem praebet discernere velle, num sccundum ins atticain patre mortuo res.pariter inter filios et Alias divisa sit an non; duo enim Isaei oratoris loci exstant, quorum alter alierum affirmat (dies soll heissen: ,Jede Stelle sagt etwas Anderes aus'M), quam discrepantiam ac potius eontradictionem nemo adhuc animadvertit^' (was übrigens nicht wahr ist) p. 22 sq. In der Vorrede : „magis perfecta in lucem prodere vale- mu8^^; „e prisciore aevo" (p. 7.); ythuc accedit, oratores constare^^ (p-^O» „1(2 igitur inde proficiemus , ut persuasum nobis esse possit , qaarnmcua- que legum autor Solon ab oratoribus nominatur^' u. s. w.; ,,Fabricam gladiariam^^ (ip, 11.); „quis igitüv dtxodtv iiia&otpoqst; is, qui daabas ex personis vel causis mercedem accipit, i. e. qui ab aliquo mercedem accipit, ut aliquid faciat, aut quia aliquid iam fecit, simul yero ab altero quodam mercedem accipit, ne illam ipsam rem faciat, aut quia prorsas, non vel saltem male fecit" (welche Unbeholfenheit 1 — p. 12.) ; „Diogenes nil aliud ac perscrutatus esse videtur, quas yetustas leges reperirct, mi- nime carans , unde pettertt et in quem populum igitur ferendae sint" (dies soll heissen : „welchem Volk sie zuzuschreiben sind") ; ^,Oratorem eam (seil, legem) non ita inteliexisse totus loci contextua monstrat ; tarnen vero fortaase (aber doch vielleicht — !!) consulto in tabulis lex ita ambigae expressa erat" (p. 26.)- RTene JAHBBÜOEnSR für PhUolog^e und Paedag^og^lk, oder Miritische BiMiotheh ffir das filclml- und UnterrichtsweseiL In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten heraasgegeben von RI. JToJkmn ifhriHian Jfahn and Prof. Meinhoid^ MOotm. Achtonddreissigster Band. Zweites -Heft. r ^ Druck und Verlag' von B. G. Teubner. 1843. Kritische Beurtheilungen^ Geschichte des römischen Staats mit vonaglicher Be- rücksichtigung der Chorographie und Antiquitäten. Naeh den Quellen und neuesten Forschungen für die obern Classen der- Gymnasien und Realschulen bearbeitet von Dr. Heinrich Eduard j^pel^ Lehrer am Gymnasium zu Alteaburg. Leipzig, Verlag von Mayer und Wtgand, 1843. XVI und 276 S. kl. 8. Jlerr Dr. Apel, dem seit längerer Zeit der Geflchichtsunter- richt an dem lierzogl. sächs« Gymnasinm zu Altenburg anvcrtraiit ist, fühlte den Mangel eines geeigneten Lehrbuches der romi- schen Gesehichte für die obern Glassen höherer Lehranstalteo^ indem die Bearbeitung der römischen Geschichte Ton Püts nur ^ einen integrirenden Theil seines Grundrisses der Geographie und Geschichte etc. bilde, ein Umstand, der auch den ähnlichea Werken über römische Geschichte von Grysar, Schmidt nnd Andern im Wege steh^, Fiedler 's ,,Geschichte des römischen Staats und Yolkes^^ aber in ihrer jetzigen Umarheitung (3. Aufl. 1839. 528 S.) nicht bios als Compendium für die obern Classen in Gelehrtenschulen bestimmt- sein, sondern auch als Handbuch für Lehrer und classisch gebildete Männer jedes Standes dienen solle. Er entschloss sich deshalb, nachdem er die Gesclyichte Griechenlands für Jugend und Volk 'in dem 9. Bändchen der ,,Ge8chicht8hibliothek für's Volk'' (Leipzig bei 6. Wigand. 1841.) in etwas andrer Weise, lioch mit Fleiss und Sorgfalt dargestellt, jetzt ein Lehrbuch der römischen Geschichte für die obern Classen der Gymnaaien und Realschulen auszuarbeiten^ Dabei ging er nach des Ref. Ansicht mit vollem Rechte von der Ueberzeugung ans , dass ein blosser Leitfaden , eine blosse Aufzählung von Zahlen und Thatsachen für die reiferen Schüler ungenügend und weder zum Festhalten, noch zum Wiederholen des Vortrags brauchbar sei. Er nahm sich vor, ein erzählen- des Lehrbuch auszuarbeiten, so^ wiö es ein Circular-Rescript des hohen königl. preuss. Ministeriums der geistlichen, Unter- es* 116 Geschichte,' rlchU- und Medicinalangelegenheiten ao die PrOTincialscliolcöl«- legten verlange, ^ein Handbuch, welches in lebendiger Darstel- lung^ ziiaammenhangend erzähle,^^ zunächst für den Schüler^ theils ^zur Vorbereitung für die Geschichtsstunden, theils und vorzüg- lich zur WiederboUing oder auch schriftlichen Ausarbeitung des vom Lehrer Vorgetragenen, Welches dann der Schüler frei wieder zu erzählen habe. Dabei hat nun der Hr. Verf. die Quellen, welche er fleissig benutzt hat , ganz absichtlich theils im Text (iu Uebersetzung), theils in den Anmerkungen (in der Grundsprache) selbst reden lassen, und obschon er die neuesten zahlreichen und gediegenen Forschungen im Fache der römischen Geschichte gewissenhaft gebrauchte, so hat er sich doch in Bezug auf die älteste römische Geschichte der. Hyperkritik enthalten, ^^Iche seit Niebuhr auf diesen Theil der röm. Geschidite' auflösend eingewirkt hat, und die wenigstens in einem derartigen Lehrbuche nicht die' Ober- hand gewinnen darf. Ref. glaubt, dasa hierbei den Hrn. Verf. richtige Grundsätze geleitet haben; man mag dem Schiller die älteste romische Geschichte, wie sie uns in den alten Quellen überliefert ist, nicht als reine lautere Wahrheit auftischen, allein mit den Sagen , wie sie zum grössten Theiie in dem röiüischeo Volke irelbst Glauben fanden, muss er d^ch bekannt werden ; und so ist es gewiss am besten, ihn bei den. ersten Vorträgen über römische Gesobichte zunächst iu jenen Sagenkreis einaufoliren, damit er später bei gereifterem Urtheile das Ueberlieferte prüfen und das Wahre von dem Falschen ausscheiden könne; In der Aaswahl der liistoriBchen Facta ist der Hr. Verf. Ton dem Grandsatze ausgegangen, nur das in seine Darstellung auf* zonehmen,. was zum Auffassen der Haupterelgiiisse und des Za- aammeuhanges derselben wesentlich beiträgt; das allzu Einzelne, das wehiger in den Gang des Ganzen Eingreifende ist wegge- lassen oder nur ganz kurz angedeutet worden. Sowohl hiermit, wie mit dem Streben des Hrn. Verf., die innern Verhältnisse und ZnatSnde oder die Entwicklung und die Veränderungen der Staats- verfassung, welche besonders^ aus dem innern Kampfe zwischen den Patriciern und Plebejern hervorgingen, vorzugsweise darzu- legen, sowie die Ursachen der Parteiun^en, die Tendenzen der Parteihaupter kurz zu entwickeln und die Persönlidikeit und den Charakter der letzteren zu schildern, erklären wir uns vollkom- men einverstanden. Dass Ref. dagegen an mehr als einer Stelle mil der Aofifassung des Einzelnen mit dem Hrn. Verf. nicht einer und derselben Ansicht sein kann, whrd weder ihn selbst, der die Schwierigkeit seiner Aufgabe wohl kannte, noch irgendJFemanden befremden, der die verschiedenen Anaie&ten im G^iete der römi- schen Geschichtsforschuttg kennt und zu würdigen versteht. Auch ist es gar nicht des Kef. Absicht , sich auf eigentlich geschicht- liche Erörterungen einzulassen, da diese Controversen im Grunde ' , . Apel: Gescfaichte dea römischen Staat.«. 117 mit dieseiB Lehrbuche we«!^ su selurffen hab^n, desnen haopt- saehlichste Aufgabe es war^, die römiocbe Geschichte aach den besten Hnlfsmitteln knrs und fvsfilich rorzn tragen; eine Anfgabe, die iem Hrn. Verf^ nach des Ref. Ueberzeognng sehr wohl gelun- gen ist, insofern nicht nur der Ton des Vortrags, die Wahl des Stoffes und die Darstellung des Einseinen im Ganzen aller Aner- kennung werthv sondern auch der Stil selbst fast rfnrchgängig cor- rect und gefällig zu nennen ist und nur an einzelnen Stellen noch der Feile bei ein^r neuen Bearbeitung bedürfen wird. Feh gebe eine Uebersicht dos Ganzen, damit man die Ver- theilung dcB Stoffes, die Hrn. A. nicht minder gelungen zu sein scheint, beurtheilen könne; und werde dabei auch einige gele- gentliche Bemerkungen über das, worin ich mit dem geehrten Hrn. Verf. nichi übereinstimme , hinzufügen. Das Lehrbuch begmnt S. 1 — 32. mit: I. Choroeraphie d9$ romiacken Reichs, 1. Geographie Italiens (S. 3 — 27.). 2. Geo- graphische Uebersicht der rbmischeA Pr6vin%en ausserhalb ha-- Kens (S. 27 — 32.). Wenn nnp schon diese geographischen Um«- risse Ihrer ganzen Anlage und Natur nach etwas dürftig erschei- nen , so werden sie doch genügen , unter Benutzung der nöthigen Karten über die alte Welt ein richtiges Bild von der geographi- schen Lage, der Ausdehnung und dem Umfange des römischen ' Reichs zu gewähren, und sie mögen also immerbin, ehe zur Ge- schichte selbst geschritten wird , von dem Schüler gelesen und benutzt werden. Nur Weniges haben wir hier zu bemerken. In Bezug auf die Lage des alten Roms und die Verändeniogen , wel- che nach und nach dasselbe erfahren , Worüber sich Hr. A. 8. 13. auf Ruperti^s röm. Alterth. I. 113. beruft , ist jetzt noch die vor- treffliche Schrift von W. A. Becker: De Romae veierismuria atqueportis (Lipsiae, 1842. 132 S« 8.) nachzutragen, die, hätte sie der Hr. Verf. zu rechter Zeit noch benutzen können , dem- . selben gewiss grössere Dienste als die Riiperti'sche würde ge- leistet haben. S. 15« nennt der Hr. Verf. die Via sacra mit Recht eine der prächtigsten Strassen der Stadt, allein er hatte wohl die. gewähltere und der classischen Latinität vorzugsweise eigen- thümliche Wortstellung Sacra via wählen sollen, worüber zu ver- gleiclien C. Göttling: De sacra via Romana ^ im Archiv für Philol. u. Paedag. Bd. 3. S. 631. W. A. Becker a. a. O. S 23 fg. Anm« 18. Denn wenn schon die Wortstellung via sacra in der Sprache Aei Volkei^, welches allemal am längsten an der elgent^ liehen Bedeutung eines Begriffes festhält und die eigentliche ap^ pellative Geltung schwer fallen lässt, nicht ungebräuchlich ge- wesen zu sein scheint, da Plin. h, n. XIX, 1, 6. Sueton. Fitell. 17. Ascottius ad Cic. pro Milon, 14. p. 48, 14. ed. Bait. dieselbe sogar in die Schriftsprache aufzunehmen sich nicht scheuten, so be-' trachtete die vornehmere Welt doch sehr bald Sätra via als einen Begriff und Hess das Appellative fallen, indem es die 1 118 . Geschiishte. Wortstellung sacra via^ wodurch der Begriff saera meb hervor- gehoben wird, alg stehend und zwar als Nomen proprium betrach- tete; womach em ähnlicher Unterschied zwischen beiden Wort- stellungen blieb, wie bei uns zwischen den Benennungen die hei- lige Strasse und die Heiligenstrasse, der fieue Markt und der Neumarkt. Auch hat Hr. A» nicht woh) gethan, & 16. unter den berühmten Thoren der Stadt die Porta triumpkalis mit aufzuführen. Denn ausserdem dass dieses Thor wohl nur in der besondern Beziehung zu nennen war, so hat ja auch neuer- dings W. A. B e c k e r in der angeführten Schrift S. 81 — 93. die Porta triumpkalis als eigentliches Stadtthor ganz in Zweifel zu ziehen gesudit, und in einem so kurzen Abrisse i^ar alles Strei- tige und Zweifelhafte ganz zu Termeiden« — S. 18. führt der Hr. Verf. zum Belege davon, dass Campanien der blühendste und fruchtbarste Theil Italiens gewesen sei, an: Plin. h. n. 18, 11, Flor. 1, 16. Mit Unrecht überging er die beredte Schilderung Cice- ro^s de lege agrar. I, 7, 21. colL II, 29, 80 fg. und die Yarro's in- den Fragm. p. 207. ed. Bipont. Auch S« 30. müssen wir noch eine philologische Bemerkung an Hm« A.*s Angabe: „Byz&ntium (Constantinopolis; Istarobul aus Iq xdv noUvy^ anknüpfen. Denn diese Erklärung des corrumpirten Istambul ist etwa so , wie die Cicero 's, wenn er occare von oceaecare ableitet,- oder wie wenn man lueus a non lucendo bena^nt wissen will. Denn er- stens sprach man nicht dorisch -griechisch in jener Gegend, sodann, wie ward das ganze Sätzchen Ig %otv nokiv Benennung der Stadt 1 Die Sache verhält sich also: Die Türken konnten, wie es uns bisweilen mit russischen und andern slawischen Namen geht, sich vermöge ihrer verschiedenen Sprachgewöhnnng in den langen Namen KcJvöxavtivonoXtg nicht recht schicken ; sie kürz- ten und corrumpirten ihn also , indem sie die mittlere Silbe des Wortes Kav^ftavT^vo — als etwas Charakteristisches festhielten, das IT^brige aber fallen Hessen, und machten daraas Stambul^ etwa so, wie sie aus Königs mark in neuerer Zeit Swonsmark und Aehnliches gemacht haben; das t ward vorgesetzt, weil die Araber den Anfang mit zwei Consonanten scheuen und sodann einen leichten I- Laut vorzuschlagen pflegen, wie wenn sie statt Piaton sagen: Iplatuni C^^^^ J? ""^ Aehnltches mehr. So imd nicht anders entstand der Name Istambul oder Stambul^ und Hr. A. hätte also einfach sagen sollen: „Constantinopolis, von den Türken in Istambul oder Stambul corrumpirt.^^ Doch diese und ähnliche Ausstellungen, die bei dem Gebrauche des Werkchens auf Schulen nicht so unbedeutend sind, als sie er- scheinen könnten, wird der Hr. Verf. bei einer zweiten Auflage mit leichter Mühe beseitigen können. Sie mögen ihm von unsrer Seite beweisen, mit wie scharfem Auge wir auch dieser einleiten- den chprographischen Darstellung gefolgt sind. Apeh Geschichte de« römischen Staats. HO Wenden wir «mr m dem sweften Äbichnitte oder dem ekent- lichen Kerne des Werkes, so finden wir S. 33—244. II, Ge- schichte der Römer. Hier zahlt Hr. A. einleftnn^weise lurBr- derst die alten Völker Italiens aaf, die er in ilteste YS!- kerstfimme, welche in Italien fruhseitigr sesshafi geworden waren , und in spater eingewanderte Völker zerfallen lisst. Er- stere Pelasger, Umbrer, Ligurer, Sabiner, Osker, letztere Etrasker, griechische Niederlassungen in Grossgriechenland, Gallier. Daran knüpft er 8. 40 — 42. die Sage Ton der Grün - düng Roms und lässt S. 42—61, den ersten Zeitraum folgen: Born unter KöfÜgen (758 — 510 v. Chr.). Zweiter Zeit- raum. Rom als Republik (509—30 v. Chr.), S. 61 — 177. Erster Abschnitt. Bis zu der politischen Gleichstellung der Patricier und Plebejer und der Unterwerfung ^on {Mittel- und Unter-) Italien (266), S. 61 — 99. Zweiter Abschnitt. Von der Unterwerfung Italiens bis auf den Anfang der Graeehi^ sehen Unruhen (133 t. Chr.), S. 99—133. Dritter Abschnitt. Von den Gracchischen Unruhen bis auf den Untergang der Bepublik (133 - 30 v. Chr.) , S. 133 — 177. Dritter Zeitraum: Born nnter Kauern (80 v. Chr. bis 476 n. Chr.), 8. 1T7— 244. Aus den bereits oben bezeichneten Gründen wollen wir uns hier nicht auf weitläufigere Erörterungen einlassen, im Ganzen sind wir mit des Hrn. Verf. Wahl, Auffassung und Darstellung der geschichtlichen Verhältnisse ToUkommen einverstanden. Eigent« liehe Unrichtigkeiten sind uns fast nirgends aufgestossen, oder höchstens da, wo bis auf die neueste Zeit die Gelehrten selbst schwankten, wie z. B. in Bezug auf den Ursprung der FescennU nen^ die auch Hr. A. S. 39. för etruskischen Ursprungs hllt, wenn er ?on den Etruskern sagt : „Ihre Sprache bestand nur in gottesdienstlichen Liedern und in Fescenninen (launigen Verhöh- nungen in Wechselversen). Doch haben sie (die Etrüsker) durch . Sitte und Einrichtungen mehr auf die Römer gewirkt, als diese in spätesn Zeiten selbst wissen Inochten.^^ Ich stimme ihm In Bezug auf die erste Behauptung gar nicht, hinsichtlich der letz- tern nicht ganz bei. Die erste Angabe gründet sich auf eine Tradition, die längst aus der lateinischen Literaturgeschichte entfernt sein sollte. Diese Tradition stutzt sich nur auf die un- verbürgte Angabe der Grammatiker; dass der Versus feseenninus Ursprung und Namen der etruskischen Stadt Fescennia^ wie sie Plin.. III, 5, 8. nennt, oder Fescennium^ wie man bei Dionys. Halic' Antiq. Rom. 1, 21. in den Worten OaXigiov öi xal Öe^ • Cxivpiov Kzi. statt des handschriftlichen 0a6xiviov hergestellt hat, zu verdanken habe. Sie ist angemerkt inPaulliDia« j coni Excerpt.'p. 64. ed. Lindem., wo es heisst: Feseennini i versus y qui canebaniur in nuptiis^ ex urbe Fescermina dicuntur ällaii^ sive^ideo dicti^ quia fascinum pulabantur arcere j sowie bei ServittS ad Aen. VII, 695. Fescenninvm (so lese man naiclp 126 iGreschichte. den altera Ausgaben stati der Vulgata Feseennium ; ed ^steht Feecenninum oppidum^S9\e bei Paulluft Diaconus Fescenmna urba) oppidum est Campaniae^ ubi nuptialia inventa sunt cur- tittno» Hi autem populi ducunt hriginem ab Alheniensibus. Eä ist aber diese Annahme der alten Grammatiker, dass der Fersus fescenninua von der Stadt Fescennia benannt sei, eben so sehr aus der Luft gegriffen, wie dass der Versus Saturninus vonMer Stadt Saturnia benannt sein soll, und was dergleichen Fabeln ' haftes mehr ist. Der Versos fescenninus, den auch HoraiE^ Epist, II, 1, 139 fgg. keineswegs aas Etrurien abgeleitet wissen* >^ill, sondern vielmehr als aus den romischen ländlichen Festen und Schäkereien erwachsen bezeichnet, hat gewiss nichts mit der Stadt Fescennia gemein. Offenbar war das Wort fescenninus ursprünglich rein appellativ und bedeutete, verwandt mit den lateinischen Ausdrücken: 'fascinus^ fascinum^ effascinare und praeficiscini diefire ^ blos spöttisch, beschreiend, hervor- gegangen aus dem griechischen ßtt0imlvsiv^ womit ßaöKCivogj ßaCKavla u. dgl. m. zusammenhängen. Diese Möglichkeit sahen sdion die alten Grammatiker, s. PauiliDiaconi Excerpta, p. 64., und das zur Ableitung nothwendige Mittelglied yonfescen- mnus Eufascmus geben schon dieselben Excerpta p. 65., woselbst 6s heiss^: Fescenoe vocabantur^ qui depeüere fuscinum ere- debantur^ s« Lindemann ad i. I. p. 424. Sonadti wäre fescenoe so viel als/asct9ii zu Plinius' Zeit gewesen, s. dessen Mst. nat. X3LV1I1, 4, 7., und versus fescennmus so viel als versus fascini 8. orationis invidiasae plenus^ womit der etrurische Ursprung wie von seibat zusammenfällt. Was nun aber die zweite Behaup- tung des Hrn. Verf. betrifft, dass die Römer überhaupt mehr voa den Etraskern entlehnt haben, als sie später hätten selbst wissen wollen, so war es an sich gar nicht der Fehler der Römer, von. Aussen Ertialtenes zu verleugnen, da sie sich ihrer Innern Kraft und ihres politiscHen Uebergewichts frühzeitig bewusst wurden und nicht ängstlich darauf bedacht zu sein brauchten, schwache Seiten zu bedecken. Sodann konnten auch bei der nachweislichen Verschiedenheit ihrer Sprache von der der Etrusker die Römer nicht so Vieles von den Etruskern unmittelbar entnehmen, wie man wohl bisweilen angenommen hat. Auch vdrd, wo Entleh- ^ nungen aus Etrurien vorkommen , die Sache lediglich auf die ara divina beschränkt. Ich habe deshalb bei meinen literar-histo«^ rischen Forschungen nicht sehr vi^le etruskische Elemente in der lateinischen Literatur, nicht den grossen Einfluss auf den römi- Bchen Volkscharakter wahrnehmen können, als von mehreren Sei- ten angenommen worden ist; und möchte deshalb auch Hrn. A.'8 Angabe beschränkt wissen. . Schätzbare und zur Charakteristik einzelner Personen treff- lich geeignete Bemerkungen giebt der Hr. Verf. öfters unter dem Texte; auch hic^ ist uns Weniges, wa^ eine Bemerkung nothwen- Apel: Geschichte des roniiflcfaen Staats. 121 äg nmchte ^ anfgefallen. Nidit ^anas charakteristisch ' Ist es aber, wenn es S. 163. Ton Caesar heisst: ^,er ward ia der Mähe top Milet Toii Seeräubern gefangen genommen, die er nach seiner Freilassung überfiel und an's Kreuz schlage liesa.^^ Es würde dies Caesar 's Charakter beflecken, wenn er die, welche ihn freigelassen hätten, überfallen und, statt sie blos wegen Ihrer Frevel hinzurichten, noch an's Kreuz geschlagen hatte. Bekannt ist aber, dass Ca;esar losgekauft wurde und dass er, weil er den Seeräubern gedroht hatte, er werde sie einst, wenn er wieder frei sein wurde, überfallen und an's Kreuz schlagen, nachdem er sein Vorhaben ausgeführt, sie erdrosseln und dann an's Kreuz heften liess, wie Saeton, Oaes. 74. ausdrücklieh dies erzahlt: Sed et in ulciscendo natura lenisaimas, Piratäs^ a quibuB caplus e6t^ quam in didonem redegisset ^ quoniam süffisurum se cruci ante iuraverat^ ivgulari prtus iussit^ deinde ^ffi§^' Es eharäkterisirt diese Anekdote, nur wenn sie treu erzählt wird, C a e s a r* s Gemüth recht eigentlich. Beharrlich in seinen Vorsätzen wendete er jedes Mittel an, seinen Zweck zu erreichen, aber alle überflüssige Härte und Grausamkeit war sei« uem Gemüthe fremd. So bewahrte er einen gewissen Seelenadel selbst dann, wenn er ungerecht war, auch in andern Fällen. Doch diese und einige andre kleine Verstösse wird der fleissige Hr* Ver£. gewiss gelbst später zu entfernen wissen. Deshalb bemerke ich nur noch die letzte Abtheilung des kleinen Werkes: lU. Ct/2- tur der Mömer^ S. 245 — 276. 1. jReligionswesen^ S. 247 — 255. 2, Kriegswesen, S. 255 — 258. 3. Literatur, S. 258 — 265. 4. Kunst, S. 265 — 267. 5. Bürgerliches und Privat- leben^ S. 267 — 276. Diese Beigaben sind allerdings zu kurz, um ein gehöriges Bild voa den Gegenständen zu geben , die ^ie besprechen, enthalten jedoch so viel Angaben; dass sie die Wiss- begierde der Jugend reizen und dieselbe zu anderweitigem Stu- dium anfeuern können. Hier liesse sich namentlich über die Ru- brik Ldteratur noch Manches sagen, doch Hr. A. folgte dabei den angeführten Gewährsmännern und so will ich über Einzelnes nicht mit ihm rechten. Nicht ganz richtig ist es aber , wenn Hr. A« da, wo er S. 27(X über die Erziehung der Römer spricht, sagt: „Als die Basin der gesammten römischen Gesetzgebung wurde das Zwölftafelgesetz auswendig gelernt.^^ Will dies Hr. A., da er ohne Einschränkung spricht, im Allgemeinen gelten lassen, so ist dies falsch. Cicero,, der de legg. II, 4, 9. auf diese Sitte an- spielt: A paipis enim, Quinte, didicimus: Si in ius vocat, atqueeitis modi alias leges nominare, spricht selbst es in der- selben Schrift II, 23, 59. mit den Worten: JDisceöamus enim pueri Xtl^ ut Carmen n^eessarium^ quas iam nen^o di$cit^ ausdriicklich aus, dass in seiner Zeit diese Sitte schon Terschwuu-' den sei. Es hätte wohl dies in der Anmerkung noch besonders hervorgehoben werden sollen. 122 Physik. Do€li diese kleinen Ausstellangen sollen dem trefflichen Werkchen keinen Abbrach thtin , dem verehrten Hrn. Verf. nur «eigen, dass wir ihm aufmerksam gefolgt sind. Druckfehler sind uns ausser den angezeigten noch dnfge aufgefallen , Wiö S. 39. Z. 25. ephephirii st. epizephyrü^ S. 217. Z. 3. v. u. principus at. prineipiBua^ ebend. Z. 5. Eutrop. VIII, 5. st. Euirop. VIII, 2. Sonst sind Druck uhd Papier gut R. Klotx. Mehr buch der Physik von Dr. J. Got» , Professor der Mathe- matik am Gymnasiam za Dessau und Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften. Zweiter Band mit 6 Fignrentafeln« Berlin, Reimer. 1841. XII und 526 S. jn gr. 8. Dritter Band mit 3 FigurenUfeln. Ebend. 1842. XIII und 384 S. Der dritte Band hat auch den be- sondern Titel : Die wichtigsten Lehren au8 der jisironomie und Meteo- rologie Ton Dr» J> Götz u. s. w. Diese beiden Bande bilden die Fortsetzung iind den Beschluss des Lehrbuches, dessen erster Theil 1837 erschienen und Ton uns in den Jahrbüchern bereits angezeigt worden ist. Das über den ersten Theil ausgesprochene Urtheil, dass der Hr. Verf. ein Buch geliefert habe, welches dem Lehrer die Arbeit erleichtere, einen gründlichen Unterricht befördere und den Schülern auch eine gute Anleitimg zur Wiederholung des in den Lehrstunden Vorgetragen nen geben Icönne^ glauben wir mit gutem Rechte auch auf diese beiden Theiie ausdehnen zu Itönnen. Der Vortrag ist fast durch- gängig klwt und verständlich, dabei hinreichend gründlich für den Zweck, zum Unterrichte entweder an Gymnasien oder für wissen- schaftlich gebildete Dilettanten zu dienen, und die Menge des mitgetheilten Materials lässt in dieser Rucksicht auch nur wenig noch wünschen. Dazu haben diese beiden letzten Theiie vor dem ersten, unsrer Ansicht nach, den Vorzug, dass eine gewisse su grosse Weitläufigkeit und Umständlichkeit, welche wir an dem ersten Theiie auszusetzen fanden, hier Termieden ist. Der Hr. Verf. hat nicht mehr, wie in dem ersten Bande, die mathemati- sche Form, jeden Satz als Erklärung, Lehrsatz, Aufgabe u. s. w. aufzufahren, im Aeussern streng beobachtet, hat auch nicht die vorkommenden Beweise , besonders die Ton mehr mathematischer Form, niit der Weitläufigkeit durchgeführt, welche im ersten Bande den Leser oft ermüdet; dadurch ist an Kürze v^d leichter 'Uebersichtlichkeit gewonnen worden, ohne dass deshalb der Gründlichkeit der Beweise Eintrag geschehen ist. In Beziehung auf das Aenssere tragen auch diese beiden letzten Bände den Mangel, deren wir schon bei der Anzeige des ersten gedacht haben , dass in den beigegebenen Figoren die Zeichnung an gros- ser Uuvollkommenhelt leidet; insofern aber die Figuren dem Ver- Götz: Ldirboch der Physik. 12S •tindniscte des Yorget^enen sa Hfilf e kommen soHea , ertcheiot diese UnToUkommenheit allerdings hier und da als erheblicher Man^pel. Wenn wir nun, hiervon abgesehen, das Lehrbuch dea Hrn. 6. als ein seinem Zwedce gut entsprechendes im Allgemei- nen bezeichnen su müssen glauben, so findet sich doch auch Ein« lelnesv worüber wir mit dem Hm. Verf. nicht ganz einventanden sind; di^ nähere Angabe des Inhalts wird uns Gelegenheit geben^ hierüber weiter zu spreciien. Der 2. Theil behandelt im Allgemeinen in vier besondem Capiteln , deren jedes in mehr oder weniger AbtheUungen ser« fallt, die Wer Imponderabilien, Warme, Licht, ElektricitSt und Magnetismus; der 3. Theil enthalt eine Zusammenstellung dea Wissenswürdigsten aus der Astronomie, mathematischen und phy- sischen Geographie und Meteorologie. In dem 2. Thetle werden die Gapitel und Paragraphen tou da an fortgezahlt , womit der 1. Theil schliesst; hiernach ist das erste' Capitel dieses Theiles überhaupt das eilfte,^ und es wird darin die Lehre von der Wärme in 9 Abtheiiungen vorgetVagen. Die 1. Abth. S. 1 — 30. handelt ▼on der Wärme überhaupt, den Tersc^iedenen Arten, sie zu erre»- gen , ihrer ausdehnenden Kraft und Ton den Thermometern und Pyrometern. Von den Pyrometern hätte wohl noch etwas mehr l^esagt werden können; der Verf. beschreibt ausführlich nur daa Pyrometer Ton Wedgwood, das doch nach dem Urlheile der ange- sehensten Physiker nur wenig Sicherheit gewährt. Wenn auch 6\t übrigen tod Guyton de Morveau, von Daniell u. A. angegebenen übergangen werden konnten, so hätten die Pyrometer von Peter- sen erwähnt werden sollen,, besonders das Luftpyrometer, wel- ches sehr sichert Resultate zu geben scheint. Bei Angabe der Grosse, um welche eine gewisse Menge Quecksilber bei einer bestimmten Temperaturzunahme ausgedehnt wird (S. 29.), würde die Deutlichkeit gewonnen haben, wenn die erwähnte Reduction der Barometerhohe, welche bei einer gewissen Temperatur ge- messen ist , auf die Temperatur 0^ durch Ausrechnung eines Bei- spiels erläutert worden wäre. Die 2. Abth. S. 30 — 36. handelt Ton dem Einflüsse der Wärme auf die Luft; die Gesetze für die Beziehungen zwischen der Temperatur, dem Volumen und der Spannkraft einer gegebenen Luftmenge werden genau nachgewie- sen (in dem Beweise zu § 668. S. 32. heisst die unter 1.. aufge- führte Proportion durch einen Druckfehler fälschlich t : T = v: V. anstatt t : ^ = v : V) , nachher werden die Luftthermometer be- schrieben. Die 3. Abth. S. 36— 44. enthält das Möthige über die Verbreitung der freien Wärme durch Strahlung^ die 4. Abth. S. 44 — 51. durch Fortleitung ^ wobei mancherlei Erscheinungen erklärt werden, welche auf der verschiedenen Wärmeleitungs- fihigkeit der verschiedenen Körper beruhen, manches hierher Gehörige wird aber vermisst, was wir weiter unten näher bezeich- nen werden. Die 5. Abth. S. 51 — 58. bandelt von der Wärme- 124 Physik. ctpacltal^ der specifiscfaen und irebtiren ^Smie in EesiehHii; auf feste und tropfl»arftÜ89ige Körper^ die 6. Ablli. S. 59 — 64. veii der Veränderung des Aggregatznstmdes der Korper dorch WSrme, Ton dem Binden und Freiwerden der Wärme« Den Begriff der speciftschen und relatiren Warme bestimmt Hr. 6. etwas anders, als fewöhnllcii gescliteht, z. B. von Biot. Er nimmt im Allge- meinen folgenden Gang. In § 69& heisst es: ^^Wenn ein Pfund eines Körpers K s Wärmetheilchen gebraneht , um seine Tempe* rätor um P zu ändern, so heisst s die specifisehe Wärme des ^ Körpers K. Man bestimmt sie durch Versache (durch Eintau- chen in kälteres Wasser a. s. w.)<, wobei die specifisehe Wärme des Wassers = 1 gesetzt wird.^* Ferner in § 697.: ^,Wenn die Temperafnr des Körpers K hierbei um T^, die des Wassers um <® • t verändert wird, so ist die specifisehe Wärme des Körpers s = ;=^, vorausgesetzt, das Gewicht des Körpers sowie des Wassers be- trägt 1 i^.'' In § 700.: ,,Nach der Erfahrung schmilzt 1 S-Wasser von + 60^ Reaum: ein Pfund Eis. Wenn nun ein andrer Körper S, desseh Masse =P Pfund ist, während seiner Abkühlung im Eiscalorimeter von der Temperatur T^ bis O'^ R. a $ Eis schmilzt, SO ist dessen Specifisehe Wärme s =2= \^—^.^^ Endlieh § 701.: ,,Hat 1 Kubikfuss des Körpers K v Wärmetheilchen nöthig, um seine Temperatur um F zu verändern, so heisst v die relative Wärme des Körpers K. Bezeichnet man überhaupt die relative Wärme des Körpers K durch r , so ist r =:: P . s." Wir haben hier nur die Hauptsätze hervorgehoben ; der Verf. erläutert die- selben gehörig, so dass sein Vortrag dem Lernenden überall ver- ständlich sein wird , auch sind die Hauptsachen an sich richtig. Allein nach dieser Darstellung bleibt der Unterschied zwischen absoluter und relativer specifischen Wärme unbeachtet, oder wird wenigstens nicht genug her?orgehoben ; auch haben die so erhalteneu Formeln nicht eine solche Form, dass sie bei vollkom- mener Allgemeinheit doch auf jeden besondern Fall mit Leichtig- keit angewendet >verdeu können. Für einen Körper A bedeute, c dessen Wärmecapacität oder specifisehe Wärme , d. h. c sei die Wärmemenge, welche die Temperatur der Massen- oder, Ge- wichts - Einheit des Körpers A um F erhöht, m sei seine Masse uiid t seine Temperatur; bedeutet nun noch x die unbekannte absolute Wärmemenge, welche in jeder Masseneinheit bei 0^ Tem- peratur enthalten ist ; so ist die ganze in dem Körper A bei der Tem- peratur t° enthaltene Wärmemenge : mx -|- mct. Wenn nun c', m\ t , x' Aehnliches für einen zweiten Körper B bedeuten, so ist die in demselben enthaltene Wärmemenge ±= m'x' + m'Gl;\ Mischt man daher beide Körper mit einander, und bezeichnet man durch T die gemeinschaftliche Temperatur, welche beide Körper nach Götz : Lehrboeh der Physik. 12& der Mischung angeftoniaidn kaben; io^ ist die in beidca Kfepem enihiltene WämeflieDge losammeiigcnoHUDeii: ▼or der Misdiiiiif c= nix + m'x' + wßßi + m*e%\ nach der Misdning r=^ mx + m'x' + (me + inV)T* Ih sber diese WarmeneBge durch die Misehiing sdbst «idit ge* Sndert werden ksmi, 9o erMH nun (nc + n'«')*!^ =^ ^^ + fliVt\ welche Gleichung als die Omodforaid gili^ durch deren HUfe die spedfische Wärme Qberhenpt nach der Methode der Slisebnii* gen ohne Rüdesicht auf das Biscalerivieler besUnunt wird. NtaMst Bian an, A sei Wasser, «etat mit dem Verf« dessen sptciff. WSme = 1 und nimmt auch m ==: m' = 1 an; so erhalt obige CUeichmig die F'orm: T + cT = t + et', woraus c' = J-^ folgt, wel- t — 1 ehe Formel mit der des Verf. in § 697. s s = s nbereinatim^it« Will man die specif. Warme zweier Korper mit einander Terglef- chen, also die relative spedf. Warme des einen In Beziehung auf den andern bestimmen, ohne noch grad^ die des einen = 1 za setaen; so erhalt man aus obiger Gleichung dafür: -= -^^ — ^« Für Versuche mit dem Elscalorimeter werde nun angenommen, von einem Körper A sei jdie Masse := m S bis zur Temperatur t° Cess. erwärmt worden, und habe so in das Calorimeter gebracht, bei der Abkühlung bis 0^ daselbst b £ Eis von der Temperatur 0^ geschmolzen ; So drückt — die absolute specif. WSrme des Kör^ mt pera A aus, welche unabhängig Ton der Gewichtseinheit, aber^ abhängig von der gebrauchten Thermometerscale Ist ; so ist die absolute specif. Wärme des Wassers = 0,01665 ... in Besiehung auf die "achtzigtheilige , und ^ 0,01333... in Beziehung auf die hunderttheilige Scale gefunden worden. Dividlrt man nun hier- durch die absolute specif. \Värme irgend eines andern Körpers, so erhält man dessen relative specif. Wärme für die Annahme, dass die des Wassers = 1 ist. Dieser oder dn ähnlicher Gang scheint |ins vor^Mziehen zu sein als allgemeiner und bestimmter. Die 7. Abth. S. 65 — 83. handelt von den Dämpfen, sowohl von denen^ welche bei der Siedehitze der betreffenden Flüsdgkeit entstehien (und dabei von dem Sieden selbst, theils in der freien Luft, theila iD abgcaperrtem Baume) , als von denen , welche bei niedrigeren Temperaturen ^sich entwickeln, oder den sogenannten Dünsten; gelegeiitlich wird auch die Dampfmaschine beschrieben, wobei uns anstatt der erwähnten Ventile vidmehr Hähne, Klappen oder Schieber genannt sein soUteo. Wo die Bede ist von der durch Verdampfung eraengten Kälte, hätte noch des hohen Kältegrades gedacht werden können, welcher durch die Verdampfung der liqui- den Kablensäure erzeugt wind. Die 8. Abth. S. 83 - 91. be- 126 Phyiik. trachtet die Hygrometer, nümlich das SauBiäre*9che^ das'^0ff- läc'sche^ die Methode Dalton's^ den Wasaergeltait der Lnft sa bestimmen, jand das DanieU^sehe Wy^rom^er, Die 9. Abth. S. 91 — 112. ist überschrieben: ^^Von der Verbrennang nnd von iet Biidang der Gas^ten^^. Von der Verbrennung ist in der Ein- leitung xum 1. Theile S. 40. nur eine kurze oberflichliche ErU»- rang gegeben worden^ und hier werden nun die einielnen. dabei stattfindenden Vorgänge nfiher betrachtet Hr. G. erklart die Ver- brennung als die Verbindung des Sauerstoffes mit der verbrenn- liehen Substanz, d. h. mit einer Substanz, weiche bei hinreichend hoher Temperatur eine atärkere Verwandtschaft zum Sauerstoffe als letzterer zum Wärmestoffe hat. Dadurch , dass der eine Be« standlheii des Sauerstoffgases , der Sauerstoff, mit dem brennba- ren Stoffe sich verbindet, wird der andre Bestandth^il, der War- mestoff, frei und wirkt als Wärme und Licht. Hiergegen ist nur zu erinnern^ dass darnach Verbrennung iinr durch Vermittlung des Sauerstoffgases stattfinden könnte ; indessen erwähnt der Verf. später wenigstens, dass es noch andre Stoffe gebe, welche in dieser Beziehung ähnlich wie Sauerstoff wirken. Von den ver- schiedenen andern Hypothesen , wie bei dem Verbrennen Wärme "entwickelt werde, sagt Hr. G. nichts. Er giebt eine nähere Be- schreibung von den verschiedenen Theilen einer Kerzenflamme, erwähnt dabei i^erschiedene Arten vop Lampen, spricht ton den Löschungsmitteln des Feuers, von den Selbstzundern , von dem Vorgange bei dem Athmen der Tbiere, und lässt dann die Angabe der Entwicklungsmethoden verschiedener Gasarten folgen, weiche uns an dieser Steile einigermaassen überrascht Iiat. Die Veran- lassung, hier davon zu reden, kann nur darip liegen, dass jedes Gas eine Verbindung des Wärmestoffes mit einem wägbaren Stoffe ist. Die' betrachteten Gasarten sind vornehmlich Sauerstoffgas, Stickgas , Salpetergas (mit Erwähnung des Eudiometers), kohlen- saures Gas, Wasserstoffgas , Kohlenwasserstoffgas, salzsaures Gas, Chlor oder Chlorgas, Jodine, flusssaures Gas, Ammoniakgas. Bei Beschreibung der Lampen, durch welche die Leuchtkraft der Flamme erhöht wird , hätten die in neuerer Zeit in Gebrauch ge- kommenen sogenannten (nicht eigentlichen) Gasiampen erwähnt werden können, deren wesentlicfie Einrichtung darin besteht» dass die Flamme in einiger Erhebung mit einem kurzen stork und fein durchlöcherten metallnen Rohre umgeben wird, weichen oben mit einer Scheibe verschlossen ist, in deren Mitte eine kreis- runde Oeffnung von der Grösse sich'befindet, dass sie den obern Theil der Flamme nur eben durchlässt. Die Scheibe wird hier- durch stark erhitzt, und dieses vermehrt nicht nur den Luftzug ' im Allgemeinen , sondern besonders den der sehr erhitzten durch die engen Löcher eingedrungenen Luft, und da ausserdem noch um den obern Theil der Flamme ein Glascylinder als Schornstein > gestellt wird: so wird hierdurch das Verbrennen und Weissgl&hen Goti: Lehrbudi der Physik. 127 des in der Flamme btf ndtichen KoUeottoflEes sehr berdrdert, und die Leuchtkraft der Flamme bedeutend erhöht, aelbat bei An« Wendung schlechten Oelea. Mit der 9. Abth. schliesat das Capitel Ton der Wirme, und ^as hier Hitgetheilte wird schon beweisen, dass der Hr. VerCi diesen Gegenstand in Rucksicht auf seinen Zweck mit genügender Ausführlichkeit behandelt hat; doch bitte viieileicht noch folgen- des in dem Buche nicht Berührte Erwähnung verdient. Du Newiofiaehe Gesetz des Erkaltens, nach weichem für die in arithmetischer Progression sunehmenden Zeiten die Temperatur- untenchiede awischen der erkaltenden Qf asse und der Umgebung in einer geometrischen Reihe abnehmen, und einige andre Ge- setxe , das Erkalten eines ?on einer Gasart umgebenen Körpers betreffend. In Betreff des Leidenfrostischen Versuches ist die Sache erwähnt, aber ohne diese kurze Benennung y während Hr«6. sonst f^orgfältig ist in Nennung der Männer, denen man eine Entdeckung, Berichtigung, nähere Bestimmung u.dgl. ver- dankt. Nicht erwähnt ist der interessante Versuch mit dem Wackler oder Wieger Ton Trevelyan. Ferner vermissen wir die Erwähnung einiger Erscheinungen , welche in Verbindung stehen mit dem Uebergange der Warme aus efnem Körper in den andern, und mit dem dabei stattfindenden Widerstände, z. B. dass, wenn das polirte Ende einer Knpferstange mit dem ebenfalls polirten Ignde einer ganz gleichen Stange von ZIqu zusammengeschraubt^ und das andre Ende der Kupferstange erhitzt wird, die Tempe- ratur des Kupfers immer höher bleibt, als die des Zinnes; dass Wasser in einem Gefässe, eingetaucht in ein grösseres Gefäsa ▼oll siedenden Wassers, nie selbst zum Sieden kommt, u. A. Endlich konnte noch mancher interessanten Erscheinung in Bezie- hung auf Diaihernumie und Diathermanaie verschiedener Kör- per gedacht werden; diese von Melloni eingeführten Worte und Begriffe werden gar nicht erwähnt. 0«8 zwölfte Capitel handelt von dem Lichte« In der L Abth. & 113 — 119. ist die Rede vom Lichte im Allgemeinen, von lenchteoden und dunkeln, durchsichtigen, durchscheinenden und undurchsichtigen Körpern, der Emanations- und Undulations- Hy- pothese ^ der geradlinigen Verbreitung des Lichts, dem Schatten. Die 2. Abth« S. 120—126. beweist die bekannten Sätze über die Stärke der Erleuchtung einer bestimmten ("lache in verschiedenen Entfernangen von dem leuditenden Punkte u. s. w., und handelt von der Geschwindi^eit des Lichts« Zuletzt wird die Abirrung des Lichts erwähnt und erklärt; dje nach Bradley gegebene Er- klärung^ ist allerdings richtig und eigentlich wissenschaftlich, in- deaaen ist als sehir förderlich für grössere Anschaulichkeit aeben- bei-auch zu empfehlen die mehr populäre Erklärung , welche Branden in seinen astronomischen Briefen (IVl Tbl. 46. Brief) glebt, und die im Aflgemeinen darauf beruht, dass die Licht* 128/ Physik. Ptrahlen mit dem Strome lotlireeht herabfallender Regfentropfen, das Fernrohr aber mit einem hohlen Rohre verglichen wird , wel* ches in einem bewegten Fahrzeuge sich befindet und so eu stellen ist, dass die Tropfen parallel mit der cylindrischen Wand des Rohres durch dasselbe fallen. Die 3. Abth. S. 126 — 131. hau* delt Ton der scheinbaren Grösse und Gestalt der Körper, anch Ton den Täuschungen, denen wir oft ausgesetst sind , wenn wir von der scheinbaren Grösse und Gestalt eines Körpers auf die wahre schllessen. Unter Anderm wird die bekannte Tinschnng erwähnt, nach welcher uns der Mond viel grösser erscheint, wenit er am Horizonte steht, als wenn er höher am Himmel sich befin- det, und Hr. G. giebt als Ursache dieser TSnschung an^ dass der Mond am Horizonte mit matterem Glänze, also undeutlicher sich ieige, als höher am Himmel, und deshalb dort für entfernter von uns gehalten werde, als hier. 'Mag dieser Umstand auch mitwirken, so hält Ref. ihn doch nicht für die Hauptursache jener Täuschung, welche er vielmehr darin findet, dass wir den Mond, sowie alle übrigen Himmelskörper, unwillkfihrlich an das scheinbare Himmelsgewölbe, d. i. dahin versetzen, wo wir ent- weder den sogenannten blauen Himmel, oder die Wolken sehen, kurz an irgend eine Stelle der uns sichtbaren Erdatmoisphäre. ^ Nun ist aber die Entfeniung der Theile der Atmosphäre und na« mentiich derjenigen Wolken , welche sich nahe an unserm Horl-> . zonte befinden, in der That mehrmals grösser, als die Entfernung derjenigen ^ welche dem Zenith naher sind ; indem wir also den Mond am Horizonte unter demselben Winkel sehen, wie |iöher am Himmel; und doch glauben, dass er, am Horizonte stehend, vielmal weiter von uns entfernt sei, als wenn er hoch anr Himmel gesehen wird, so ist es natürlich, daiM er uns dort auch mehrm^l« grösser erscheint. Die 4. Abth. S. 131 — 135. gfebt das Nöthige von der scheinbaren Lage und Bewegung der Körper, In disr 5. Abth. S. 135 — 146. handelt Hr. G. von der Zur&ckwerfiing des Lichtes im Allgemeinen und betrachtet sorgfältig die verschie- denen Erscheinungen bei der Zuilickwerfang des Lichtes von ebe- nen SpiegelnT Nur bei dem in § 820. gegebenen Beweise f5r den Satz , dass das Biid eines strahlenden Punktes p in einer Stelle « sich befindet, wenn in der von p auf die Ebene des Spiegels ge^ fällten Senkrechten und eben so weit hinter dem Spiegel liegt, als p vor dem Spiegel , erscheint uns die Machweisung nicht klar genug, dass alle von p ausgehenden anf den Spiegel fallenden Strahlen so zurückgeworfen -werden, dass sie von n herzukommen scheinen. Hr. G. betrachtet nämlich zuerst einen von p ausge- henden Strahl pd, welcher in d den Spiegel triflt und In der Richtung^do zurückgeworfen wird, so dass dp und do gleiche Winkel mit dem Einfallslothe in d bilden ; föUt man ntin von p auf den Spiegel das Loth'pm, welche verlängert die Verlänge- rung von od in % trifft, so ist, wie richtig bemerkt wird, ^ dmp Götz : Lehrbacb d«r Physik. ItQ conginieiit dem ^ dm^r , also pn = jgm. Weiter tmgi nu» der Verf.: ,,Da aber Ton den uDsäbllff Tielen refledirlen Strahlen mehrere auf das Auge A falleii und einen Lichtkegel biiden, deasea Spitie in n und dessen Grundfläche in A ist^, so folgt, dass A den strahlenden Punkt p an ar, also s^ weit hinter dem Spiegel erblickt^ als p vor dem Spiegtelslch befiadet;^^ Hier hütte wenigstens noch mehr herroivehoben werden sollen , dass, wenn för irgend einen andern Strahl, welcher ypn p auf den Spiegel fiilt, dieseHw Con* stnicllon vorgenommen wird , die Richtung, in welcher er-refle« ctirt wird, rückwärts verlängert durch denselben Punkt« gehen muss , dass also die Rlchtan^en alier von dem Spiegel surückge-t worfenen Strahlen rückwärts verlängert in n sichiBchneiden.' Neelt deutlicher aber erscheint uns der Beweis, wenn man von dear Unfangs ebenso, wie der Verf. thut, bestimmten. Punkte m irgend eine andre gerade Linie nk zieht, welche den Spiegel in 1 schnei« den mag, dann pl zieht, und durch Congruenz der Dreiecke ld|^ und ld;r zeigte dass Ip und ik gleiche Winkel mit dem in 1 errlch«- teten Einfallslothe bilden, woraus folgt, dass Ik, deren Veriän-i gerung rückwärts durch x geht, die Richtung ist, in welcher der Strahl pl zuriickgeworfen wird. Die 6. Abth. S. 146 — 160. ent« hält eine Auseinandersetzung der Gesetze der Zuröckwerfung des Lichts von krummflächigen Spiegeln , namentlich von sphärischen« Die hierher gehörenden Sätze werden auf eine elementare, doch griindliche Weise entwickelt, und wir finden nur fi*olgendes. zu bemerken. In § 830. wird der Satz aufgest^ft und leriäuterta Alle Strahlen, welche parallel mit der Ax;e anf einen Hohlspiegel fallen, werden so zurfickgeworfen , das» jeder derselben die Am in einem Punkte durchschneidet« ^^ind die Strahlen letzterer sehr nahe , so kommen sie nach der- Refloxioii in einem and demselben Punkte zusammen. Bald darauf in § 632. wird der Satz bewiesfMi^ dass der Brennpunkt der parallelen Strahlen In der Mitte des Krummiings-* Halbmessers (in der Mitte zwischen dem Mittel- punkte dt$ Spiegels und dem Mittelpnul(te der Krümmung) sich befindet. Wir halten dafür, dass dor Vortrag an Gründlichkeit und Deutlichkeit gewinne, wenn man beide Satze mit einander verbindet, oder vielmelir den ersten aus dem zweiten ableitet» Wenn c der Mittelpunkt der Krümmung, cg die Axe, de ein der Axe parnlleler Strahl ist^ der den Spiegel in e trifft und in der Richtung em zurückgeworfen wird; so muss derselbe die Axe cg in einem Punkte f zwischen c und g treffen,' weil cg, ce, cd in einer Ebene liegen. Da iibrigens /.dec^= Lecf und /.dec :=z /.Cef, also ecf = cef Ist, so ist auch ef z:= cf ; weil aber im Drei- ecke eef bekanntlich et + fc"^ ec sein muss, so ist cf ^ ^ce, d. i. ef ^ ^cg. Wie weit auch der Treffpunkt e des Strahles de von der Mitte g des Spiegels entfernt sein mag, so behält im Dr^ cef die Sbite ec immer dieselbe Crosse = cg; je näher aber e an gjiegt) d. h. je kleiner /.ecg ist, desto kleiner wkd der Ueber- lY. Jahrb. f, Phil, u. Paed, od, KriU Bibl, Bd. XXXVUl. Hß. 3. 9 130 Physik. •ebast der Summe ef + fc aber die Seite ec, d.h« deilo mebr mlhert sieh cf dem Werthe von ]^eg. Fnr Strahlen abo, welche parallel mit der Axe und telir nahe bd f auffallen, kann maA cf =: ^eg «etsen, d. h, die gedachteii Strahlen schneiden nach der Zurückwerfuni; sieh aelbat und die Axe in einem Punkte, welcher in der M^ awischen c und g liegt und der Brennpunkt heisst. Hit der Axe parallele Strahlen, welche' weiter you g den Spiegel treffen^ schneiden nach der fteflexion die Axe in einem Punkte naber an g als die Mitte von cg^ und zwar desto näher, le weiter e von g entfernt ist. — In § 833. wird der Ort^ den Bildes x eines in der Axe og eines Hohlspiegels befindlichen leuch- tenden Punktes p In den verschiedenen Fällen bestimmt, wo p swischen g und f, oder in f , oder zwischen f und c, oder in c, •der noch weiter vom Spiegel entfernt ist, und die Richtigkeit der Angaben wird doppelt bewiesen, erst durch Zeichnung, dann durch Rechnung. Gegen den Beweis durch Rechnung haben wir nichts m erinnern, aber der Beweis durch Zeichnung, welchen der Verf:.nur im Allgemeinen auf grössere oder geringere Diver- genz der von p auf den Spiegel fallenden Strahlen gründet, kann strenger und übersichtlicher auf folgende Weise gefuhrt werden. D» in der Richtung der Axe og auf den Spiegel von p fallende Strahl whrd in sich selbst «uruckgeworfen. Sei pm irgend ein andrer von p ausgehender Strahl, welcher den Spiegel in m treffe. In der Richtung mk refiectirt werde und, nöthigen Falls rückwärts verlängert, die Axe og in « schneide; so ist überhaupt % der Ort dea Bildes. liegt nun p in c (dem Mittelpunkte der Krümmung), so wird jeder von p auf den Spiegel lallende Strahl in sich selbst surückgeworfen, daher auch pm, pk fallt mit pm, x mit p in c zusammen. In jedem andern Falle liegt mk auf der entgegenge^ setzten Seite von cm, als wo pm liegt, imd immer ist Z.omp ==: £omk. Befiadet sich also zuerst p zwischen g (dem Mittelpunkte des Spiegels) und f (dem Brennpunkte), also fm zwischen pm nnd mc; so iist /.cmp > /.cmf, daher auch /.cmk > /.cmf, oder, wenn mv parallel der Axe, also il.cmv := ^mcf = /.cmf ist, /.cmk >. cmv; folglich divergirt mk von nr aus abwärts vom Spiegel mit der Axe, trifft also dieselbe rückwärts verlängert in einem Punkte « hinter dem Spiegel, und zwar desto weiter hinter dem Spiegel, je kleiner der Ueberschuss des /.cmk über den /.cmv, oder der Ueberschuss des /.pmc über den /.fmc ist, d. h. je näher p an f liegt* Befindet sich p in f , so ist pmc =: fmc^ also cmk = cmv, mk selbst ist parallel mit der Axe, die zurück- geworfenen Strahlen sind unter, einander parallel, erzeugen daher kein Bild. Liegt p zwischen f und c, so ist cmp < cmf, also cmk < cmv, mk convergirt gegen die Axe und trifft sie in einem Punkte or, wdcher desto wdter von c entfernt ist, je grösser emk = cmp ist, d. h. je näher p an f liegt. Befindet sidi end- lich p auf der entgegengesetzten Seite von c, so liegt der refle- ^ Götz: Lehrboch der Physik. 131 ctirte Strahl mk im All^meiÄen «wisdien mc an4 dem Spie^eL Weil aber immer pmc < i wfirden alle Strahlen um gfleich i^iel abgdenkt, so wäre dar Grad ihrer Diver^nz Tor der Brechung nnd nach der Brechung derselbe. In § 861« muss jedes obere Mittel das Licht nicht stärker^ wie dort gedrackt ist, sondern schwächet als jedes unmittelbar darunter liegende brechen. In der 8. Abth. S. 174 — 186. wird von der Brechung des Lichtes bei seinem Uebergange durch krumme Trennung«* flachen, namentlich durch sphärische Linsen gehandelt; dleBe- handlungsweise ist übereinstimmend mit der in der Torausgehen- den Abtheilung, und wir bemerken nur, dass auch hier Einiges, a. B. was die Bestimmung des Ortes, der Gestalt und Grösse des Bildes betrifft, das durch eine erhabene Linse erzeugt wird, etwas genauer hätte erörtert werden können. Die 9. Abth^ S. 186 — 189. giebt ganz kurz das Wichtigste tou der doppelten Strahlenbrechung; Manches hätte hierbei noch erwähnt werden können , z. B. dafs die beiden Strahlen , welche nach dem Durch- gange durch den Kaikspath in das Auge kommen, und daVon der dne auf ^gewöhnliche, der andre auf ungewöhnliche Art gebro? chen wird, in dem Krystalle selbst sich dttrcfakreuzen, worauf die Erklärung einer interessanten Erscheinung beruht. Die 10. Abth. S. 189—204. theilt m gehöriger Ausführlichkeit die Er- scheinungen der prismatischen Farben mit. Die 11. Abth. S. 204 — 208. giebt kurz das Wichtigste an, worauf der Achromatismus beruht; die 12. Abth., überschrieben: ,s,yon den Farbenerschei- nungen an dännen Körperschichten^, enthält S. 208 — 211. eine noch kürzere Erwähnung dter betrcff'enden Erscheinungen und deren Erklärung nach Newton*8 Hypothese von den Anwand- lungen. In der IS. Abth. S. 211—217. handelt der Verf. von den eigenthümlichen Farben der farbigen Körper, und ¥on den Farben, welche durch Mischung der yerschiedenen Grundfarben entstehen. Die drd folgenden Abtheilungen S. 217 — 234. han- deln nach der Reihe von der Durchsichtigkeit und Undurchsich-' llgkeit der Körpier, von der Beugung des Lichte« und von der Interferenz, und von der Polarisirnng des Lichtes. Kurz ist das iiber Durchsichtigkeit und Uudnrchslchtigkeit Gesagte ; in Betreff des Uebrigen ist die Darstellung ausführlich und deutlich, nur S. 224., wo von der Interferenz die Rede ist, erscheint uns in einer Stelle der Vortrag nicht klsr. Der Verf. betrachtet die Strahlen, welche von einem leocbtenden Punkte ausgehen, durch Vorbeigehen bei den Enden d und e eines schmalen dunkeln Kör- pers de ge&6ftfg^ werden, und dadurch auf einer Tafel gh, auf der entgegengesetzten Seite von de, als wo a befindlich ist, zu- sammentreffen. Der Streifen >de ist parallel mit der Tafel ^, m ist der Punkt der Tafel, for welchen dm = em ist, q ist etu^jis unter m, so dass dq > dm ist Nun sagt der Verf.; ,;e8 ergiebt sich,. dass m in jedem Augenblicke ^ie Lichtpuiricte in völlig gleicbem OaceUatiottazustande erhält, und daee oho dae van »a GotK : Lehrbuch der Physik. 138 xuriickgeteorfene Ucit tum denMen Besehaffenheii wie das ' einfaUende 9ein musa. Auch ergebt tich , dass die in q mratn- mentreffenden Lichtpunkte sich nicht in g^Ieichem Ondllationssu- Btande befinden, und da$9 also das zurückgeworfene Lieht von einer andern Art W0 das eifrfallende sein muss^ wenn q nahe an m aidi befindet, nnd dq — eq kleiner als eine Wellenbreite iat^^ Was iUber den gleichen oder nngleichen Oscillationszustand der auffallenden Lichttheikhen hier erwähnt wird , ist aas dem Vorausgehenden Tölh'g jklar, aber es ist uns nicht verstindlich, wie der Verf. hier zwischen einfallendem und %urückgeworfenem Lichte unterscheidet. Die Frage ist, wie durch das Princlp der Interferensen die dunkeln und hellen, zum Thell farbigen Streifen erUirt werden, welche in dem Räume hinter dem Körper de ent- stehen und entweder auf der Tafel gh sichtbar werden (durch strahlende Zuruckwerfting), oder Tom Auge unmittelbar währsii- nehmen sind , . wenn es sich in ^er geeigneten Stella befindet. Sind nun zwei Lichttheilcben bei ihr^m Zusammentreffen nach der Beugung in gleichem Oscillationszustande, so addiren sich ihre Wiiicungen, sie bringen in einem Auge, welches sie bei ihrer Vereinigung treffen, die Wirkung Tcrstärkten Lichtes hervor, und ebenso erzeugen sie auf der Tafel, wo sie zusammenkommen, eine lidie Stelle; befinden sich dagegen zwei Llchttheiiehen bei ihrem Zusammentreffen in entgegengesetztem Oscillationszustande, so heben sich ihre Wirkungen gegenseitig auf, die Stelle der Tafel, wo sie sich treffen, bleibt dunkel. Man kann also sagen: im ersten Falle sind die beiden in einem Punkte der Tafel einfallen- den Strahlen von gleicher, im zweiten von rerschiedener Beschaf- fenheit; abef wie hier ein einfallender Strahl von Terschiedener Art als der zurückgeworfene sein soll, verstehen wir nicht« In der 17. Abth. S. 234—248. wird von dem Sehen mittelst des unbewaffneten Auges und in der 18. Abth. S. 248 — 266« von dem Sehen mittelst optischer Werkzeuge mit grossei: Deutlichheit und Ausführlichkeit gehandelt, nur vermissen wir den Beweis für die S« 254. ausgesprochene Regel, dass das astronomische Fern- rohr einen Gegenstand so vielmal vergrihMert zeigt, wie vielmal die Brennweite des Oculargiases in der des Objectivglases ent- halten ist. Die letzte, 19. Abth. S. 267—283. ist überschrieben: „Von einigen nicht -optischen Wirkungen des Lichts^S und be- trachtet hauptsachlich die erwärmenden, die chemischen Wirkun- gen der Sonnenstrahlen und die besondern Wirkungen derselben auf die organischen Körper. Im 13. Gapitel wird die Lehre von der Elektricitat in 28 ein- zelnen Abtheilungen vorgetragen; in denselben wird nach der Reihe gehandelt: 1) von der Elektridtät im Allgemeinen und von der Blektrisirmaschine, S. 284—297.; 2) von den entgegenge^ setzten Elektricititen , von dem Elektroscop und Elektrometer und von der elektrischen Wage^ 8. 297-- 309.; 3> von dem 134 Physik. elektr. Wtrkunpkretse und der Schtegwette, S. 309—316.; 4) von der ViCFbreitunggweise der Elektr., S. 316 — 323.; 5) von den gebrSuchUchsteB Aosichten über das Weflen der EädLiridiat, 8.323 — 330.; 6) TÖn der Verstarkuugsflasche, S. 330— 343.; 7) von der elektrischen Batterie iind Ton einigen wichtigen elektr. Verguchen, S. 346— 357.; 8) toii dem Condensator, 8.358 — 364.; 9) von dem Elektrophor , 8. 364-^368. ; 10) von den Er« scheinungen der El. in verdünnter Lnft, 8. 368. 369.; 11) v9 ^^^ Berührung des Zinkpoles x^=r — n ; im ersten Falle haben alle Platten der ganzen Säule positive nach dem Zinkpole hin wachsende Spannung, im zweites haben umgekehrt alle negative Spannung. Durch Berührung dcai einen Poles steigt die Spannung des andern auf das Doppelte; die hierzu nöthige E wird «us der Erde genommen. Wir übergehen noch einiges weniger Wichtige und bemerken nur, dass bei der vorläufigen Erwähnung des Elektromagnetismus S. 437. ein Versehen vorgefallen ist, welches später im nächsten Capitel, wo über diesen Gegenstand ausführlicher gehandelt ist, wieder vorkommt ; wir werden es weiter unten berichtigen. Das nächste 14. Capitel hat nämlich zum Gegenstande den Magne- iiamu^^ und zerfällt in 9 Abtheilungen folgenden Inhalts: 1) Von dem Magnetismus im Allgemeinen, von der magnetischen Anzie- hung und Abstossung, von der Vertheilung des Magnetismus u. s. w. , S. 461 — 471. ; 2) von der genaueren Bestimmung der Lage eines frei beweglichen Magneten und von der Intensität der magnetischen Kraft, S. 472 — 484 ; 3) von einigen Erfegungs- arten des Magnetismus, S. 484—^492.; 4) von der ErhaJtuog, Vermehrung und Verminderung der Kraft eines Magneten, S. 492 — 493.; 5) von dem Elektromagnetismus^ S. 496 — 504.; 6) von der Magnetoelektricität, 8.505 — 511.; 7) von dem Erdmagne- tismus, S. 511 — 514.; 8) von dem Verhältnisse zwischen Elektd- citat und Magnetismus, 8. 514. u. 515«; 9) von dem thierischen Magnetismus, S. 515. u. 516. Ein Anhang S. 517 - 526. ent- bäll noch verschiedene Tafeln , nämlich Nr. 1. von der Ausdeh- nung einiger festen Körper durch die Wärme; Nr. II. von der Ausdehnung einiger tropfbar flüssigen Körper durch die Wärme ; Nr. III. von dem Vermögen einiger Körper die Wärme auszustrah- len; Nr. IV. von dem wärmeleitenden Vermögen einiger Körper; Nr. V. von der specif. Wlrme einiger Körper; Nr. VI. von der Schmelzbarkeit (dem Schmelzpunkte) einiger Materien; Nr. VII. von einigen Kälte erregenden Mischungen; Nr. VIII. vom Siede- punkte einiger tropfbar flussigen Körper ; Nr. IX. von der Tem- peratur, bei welcher Wasser unter Verscbiedenem Drucke siedet; Gots: Lehrbuch der Physik« 139 Nr. X. von eiDigen bemcrkemwerflien Tenpemlnren; Nr. XI. und XIL ?oii dem BrechuDgsvemiögeii eloiger Korper. Znlelsl Mgt noch die Angabe einiger Dmckfehler, die sich aber om ein Qedentendes vermehren Heiae« Ueber die Behandlung dea Magneiiamua im Allgemeinen können wir bemerken, daaa hier ebenao, wie In Betreff der Elektricitatoiehre, auch die neuern Entdeckungen benutzt, wenig* ^tena in Anmerkungen berührt sind , daher auch dieaer Abachn^ dea Buchea mit Rucksicht auf aeine Beatuamfing im Gänsen die nöthige VoUatandigkeit hat. In Beaiehung auf das EInaelne finden wir una nur zu folgenden Bemerkungen Tmnlaaät. In § 1237. ist die Rede von dem MagnetismuB, welcher in einem ßiacnatabe nach dem Geaetze der Vertheilnng dadurch erregt wird, daaa man daa eine BUide einea Magneten über den Stab hlnwegfuhrt, und dieaea fuhrt den Verf. zur Ekrwahnung der Indifferenzpnnkie, sowie dea Culmlnatioiiapunktea , doch ohne tiefer eingehende ErkBrnng der Sache. Hier war der Ort, auch etwaa von den magnetischen Schwerpunkten einea Magnetea su sagen, d. b. von den Punkten der groaaten Wirkaamkeit (Anziehung oder Ab^ stosaung) dea Hagnetiämus, weldie Punkte gewöhnlich nicht grade in den Endpunkten dea Magnetea liegen, sondern meiatena etwaa vom Ende abwärts nach der Mitte zu, unter umstanden aber auch selbst ausseAalb dea Magnetes; das hier gültige 6e- sets ist interessant genug, dass ea einer Erwähnung verdient hätte. Die Erklärung, welche S« 479. von dem magnetischen Aequntor der Erde gegeben wird, ist nicht genau genug. Bekannt- lich veratdit man darunter die Linie ohne Neigung^ d. h. die Linie, welche alle Punkte der Erdoberfläche enthält, in denen die Neigunganadel eine horizontale Stellung annimmt. Der Verf. sagt aber: „Geht man von Berlin öatlich oder weatlich, so finden sich Oerter, weiche dieselbe Inclinntion (der Magnetnadel) he- sitzen; und verbindet man die Oerter durch eine Linie, ao bildet sich ein nicht sehr regelmässig um die Erde laufender Gürtel, welcher der magnetißche Aequator genannt zu werden pflegt/^ Offenbar ist die hier erklärte Linie nidit der magnetische Aequar tor, aondern die durch Berlin gehende laoUiniache Linie. — Von den magnetiachen Erdpolen werden nur »wei erwähnt, ein Nord* pol und ein Südpol. — S. 482. am Ende der Anmerkung 4 muaa anatatt W : M« n^ 1 : Fgi geschrieben werden: ß< : o* = 1 : TgL r— Bei Angabe der verschiedenen Methoden, künstliche Magnete su bereiten , ist ^ur nichts gesagt über daa Magnetlairen der hat** eiaenformlgen Stabe, und doch ist derGdbrauch der künstlidien Magnete ton dieser Form grade sehr häufig. In § 1262. werden die Versuche von MorichinI und Lady SommerviUe erwähnt, nach welchen daa violette licht dea priamatlschen EarbenUldea die fiigenediaft haben aoU, feine Nadeln zu magnetiairen; der VeriL aetit swar hinzu, dass bei Wiederholung der Veranchtf vdn 140 Phyiik. - Horichini dureh andre Physiker wechseliide »nd negtüfe-Re««!* täte erhalten worden wären, erwähnt aber nicht, dass die höchst mühsam und sorgfältig angestellten Versuche voii Riesa und Moser, welche auch eine Wiederholung der Versuche der Lady Sommerville enthalten, die magnetisirende Kraft des violetten Lichtes wo nicht als gar nicht vorhanden , doch wenigstens als höchst zweifelhaft bewiesen haben. — Wir kommen nun «u diem schon oben angedeuteten Versehen bei der^Angabe der Ablenkun* gen, welche eine Magnetnadel durch den magnetischen Strom erfahrt. S. 497. heisst es: „Um die nähern Umstände dieser Erscheinung einzusehen und. sie auf bestimmte Ausdrücke au bringen, nehme man an, dass sidi der Leitungsdraht (durch wel- chen der galvanische Strom geht) horizontal von Morden nach Süden in der Richtung des magnetischen Meridians seihst, woria die Magqetnadel sn zur Ruhe kommt , erstrecke , dass sein Nord* ende an dem Kupferpole und sein Stidende an dem Zinkpole der galvan. Säule befestigt sei ; und stelle sich ferner vor , dass die den Versuch madiende Person nach Norden ,^d h« nach dem Kupferpole des Drahtes hinsieht. Kommt aber nun 1) der Draht über die Magnetnadel , so weicht ihr Pol westwärts ab. Kommt 2) der Draht unter die Nadel, so gebt die Nordspitae der Nadel nach Osten. Bringt- man 3) den Draht an die rechte oder linke Seite der Nadel, so wird sie nicht m^r nach der Seite abgelenkt, verliert aber ihre horizontale Richtung; im ersten Falle erhebt sich die Nordspitze der Nadel, während sie im zweiten sich 6enkt>^ Bekanntlich verhalten sich aber die Erscheinungen grade ^ umgekehrt; wenn der vom Kupferpole zum Zinkpole gehende Strom von Norden nach Süden über der Nadel hingeht, so wird die Nordspit'ze der Nadel nach Osten abgelenkt, u. s.w. Wir können uns die Stäche nicht anders erklären, als dass wir anneh- men, der Verf. habe sich die Richtung des Stromes in entgegen- gesetztem Sinne gedacht, als sie hier bezeichnet ist. Erdrückt die Erscheinungen noch auf eine andre Art S. 498* so aus: „Wenn man sich einen Beobachter B im Drahte selbst liegend denkt, nit den Füssen nach dem Zinkende, mit dem Kopfe nach dem Kupferende und mit dem Gesichte nach der Nadel gekehrt, 'so wird die vom Drahte ausgehende Kraft die Nordspitze der Nadel von der rechten nach der linken Seite des B senkrecht auf die kürzesten Abstände dieser Punkte von dem Drahte ab- lenken.^^ Aber Ikuch dieses stimmt mit der ersten Darstellung ikberein. . Früher bei vorläufiger Erwähnung des Elektromagne- tismus S. 437. wird diese letzte Darstellung ungefähr ebensa ■ohon gegeben, nur mit dem Unterscluede, dass es heisst, , der positive Strom solle zu den Füssen des Beobachters eintreten, za seinem Kopfe austreten ; versteht man hier unter dem positwm Strome den vom Kupferpole zum Zinkpole gehenden, so stimmt die Angabe mit den Erschefaiungen überein, aber nach den S. 498. Götz: Lehrbach der Physik. 141 Btehenden obemngefilhrten Worten muM man jenen Stroni im entgegengesetzten Sinne «ufAusen. — In einer Anmerkung S. 502« wird gesagt, dass mittelst gewöhnlicher MascMneneieltrI* cität eine Ablenknng der Magnetnadel so, wie durch 4en galvani« sehen Strom, nicht bewirkt worden sei; dagegen ist zn beraerken, dass nach Versuchen von Colladon sich ergeben hat, dasa avch die Reibungaelektricltät und ebenso die in der Natur bei Gewit- tern erregte £1. Ablenkungen der Magnetnadel bewirkt, wenn man letztem Ton ihr in mehrfachen Windungen umströmen lasat« {\g\. Gehleres Phys. Wörterb. Neue Ausg. Bd. Vf. S. 69») Noch erinnern wir, dass bei Betrachtung der Terschiedenen Erregungs- arten des Magnetismna die Erregung durch Warme wenigatena knr^ bitte erwähnt werden sollen; der Verf. hat rie ganz über« gangen, wahrscheinlich, weil sie in einem frühem Abschnitte, von der Thermoelektricitit , norit berührt worden ist. Daas die WSrme den Idiomagnetismus des Stahles rermindert , wird gele* gentlich bemerkt, aber es ist nicht berührt, dass in dem weidien Eisen der Magnetismus (durch den Brdmagnetismus erregt) bei der Erhitzung bis zu dem dunkeln Rothgl&heh kräftiger her« Tortritt. Wir wenden uns zu dem dritten Theile. Derselbe zer^t in zwei Capitel, davon das erste mit der Uefoerscbrift : „von dem Wehgebinde^S die Hauptlehren der Astronomie, das zweite, fibersdmeben: „von dei^ irdischen Erscheinungen im Grosaen^^ das Wiasenswürdigste von der pliysischen Geographie und Meleo* roiogie vortragt , im Allgemeinen in populärer Darstellungsw^ise, doch sind die Lehren der Astronomie immer griandlich bewiesen.| soweit es durch niedere Mathematik geschehen konnte, daher das Buch von dieser Seite besonders für Gymnasien sich empfidilt. Im Einzelnen ist der Inhalt folgender. Erstes Capitel. 1. Abth; S. 2^ — 12. von den astronomischen Erfahrungen (das scheinbare Himmelsgewölbe, die Himmelskörper, gemeintagliche Bewegung derselben, eigne Bewegung des Mondes, der Sonne und der Pla- neten; Aufi^hlang der letzteren; Kometen, Fixsterne, Astro-^ namie) 2. Abth. S. 12 — 51. von der Orts- und Zeitbestimmung (Erkiärong der gewöhnlichen Kreise am Himmel; Bestimmung der Lage eines Punktes am Himmel gegen, den Horizont, gegen den Aequator, gegen die Ekliptik; darauf bezügliche Aufga- ben, als: Bestimmung der Mittagslinie, der Polhöhe, der Höhe, - der Declination , des Azimuthes eines Sternes , der Schiefe der Ekliptik, der Rectascension, Länge und Breite eines Sterns n. s.w.; Sterntng, Sonnentag, mittlere Sonnenzeit, Sonnenjahr u. s« w.). 3. Abth. S. 51 — 66. von der Anordnung der Körper unsevs Sy- stems (kugelförmige Gestalt der Erde ; ihr Halbifiesser verschwin-> . det gegen die Entfernung der Fixsterne ^ Rotation der Erde, Fol« gen davon ; Bewegung der Erde,^ der^ Planeten um die' Sonne, des Mondes n^oi die Erde). 4. Abth. S. 66 — 75. von dem Kopernica- 142 Physik. iriechen Weltsysteme nnd von den drei Keplerisehen Oesetsen. 5. Ablh. S. 75 — 88. Tonden Erklärungen einf^r Erecheinnngen mich dem Kopernicanisclien Weltsysteme (Abwechslang der Ta* ges- und Jahres -Zeiten erklart aus der Bewegnng der Erde; die Dämmerung; Folgen Ton der eklijilischen Bahn der Erde um die 8enne; Ton der wahren Bewegung des Mondes). 6. Abth. & 88 -^ 100. von der Grösse nnd Gestalt der Erde (Messung eines Me- ridianbogens der Erde; Bestimmutig der geogr. Länge eines Ortes, der Grösse des Erdbalbmessers; Abplattung der Erde). 7. Abth. 8. 100 — 107. Toä den . künstlichen Erdkugeln und Landkarten, 8. Abth. S. 107 — ^116. von den Bewegungen der Weltkörper un- ser« Systems (Bestimmung der Kartenlinie eines Planeten, des Neigungswinkels der Planetenbahn gegen die Ekliptik, der Ent- fernung der Planeten von der Erde, von der Sonne, der Umlaufs- seit eines Planeten u. s. w.). 9. Abth. S. 117 — 124« von den Entfernungen und Grössen der Weltkörper unsers Systems (Pa- rallaxe, Bestimmung der Parallaxe eines Planeten, der Sonne; Bestimmung eines Planeten von der Erde, der Grösse eines Pia* neten). 10. Abth. S. 124^ — 131. von den Verfinsterungen. 11. Abth. S. 131 — 139. von den Fixsternen (Parallaxe, Licht, Farbe der Fixsterne, veränderliche Sterne, eigenthnmliche Bewegung einiger FixsteiiBe, Doppelsterne). 12. Abth. S.^ 139 — 144.. Ton der Sonne (Grösse, Masse der Sonne, Faltraum f&r 1 Secnnde an der Sonnenoberfläche, Sonnenfleeke, Rotationszeit, leuchtende Atrao^ihäre). 13. Abtii. S. 144 — 146. von dem Merknr. 14. Abth. S. 146-^149. von der Venus. 15. Abth. S. 149—151. von der Erde. 16. Abth. S. 151—160. von dem Monde. 17. AbA. S. 161 •^162. von dem Mars. 18. Abth. S. 163— 164. von der Geres, Pallas, Juno, Vesta. 19. Abth. S. 164 — 168. v«m Jupiter und seinen 4 Trabanten. 20. Abth. S. 168—174. von dem Saturn und seinen 7 Trabanten. 21. Abth. S. 174 — 176. von dem Ura^ Qus und seinen 6 Trabanten. (Ueber jeden Planeten wird enge-' geben, was über seine wahre Grösse, Umlaofszeit, Rotatiodszeit, Dichtigkeit und sonst über seine Beschaffenheit bekannt ist.) 22. Abth. S. 176 — 178. von den Atmosphären der Planeten und Trabanten. 23. Abth. S. 178— 186. von den Kometen. 24. Abth. 8. 186 — 188. von der vergleichenden Astronomie. Hierauf fol- gen änige Anhänge an diesem Capitel, nämlich: 1. Anh.S. 189 -^197. von einigen astronomisoben Instrumenten (Sextant, Qua- drant, Multiplicationskreis, Theodolit). 2. Anh. S. 198 — 211. von einigen Aufgaben aus der praktischen Astronomie (Beobsch- tung der Gulmination der Sonne, Bestimmung der Uhrzelt im wahren Mittag, der Mittägslinie aus einer Sonnenhöhe; der Pol- hohe eines Ortes, der Rectäseension der Sonne, ohne die Schiefe der Ekliptik nnd die Declination zu kennen, u. A.)...3. Anh. S. 212— 215. von der Gnomonik. 4. Anh. S. 215 — 232. von der Chronologie« 5. Anh. S. 233 — 241. tabellarische Zusammen- Gots: Lehrbuch der Physik. 143 füelliiof der verscMedenen b«i den WeltUrpern oMen Plaaeleo- ' flystems Ib Betracht kommenden GrÖBsen nnd Zahlen. 6. Anb. S. 241 — 246. TOB der Besllmmung der Elemente der Kometen aus^geometrischen Beohaehtungen« -^ Zweitea Capitel« 1. Abth. 8, 247 "-^ 269. von den Gebirgen, von den Brdbeben und von der Entatehnngaart der Erde. 2. Abth. S. 270— 280. von dem Meere. 3. Abth« S. 281 — 289. von den 6ewi§8em dea festen Landea. 4. Abth. S. 293 — 304. von den Wännemeteoren (Temperatur der Erdev der Erdoberfläche, Abwechslungen der letatern, Tem- peratur des Meerwasaera, der Atmosphäre in verschiedenen Höhen). 6. Abth. S. 304—324. von den Lichtmeteoren (Mor- genrötbe und Abendröthe, Regenbogen, Höhe, Nebenmonde, Nebensonnen, Nordlicht, Zodiakaliicht). 7. Abth. 8. 324—332^ von den Fenermeteoren (FeuerlEugeln, Sternachnuppen, Irrlichter). 8. Abth. S. 332—346. von den Elektrometeoren (Gewitter, BliU und Donner, Blitdcableiter, Wetterleuchten, Elmsfeuer). 9. Abth. 8.347—365. von den Waaaermeteoren (Thau, Nebel, Höhen- rauch, Wolken, Regen, Schneie, Hagel). 10. Abth. 8.365 — 382. von den Aerometeoren (Winde, bestindiger Ostwind der heissen Zone» Paasatwinde, periodisdie Winde, veränderliche Winde, Wasserhosen, Veränderungen der Barometerhöhen). Ein Anhang 8. 383. und 384. enthalt Angaben der Tagesaeiten, wo für verschiedene Orte der höchste und niedrigste Barometerstand eintritt* Auif dieser Angabe des Inhalts wird hervorgehen , daas daa Buch über Vielea Belehrung giebt, was für jeden wahrhaft Ge- bildeten von hohem Interesae aein muss, weshalb wir auch beson- ders diesen .dritten Theil, welcher nnsbhangig von de|i beiden ersten ein Ganaea für sich bildet, allen denen empfehlen, weichet, ohne Männer vom Fache «i sein, über das Allgemein- Interesaante aua der Astronomie und Meteorologie Belehrung suchen. Sie werden in Betreff der meisten Gegenstände nicht allein die Rcr sultate der Forschungen finden, welche die eigentlichen Pfleger der Wissenschaft gewonnen haben, sondern auch grösstentheils sich in den Stand geaetzt sehen, wenigstens einigermaassen die Mittel und Wege bu erkennen , auf welchen man su diesen Resul- taten gelangt ist In dieser Beziehung vermissen wir hier nur noch Eins. Zu den gläniendsten Resultaten der astronomischen Forschungen, welche der gebildete menschliche Geist nicht ohne einen gewissen Stols betrachten hann, haben wir immer die Be- eUmmung der Massen und Dichtigkeiten der Weltkörper unsere Planetensystema gesählt; aber nicht die trockne Mitiheiiung der gefundenen Resultate, sondern die Nachweisung des sichern We- ?;es, auf welchem man dieselbe gefunden hat, ist es, was alle ur wahre Bildung Empfangliche, denen wir Gelegenheit gehabt haben hierüber Aofschluss au geben, mit freudigem Erstaunen erfollt hat. Der Verf. giebt zwar bei Betrachtung der einzelnen 144 Physik. Plar^eten diese Resnitate an , ist aber nioht darauf eingegangen, begreiflich zu machen, wie es mogtich war, zu solchen Erkennt* nfssen zu gelangen , und dieses ist es alier , was wir ungern ver- missen. Denn was in dieser Beziehung in eine^ blossen Anmer- kung S. 165. gesagt ist, können wir nicht für hinreichend halten; sehr Vielen wird es nicht verständlich sein. Ausserdem haben wir noch folgende Bemerkungen zu machen. Nicht passend ist der Alisdruck in § 39. S. 18., wo es heisst: ,Jn der obern Cul- roination hat ein Stern seine grösste und in der untern seine kleinste Höhe oder Tiefe, je nachdem er ein aufgehender oder untergehender tet,^^ Anstatt der letzten Worte sollte es heissen : je nachdem er ein nie untergehender, oder ein auf- und unterge- hender ist. — S. 23. § 48. muss anstatt : Winkel Z als die Er- gäfnzung des Azimuthes zu 90^, gelesen werden: Ergän- zung zu 180®. . So sind noch ein paar wesentliche Druck- fehler: S. 94. die Länge von Berlin 2P 3' 30'S anstatt : 3V3r3(y\ S. 100. Anm. 2.: Langenmaass, anstatt: Körpermaass. Nicht gehörig bezeichnend ist der Ausdruck in der Anmerkung zu ^ 73» S. 35«: ,,Um die Schiefe follkommen richtig zu erhalten, müsste die Sonne genau Im Mittelpunkte ihre grösste Declination be- sitzen.^^ Der Sinn der letzten Worte soH sein : müsste die Sonne Im Augenblicke der Cnlmination ihre grösste Declination haben. Gleich zu Anfange haben wir schon erinnert, dass auf die Zeich- nung der Figuren zu wenig Sorgfalt gewendet worden ist, wel- cher Nachtheü in diesem 3. Bande besonders öfters fühlbar wird. So passt die Figur 7, zu dem T)&xte in § 75. nur insofern, ah man annimmt, dieselbe solle die hoMe Seite der Himmelskugel ▼erstellen, was aber nicht gesagt wordien ist nnd for gewohnlichr doch nicht angenommen wird. Dieselbe Bemerkung gilt in Bezie- hung auf § 79. (S* 38.). In del' Auflösung zu § 78. wird voraus- gesetzt, dass man die zwischen zwei Momenten verflossene Stern* zeit bestimmen könne, was aber im Vorausgehenden noch nicht gelehrt ist; erst Im Folgenden ist von der Sternzeit die Rede. In Betreff der Auflösung der vorkommenden sphärischen Dreiecke, z. B. § 79. ist zu erinnern, dass auf die zweideutigen Fälle nicht^ gehörig Rücksicht genommen wird. Zu Anfange des Abschnittsr, welcher von dem Kopernicanischen Weltsysteme himdelt, wird S. 66. zu der Angabe, d^ss die Planeten um die Sonne sich be- wegen, die Anmerkung hinzugefugt: „man bemerke, dass die Bewegungen der Planeten wahre Central beweguiigen sind, und dass die allgemeine Schwere als Centripetalkraft sich zeigt. Die Ursache der Tangentialkraft ist unbekannt , und man weiss nnr, dass dieselbe in jedem' Augenblicke aofs Neue sich erzeugt, weil dem Beharrungsgesetze gemäss jeder Körper die Neigung, in einer geraden Linie fortzugehen^ besitzt.^^ Ueber die Central- bewegung hat der Verf. allerdings ausführlich gehandelt im ersten Theile§93f.9 und er hätte deshalb hier darauf verweisen können; Gdts: Lehrbach der Physik. 145 iosofern aber doch Mancher^ der grade für Astronomie sich inter- ^ssirt, diesen 3/ Tlieil des Lehrbuchs sich anschafft und liesl, ohne die beiden ersten zu besitzen (dass'der 3. TheO ais ein für sich bestehendes Buch angesehen und einzeln gekauft werden könne, scheint auch im Plane des Verf. gelegen zu haben): so wäre es wohl nicht unpassend gewesen, wenn die Erklärung der GentralbewegUDg, Tangentialkraft, Centripetalkraft u. s. w* hier kurz wiederholt worden wäre« Um übrigens grade solche Leser, welche mit den Gesetzen der Mechanik nicht genauer bekannt sind, nicht irre zu leiten^ hätte genauer gesagt werden sollen, dass nicht jeder Körper sclilechthin , sondern nur jeder bereits in Bewegung sich befindende Körper dem Beharrungsgesetze gemäss in einer geraden Linie fortzugehen strebe. — Wann Martianus Capella gelebt habe , ist allerdings ungewiss, aber gar zu schwan- kend Ist es, wenn der Verf. S. 68. in einer Anmerkung sagt, nach der Behauptung Einiger habe er 490 vor Chr., nach Andern in der Mitte des 3« Jahrhunderts gelebt, und dann S. 69. im Texte selbst ihn als einen Astronomen des 5. Jahrhunderts n. Chr. be- zeichnet. — Bei der Erklärung der wahren Ursache Ton dem Zurückgehen der Nachtgleichen in § 124. hätte die Bohnenber- gersche Maschiiie erwähnt werden sollen, welche den betreffen- den Gegenstand auf eine sehr zweckmässige Weise Teranschaullcht. Auch wundert es uns, dass unter den astronomijschen Flüifsmitteln gar nicht gedacht wird der Tellarien und Planetarien, deren Ge- branch das Verständniss sehr vieler Lehren der Astronomie über- aus erleichtert. Die meisten der vorkommenden Aufgaben, wo es auf Berechnung eines geradlinigen oder sphärischen Dreiecks ankommt, erläutert der Verf. durch Betrachtung eines Beispiels, wodurch der Vortrag an Deutlichkeit sehr gewinnt; dagegen ist § 88. nur sehr kurz ^le Aufgabe hehandelt, die Grosse eines Breitengrades zu finden. In § 207. S. 129; zeigt der Verf. , dass dfe aus dem Monde gesehene Horizontalparallaxe der Sonne fast nur ^j^ff des aus der Erd^ gesehenen scheinbaren Halbmessers des Mondes beträgt, in Betreff der Art aber, wie diese Folge aus den angestellten Betrachtungen gezogen wird, ist Folgendes zu FG bemerken. Die Formel FEB = ^= , FGB ist zunächst für die Annahme entwickelt, dass in B die Erde, in C der Mond stehe, also FG die Entfernung zwischen Erde und Mond, FE die Ent- fernung^ zwischen Erde und Sonne, FEB die Horizontalparallaxe der Sonne von der Erde gesehen, FGB der scheinbare Halb- messer der Erde von dem Monde gesehen ist. . Um die Folge zu ziehen , welche der Verf. beabsichtigt, muss man die Erde In C, den Mond in B versetzen , was der Verf. nicht hätte unerwähnt lassen sollen; dadurch wird allerdings FEB die vom Monde aus gesehene Horizontalparallaxe der Sonne, FGB der von der Erde gesehene Halbmesser des Mondes, FG bleibt das Vorige, aber A. Jakrb, f. Phil, ». Paed, od, Krii. Bibl. Bd. XX^Vlil. Uff. X \Q 146 . \ Physik. FE wird nun c^ie Entfernung de» Mondes^ nicht die der Erde Von der Sonne. — S. 135, § 217^ wird von den Fixsternen gesagt: ,^Die Fixsterne haben eine geringe scheinbare Bewegung,- d. h., man sieht sie nicht völlig an demselben Orte, wo man sie von der ruhenden Erde aus erblicken würde. Da aber nun die Erde um die Sonne in einer Ellipse sich bewegt, so scheinen die Fixsterne jährlich kleine Ellipsen am Himmel zu beschreiben.^^ Diese scheinbare Bewegung der Fixsterne rausste genauer ange- geben werden ; streng genommen beschreiben nicht alle Ellipsen, wenn . man nicht den Kreist und die gerade Linie mit zu den Ellipsen rechnen will; dann liegt der Grund davon nicht grade in der elliptischen Bewegung der Erde, sondern nur in der Bewe- gung übe^iailpt, welche die Abirrung des Lichtes bewirkt. — In § 226. S. 139. ist für die an der Oberfläche der Sonne statt- findende Schwere der Bruch ^io§2^ anstatt V/ffVi^ angegeben; übrigens ist nichts hinzugefügt über den Grund der Ableitung dieses^ Bruches , was doch hatte geschehen sollen. Zu der Auf- findung der Mittagslinie S.205. reicht die Bestimmung des Azimu- thes HOK hin, der dort ebenfalls gesuchte Stundenwinkel 'Ah ist ohne Anwendung. Uebrjgens sind in der zugehörigen Figur 40. die Punkte B und k nicht richtig bestimmt; HB sollte die Fort- setzung'des elliptischen Bogens PU, und Uk die Fortsetzung des Bogens ZU sein, während beide gerade Linien sind. Zum Begriffe der S. 212. erklärten Aequinoctialuhr gehört, dass die Ebene der- selben parallel mit der Ebene des Aequators jst , was nicht er- wäluit wird. Als das Jahr, in welchem Julius Caesar mit Sosi- genes die Kalenderverbesserung vornahm, wird S« 223. und 225. durch einen Druckfehler angegeben: 44 n« Chr., nur in einer Note S. 223. ist 44 2;or,Chr« genannt; nach Ideler war es das Jahr 46 vor Chr. Bei der Angabe der Geschwindigkeit der Ju- pitersmondje in ihrer Bahn S. 240. müssen die dort angemerkten Meilen nicht auf die Bewegung in einer Secunde^ wie dort steht, sondern in einer Stunde sich beziehen. Bei den Strömungen des Meeres findet man nichts erwähnt von der Strömung von den Polen zum Aequator; auch haben wir in der Meteorologie nichts gefunden über die vermuthlichc Entstehung der Gewitterwolken; — im Uebrigen hat uns auch dieser zweite Abschnitt des dritten Theilra sehr angesprochen. Wir schiiessen diese nur Einzelnheiten betrefi*enden Bemer- kungen mit der Versicherung, dass wir sie nicht genoiacht haben, um den Werth des Buches herabzusetzen, sondern nur um zu zeigen , mit welcher Aufmerksamkeit wir dasselbe gelesen haben. Mit Recht äussert der Verf. in dem kurzen Vorworte, dass bei der Bearbeitung eines physikal. Lehrbuches viele Schwierigkeiten entstehen, und wie diese selbst, so müssen wir auch das Verdienst des Hrn. Verf. anerkennen, dieselben grösstentheils glücklich über- wunden zu haben , und wünschen seinem Buche röcht weite Ver- breitung. Meissen. Ct Cr. Wunder. Lehrbücher der Religion. 147 1. Die Blaubenslehre des Evangeliums, Zam Ge- branch in den hohem Classen der Gymnasien und zum Selbstunter- richt für die erwachsnere christliche. Jugend. Von S, G. Reiehcy Rector und erstem Professor des Gyomasiums zu St. Blisabeth^ Ritter des rothen Adlerordens vierter Classe. Breslau , bei Grass , Barth und Comp. 1839. XII und 174 S. 8. ' 2. Lehrbuch der Religion für die obem Classen protestanti- scher hoher Schulen Ton Ludw, Adolf Petri, Pastor in Hannover. Hannover, 1839. Im. Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlnng. VIII und 203 S. 8. Zweite verbesserte Auflage. 1843. XII und 209 ;$. *) 3. Leitfaden für den Religionsunterricht in den untern Classen der Gymnasien und hohem Bürgerschulen, nach den fünf Hanptstücken des Lutherischen Katechismus entworfen von J. Ch, Jahns , Lehrer am Lyceum in Hannover. Hannover , 1840. Im Verlage der Hahn^schen Hofbuchhandlung. X und 195 S. 8. 4. Einleitende Ideen für den Religionsunter^ rieht in obem Classen der Gelehrtenschulen. Auch zum Neben- gebrauch bei dem Niemeyer'schen Lehrbnche für die obern Classen der Gelehrtenschulen bestimmt. Von P. Chr, Fr. WÜh. Thamm. Dresden und Leipzig , in der Arnold^schen Bnchh. 1837. IV u. 135 S. 8. 5. Das Leben Je ß u für Schulen und für Alle , welche sein Leben ' sich als Vorbild für ihr eignes gewählt haben« Aus den vier Evan- ' gelien nach der Lutherischen Uebersetzung iii eine einzige Erzählung gebracht und mit den zum Verständniss nothwendigen Sjnnerklärun- gen und Nachrichten von dem Lande , dem Leben und ^en Vorstel- lungen der Juden versehen von Karl Alexander Ffege, Güstrow, Opitz und Frege. 1837. XVI und 256 S. 8. Gewiss darf das schnelle Anwachsen desjenigen Literatur- zwefges, der den Reli^onsunterricht in den Gymnasien zu seinem *) Die nachfolgende Recension dieses Buches war schon geschrieben, als dem Rec. die 2. Auflage desselben zu Gesicht kam. Da aber die letz* tere nur unbedeutende Zusätze und Verbesserungen enthält Und nament- lich der Text der Paragraphen fast ganz unverändert geblieben ist (was der Verf. selbst vornehmlich aus dem Grunde rechtfertigt, dass in Schul- büchern, namentlich für den Religionsunterricht, der Text möglichst feststehen und derselbe bleiben müsse), so sah sich auch Rec. nicht ver- anlasst, in seiner Anzeige etwas Wesentliches zu verändern. Wohl aber kann die Schnelligkeit, mit welcher die erste Auflage vergriffen worden ist, zur Bestätigung des Urtheils dienen, welches Rec. über den Werth des Buches in mehrfacher Hinsiebt ausgesprochen hat. Ui^ übrigens sowohl die Redaction als sich selbst wegen der Verspätung dieser Anzeige zu entschuldigen, bemerkt Rec, dass ihm die oben genannten Bucher von- der Redaction zwar schon seit länger als Jahresfrist übergeben wor- den waren, er selbst aber durch häusliche Unfälle verhindert worden ist, sich eher als jetzt der Arbeit zu unterziehen. 10* ' I 148 Religion. Gegenstände hat, als eine sehr erfreuliche Erscheinung auf dein Gebiete des .Gymnasiallebens betrachtet werden. Denn es liegt darin ein thatsächlicher Beweis , dass man diesem oft Terkanntea und vernaclilässigten Zweige des Unterrichts aufs Neue seine Aufmerksamkeit zugewendet, ihn in seiner Wichtigkeit anerkannt und in dem Streben sich vereinigt hat, ihn einer höhern Stufe der Vollkommenheit entgegenzufi'ihren. Freilich mag es dabei Manchem bedenklich scheinen, dass die Mehrzahl der neuerschie- nenen Lehrbücher eine Richtung verfolgt, in der man weniger einen Fortschritt als einen RikksChritt zu erblicken meint und welche auch Rec. nicht für die seinige erkennet kann; allera nichtsdestoweniger mjBg auch dieser Umstand Insofern' als ein erfreulicher gelten, als jene Richtung eine naturliche Reaction gegen ein entgegengesetztes Extrem ist und gewiss dazu beitragen wird, uns endlich in die rechte Mitte zurückzuführen. Und wenn inan überdies nicht verkennen kann, dass grade in Büchern dieser Richtung oft ein sehr warmer religiöser Geist weht, warum sollte man nicht dieses Geistes sich freuen, selbst wenn man die Form nicht billigen kann, in die derselbe gefasst ist? ^ Auch von den hier anzuzeigenden Büchern gehören zwei, Nr. 2. und 3., der bezeichneten Richtung an; denn .beide stehen auf dem strenge kirchlich -symbolischen Standpunkten während Nr. 1. den einfach biblischen, Nr. 5. aber einen entschieden rationalen Standpunkt festhält. Nr. 4* endlich neigt sich zwar auch zu der erstgenannten Richtung hin, schwebt aber doch so vielfach im. Unklaren, dass es schwer hält^ ein ganz bestimmtes Urtheil ^darüber zu fällen. Doch sehen wir jetzt, wie jeder der fünf Verfasser in seiner Weise seine Aufgabe gelöst und wie viel er beigetragen habe zur Förde- ' rung des gemeinsamen Zweckes. Das Lehrbuch Nr. 1. ist aus dem Unterrichte hervorgegangen, den der Verf. fast 50 Jahre lang an der ihm untergebenen Anstalt ertheilt hat; darum ist- es auch in einem durchaus praktischen, besonnenen Geiste und in einer einfachen , klaren Sprache ge- schrieben ; Eigenschaften , die um so mehr zu rühmen »iiid , je häufiger sie heutzutage ,in dergleichen Schriften vermisst werden. Das Buch zerfällt, nach einer kurzen Einleitung üb er' Begriff und Arten der Religion, in drei sehr ungleiche Abtheilungen. Die erste derselben (§8 — 24.) giebt unter der Ueberschrift: Erste Grpnde der natürlichen Religion, eine kurze Darstellung der ver- schiedenen Vermögen und Thätigkeiten des Menschen, nebdt den Vernunftbeweisen für das Dasein Gottes. * Die zweite Abtheilung (§25 — 148.) handelt von der geoffenbarten, insonderheit der christlichen Religion und zerfällt nach einigen einleitenden §§ über* die Nothwendigkeit einer positiven und geoffenbarten Reli- - gion, wieder in 2 Abschnitte, von denen der erstere die Geschichte der geoffenbarten Religion enthält, der zweite aber über die bibli- schen Schriften des A. und N. Testaments die nöthige Auskuirft Reiche: .Die^ Glaubenslehre des BvangeliQfDs. 149 giebt Die dritte Abtheilun^ endlich (§ 149 — 304.) stellt die christliche Glaubenslehre dar und ist wieder in 6 Artikel abge- theilt, ?on denen der erste von dem Wesen and den Eigenschaften Gottes, der zweite Ton der Schöpfung, Erhaltung und Regieroni; der Welt, der dritte von den Vernunftwesen ausser Gott, welche nicht Menschen sind, Servierte von der Schöpfung, Natur 4ind Bestimmung des Menschen (zugleich aber auch von der Sündigkeit desselben, was die Ueberschrift nicht hesagt), der fünfte Von der Erlösung durch Christum (worunter auch die Gnadenwirkungen des heiligen Geistes mit begriffen sind) und iter sechste von den ' vier letzten Dingen handelt. Ueber die beiden ersten Hauptabtheilnngen Ist wenig zu sagen ; .denn die erste ist ziemlich dürftig ausgefallen und auch die zweite giebt nur einen kurzen Ueberbiick über die- biblische Geschichte und die gewöhnlichen Notizen über Namen j Inhalt, EIntheilung und Abfassungszeit der biblischen Bücher. Doch verdient die eigenthümliche EIntheilung der alttestam. Bücher in historische und poetische Schriften, Welche letztern wieder in prophetische Bücher, psalmodische Bücher, Bücher der philoso- phischen, elegischen, romantischen und erotischen Poesie getheilt wer,den, Erwähnung und auch der Abschnitt von der Eththeit und Glaubwürdigkeit der biblischen Schriften ist mit Fleiss und Ein- sicht gearbeitet. Den Hauptbestandtheil des Ganzen aber bildet die Darstellung der christlichen Glaubenslehre, über deren Eigeu- thümlichkeit noch Folgendes zu berichten ist. Als die Quelle, woraus er geschppft habe, bezeichnet der Verf. selbst „den Born des lebendigen Wassers, welcher uns in den heiligen Schriften der Bibel aufgethan ist^^; daneben aber betrachtet er auch die^ beiden andern Offenbarungen, welche uns Gott durch die Natur, ausser uns und in uns gegeben hat, als gleich göttlichen Ursprungs und gleicher Verehrung würdig, so dass, seiner Meinung nach, alle drei sich gegenseitig erhellen, berichtigen und beleben sollen. Daher vrird neben der Darstellung der Schriftlehre auch eine ver- standige Entwicklung und Begründung nicht verschmäht, obgleich im Ganzen die letztere zu der ersteren nur in einem untergeord- neten Verhältnisse steht. Denn die meisten Lehren, und zum Theil selbst solche, die jedenfalls einer Entwicklung a priori fähig waren, werden nur einfach aus. der Bibel fabgeleitet, und auch der systematische Zusammenhang des Ganzen wird nicht auf wis- senschaftlichem Wege entwickelt. Da ferner der Verf. von dem Grundsatz ausgeht, dass zwischen Vernunft und Christenthum kein' Widerspruch möglich sei (§ 152.), sa tritt auch fast nirgends ein Gegensatz zwischen der Vernunfterkenntniss und der Bibel- lehre hervor. Bei solchen Lehren aber, gegen die sich ein Ein< Spruch von Seiten des vernünftigen Denkens erheben lässt, pflegt der Verf. so zu verfahren, dass er entweder die sichere Begrün- dung derselben in der Schrift in Abrede stellt, oder auf die Erör- 150 JReligioR. \ terung der möglichen Einwurfe gar nicht eingeht , sondern sich begnügt, sie nur einfach als Schriftlehre nachzqwei;sen. Das Erstere ist z. B. der Fall bei den Lehren von der Prädestination (§ 163. Änm), von der Höllenfahrt Christi (§ 216.) und von der Erbsünde, inwiefern dieselbe als etwas vor Gott Strafwürdiges betrachtet wird (§ 200.). Das Letztere dagegen ist bei den mei- sten übrigen Lehren der angegebenen Art der Fall. Nur zuweilen erlaubt sich der Verf. gegen eine von ihm selbst als biblisch aner- kannte Lehre eine bescheidene Einrede, wie gegen die Ewigkeit der Höllenstrafen (§ 303.). Anderwärts warnt er wenigstens vor einseitiger Auffassung der bibl. Lehre, wie bei der Lehre von dem stellvertretenden Tode Jesu (§ 235. Anm.), oder macht darauf aufmerksam, dass eine Lehre, wenn auch in der Bibel enthalten, doch nicht zu den Hauptlehren des Christenthums'zu zählen sei, wie die Vorstellung von den Dämonen als Urhebern gewisser Krankheiten (§ 188. Anm.) u. dgl. Noch freier aber ist sein ür* thcil über die symbolisch - kirchliche Lehre, die er oft auf die Emfalt der Schriftlelire Zurückführt (z. B. in dem Dogma von der Dreieinigkeit, § 166 ff.) und der er überhaupt nur insofern einen Einflnss auf die üeberzeugung des Christen verstatten will, als sie mit der heil. Schrift selbst übereinstimmt (§ 168.). Nach diesem Allen nun wird sich das bereits oben ausgespro- chene Urtheil, dass das Buch in einem gemässigten und beson- nenen, eine Versöhnung zwischen Vernunft und Schrift erstre- benden Geiste geschrieben sei, von selbst als begründet dar- stellen; nur scheint der Verf. für wissenschaftliche Erkennttiiss und Begründung der religiösen Wahrheiten sogar noch etwas weniger gethau zu haben , als sein eignes Princip (gleiche Ach- tung der verschiedenen Offenbarungen Gottes) erlaubte öder erforderte. Was aber den Grundsatz betrifft, dass zwischen Vcr- nupft und Christenthnm , d. h. der biblischen Lehre, kein Wider- spruch möglich sei, so scheint dieser sich allerdings a priori als nothwendig zu ergeben, wenn man sowohl in der Vernunft als in der Bibel eine göttliche Offenbarung anerkennt; allein es macht doch dabei noch einen Unterschied , ob man die in der Bibel ent- haltene Offenbarung nur auf den Geist und die wesentlichen d. h. Äum heiligen Leben unentbehrlichen Lehren der heil. Schrift beschrankt , oder auch auf den Buchstaben derselben und alle darin enthaltenen Lehren und Vorstellungen ohne Ausnahme aus- dehnt. Der Verf. scheint der letztern Ansicht zu sein , aber sein eignes Beispiel zeigt, dass in diesem Falle die Durchführung jenes^ Grundsatzes in mancherlei Schwierigkeiten verwickle. Denn ent- weder läuft mau Gefehr, den Worten der heil. Schrift nicht selten Gewalt isnznthnn, oder man ist genöthigt, auch solche Lehreh und Ansichten als vernunftgemäss zu erweisen, die einen solchen Beweis nur mit Muhe zulassen. Dass auch der Verf. der erstem Gefahr nicht überall entgangen sei, dürften schon die oben ange- Reiche: Die GJaubeDDlehre des'EvangeJiams. 151 führten Beispiele beweisen, wenn anders die Lehren von der Prä- destination aus Rom. 9., Ton der Höllenfahrt Christi aus 1 Petr. 3, 18 — 20. und von dem Tode als Strafe der Erbsiinde ans Rom. 5. 12 £F. nicht ohne Gewalt entfernt werden können. Und eben* dahin rechnet Reo. auch die Bemerkung § 187«, dass wegen 2 Petr. 2, 4. Jnd. 6. ein unsichtbares Walten der bösen Geister auf Erden und ein Entgegenwirken derselben gegen das Reich Christi nicht als Schriftiehre angenommen werden könne, sowie die § 243. ausgesprochene Meinung , dass die. in der Schrift gefor- derte Erneuerung und Wiedergeburt nur auf grobe Sünder zu beschränken sei, eine Meinung, der Rec. -um so weniger bei- treten kann, da ihm, nach seiner Ansicht von dem Wesen der Söqde, die Ausdehnung jener Forderung auf alle Menschen auch als der Vernunft vollkommen gemäss erscheint. Der letztem Schwierigkeit aber ist der Verf. zwar dadurch entgangen , dass er bei den meisten Lehren , w eiche speculativen Einwürfen unter- liegen und doch von ihm selbst als biblisch anerkannt sind , auf wissenschaftliche Erörterung und Vertheidigung derselben ver- zichtet; aber freilich ist eine andre Frage, ob damit auch dem Bedürfhiss einer wissenschaftlichen Erkenntniss der religiösen Wahrheiten vollkommene Genüge geleistet sei. Zum Beweise -aber, dass der Verf. nicht blos aus fremden Quellen schöpfte, sondern auch seibstständig dachte und forschte, dienen manche eigenthümliche Ansichten und Entwicklungen, unter denen z. B. in der Lehre von der Vorsehung der Schluss- von der schöpferischen Sorgfalt, die wir in dem Gleichzeitigen im Räume durch das bewaffnete Auge wahrnehmen, auf diejenige Sorgfalt, welche auf das in der Zeit sich Folgende verwendet sein möge (§ 179. Anm.), oder in der Lehre von der Erlöjsung die Beantwortung der Frage , inwiefern die Erniedrigung und das Leiden Jesu für den Zweck der Erlösung nothwendig gewesen sei (§ 214.), oder in der Lehre von den letzten Dingen die Ansicht vom Tode (§ 288.) besondere Auszeichnung verdienen. Eine kleine Unrichtigkeit dagegen liegt in der Bemerkung, dass in der Bibel nur zwei Namen einzelner Engel , nämlich Michael und Ga- briel (§ 185. Anm. 3«) vorkämen , wobei also Raphael ^im Buche Tobiä) ausser Acht gelassen ist. — Druckfehler, me philoso- pisch statt philosophisch (S. 29.) , sind dem Rep. nur selten aufr gestossen, und auch die äussere Ausstattung des Buches ist lobensM^erth. Der Verf. von Nr. 2. erklärt in. der Vorrede, dass er als Lehrstoff mit Aasschliessung alier selbstgemachten Speculationen nur die Lehre der Schrift, und zwar in derjenigen Entwicklungs- form , welche dieselbe unter dem Einflüsse des heiligen Geistes in der Kirche gewonnen habe, gegeben, dagegen die Art und Weise des Vortrags nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Stande eingerichtet und die beste Form überall daher, wo sie zu '152 Religion. finden gewesen, entnommen habe. Die Anordnnng des Baches ist diese, dass das Ganze in zwei Theiic zerlegt wird, von denen der erstere: Die Forkenntnwe ^ der letztere: Die Lehre^ über- schrieben ist. Der erstere Theil zerfällt wieder in 3 Abschnitte : 1) von der Religion, 2) von der heiligen Schrift (kurze Einleitung in die biblischen Bücher), 3) von dem Bekenntnisse in der 6e- .meine, oder, wie in der '2. Aufl. wem'ger passend gesagt ist: von der Geschichte dea Wortes (kjiirzer Abriss der Kirch(sngeschichte). Der zweite Theil aber zerfällt, nach dem Master des Lutherischen Katechismus, in die 3 Artikel: von der Schöpfung, von der Brlö- sang und von der Heiligung. Von diesen behandelt der erste Artikel in 2 Abschnitten ^ie Lehren von Gott und von der Welt, dec zweite ebenfalls in 2 Abschnitten die Lehren von der Sünde und ihren Folgen und von dem Erlöser und seinen Werken ^ der dritte endlich in 3 Abschnitten die Lehren von der Aufnahme in die Gemeinschaft mit Gott (d. h. vom heiligen Geiste, der Heils- ordnung und den Gnadenmitteln) , von der Darstellung der 6e- meinschlift mit Gott im Leben (kurzer Abriss der christlichen Sit- tenlehre) und von der endlichen Vollendung der Gemeinschaft mit Gott (von den letzten Dingen). Ausserdem aber ist in Betreff der Anordnung noch als eigenthümlich zu erwähnen : 1) Die alt- te^tamentlichen- Schriften werden eingetheilt in Urkunden a) von der Gründung der Theokratie (Pentateuch) , h) von der äussern Ans- und Fortbildung der Theokratie (historische Bücher) and c)'^von der Innern Aus- und Fortbildung der Theokratie (prophe- tische und poetische Bücher). 2) Die christi. Kircheligeschichte ist in- 3 Perioden zerlegt, von denen die erste die 6 ersten Jahr- hunderte, die zweite das 7. bis 15. Jahrhundert, die dritte die 3 letzten Jahrhunderte darstellt. Jede der beiden ersten Perio- den behandelt in 3 Abschnitten die Ausbreitung, das innere Leben und die Verfassung der Kirche, die dritte Periode aber in 2 Ab- schnitten dio Reformation der Kirche und die Kirche seit der Reformation nach den nun getrennten Kirchen parte! en. 3) In der Christi. Sittenlehre werden nur Pflichten gegen Gott und Pflichten gegeil den Nächsten unterschieden, die SelbstpHichten aber in die Lehre von der christi. Zucht oder von der Heiligung einge- webt, and zwar aus dem Grunde, weil auch der Dekalogus und das N. T. nur die beiden erstem Classen unterscheide und weil man auch nicht von Rechten gegen sich selbst, zu sprechen ge- wohnt sei. Bei Ausfahrting aller dieser Theile ist der Verf. den oben mitgetheilten Grundsätzen überall treu geblieben und namentHch ist als Lehrs/ojf (als der eigentliche Text der §§) in der Regel nur der Inhalt der Schrift- und Kirchenlehre gegeben. Doch gilt dies natürlich zunächst nur von dem 2. Theile (der Lehre), nicht von den historischen Abschnitten des 1. Theils^ und eben so wenig von dem ersten Abschnitte desselben Theils (von der Petri: Lehrbach der Religion. 153 « Reiigion)^, worin der Verf. die melir ihm eigeDthämliche Ansicht vorträgt , dass die erste Entstehiing der Religion sich weder aue den Eindrücken oder der Terniinftig scliliessenden Betrachtung der Natur, noch aus den Forderungen des Sittengesetzes, noch aus einem der Vernunft in wohnenden Gottesbewasstsein , sondern allein daraus- erlciären iasse , dass der Mensch nicht nur zu ^ son- dern auch mit Religion erschaffen worden sei. Der Geist aber, der alle die einzelnen Theile des Buches durchdringt, ist überall einer und derselbe, nämlich ein echt christlicher, von der selig- machenden Kraft des Christenthums tief durchdrungener Geist, aber in der Form jenes strengen Offenbarungsglaubens , der. jede abweichende Ansicht als Unglauben ausschliesst, und nicht nur an dem Geiste, sondern auch an dem Buchstaben der Schrift, und nicht blos an dem Buclistaben der Schi:ift, sondern auch an dem des Luther 'sehen Dogma's festhält *), Demgemäss werden in dem Abschnitte von der Schrift die Echtheit und Einheit aller angefochtenen Schriften (als namentlich des Pentateuchs, des Jesaias u« a.) vertheidigt, in dem Abschnitt von dem Bekenntniss in der Gemeinde die 3 sÄten Symbole und die symbolischen Bü- cher der Luther*schen Kirche als Kern der christlichen Wahrheit, alle Gegensätze aber als Irrthum oder doch als unvollkommene Wahrheit bezeichnet, endlich in den einzelnen Abschnittender Lehre selbst alle Dogmen des biblisch - kirchlichen Lehrbegriffs, und unter diesen auch die am meisten bestrittenen, als naoientiich die Lehren vom Teufel, von der Erbsünde, von der Wesens- gleichheit des Sohnes mit dem Vater tmd von der Dreieinigkeit, Ton der stellvertretenden Gemigthuung, von der Höllenfahrt Christi, von der Gegenwart des Leibes Christi im Abendmahle, von der Ewigkeit der Höllenstrafen u« s. w. mit strenger Consß- qnenz behauptet. — Anlangend nun aber die j^ri und Weise des Vortrags ,- die der Verf. nach dem wi^enschaftlichen Stand- punkte der Zeit eingerichtet zu haben^ erklärt , so scheint der- selbe das Wissenschaftliche der Behandlung theils in die Anord- " nung des Stoffes, theils in die Begriffsbestimmung der gewöhn- lichen dogmatischen Terminologie , theils ^endlich in die Begrün- dung und Vertheidigung des biblisch -kirchlichen Lehcbegrifts (welche beiden letztern Ponkte meist in die Anmerkungen zum Text der §§ verwiesen sind) gesetzt zu haben« Die Anordnung ' '•') Dieselbe Richtung hat der Verf. auch in mehreren andern Schriften festgehalten, die seit der 1. Aufl. des Lehrbuclis von ihm erschienen sind, und namentlich in der Schrift: },Die Mission und die Kirche", die bereits auch mehrere Gegenschriften hervorgerufen hat. Vgl. Rohr' 8 Krit. Pred.-Bibl. XXIV, 1. S. 130 ff. Auch Schmieder in der Anzeige ^er 2. AufiL des Lehrbuchs (Tholuck^s Literar. Anz. 1843. Nr. 11.) macht dem Verf. ein zu starkes Hervorheben der kirchlichen .Unterscheidungsiehren zum Vorwurf. 154 Religion. •des Stoffs , wie sie bereits oben dargelegt wurde^ muss im Allge- meinen als sehr einfach und übersichtlich bezeichnet werden; wenn aber der V^rf. in der Vorrede bemerkt , dass er den ersten Theil (die Vorkenntnisse) vorzugsweise für den niedern , den zVi^eiten Theii aber (die Lehre) für den obern Cursus geeignet halte^ so hat Rcc. dagegen das doppelte Bedenken, einmal, dass der erste Abschnitt des ersten Theils für Schüler der -untern Abtheilung nur schwer verständlich sein werde ^ und sodann ^ dass der Vortrag der Kirchengeschichte doch wohl passender dem Unterrichte in der Glaubenslehre nachfolgen möchte. Gegen die Eintheilung der Glaubenslehre in die 3 Artikel des Katechismus igt wenigstens da nichts einzuwenden, wo es nicht auf freien Aufbau eines wissenschaftlichen Systems, sondern nur auf Anord- nung des in Schrift und Symbolen gegebenen Materials abgesehen ist; und auch der Uebelstand, der sonst mit der Einverleibung, der Sittenlehre in die Glaubenslehre verbunden zu sein^pflegt, dass nämlich die erstere durch uuverhältnissmässige Ausdehnung des betreffenden Abschnitts fast immer einem Aufwüchse ähnlich sieht , ist von dem Verf. theils durch die Vertheilung des Stoffs unter mehrere Abschnitte (^indem die allgemeinen Begriffe von Gesetz, Pflicht, Sünde u. dgl. schon in dem Artikel von der Schöpfung, die einzelnen Pflichten aber in dem Artikel von der Heiligung behandelt sind), theils durch möglichst -kurze und gedrängte Behandlung der einzelnen Pflichten , einigermaassen beseitigt worden. — Nicht minder darf auch die Definition der dogmatischen^ Begriffe im Allgemeinen als bestimmt und bündig bezeichnet werden, und nur zuweilen scheint unter dem Streben nach Tiefe des Gedankens und Salbung des Ausdrucks die Klar- heit der Begriffsbestimmung gelftten zu haben. So wird z. B. die Religion als Gemeinschaft des Menschen mit Gott (§ 1 ), Gott selbst als die persönliche Fülle und Quelle alles Lebens (§ 166.), das Gewissen als Bewusstsein der Gebundenheit durch Gott (§193«, weil nämlich der Verf. das Bewusstsein von Gott dem Gewissen vorhergehend deiikt) definirt, die Formel aber. Blg^ oVo/ia ßanvl^Biv wird (§ 252.) mit den* Worten erklärt: ,,der Täufling soll in das Wesen und Leben des dreieinigen Gottes ein- geführt, also in die Gemeinschaft desselben versetzt werden; ovö^a ^^= das, Vorin Jemandes Natur kund wird, sein offenbares Wesen und Leben.^^ — Am wenigsten aber befriedigt, vielleicht weniger durch Schuld des Verf. selbst, als des Systems, dem er huldigt, die Begründung und Fertheidjigung der biblisch - kirch« liehen Dogmen gegen die Einwürfe, die von Seiten des vernünfti- gen Denkens dagegen erhoben worden sind. Denn zwar i$t dias Buch reich an eigenthümlichen Auffassungen und treffenden Be- merkungen, wodurch mancher ungerechte Angriff zurückgewiesen und einer ^seichten Auffassung des Christenthums siegreibh ent- gegengetreten \prd. Man vgl. z. B. die Bemerkung § 2. Atim. 1. t - * Petri: Lehrbuch der Religion. 155 § 13. A. 4. u. ö« ^ dasa das Wesen des Chnstenthums nicht in den Wahrheiten, die es offenbart, noch in den Geboten, die es auf- stelit, sondern darin zu suchen sei, dass es eine That Gottes zur Erlösung ist ; oder den voiikommen wahren , aber oft Terkannten Satz^ dass die sittlich - religiöse Erkenntniss mit der sittlich -reli- giösen Gesinnung des Menschen in einem nahen und nothwendi- gen Zusammenhange stehe, die Sünde also mit allen geistigen Kräften des Menschen zugleich auch sein ErkenntnIssfermÖgen getrübt habe (§ 11. A. 2. § 177. A. 2.) u. a. m. Aber eben so oft ist auch die Apologie des Verf. von der Art, dass schwerlich dadurch die Gegner eines Besseren belehrt werden dürften ; um so weniger, da die erhobenen Einwürfe oft mehr abgewiesen, als widerlegt oder doch nicht nach ihrer ganzen Schärfe gewürdigt und überdies hart^ Verwerfungsurtheile über Andersdenkende gefällt werden. So heisst es z. B. § 173. A. 1.: „dass der Zorn Gottes eine menschliche Auffassung des A. T. sei, ist ein unwah- res Vorgeben derer, welche sich das Sündenbewusstsein ver«^ flachen wollen.'* — § 174. soll die Lehre Ton der Dreieinigkeit auf folgende Weise schon a priori deducirt werden : „ — es liegt in ihm (Gott) , als Liebe , auch, die Eigenschaft der Mtttheilung seines seligen Lebens und der bleibenden Gemeinschaft mit dem, was aus ihm ist. Eine volle und wahre Selbstmittheilung muss' daher in dem göttlichen Wesen ewig sein und Ist nach der Schrift ewig in ihm , Joh. 5, 26. Hebr. 1, 2. , und hiernach muss ein gehendes und' gegebenes, ein ewig sich mittheilendes und ewig mitgethelltes Leben und also ein unterschiedenes, zunächst zwie- faches- Bewusstsein in. Gott erkannt werden; die Schrift, welche die himmlischen Geheimnisse in irdischen Analogien abbildet, nennt das eine den Vater , d^s andre den Sohn, Weil aber die Liebe nicht trennt, sondern in dem, was aus Ihr Ist, bleibt, so erschllesst sich das göttliche Liebesleben in der bleibenden Ge- meinschaft und Wechselbeziehung zwischen Vater und Sohn zu' einem dritten Bewusstseln (dem heit, Geiste) und dadurch zur Tollkommensten innerirEinheit." -^ Ferner § 190. A. 2. ist, in Bezug auf die biblische Teufelstehre^ unter Anderm gesagt: „Seichte Aufklärung und falschberühmte Weisheit haben, im Widerspruche mit der Schrift, da? Dasein des Teuf eis geleugnet.** Aber der Umstand , dass den Dä'inonen auch Elnfliiss auf die phy- sische Welt und die Schicksale der Menschen (durch Krankheits- erzeugung, Vereitlung menschlicher Pläne etc.) zugeschrieben wird, wird ebenso wie die Frage, wie diese Einwirkung sich zi^ der göttlichen Weltregierung verhalte , und wie die andre Frage, ob die Annahme eines gefallenen Teufels die Entstehung des Bösen überhaupt, oder, bei vorausgesetzter Willensfreiheit des' Menschen, auch nur die Entstehung der menschlichen Sünde genügend zu erklären vermöge, ganz unberücksichtigt gelassen. Auch über die geschichtliche Entwicklung dieser Lehre schwelgtt 156 Religion. der Verf. , wie er denn überhaupt die Apokryphen des A. T. , das natürliche Mittelglied zwischen dem A. und N. T. ^ von seiner Darstellung gänzlich' ausgeschlossen hat. — Ferner §211. ist^' Ton dem Sündenfalle der ersten Menschen gesagt, das§, er nicht nur der geschichtliche Anfang, sondern auch die bewirkende Ursache der allgemeinen Sündhaftigkeit des Menschen sei, und ebendas. heisst es von der tirbsünde: „Die gewöhnlichen Ein< würfe des Verstandes gegen diese Lehre -rühren ent^ieder aus Mangel am Ernst in der Beurtheilung der Sünde überhaupt und in Erkenntniss des eignen Sündenelends, ^oder aus leichtfertigem Uebersehen, der Wahrheit , oder aus einseitiger Schätzung der göttlichen Güte im Verhältniss zu seiner Gerechtigkeit, oder aus Verkennung der Erlösung oder auch aus einseitiger Fassung der Lehre selbst her. Sie ist aber in Wahrheit die Voraussetzung des ganzen Erlösungswerkes.^^ In dem letzten Sat^c scheint die Allgemeinheit der Sünde mit der Erbsünde (was noch nicht einer- lei ist) verwechselt; die Frage aber, wie die Ansicht voib einer Vererbung nicht nur der Sünde , sondern auch ihrer Strafe (des Todes) mit sittlichen Grundsätzen und mit einem richtigen Be- griffe der Schuld vereinigt, und wie eine sittliche Unvollkommen- heit, die ohne eigne Schuld auf den Menschen gekommen ist, überhaupt noch als eine sittliche^ und sodann auch als strafbar gedacht werden kann , bleibt auch hier unbeantwortet. — § 225. Av2. ist gesagt, dass die Gottheit Christi A\e unbedingt nothweo- dige Grundlage des Christenthums sei, nachdem schon § 222. die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater ausgesprochen ist; die Stellen des N.T. aber, in den^n sich der Sohn dem Vater nachzusetzen scheint , werden daraus erklärt , dass Ersterer hier aliein aus seinem menschlichen Bewusstsein herausrede, und zwar • aus dem (doch wohl rationalen?) Gründe, weil in der Gottheit kein Erstes und Zweites denkbar sei. — § 232« wird die Genug- ihuungslehre in folgender Weise vertheidigt: „Die vornehmste Schwierigkeit, sich das Stellvertretende in dem Tode Jesu zu denken , löst sich durch richtige Einsicht in das Wesen des Glau- bens, der nicht etwa nur ein Fürwahrhalten des Factums ist, sondern wesentlich ein vertrauendes , sich hingebende» Eingehen in die lebendige Gemeinschaft Christi, wodurch das Seine das TJnsre wird.''' Ein sehr noch an's Mystische anstreifender Miss- brauch einer an sich nicht unrichtigen Erkfärung des Glaubens! — g 255. A. 4. heisst es zum Schutze der Luther sehen A1)end- mahlsiehre: „Die von der Möglichkeit einer Allgegenwart des Leibes hergenommenen Einwürfe sind ganz nichtig von dem ver- klärten, den Gesetzen der Räumlichkeit enthobenen und in die Lebenseinheit des allmächtigen Sohnes Gottes aufgenommenen Leibe des flerrn." Desgl.. § 301. A. 1. von der Auferstehung des Leibes: sie könne nur verworfen werden, „wenn man Jesum und die Apostel überhaupt verwirft^^; und §302. A. 3. von der Petri: Lehrbuch der Religion. 157 Ewigkeit der Ferdamtnniss : sie sei ntir gelengnet worden „vcm der weichlichen Empfindsamkeit, welche ihre eigne CJnentschie* denheit, Schwäche und Feigheit Gott aiidichtet>^ Nach diesem Allen nun kann Rec. zwar dem- christlichen Geiste^ der in dem Bnche weht, sowie der lichtvollen Anlage . und der Kraft und Wärme des Vortrags, welche dasselbe ans- zeichnen-, seine Anerkennung nicht Versagen, und steht dämm nicht an , es in allen diesen Rücksichten als eins der vorzioglich- Bten unter den neuern Lehrbüchern zu empfehlen. Aber eben so wenig trägt er Bedenken , in Bezug auf die Auffassungs/orm des Christen t^ ums, die darin ausgeprägt ist, seine abweichende An- sicht auszusprechen. . Zwar ehrt er auch hierin die Entschieden- heit des Verf. und die Freudigkeit seines Bekenntnisses, und zweifelt auch keinen Augenblick , dass ein Unterricht, wie er hier ertheiit wird, vermöge des ihm inwohnenden Geistes, überaus heilsam auf die jugendlichen Gemüther wirken könne; ja er kann nur aufrichtig wünschen, dass der Glaube des Verf. auch das Eigenthum recht vieler seiner Zöglinge geworden sein möge. Denn dass dieser Glaube lebendigmachende Kraft besitze, dafür zeugt die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte, in denen derselbe Glaube der allein herrschende war; und es ist in der That noch sehr die Frage, ob unsre Zeit im Vergleich mit der vergangenen sehr glücklich zu preisen sei, da wir mit aller unsrer Wissenschaft zu dem, was die Hauptsache ist, zu der Fruchtbar- keit der Erkenntniss für das sittliche Leben , vielleicht weit müh<- samer gelangen, als die Glanbenseinfalt früherer Jahrhunderte. Aber dennoch ist Tian einmal die Wissenschaft eine Macht gewor- den , di^ sich nicht mehr bei Seite schieben lässt; und wenn der Verf. auch ihren A^nsprüchen genügt und jeden Angriff von dieser Seite aus dem Felde geschlagen zu haben meint, so kann Rec. dieses Hoffnung nicht theilen. Denn die Anforderungen der Wis- senschaft sind grösser , als dass das Zugeständniss einer wissen- schaftlichen Form des Vortrags sie schon zufriedenstellen könnte, und auch die Angriffe von dieser Seite her sind bedeutender, als dass die Vertheidigung des Verf. sie zurückzuschlagen im Stande wäre. Darum fürchtet Rec. , da^s das Buch, selbst unter jugend- lichen Lesern, zwar den Glaubenden, aber nicht den wissen* sohaftlich Zweifelnden genügen, und weder den Zweifel gänzlich abzuwehren, noch^ wenn er entstanden ist, ihn glücklich zu lösen vermögen werde. Je weiter der Verf. den Dmfang der Glaubens- wahrheiten ausdehnt, je mehr Feld er zu behaupten sucht, desto schwieriger muss die Behauptung werden, desto mehr Raum muss ^ der Zweifel finden. Und da überdies nirgends ein Unterschied gemacht ist zwischen Geist und Buchstaben, zwischen Wesen und Form oder zwischen wesentlichen und ausserwesentlichen Lehren, sondern alle in Schrift und Symbolen ' enthaltenen Lehren als gleich nothwendig festgehalten werden , so ist auch der Gefahr 158 Religion. nicht vorgebeugt^ dass der Zweifel an der einen auch den Glau« ben an die andern ecschiittere, dass der einmal entstandene Riss sich bald über das Ganze verbreite und mit der Schale auch der Kern, mit der Form auch das Wesen hinweggeworfen werde« Aus eben diesen Gründen aber muss Rec. auch bezweifeln, dass das Buch grade dasjenige bi^te ^ was unsrer Zeit am meisten Noth thut. Nicht das Beharren auf dem £]inen Extrem, nicht das I^esthalten aller einzelnen biblisch - symbolischen Dogmen, nicht die Verwerfung aller der philosophischen Bestrebungen , die seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts die protestantische Kirchei bewegt haben, gleich als ob kein Theilchen Wahrheit darin, sondern allein auf der Forderung unbedingter Rückkehr zu beste- hen sei, nicht das ist es, was die Gegner gewinnen und der Kirche den Frieden bringen kann. Nein , man einige sich zuerst über das, was das Wesentliche ist im Christenthume, und scheide, wie wir schon sagten , zwischen Geist und Buchstaben , zwischen Wesen und Form der biblischen Lehre. Darnach zeige man, wie in dem , was wesentliche , d. h. zum sittlichen Leben unentbehr- liche Wahrheit ist (wohin namentlich auch die von dem gewöhn- liciben Rationalismus allerdings oft verkannten und verflachten Lehren von der Sünde und von Christus, dem Heiland^ gehören), Philosophie und Christenthum , Bibel und Vernunft in vollkom- menem Einklänge stehen ; über alles Andere aber lasse man das Urtheil frei; ohne die eigne Ueberzeugung auch jedem Andern aufzudringen und jeden Andersdenkenden entweder als Mystiker oder als Ungläubigen zu verschreien« Von diesen Grundsätzen ist Rec. bei dem Religionsunterrichte , den er bereits zehn Jahre lang an seiner Anstalt ertheilt^ beständig ausgegangen und denkt auch ferner dabei zu bleiben. Er entwickelt zu dem Ende zuerst die Resultate des vernünftigen Denkens in wissenschaftlichem Zusammenhange , legt .sodann die Schrift - und , soweit nöthig, die Kirchenlehre ohne Rückhalt und willkürliche Deutung dar, und sucht zuletzt durch eine Vergleichung beider seinen Schülern die Ueberzeugung zu verschaffen, dass entweder vollkommene Harmonie stattfinde, ^oder die Disharmonie doch nur solche Punkte betrefie, die zu den wesentlichen Lehren des Christea- thums nicht gehören und über die es daher billig sei, einen Jeden seines Glaubens leben zu lassen. Allerdings entsteht so der Nachtheil, dass der Schüler über Punkte der letztern Art kein ganz entscheidendes Urtheil empfängt; denn da Rec. es für Un- recht hält, im Gymnasial unterrichte gegen Schrift- und Kirchen- lehre zu polemisiren und die noch einfältig Glaubenden nur im Geringsten in ihrem Glauben irre zu machen , so hält er in sol- chen Fällen , wo er selbst von der wissenschaftlichen Haltbarkeit eines biblischen oder kirchlichen Dogma's sich nicht überzeugen kann, seine individuelle Ueberzeugung zurück und begnügt sich zu zeigen, dass, selbst wenn daa fragliche Dogma wissenschaftlich Jahns : Leitfaden für den Religionsunterrichte / 159 nicht gereclitfertigt werden könnte ^ doch wenigstens etwas We- sentliches damit nicht verloren gehen würde. Allein Reo. glaubt auch , 9ass der Schüler sich mit diesem hypothetischen Urtheile um so mehr begnügen könne, da er durch die stete Hervorhe- bung aller wesentlichen und ausserhalb des Streites gelegenen Wahrheiten hinlänglich erfährt , woran er sich in jedem Falle zu halten habe. Der Besorgniss aber, als ob durch dieses Verfahren das Ansehen der heiligen Schriftsteller gefährdet wt^rde, kann Rec. nicht Raum geben; denn er selbst ist überzeugt und sucht auch seine Schüler zu überzeugen , dass das wahre Ansehen der heiligen Männer nicht auf diesem oder jenem einzelnen Dogma, sondern auf dem sittlich lebendigen und lebendigmachenden Geiste derselben und auf denjenigen Wahrheiten, die diesen Geist fördern, beruhe; wie er denn auch die OIBTcnbarung nicht auf den Buchstaben, sondern auf den Geist der heil. Schrift bezieht und als eine solche denkt , die durch die heilige Gesin- nung ihrer Urheber vermittelt ward und darum zwar vielleicht nicht metaphysischen Irrthum, gewiss aber jede Täuschung in iBoIchen Stücken ausschliesst, die zum heiligen Leben selbst unent- behrlich sind. — Schliesslich bemerkt Rec« noch, dass es nicht a^treiapokry-, phische Bücher Esras giebt, wie § 25. A. 3. angegeben ist, indem, wenn überhaupt drei Bücher Esras gezählt werden, das Buch Nehemias mit unter diesem Namen begriffen wird. — . Druck und Papier sind ohne TadeU — Der Yerf. von Nr. 3. hat mit dem von Nr. ^* nicht nur dies gemein, dass er an einer und derselben Lehranstalt mit ihm arbeitet) sondern er bekennt auch (Vorr. S. IIL) ausdrücklich, das Petri'sche Lehrbuch bei seiner Arbeit vorzugsweise benutzt und, namentlich in dem Abschnitt über das christliche Leben, Manches wörtlich daraus aufgenommen zu haben, und zwar um so lieber, da jenes Buch für die obern Classen, das seinige für die untern (nach S. II. namentlich für Quarta und Klein - Tertia) bestimmt sei. Eine Yergleichung l^eider Bücher lehrt, dass jene Benutzung auch ausser dem namentlich bezeichneten Abschnitte nicht selten stattgefunden habe, indem Hr. Jahns. bald ganze §§, bald einzelne Sätze , jedoch meist in verkürzter und veränderter Gestalt V tou seinem Collegen entlehnte. Man vgl. z. B. über die Dreieinigkeit J. § 82. mit F. § 174. , über den Sündenfall J. § 105* mit P. § 210., über die einzelnen Sünden, ihre Stufen und Grade J. § 107 — 109. mit P. § 207 — 209., über die Folgen der Sünde J. § 111. 112. mit P. § 213. 214. u. s. w. Schon aus diesem Yerhältniss zu dem Buche des Hrn. Petri muss die Ver- muthung entstehen, dass Hr. Jahns sich auf gleichem theologi- schen Standpunkte mit jenem befinde, und diese Vermuthung findet sofort Bestätigung in folgender Erklärung der Vorrede (S. IV.) : „Die Lehren sind' den Bekenntnissschriften der evangel. I • 160 ReMgion. Kirche, gemäss dargestellt. Das wird wohl Manchem nicht recht sein; allein ich habe bei der Welt keinen Dank verdienen^ son- dern nur meinen Schülern der Wegweiser zu dem Heil in Christo sein wollen^'% eine Erklärung , aus welcher zugleich die exclusive Richtung des Verf. hervorgeht, die in "dem. Festhalten an den Lutherischen Bekenntnissschriften den einzigen Weg zum Heil in Christo zu erblicken meint. Ebenso erklärt der Veirf., sein Buch hauptsächlich darum nach den fünf Hauptstücken des Lutheri- schen Katechismus ent>^orfeh zu haben ^. weil derselbe eine Be- ^ kenntnissschrift unsrer Kirche sei ; doch hat er sich dabei einer grössern Freiheit bedient. Denn einmal hat er in der Reihen- . folge der Hauptstücke eine Abänderung getroffen, worüber er . sich selbst in folgender Weise erklärt: ,,Das zweite Hauptstiick, oder die drei Artikel des christlichen Glaubens, bildet die Grund- lage. Die zehn Gebote sind am Ende des ersten Artikels behan- delt, da, wo von dem sündhaften Zustande des Menschen die Rede ist, damit dadurch die Sünde erkannt und das Sünden- " hewusstsein erregt und geschärft werde. Das dritte, vierte und fünfte Haüptstück sind in den dritten Artikel eingeschoben, und zwar das dritte , das Gebot des Herrn , da, wo in dem Abschnitte ,,das Leben der Wiedergebornen im Verhältniss zu Gott'^ von dem Gebote die Rede ist, das vierte und fünfte, oder die Lehre Von der Taufe und dem Abendmahle, da, wo die Gnadenmittel genannt werden , wodurcli der Geist „das durch Christum erwor- bene Heil den Gläubigen aneignet.^^ Sodann aber ist auch der Lehrstoff selbst nicht aus denn Texte der Hauptstücke und insbe- sondere der drei Artikel heraus entwickelt, oder an dem Faden desselben fortgesponnen, sondern der Verf. geht seinen eignen Weg und stellt nur an geeigneten Stellen eine Vergleichung an zwischen den vorgetragenen Lehren und den Worten des betref* fenden Artikels, um durch die letztern die erstem zu bestätigen. Dies ergiebt sich schon ans einer Uebcrsicht des Ganges, den der Verf. bei4)arstellung der christlichen Lehre befolgt hat (vgl. das Inhaltsverzeichniss S. V ff.)* Er beginnt nämlich mit der Lehre von Gott, seinem Wesen, seinen Eigenschaften, seiner ' Einheit und Dreieinigkeit, und erst da, wo von den Werken „des dreieinigen Gottes^^ und zwar zunächst von der Schöpfung, Er- haltung und Regierung der Welt die Rede sein soll, ist der erste Artikel des Katechismus abgedruckt. Aber auch hier wird der nachfolgende Lehrvortrag nicht unmittelbar an den Artikel ange- knüpft , sondern schreitet in unabhängiger Weise vor und handelt » theils von der Welt im Allgemeinen, theils von den Engeln und den Menschen insbesondere, und zwar in Beziehung auf die letz- tern theils von den Bestand thellen und der Schöpfung des Men- schen, theils von dem doppelten Zustande desselben, dem ursprünglichen und dem sündhaften Stande, welcher letztere nach seinem Anfang (Sündenfall), seinen Folgen (Erbsünde nebst Jahns: Leitfiiden für den Religionsanterricht. 161 der daraus hetrflie6B6nden Thatsüiide) nhd sdnenl Bad^ (Vor- damiUDiss) beschrieben wird.' Als Anhang aber ist dIeXehre vom Gesetze 9 als Maassstab der Sünde, und von der Unmläng^ liebkeit desselben zur Erlösung angefügt ^ wobei das erste Haupt- stuck abgedruckt und kurz erklärt ist. Ueberall an p^senden Stellen ist auf die einzelnen Sätze des Artikels zurückgewiesen; doch muss Rec. auch da% als Abweichung von der Ordnung det Katechismus bezeichnen^ dass die Lehren von der Sünde und Tom Gesetz dem ersten Artikel einTCrleibt sind. Denn der Katechis-^ mus handelt nicht im ersten, sondern im zweiten Arti|(el (in den Worten.: ,,mi4ph Teriornen und verdammten Menschen^^) Toa der Sünde ^ als Voraussetzung der Erlösung oder jals dem Grunde der Erlösungsbedürftigkeit; und ebendabin gehört auch die Lehre vom Gesetze, als einer Vorbereitung auf die Erlösung; daher Rec. es nicht billigen kann, dass der Verf. grade in diesem Punkte von Hrn. Petri abwich. Ganz ebenso ist vojr der Lehre von der Erlösung, als dem zweiten Weilce des dreieinigen Gottes, der zweite Artikel abgedruckt, die Anordnung des Lehrstoffes aber ist auch hiißr die gewöhnliche, indem zuerst von der Vorbereitung auf die Erlösung durch Weissagung und torbildlichen Gottes-« dienst, sodann von der Erlösung durch Christum, deai^en Natur und Werice gehandelt wird. Nur in der Lehre von der Heiligung,' als dem dritten Gotteswerke, ist der Vortrag des Verf. enger aa- die Worte des vorausgeschickten Artikels angeschlossen, indem« theils von dem Wesen des heiligen Geistes, theils von dem Werke desselben vor Christo, in Christo und in den Gläubigen gehan-» delt , der \^izie Abschnitt aber (von dem Werke des Geistes in den Gläubigen) ganz nach Maass^be der Lutherischen Erklärung« des dritten Artikels in die vier Abtheilungen : a) von der Heilsocd* nung (Berufung:, Erleuchtung, Rechtfertigung, Heiligung und Erhaltung im Glauben), b) von den Gnadenmitteln, c) von der Gemeinschaft im * Heile oder der christlichen Kirche und d) von der Vollendung ^es Heils (von den letzten Dingen), zerspalten wird. In keinem Falle aber will Rec. über diese freiere Behand« hing des Katechismus in Anordnung und Entwicklungsgang irgend einen Tadel aussprechen, sondern findet dieselbe vielmehr gans passend und sachgemass. Nur ist sie vielleicht etwas Anderes, als Mancher nach der Ankündigung des Titels: „nach den fünf Hauptstücken des Katechismus entworfenes erwarten dürfte, und jedenfalls ist sie ein solches Verfahren, das kaum noch als dem Verf. eigenthümlich erscheinen möchte. Denn eben weil es in der Natur der Sache selbst begründet ist,' wird jeder rferstündige Lehrer, der die erforderliche Rücksicht auf die Hauptatücke des Katechismus nimmt •'— - auch ohne im Uebrigen die Ansicht des Verf. von den kirchlichen Bekenntnissschriften zu^theilen — v<^a selbst darauf geführt werden, und wenigstens Rec. .kann ver- sichern, dass er beim Unterrichte in den untern Classen von iV. JoArft. U PhiUu. Paed, od, KrÜ. Bibl. Bd, XXXYUI. Bfi, 2. H » I 162 \ Religion. jeher einen ahnlichen Weg -eid^esehlagen hat. Die Eigenthnm- Jfchkeit des Torlie^'enden Buche« also dürfte nicht sowohl in der formellen Anordnung des Stofis nach den Hauptstücken des Ka- techismus, als in der materiellen Uebereinstimmung mit den- selben gesucht werden. Ausserdem ist über Inhalt und Anordnung des Buches nocli Folgendes su berichten. Der Darstellung der Schriftlehre ist ein Abschnitt über die heilige Schrift vorausgeschickt, welcher theils ▼on Begriff, Bintheilung, Inhalt und Verfasser der biblischen Bücher im Ganzen und Einzelnen^ theils von der Göttlichkeit derselben handelt, und in welchem als eigenthümlich namentlich dies zu erwähnen ist, dass die Notizen über die einzelnen Büchi^r (besonders des A. T.) gewöhnlich durdi allgemeine Betrachtun- gen und Erzählungen eingeleitet werden, wodurch der geschicht- liche Zusammenhang der einzetoen Bücher unter einander selbst oder Ihr' Verhäitniss zum Entwicklungsgange der Theokratie an- schaulich gemacht wird. Auffallend aber ist dem Rec. die Aus- führlichkeit gewesen, mit -welcher S. 22 ff. die Entstehung des biblischen Kanons erzählt ist, indem dabei unter Anderem too Homologumenen und Antilegomenen, von der Eintheilung in Evan- gelium und Apostel, von apostolischen Vätern, von Irrlehrem, wie Ebioiiiten, Marcioniten und Gnostikem, von der Kirchenver- aammlung zu Hippo u. dgl. die Rede ist-, eine Ausführlichkeity die zu der Bestimmung des Buches für Quartaner und Tertianer^ sowie zu der verhältnissmässigen Dürftigkeit in der Darstellung der biblischen Schriften selbst (indem z. B. den sämmtl. Schriften des N. T. zusammengenommen ki^um 4 Seiten gewidmet sind) inr der That nicht ku passen scheint — Die christliche Sittenlehre Jst, -soweit nicht die kurze Erklärung des ersten Hauptstücks im Anhange des ersten Artikels dafür gelten soll, ganz nach dem Vorgange des Hm. Petri, in die Lehre von der Heilsordnung ein- geflochten, dergestalt, dass unter der Aufschrift: „Vom Leben der Wiedergebornen im Verhältniss zu Gott und zu dem Näch- sten^*, die Pflichten gegen Gott und gegen den Nächsten, dagegen unter der Abtheilung: „Von der ' christlichen Zucht'% die soge- nannten Selbstpfltchten behandelt werden. — Dem . Abschnitt ferner von der christlichen Kirche ist eine Geschichte der christ- lichen Feste einverleibt, die, der Vorrede zufolge, aus Lisco*8 Sircheqjahre entnommen und dazu bestimmt ist , Verständnis« des kirchlichen Lebens und Interesse dafür su befördern. Dies kann Rec. nur billigen, aber missbilligen muss er theils die Ausführ- lichkeit, mit welcher die geschichtlichen Notizen gegeben sind, und welche hier noch mehr, als oben bei der Geschichte des Kanons, über das Bedürfniss der Quartaner und Tertianer hinaus- geht, theils die Stelle, an welcher dieselben eingeschaltet sind, und welche den Uebelstand darbietet, dass, zumal bei der Um- fäaglichkeit des gegebenen Materials, dadurch der Hanptfaden Jahns : «Leitfaden lur den Religionsnnterricht« 16S des Unterricht» viel zu sehr unterbrochen wird. Rec. mdat daher, dass solche Notizen entweder in einen Anhaaf^ sn yer- weisen, oder für die Geschichte der christlichen Kirche (die freilich der Verf. in seinen Plan nicht mit aufgenommen hat) «« rersparen seien. — Endlich hat der Verf. als Anhang zu aeuiem Buche noch eine Anzahl Schulgebete abdrucken lassen-, die, wie die Vorrede sagt, aus Heiwichs Schnigebeten entlehnt sind und die Rec. als ihr^m Zwecke wohl entsprechend bezeichnen kann» lieber das Ganze des Buches und den Geist, in welchem et geschrieben ist, darf Rec. auf dasjeniget verweisen, was oben über Nr. 2. gesagt worden ist, und nur insofern findet ein Unter« schied statt, als Hr. Jfthns sein Buch für untere CJassen bestimmt hat. Da nämlich in diesem Alter der wissenschaftliche Zweifel sich noch nicht zu regen pflegt und Fruchtbarkeit des Unterrichts für Herz und Leben hier das wesentlichste Bedurfniss ist, so lisst sich auch Rec. ein engeres AnschÜessen an den biblisch- kirchlichen LehrbegrifF hier um so eher gefallen. Und da ober* dies der Verf. seine Darstelliingsehr kurz und allgemein gehalten, auch alle Polemik gegen Andersdenkende, wie billig, ausgefchlos* sen und selbst auf rationale Begründung der streitigen Dogmen grösstentheils Verzicht geleistet liat, so fallen hier auch die meisten von den Ausstellungen weg , welche an dem Petri'schen Lehrbuche in dieser Hinsicht zu machen waren. Nur hier und da hat der Verf. gleichfalls eine solche Begründung versucht und in diesem Falle allerdings auch ähnlichen Aussteilungen Raum gegeben, wovon unter Anderem die Deduction der Dreieinigkeit, die der Verf: von Hrn. Petri entlehnt hat (§ 82«), oder der ver** suchte Beweis, dass das Gesetz auch im Falte vollständiger Er-» fuilung kein Verdienst begründen würde (vgl. damit Rom. 2, 13. 4, 1 — 5. 10, 5.) und dass weder ein Mensch , selbst in ur«prüng^ lieber Reinheit, noch ein Engel, sondern nur ein Gott die Weit versöhnen konnte (§ 131.), als Beispiel dienen mögen. Abg&* sehen aber von der dogmatischen Richtung des Buches, 'empfiehlt sich dasselbe durch die nämlichen Vorzüge, welche oben von dem Petri'schen Buche gerühmt wurden, als namentlich durch ein- fache und lichtvolle Anordnung, durch kurze und doch lebendige, kraf^- und würdevolle Darstellung, vor Allem aber durch einen von der Wahrheit und Göttlichkeit des Christenthums tief durch- drungenen und dem EMnen, was Noth thut, herzlich zugewen- deten Sinn. Nur scheint der Verf. für verständige Erkenntniss der christlichen Lehre im Ganzen doch allznwenig gesorgt und weit mehr das Gedächtniss, als den Verstand der Schüler- bethär* ügt zu haben. Denn die meisten Lehren und nanfentliüh auch diejenigen, die eine Entwicklung aus dem eignen Bewusstseln des Schülers gewiss zuliessen, werden nur einfach aus der Bibel abgeleitet und durch zahlreiche Schriftstellen belegt, die, obwohl sie oft zusammenhängende Stücke von vielen Versen umfassen, 11* 164 .Religion. doch nach^ des Verf. Meiniuig: (Vorr. S. III.) ganx auswendig gelernt werden solUn. Billigung übrigens verdient es, dass diese Stellen unter dem Texte der §§ Tollständig abgedruckt sind, obwohl dadurch vielleicht mehr als die Hälfte des ganzen Raums absorbirt worden ist. — Die Ausstattung auch dioses Buches ist gut und der Druck correct, doch ist dem Rec. die Schreibart des Verf. ^^echlicher^^ für jeglicher and ^ysiebte Bitte^^ statt siebente Bitte aufgefallen. — ' ' Das Buch Nr. 4. ist zunächst zum Gebrauche ikeben dem Niemeyer^schen Lehrbuche bestimmt und schliesst sich daher ia der Anordnung des Stoffes ^ wie in der Zahl und Reihenfolge der §§ genau an dasselbe an ; doch spricht der Verf. in der Vorrede die Hoffnung aas , dass es wohl auch unabhängig von diesem mit Nutzen w^rde gebraucht werden können. Ueber die Tendens des Buches erklärt sich der Verf. selbst dahin , dass er ebenso- wohl das religiöse Gefühl zu pflegen, als das Urtheil zur klaren Erkenntniss der Wahrheit zu bilden hemüht gewesen sei, und drückt zugleich die Erwartung aus, dass auch andre wahrhaft religiöse Lehrer ^ohl schon längst den kühnen Ton getadelt hab'en würden , der sich in Beurtheiiung der Glaubensgegenstände in die für ihren Kreis bestimmten Lehrbücher eingeschlichen habe. Demnach also scheint es , als habe der Verf. auch in dem ^ie- meyer'schen Lehrbnche den Ton der Darstellung zu kühn und das religiöse Gefühl, im Gegensatz gegen den Verstand, zu wenige bethätigt gefunden , und als habe er eben diesem Mangel durch seine Arbeit abzuhelfen versuchen wollen. Und in der That wird diese Vermuthung durch nähere Betrachtung des Buches selbst bestätigt« Denn an sehr vielen Stellen sucht der Verf. den schlimmen Eindruck, den er von der Niemeyer'schen Darstellung befürchten mochte , zu pai'alysiren , die dort gefällten Urtheile zu mildern oder stillschweigend durch andre zu ersetzen, und die zu nüchtern befundene Sprache in eine solche zu übertragen, die ihm geeigneter schien , das religiöse Gefühl zu beleben. Bei der Beurtheiiung dieses Unternehmens nun kommen folgende drei Fragen in Betracht: 1) ob das Niemeyer'sche Lehrbuch in der That einer solchen Verbesserung bedürfe, 2) ob das, was der Verf. giebt, auch wirklich eine Verbesserung desselben sei , und 3) ob auch die Form , die der Verf. gewählt hat , um seine An- stellten auszusprechen, nämlich die. Form von fortlaufenden Glos- sen oder von leitenden Ideen (denn so scheint der Verf. statt ^^einleitende Ideen^^ haben sagen zu wollen) zu dem Niemeyer- sehen Buche, als passend und zweckmässig erscheine? Anlan- gend also die erste dieser Fragen, so kann zwar Rec. in das unbe-. diagte Yerwerfongsurtheil, welches neuerdings über das Nie- meyer'sche Lehrbuch gefällt worden ist, und worin der Verf. gewiss eine Bestätigung seiner Ansicht erblickt haben wird , f lir seine Person nicht einstimmen. Denn dass das Buch nicht alle Thamm: Ideen für den Religionsanterricht. 165 Do^en des biblisch - kirchlichen Lehrbegriffs su notbweodigeA Glaubensartikeln gestempelt hat, das verniag Rec. ihm nicht sum Vorwurfe zu machen, und auch einen gefahrlichen Einfluss des^ selben kann er um so weniger besorgen, je unverkennbarer die Hochachtung ist, die sich gegen das wahrhaft Heilige und Reli- giöse darin allenthalben ausspricht. Doch soll damit nicht in Abrede gestellt werden, dass ^m Buch auch seine schwachen Seiten habe; denn wahr ist, dass die Scheu vor dem Wunder* baren darin oft allzuweit getrieben, dem Localen und Temporeilen in den biblischen Schriften eine zu grosse Ausdehnung gegeben und selbst der Geist der biblischen Lehre nicht immer in seiner Tiefe erfasst ist; wozu immerhin auch dies gefügt werden mag, dass dem Tone des Vortrags hier und da e^was mehr Wärme und Lebendigkeit zu wünschen wäre. Wenden wir uns nun aber zu der zweiten Frage, was von dem Verbesserungsversuche unsers Verf. zu halten sei, so bedauert Rec. herzlich, denselben ab einen zwar gutgemeinten, aber durchaus misslungenen bezeichnen zu müssen. Denn statt das Urtheii Niemeyer^ nur hier und da zu beschränken und>zu berichtigen, wird meist das grade Gegen- theil an dessen , Stelle gesetzt , und Alles , was nur irgend in der Bibel enthalten ist oder nur im Entferntesten in Verbindung mit ihr steht, nicht nur in Schutz genommen, sondern auch mit unge- messenem Lobe gepriesen. Der Verf. scheint also keine Ahnung davon zu haben^ was doch schon der selige Niemejer sehr richtig erkannt und oft genug ausgesprochen hatte , dass grade dies der sicherste Weg sei, um, bei den helleren Köpfen wenigstens, die Achtung g^gen die Bibel zu untergraben. Der Ton der Darstel- lung aber, wodurch der Verf. das religiöse Gefühl zu beleben meinte, besteht meist in nichts Anderem, als einer schwülstigen und wortreichen, aber gehaltlosen Declamation, die, well die gewöhnlichen Worte nicht g^nog zu sagen schienen, selbst zu Ausdrucken, wie ,,Gottheitv olles Urtheil^^ oder „Reich der geist- vollsten Sittlichkeit^' ($. 92.) ihre Zuflucht nimmt. ^ Was aber das Schlimmste ist, so hat unter dem Streben, gefühlvoll zu sprechen, die Klarheit der Gedanken in einer Weise gelitten, dass man nicht selten ganze Sätze wiederholt lesen mnss, um nur einen Sinn darin zu finden, uiid doch am Ende oft Zeit und. Muhe ver- loren hat. Und nicht allein gegen die logische, sondern aach gegen die grammatische Richtigkeit des Ausdrucks ist so häufig und so gröblich Verstössen worden, dass man es kaum ftir möglich hält, dergleichen gedruckt zu lesen. Unter solchen Umständen also wird es kaum auffallend sein, wenn Rec. auch die drüie-der oben angezeigten Fragen nur dahin beantworten kann, dass das Buch selbst in seiner Form verfehlt und in Wahrheit weder neben dem Niemeyer'schen Lehrbuche, noch unabhängig von demselben zu gebrauchen sei. Denn was soll auch ein Lehrer, der das Niemeyer^scbe Buch zum Grunde legt, mit einem andern Buche 166 Religion, t * anfangen, welches oft genu^ das g^erade Gegentheil von jeneia lehrt? Und wie ist es möglich^ ohne den Nicmeyer zur Hand SBu- haben', ein Bach zu brauchen, das nur durch die Beziehung auf jenen seinen Zusammenhang erhält, oft auch nur durch die Vergleichung jenes verständlicli wird und überdies, da oft der Hauptinhalt der Niemeycr'schen §§ Übergängen und nur einzelne Satze daraus glossirt werden, ohne jenen ganz unvollständig erscheinen müsste ? Doch es ist Zeit, das vielleicht hart klingende Urtheil durch einzelne Beispiele aus dem Buche selbst zu belegen, und so mögen denn zuerst einige Proben der Art und Weise Platz finden, wie der Verf. die Ansichten Niemeyer^s zu modificiren gesucht hat« In der Einleitung in die biblischen Schriften § 16. steht bei JNiemeyer die Bemerkung, dass im Inhalte dieser Schriften das Locale und Temporelle von dem allgemein Wichtigen zu unter- Bcheiden sei ; dem aber setzt der Verf. S. 4. folgende Bemerkung entgegen: „Obwohl allerdings der Inhalt in jeder Stelle der heil. Schrift ein locales und temporeltes Interesse hatte , so ist doch jede auch als allgemeines Gotteswort für jede Zeit und für jeden Ort erbaulich, voll Belehrung und anweudbar.^^ -r- Ebend. § 29. .bemerkt Niemeyer, dass* die biblischen Schriften nicht von gelehr- ten Männern in wissenschaftlicher Form geschrieben seien; um aber eine nachtheilige Deutung dieser Worte zu verhüten, schreibt der Verf. (S. 6.), „dass die Offenbarung in der Schrift wie in der Natur in sich selbst gross dastehe^ wenn gleich das Nebeneinan* ^erbestehen der einzelnen Offenbarungen auch gar keine syste- matisch-tabellarische Zasammenreihung sehen lässt.^^ — Ebend. § 45. urtheilt Niemeyer von dem A. T. , dass es neben sinnlichen und unvollkommenen auch sehr erhabene Religionsbegriffe ent- halte ; dagegen unser Verf. (S. 8.) : „Es spricht sich im ganzen A. T. dier Unterricht über die Verehrung Gottes im Geist und in ' der Wahrheit alis^^; won\it man die eben so einseitigen und unwah- Iren Sätze (S. 9.) vergleichen möge, dass Moses den Geist seiner Gesetztafeln in die Herzen des Volkes gegraben (vgl. dagegen Jerem. 31, 32.) und dass das .jüdische Volk sich Gott willig «u allem Gehorsam ergeben habe. — Ebend. § 57. deutet Niemeyer auf die Schwierigkeiten mancher Erzählungen der Genesis hin; dies commentirt der Verf. (S. 10.) mit den Worten: „Was auch der spätere Zweifel für Schwierigkeiten in der Geschichte der Schöpfung, des Siindenfalls, der Sündfluth gefunden haben wollte, sie Terschwinden alle vor der Sonne der Wahrheit und der historischen Treue.^^ — Ebend. § 60. drückt sich Niemeyer zweifelnd über die Wundererzählungen des Exodus aus; hierzu der Verf. (S. 10.): „Sichtbar waltet Gott in allen wundervollen Begebenheiten etc.'^ — Ebend. § 90. nennt Niemeyer das Be- tragen des Serubabel gegen die Samariter ein schwer zu rechtfer^- tigendes; der Verf. aber siigt (S. 13.), indem er den Esras und Thammt Ideen für den-Rdligleiuanterricht. 167 Sennbabel la yerwecbseln scheiiit: „Eoras' Eifer für reine-Gottet- ferehroog kann sehr «rfreuiich wirken. Jeder Goiteafitrchtige wird' an diesem Eifer aich erbauen.^^ Und geaetsl auch, data dieses Urtlieil aiif die Ehereinigung durch Esras (wovon Miemeyer nicht spricht) Bezog hätte, so würde es doch auch in diesem Falle als sehr einseitig und übertrieben erscheinen. — Ebead. § 92. urtheilt Niemeyer ungünstig über die Hauptpersonen des Buches Esther; dagegen der Verf. (S, 13.): ^^Religiosität giebt höhere sittliche Gesinnung und wird dadurch oft edles Hindemiss der Ungerechtigkeit«''^ — Ebend. § 119. sagtNlemeycr über das hohe Lfed, dass Kinder und Ungeiehrte es schwerlich mit einigem Nutzen lesen würden; dagegen der Verf. (S. 16«), dass dasselbe für jeden Bibelieser bestimmt sei. — In der Religion$ge$ehicktß % 26. (S. 36.) steht von der griechischen .Mythologie folgende Bemerkung: ^^Aos den griechischen Göltergebilden eutwiekeU sich ein reines System der Sittlichkeit unter den Bemühungen ihres (?) ausgezeichneten Denk- und Begehrnngsvermögens.^^ — Ebend. § 45, (S. 49.) wird geurtheilt, dass die tlieologischen Streitigkeiten in der Kirche nicht nachtheiiig gewesen seien, denn : „die Meliinngen der Monotheleten mussten einmal dage- wesen sein ^ um für immer bei Seite gelegt werden zu können* Nor sinnlicher Stolz und sinnliche Eifersucht können nicht empö- ren, weil auch sie einmal in ihrer Kleinlichkeit und Vemichtungs- würdigkeit dargestellt, nie in dem Grade sich «wieder einfinden durften.^^ — Ebend. § 49. spricht Niemeyer Ton der schimpf* liehen Unwissenheit der Geistlichkeit im 6. und 7« Jalirhunderte, der Verf. aber weiss dieselbe (S. 51.) folgeAdermaasseu zu ent^ sebuldigen: ,,lllan fasste in der damaligen Christenheit dies grosse Resultat der Augnstinischen Anschauungen auf und seine (1) . Wirksamkeit ist in stiller allgemeiner Wirksamkeit auf die Chri- stenheil im 6. und 7. Jahrhunderte geblieben, so dass sich die Geistlichen weiter nicht in wissenschaftlichem Forschen auszeicb- neten , sondern man sich wohl inniger und sorgfältiger für das Praktische bemühte.^** Aber woher dann der Verfall der Sitt- lichkeit, Ton welcher der gleich folgende Paragraph spricht? Indessen auch dieser findet § 56. (S. 52.) folgende Entschuldi- gung: ,,Man sieht mit zu vieler Indignation auf die Entwürdigung des Cbristenthums^ weil sie doch Im Grunde auf Irrthum beruhte, den die Geschichte der Reformation dem Geschichtskenner erst In seiner Blosse darstellt.'' — Ebend. § 62. heissen die Kreiut- züge bei Niemeyer ,,unsinnig'%' hei dem Verf. dagegen (S. 52«) ,iein ausgezeichneter Beweis von Interesse am Heiligen, Götl- licheD bei Hohen und Niedrigen.^' — Auf ähnliche Weise aber verfährt der Verf. auch in der Glaubens^ und Sitten- lehre.^ wie z. B. S« 76. (§ 54.) die biblische DM/nonenlehre, welche Niemeyer als Volks- und Zeitvorstel|ung aufzufassen geneigt ist,. In folgender Weise in Schutz genommen wird : „Wenn die heik 1 I f 166 Religion. , Sebriflsteller — von guten und bösen Engeln redra, flo ist auch da9 nicht gegen die Vernunft, und es wird schwer sein, eine der Wahrheit näher kommende Ldire von dem Ursprünge des Mora- lisch - Bösen auszusinnen, wie es nnmögiich die Vernunft unsinnig finden kann, das Dasein des Moralisch -Bösen nicht im Menschen XU finden, weil sonst die Schuld auf den Schöpfer fiele, weiches offenba^e]^ Unsinn ist.**^ Der Sinn der letztern Worte scheint au sein, ^ie Vernunft könne es nur billigen, den Ursprung des Bösen ausserhalb des Menschen zu suchen , da , wenn er im Menschen selbst läge, Gott selbst Urheber des Bösen sein würde; allein eine solche Schlussfolge wurde sich nur aus gänzlicher Verken- iiung der menschlichen Freiheit erklären lassen. Wollte man aber das letzte ^^nickt^^ streichen und den Sinn annehmen, dass die Vernnnft es nicht unsinnig finden könne., den Grund des Bösen in dem Menschen selbst zu suchen, was würde dann für die Rechtfertigung der Dämonenlehre mit diesen Worten gewon- nen^ — Doch ist der Verf. grade' bei den schwierigsten und streitigsten Punkten des biblisch - kirchlichen Lehrbegrifis etwas zurückhaltender mit seinem Urtheile gewesen.. So werden bei der Lehre vom Versöhnungstode Jesu und vom heil. Abendmahle die 4 §§, die Niemeyer jeder dieser Lehren gewidmet hatte '(§ 143 — 146 und § 160 — 163.) in je einen zusammengezogen •und über beide Lehren nur ein paar allgemeine, nichts erklärende Bemerkungen gemacht. Auch über die Lehren von der Dreieinig- keit und Ton der Person Jesu drückt sich der Verf. ziemlich dunkel und schwankend aus; bemerkenswerth aber ist dabei die Schreibart XQijötog für xQiötog (S. 89.) und die Erklärung des Ausdrucks eingeborner Sohn Gottes durch ^^der in die Gottheit fiingeborne'^^ (ebend. und S. 96.), wobei das griech. novoysvyg ganz übersehen oder missverstanden worden ist. — Schon die bisherigen Proben werden dazu gedient haben, um neben der Art nnd Weise , wie der Verf. den Niemeyer'schen Text commentirt hat, zugleich auch die Parsteilungsweise des- selben in logischer und stilistischer Beziehung anschaulich zu machen; doch scheint es zur Begründung des oben ausgesproche- nen Urtheils nöthig, auch hiervon noch einige besondere Proben zu geben. So heisst es gleich S. 3. (§ 2.) : „Es wird daher diese Einleitung ' auf Brweckung richtiger Begriffe, Geschichte der Bibel und ihren Gebrauch zu wahrer Fruchtbarkeit abzwecken.^' Es muss aber wenigstens heissen: zur Erweckung richtiger Be- griffe über die Geschichte etc. — S. 4. (§ 14 ); „Die Sorgfalt über die Echtheit und Richtigkeit der alten Handschriften sowohl als der verschiedenen Ausgaben der gedruckten Bibel hat iß vielen gelehrten Prüfungen ausgezeichneter Theologen sich zi^r Ehre unsrer neuern Zeiten bewiesen.'^ Ein. Satz, womit Rec wenigstens. keinen klaren Sinn zu verbinden weiss. — S. 24. (§183.): „Ohne eine vernünftige Idee von Gott, ist kein ver- I r Thamm: Ideen für den Religionsunterricht. 160 oftnftiged, ohne seine (wessen?) Idee Ton Christo kein chrisl- liches Lebea möglich.^^ — S. 28. (§ 207.): ^^Man mtiss Beden- ken tragen , den Brief an die Hebräer für einen Brief Pauli sa hatten /obgleich der Zweck des Briefes ganz eines Paolus würdig und die Fähigkeit als eines so vollkommnen Keiner s des Jtf- daismus höchst passend zu dieser Autorschaft ist^^ — S. 36. (§ 26.): ^^ais je eiiii Renkendes Volk' es jemals gekonnt hat/^ — S. 56. (§ 83.): ,,Der UeberCritt von der Erkenntniss zur Wahl des Guten schien der Menschheit über eine unabsehbare Kluft zu gehen, dass man bald iiber der Klarheit des Denkens und Elr- kennens, bald über der Wärme und dem Frost des guten Willens die Erleuclitung der Denkkraft entbehren zu müssen meinte.^^ Hier fehlen vor dem zweiten bald die Worte: die Wärme und der Frost des guten Willens. — S. 59. (§ 93.): ,,Purch Friedrichs Yon Sachsen grossmüthige Entsagung der Kaiserkrone und seine Zuwendung derselben ^ -dass sie auf Karl* s F. Haupt kam^ gab (wer oder was 1) jenem treuen Fürsten die Macht, Luthern bei seinen offnen Erklärungen zu schützen , ob er gleich mit kluger Wachsamkeit ihn still eine Zeit lang auf der Wartburg bewahren mnsste, welchen Aufenthalt die Vorsehung aber segnete durch die geräuschlose deutsche' Bibelübersetzung^^ ( * • ) * — ^* ^^* (§ 98 ): vQ&s bildet die Taufe ab, wo mit ihr ein neuer Mensch hervorkommen soll.^^ — S. 90. (§ 115,): ,, welchen (den Namen: Sohn Gottes) nie ein menschlicher Verstand jemals zu erklären geschickt seih wird ^ die Vernunft ihn aber in seligem Glauben erkennt^^ — S. 95* (§ 133.): ,,Keine Philosophie hat diese Anschauung (die uns die Lehre Jesu giebt) dem Menschen, auch dem Einfältigsten nicht ^ nahe gebracht." — S. 103. (§ 178.): ^,Die sittliche Natur — erlaubt «ch allein den Gebrauch der sinnlichen Güter nach dem Bedürfniss ihrer (1) Erhaltung« aber auch bei der grössten Mühseligkeit nach den Regeln des Rechts vor Gott erlaubt sie sich ihn nur." — S. lOd? (§ 2. der Moral) wird der Unterschied zwischen philosophischer und theologischer Moral folgendermaassen bestimmt: ^^Jene entsteht bei dem Mich aufs Gute besinnenden Gotteskinde ^ diese bei dem durch eine Gottesstimme zu dieser Besinnung geweckten." — S.107. (§10»): ,,Ueberall, wo der Schluss vom Dasein der Seele, auf das Dasein Gottes, das ist, wo der Offenbar ungsglaube gilC^^ — S. 111. (§ 31.) steht ein weder ^ ohne dass ihm. ein folgendes »oc^ entspricht. — Doch genug der Proben, um nicht auch dem Leser denselben Ueberdruss zu verursachen, den Rec. selbst schon beim Abscbrci- hen reichlich empfunden hat. Noch aber kommen hierzu eine Menge fehlerhafter Verbin- dungen und Constructionen einzelner Wörter, wie: Prüfung über die Echtheit S. 5.; um die Menschheit /»r ähnliche Ideen zu bewahren S. 56. ; erwartete ihrer S. 57. ; Zweifel an die Welt- regierung S«. 78. ; über aUem Zweifel erhaben S. 92. \ in den 170 • Rellffioo. AUnn statt io dem Allen, u. 8. w. ; deegl. eine AnzaU gahs uiige« wöhniicher Ausdrucke^ wie: Erkennung S. 59. u. ö., Zusammea- wirkuog S. 77., Hinderangf S. 78. u* s. w.; endlich aber auch eine Uniahl orthographischer Fehler, von denen wir dahingestellt sein lassen, auf wessen Rechnung sie zu setzen seien. So steht auten- tisch st. authentisch S. 4. , desselben st. derselben S. 5., wieder^ sprechen st. widersprechen S. 25., preisst st. preist S. 27., moti- flcirl st. niodificirt S. 31., verhäthen st. Terhüten S. 47. u. ö., auszeichnet st. ausgezeichnet S. 47«, Iritresse st. Interesse S. 52. und überall , hüthen st. hüten S. 54. , zeigt st. zeugt S. 56., Dul- tung st. Duldung S. 64«, Beweiss st. Beweis S. 73. u. ö., Kosmo- genie^ Geogenie st. Kosmogonie, Geogonie S. 75., thörigt st. tböricht^bend. u. ö., vornehmbar st. vernehmbar S. 80., abslrackt st abstract S. 82., zeugen st. zeigen S. 96., gebiethen st. gebieten S. 110. H. a. m. — Der Verf. von Nr. 5. geht von der dreifachen Voraussetzung «BS, dass eine genaue Kenntniss des Lebens Jesu dem Schüler unentbehrlich sei, dass diese Kenntniss besser aiis den Evangelien selbst, als aus umschreibenden Erzählungen geschöpft werde, dass es aber vortheilhafter sei, die vier Evangelien in eine einzige Erz'ablang zusammenzuziehen , als dieselben einzeln hinter ein- ' ander zu lesen. * Die beiden ersten Punkte bedurften in der That keines weitern Beweises, in BetrelBf des dritten aber erklärt der Verf. sich weiter dahin, dass die vereinzelte Leetüre *^ der vier Evangelien bei geringem Vortheile grosse Nachtheile habe ; der Vortheil nämlich beschranke sich darauf, dass man jeden Evan- gelisten seinein eigen thümlichen Charakter nach kennen lern^, die Nachtheile aber seien die , dass die Schüler meist nur einen Theilder Evangelien lesen und verstehen lernen, dass sie jedes- mal nur ein unvollständiges Bild des Lebens Jesu erhalten «nd, wenn nun auch alle vier Bilder in der Seele waren, diese doch nur in Ein Gesammtbild izu verschmelzen im Stande sein würden. Dabei aber bietet sich die Frage dar, ob nicht die Vortheile _ beider Methoden sich dadurch vereinigen lassen würden, dass man zwar die drei ersten Evangelien in eine einzige Erzählung zusam- menzöge, das Evang. des Johannes aber den Schülern noch beson-. ders erklärte? Denn da eigentlich nur das Evang. des Johannes einen durchaus eigenthümlichen, die drei andern Evangelien aber, im Gegensatze gegen jenes, fast nur Einen, allen gemeinsamen Charakter haben , so würde auf diesem Wege eineriseits für die Charakteristik der Evangelisten genügend gesorgt, andrerseits aber, durch die Reduction der vier Evangelien auf zwei Haupt- erzählungen , auch für die Uebersiehtlichkeit des Ganzen etwas Bedeutendes gewonnen sein. Und überdies würden dadurch auch die die Schwierigkeiten vermieden , welche stets mit dem Ver- suche verbunden sindi den evangelischen Bericht des Johannes mit dem der drei ersten Evangelien in Ein Ganzes «u f erschmel- ' ^ ■ Frege : Das Leben Jesu. 171 sen. Dennoch kann man dem Verf. zugeben ^ dm» es nttiUch sei , auch alle vier Evangelien mit Einem Male zu überblicken, und er wird deshalb um so weniger Tadel verdienen, da aehi Buch zunächst für solche Schüler bestimmt ist, die es noch mehr mit dem Stoffe der evangelischen Geschichte, als mit dem Cfaa- raktei* der einzelnen Evangelisten zu thun haben. Der Verf. I^gte ferner seinem Buche die Luther'sche Ueber- setzung zum Grunde, und eben darau« muss-man schliessen, dasa er dasselbe wenigstens nicht für obere Gymnasialclassen , für welche der griechische Text gehört, bestimmt habe. Auslassun- gen oder Veränderungen in dieser Uebersetzung, erklärt er, sich nur da erlaubt zu haben, wo entweder die zarteren Begriffe unsrer Zeit vom Schicklichen es zu erfordern schienen , oder wo die Uebersetzung einen andern Sinn giebt, als der Urtext aus- zudrucken schien. Eine Probe der erstem Art giebt z. B. Mattb. 1, 18. , wo statt der Worte : „erfand sich's , dass sie schwanger war vom heil. Geist^^ vielmehr gesetzt ist: „entstand der Ver- dacht, dass eine andre Liebe sie mffhr erfülle , als die Liebe zu Joseph, da sie erfüllt war vom heil. Geist.^^ Rcc. gUubt, dass der Verf. in dieser Besorgniss etwas zu weit gegangen sei , und könnte wenigstens die hier gegebene Umschreibung nicht ganz billigen« Unter den Veränderungen aber, die als Berichtigungen der Lutherischen Uebersetzung gelten sollen, und die der Verf. in den Anmerkungen. neben dem Zeichen s. h. mittheilte, sind mehrere, die sich bei Vergleichong des . griechischen Textes sofort als fehlerhaft ergeben. So Luc. 1, 1. (S. 5.)': „von d^ Geschichten, wovon mein Herz ganz erfüllt ist^' statt: so unter uns ergangen pind (xbqI tmv nexKf]QOattch S. 154. zu Matth. 20. 19. und S. 185. zu Joh. 11, 25. u. o. wiederkehrt. Und von ähnlicher Art sind noch manche andre Anmerkungen, in welchen, trotz der vorhin mitgetheilten Erklärung über die Fruchtlosigkeit, der Versuche, die Wunder natürlich zu erklären , doch eben dieser Versuch bald an diesem, bald an jenem Wunder gemacht wird. Rec. ist mit diesen Bemer- kungen selbst materiell zum Theil nicht einverstanden,* aber, wäre er es auch, er würde dennoch bezweifeln, ob Belehrungen dieser Art grade der Jugend frommen können. Eben so wenig kann Rec. es billigen, dass der Verf. manche Ausspruche und Vorstellungen der heil. Schriftsteller ohne Weiteres nach derje- nigen Ansicht umdeutet , die er sich selbst von der Sache gebildet ^ hat. Dahin gehört es z. B. , dass die Eugelerscheinungen überall als dichterische Einkleidung erklärt, der Logos (d. h. das per- sönlich gedachte Schöpferwort) des Johannes als die göttliche Vernunft gefasst, an die Stelle des Teufels die bösen Neigungen und an die Steile des Geistes Gottes die frommen Gedanken der Menschen gesetzt, die Wiederkunft Christi als poetische Aus- schmückung des dereinstigen Erblühens seines Reiches oder der Herrschaft des Geistes Christi dargestellt und ebenso die Auf- erstehung der Todten und das künftige Gericht überall nur in geistiger Welse gedeutet werden. Denn wenn man auch vieU leicht nicht alle diese Vorstellungen der heil. Schriftsteller zu den seinigen machen kann , so fordert doch die Ehrlichkeit , das Vorhandensein derselben in den bibl. Schriften anzuerkennen und nicht auch diesen einen Sinn unterzulegen, der nicht der ihrige ist* Endlich aber sind auch noch manche einzelne Stellen, mit deren Auslegung Rec. sich nicht einverstanden erklären kann, wie wenn Luc. 1, 69. (S. 16.) der Ausdruck: Hörn des Heils durch : Säule des Heils erklärt wird , weil der Hebräer für die Begriffe: Hörn und Säule, Ein Wort gehabt habe (?)^ oder wenn Joh. 4, 24. (S. 58.) der Ausdruck: anbeten M Qeiat, erläutert Hartnngs ^echisch« Schnlgrani&iatik. 175 wird : „so dasfl man dabei an Etwat deftkt^S o. dgl. m. Doch du Bind Eimielheiten, über die'Rec. mit dem Verf. nicht weiter rechten will. Der Styl des Verf. ist der Wnrde des Grcgenstandea ingtf* messen , uiid nur hier und da begegnet man einem su gemeinen Ansdrnclc ^ wie sieh herauastreichen (S. 126.) , oder einem unge- bräachlichen , wie Siaunihat 'statt: Zeichen , ^i/^sfoi; (S. 116.), oder niektanütze Menschen (8. 31.). Auch der Druclt ist gut, doch hat sidi Rec. ooch folgende (im Verseichniss nicht erwähnte) Druckfehler angemerkt: S. 12. Superlatif st. Superlativ; S. 44. Bartolomäus st. Bartholomäus; S. 57. Z. 19. v. u. nur st. nun; 8. 80. Z. 9. T. o. Me st. Ehre; 8. 186. Z. 10. ▼. o. Afarta st. Bfartha; ebend. Z, 11. t. o. 41 st 31; 8. l93. Imperatif st. Im* peratir; 8. 247. Z. 12. v. u. Joh. 30, 19—23. st. Joh. 20, 19 ~^ 23.; 8. 251. Z. 15. T. 11. Luc. 24, 5. st. Luc. 24, 50. Ausserdem' fehlt'S. 31. zu dem Relativsatze: der nicht scheuend etc., das Verbum, und 8. 139. zu dem Subject: der Entschlnss sich auf- zuopfern, das Prfidicat.' M. lApsius^ Tertins u. Religionsl. a. d. Thomasschale zu Leipzig. Griechische Schulgrammatik von J. J, Härtung. Halle, Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses. 1840. Der Ausdruclc ,.,Schulgrammatik^^ wird in doppelter Beden- timg gebraucht. Einmal nämlich kann man darunter im engern Sinne eine Grammatik verstehen, die nur das auf der ersten Stufe des Lernens von dem Schüler zu Erlernende enthalt , wie z. B. die Schulgrammatik Ton Buttmann, die auf den meisten GymnasifQ nur für den Unterricht in Quarta benutzt wird, wiewohl sie selbst für diesen in manchen Stücken noch viel zu viel enthält, wogegen sie dann für den weitern Unterricht in Tertia und den höhern Classen nicht mehr ausreicht und von da an der mittlem Grammatik weichen mnss. In der andern, eigent- lichen Bedeutung wird mit jenem Ausdrucke eine Grammatik bezeichnet, die den ganzen für den Gymnasialunterricht erforder- Jichen grammatischen StofP enthält uiid somit für alle Classen berechnet ist. Dass der Hr. Verf. des vorliegenden Werkes eine Scholgrammatik in letzterm Sinne des Wortes habe liefern wollen, leuchtet beim ersten Anblick desselben ein, wenn man auch von dem besondern Capitel, wo die vornehmsten griechischen Dia- lekte abgehandelt sind, das doch gewiss nicht für den- ersten Unterricht bestimmt sein kann, absieht. Der Verf. hat sich laut Vorrede p. V. die bei einem Scbulbuche gewiss nur zu lobende Aufgabe gestellt, ,,die Regeln so viel als möglich in dogmatischer Form harz und bündig darzustellen^^ Dagegen nicht einverstanden 176 Griechische Sprache; kann Rec. mit der ebend. aasgesprochenen Meinung sein, dass M ^^nicht zweckmässig sei, die verschiedenen Beatimmungen (des, was schon für die untersten Ciasscn bestimmt, iind des, was für dieselben nojeh asn übergehen ist) durch den Druck oder durch Ueberschriften zu bezeichnen, weil dadurch die Freiheit der Lehranstalten beschränkt liirerde^^ Letzteres Ist gewiss nicht der Fall , denn immer ist es ja noch in die Freiheit eines jeden Leh« rers gegeben , Manches von dem , was kleiner gedruckt ist, wenn es ihm zweckmässig erscheint , auch schon in den untern Classen mitzunehmen; durch den grössern and kleinern' Druck aber wird die CJebersicht dessen, was wichtiger, und dessen, was weniger wichtig ist, namentlich bei einem Schulbuches welches, wie das des Hrn. Verf. , für alle Classen berechnet ist , ungemein erieich* tert. Auch lässi sich diese Unterscheidung recht gut init d^r systematischen Anordnung des Ganzen yereinigen , was der Verf. p. Vi. in Zweifel zieht. Was nun die Leistung des Verf. im Ganzen anbetrifft, so ist als der Kern des Buches und dessen vorzüglichster und überarbei-, tetster Theil offenbar die Syntax zu betrachten ; weniger genü« gend muss seine Formenlehre (mit Unrecht von dem Verf. p. 4. .Etymologie genannt, denn dieses Wort hat eine andre Bedeu- tung; übrigens ist in derselben besonders das voq Buttmann in seiner ausführlichen Grammatik gegebene Material benutzt) genannt werden , in der der Verf. nicht allein bei Weitem in den meisten Abschnitten hinsichtlich der Klarheit der Anordnung und Fasslichkeit der einzelnen Bestimmungen für den Schüler, sowie deren Richtigkeit hinter seinem Vorbilde Buttmann weit zurück- geblieben . ist , sondern bei der er auch überhaupt, wie es uns scheint, die letzte Hand anzulegen unterlassen hat (dieser Vor- wurf gilt auch, wiewohl in weit geringerem Grade, zum Theil von der Syntax) , wie aus der Unbestimmtheit und Oberiächlich- keit mancher Bestimmungen, aus der Gesuchtheit und scheinba- ren Originalität mancher andern, au» der jedoch nothwendig Unklarheit für die Fassungskraft des Schülers entspringt, und ganz, besonders ans dCr grossen Flüchtigkeit und Nachlässigkeit im richtigen Setzen der Accente (für eine Schulgrammatik , die die. Schüler als ein Orakel betrachten solien und zu betrachtea gewohnt sind, ein harter Tadel!), die vielen offenbaren Druck- fehler, die sich in dem Buche finden , nicht gerechnet^ erhellt. 'Jedoch soll damit nicht geleugnet werden, dass sich auch man- ches Gute und besser von dem Verf. als von Bnttmann ^Auseinan- dergesetzte selbst in der Formenlehre findet. Wir wollen damit beginnen,^ das Hauptsächlichste von demjenigen aufzuzählen, was de» Verf. uns besonders gut und riditig bestimmt zu haben scheint, «odann auf dasjenige, was als besonders tadelnswerth an dem Werke hervorzuheben ist, übergehen und hierauf mit eineb Aufzählung der hauptsächlichsten uns aofgestossenen Druckfehler schliesseQ. Hartungs griccbiflcbe SchuJgrammatik. 177 Gut i8t das p. 8. über die Entstehung der Vocale Bemerkte, wornach es, wie auch die Vergleichuog der semitischen Sprachen sowohl als des Sanscrit zeigt, ursprünglich nur 3 Grnndlaute gab, er, ij v; Ton denen dann alle übrigen ausgehen, da in dem u das o^ in dem i das e mit enthalten und gleichsaip nur Uebergangslante sind. Nur darin scheint uns der Verf. zu irren, dass er das 8 tmd o erst durch Abschwächung aus dem ij und a hervorgehen lässt, da doch, im Gegentheil s und b die ursprunglichen Vocale waren, mit denen man sich in den ältesten Zeiten begnügte, und sie nur dehnte, wenn sie lang sein sollten. VgJ. Plat. Cratyi. p. 424: C: ov yag y ixQ(OfAB%a^ dkXd s to nakaiov. und p. 418 C« : ifiigav — '^fiigav. Dies kann man noch erkennen aus dhXov für dijXöv Hom. II. X, 466. und aus der Contraction tbIj^b — '^^^ZV^ ^^^^^ — iidy> Ferner kommt auf den ältesten Inscluriften weder tj tfoch o vor» Auf dieselbe Weise ist ca =^ zweien o , wie man noch aus der Gestalt sehen kann , die es inf alten Handschriften hat : Qo. — p. 12. ist mit Recht behauptet, dass die Reuchiinische Aussprache der alten griechischen naher kommt als die heutige Erasmische. — p. 16. hat d.er Verf. mit Recht nach^dem Vorgange von Hermann die Atona mit den Encliticis zusammengestellt, von den^n sie den stricten Gegensatz bilden. — Sehr klar upd für den Schüler fasslich sind die allgemeinen Regeln über die Setzung des Accenta dargestellt, indem dargethan ist, däss, da eine lange Silbe so viel gilt als 2 kurze, der Gircumflex auf der vorletzten Silbe so viel bedeutet als der Acut auf der drittletzten u. s. w. — Gut bemerkt ist p. 21., dass das v li;Ot steht es, und man sieht nisht, wie hier von Vertäu^ ^ schung der Aspiration die Rede sein könne, da ja das <& in der En- dung hrjv für den Aor. I. pass. charakteristisch ist. Ueberhaupt Ist diese ganze Lehre von 2 aufeinander folgenden Silben , die mit Aspiraten anfangen, bei Buttmann weit klarer auseinander gesetzt. Zum Belege diene noch § 102., der etwas zweideutig ausgedrückt . Ist, so dass ihn der Schüler leicht missrerstehen kann. Aus dem Gesetze von der Verwandlung einer von 2 «in 2 aufeinander fol- genden Silben stehenden Aspiraten erklärt der Verf. auch die Krasis ^oI^utiov für t6 luariov. Allein dies passt nicht hierher, - sondern muss vielmehr abgeleitet werden, wornach man statt /lisr - HTjfxi sagt fia^lfißi (§ 94. b.). — § 113« wird behauptet, die Ver- dopplung der Halbvocale hinter kurzen Vocalen , wie Slkaßov^ geschehe des Wohllaute» wegen ; besser wohl : des Metrums wegen. — Woher weiss denn aber der Verf., dass fffsrog eigent- lich für töaog stehe, was er § 113. behaupteti — § 117. Anm. Zu iiikag^ xtelg^ Big konnte noch tdXag gefügt werden. — § 141. konnte gleich mit § 134, 3. verbunden und somit eine beiden er- sten Declinationen gemeinschnftliche Regel ausgesprodien wer** den. — ^ p. 39. § 145. wird behauptet, von ölxBQag sei das Neutrum dlxBQOV und der Flur. öIksqoi» Allein diese Formen gehöre» zu dem wirklich vorkommenden Sing, dl^sgog , and von. dlxsgtog hat man auch das Neutrum d^xspcDi/. — § 149. b. war nicht taxvtfjg , sondern taxvtijg zu accentuiren , ferner §^ 186.» S« 53. der Gen. von 0i^g nicht oiog sondern (^co^, § 208., S. 59. HartuDgs griechische fichblgrammadk. 181 nicht aagankf]^ sondern naganliq^, Ebenso dyXa6il> für 'Aykdmif. Ebend. auch ^dV', ^cjnog^ nicht d^mnog, — § 214. Von Sgna^ ist der Comp, nicht agnayiöttQog ^ sondern agnaylöTsgog. — § 221. S. 62. Anm. 2. war in der Bedeutung 10,00() nicht (ivgloi^ sondern pLVgioi zu betonen, § 223. Anm. nicht dol(o sondern Öoid^ § 242. Anm. war nicht ifi\ sondern Sß (statt ifti) zu 8chreib<«n. — Das Indefinitum noötog^ welches der Verf. § 246 und 734. unter den CorrelatiTis aufzählt, kommt nicht vor. -^ § 265, 6. sagt der Verf., Ton 'TSfivGJ sei der Conj. Perf. Pass. ititfiijö'^ov. Es sollte beissen: iHthfiii(S9ov ron ixzifivG). — §271. Anm. steht: in den 3 Praeaentibusi ßovXu^ oXbi, o^h (?)• — § 310. Anm. 2. sollte es nhxtim für nixxto beissen. — §^ 320. Warum sollte das Fnt. von litidiccG) (iBtdidöofiai beissen, und nicht ^nStdöm'l — p.99. § 332. steht zweimal bIöiv statt bMv , ebenso p. 100. § 336. b und c. — § 349. Der Verf. schreibt iiberall nfiav \u s. w., wo- für richtiger tifidv. Und doch steht p. 250. Z. 3! ^^v. — § 361 . war für den Schüler bei imöTfjxm zu bemerken, dass dies von litiörafiai und nicht von sq>lt statt 8ttg> — § 397. mnsste «die Endung akiog, sowie § 898. 6v7j und o6vvij mit dem Accent bezeichnet werden , w«{l derselbe in diesen Endungen auf der vorletzten Silbe constant ist. Ebenso in den folgenden §§, z. B. 400 u. s. f. -- § 418. Von Idtd^nv heisst nur das Medium: sich zu eigen machen. — § 439. Der Verf. betont ;^a|ua^fiv, jedoch richtiger dürfte sein ^jwadcv, ebenso ist xeigäva^ richtiger als xBigdva^. — § 454. -Gerade das dyijvog^ welches ^r Verf. als Beleg anführt , dass vor Voca- ien das ayeiv imme|> sein v behalte , ist ein Beleg für das Gegen- theil , denn hier ist ja von ayav Mreiter nichts als dy stehen ge* blieben, welches mit din^g zusammengesetzt worden ist, vgl. sv^vmg^ ^rjl^^vcag. — Der Verf. nimmt noch ein sogenanntes a intensivum in der Zusammensetzung an, allein dies ist eine blosse fictio grammaticorum, und, wie auch von Valckenaer und in neue- rer Zeit Toif Buttmann im Lexilogus und von Passow geschehen ist, durchaus zu verwerfen. — p. 184. init. ist ägvog statt dgvog^ ^votlf statt i^vot/^'und p. 185. init. dAs alte pron. posses. iog statt Bog betont worden. — p. 187. § 477. Die Schreibart kgidii^' 6a6%ai für die mit dem einfachen d ist zu verwerfen ; das i kann auch ohnehin als in der Arsis stehend verlängert werden. — r § 479. ist iix^'i nicht 01%%«^ und § 482. Anm. ngogriiSa^ ,nicht ngog'qvSa zu betonen. — § 485. heisst es: den Dat. Plur. (im cp{8Ghen Dial.) erhalt man, wenn man die Silbe 0t an die Endung 182 Griechische Sprache. des Nom. Plur. anfog;!, z^B. ndvtsööi^ ^odsööi etc. Wissenschaft^ lieber wäre die Regel wohl so ausgedrückt: man hänge Bööi oder Böi an den Wortstamm^ xdvt-Bööiy dvdxT-Böi* — p. 189* §• 485. war im Nom. Sing, nicht dvgx^ifis * sondern dvgxksi^s zu accentuiren. Ferner fehlt der Nachweis, wo sich ein so betonter Voc: övgHXisg findet. Ueberhanpt dürften wobt manche Formen der Ton dem Verf. ToUständig durchgeführten Deciinationen von övshXbiJs dem Zweifel unterliegen, so z. B. die Form des Acc Sing, dvgxkitt^ mit verlängertem a, die gar nicht einmal in den Hexameter geht. Thiersch griech. Gramm. 2. Aufl. § 193, 39. p. 261. nimmt wenigstens eine Synizese der Vocaie b und a an, wodurch a nothwenoig lang wird. Stellte der Verf. übrigens ein- mal övgxkBijg als Norm für ähnliche Formen auf, so durfte auch Im Nom. Sing, die Form dygulBii^g^ ig, im Nom. Plur. dvguXiiBig nicht fehlen, weil man sowohl axActi^g, €$, als äxkijeig hat. — Der Nom. und Acc. Plur. öytsa und önsla findet sich nicht. — Auch von nohg fehlen zur Vollständigkeit die mit m anfangenden Formen, s. Thiersch p. 256. Der Gen. Plur. ist sroAtW, nicht nokifov zu betonen ; denn hat man einmal die Formationsweise auf lOg etc. bei den Wörtern auf ig^ so kann von einer attischen Be* tonung des Gen. Plnjr. nicht mehr die Rede sein. Ebenso nicht viKvmv^ sondern vsKtimv. — Die Form ßaötkuöi kann Rec. durchaus nicht episch finden ; auch geht sie nicht in den Vers. Bei vavg fehlt die Form viBg Im Nom. Plur. und von vlog die Form vU als Nom. Dual. — § 492. war nicht süb, sondern bIo zu be- tonen. Die Form ötpBlag als Acc. Plur. der 3. Person ist uner« hört. Auch die Form otso findet sich nicht. — p. 144. Die In- finitivform g>o(}ijfiBv kommt nicht vor , denn bei den Verbis con- tractis sind nur ijfisvai uiid rjvai als verlängerte Infinitivformen ge« bräuchlicfa. vgl. Buttm. ausf. Gramm. I. p. 504 f. Thiersch 1. 1. p. 302. § 217. — p. 194. unten muss es yötj für '^dy heissen. Die Form '^Siiv für die 3. Sing. Ist nicht episch, wie der Verf. an- 4'uhrt, sondern nur attisch. Vgl. Buttm. und Thiersch. Ebenso- wenig ist in der 2. Sing. '^ÖBig homerisch. — § 506. musste sro- kltBco statt nokitifD , ib. Anm. ovÖBog statt ovÖBog und ßgaxBog statt ßgax^og § 512. (ovögsg^ avai für ävigsg und (Di/a|, ebend. udBkfphog statt ddsXfpiog^ § 514. ÜBQöiog statt Uipösog^ § 523. zu Ende ydii statt ^dsi. geschrieben werden. — § 528. und 540 musste es nlöVQBg für niövgsg heissen. — § 536. ist in der Kra- sis HciTTi^ nicht xcStt^ zu schreiben. Der äol. Acc. ^lav ist so, und nicht jiXav zu betonen. § 586. steht srodog für nodog^ § 587. bIö^Ibiv statt iö^uBiv. — Undeutlich Ist die Benennung § 589. : d. Gen. des Ganzen und des Stoffes. — In § 592. sind «ehr ungleichartige Fälle zusammengereiht, z. B. unter den Be- griff: Genit. des Wesens oder der Eigenschaft, z. B. toiJt ovk iötiv dvÖQog 6oq>ov und tov ^dvarov ^yovvzai ndvxBg xcov (uyl- 0tiov naxtov alvoti. Letzteres ist aber reiner Genitivus parti- \ Hartnngs griechbche Schulgrammatik. 183 im\9. — § 595. etelit aX^Bgt »tati aUdigi. — Bei der Lehre vDiD Dativ sind zwar die ursprünglichsten Verhältnisse dieses Ca- sosriditig vorangestellt worden, aber die Uebersebrift ist nicht passend gewählt : ,,Voni Dativ als Ablativ oder Instrumentalis/^ denn es passen gar nicht darunter § 595. 596. 601. — Ueher- haiipt scheint uns bei der Lehre vom Dativ mehreres Zusammen- gehörende getrennt zu sein, wie z. B. solche Falle, merolöiv avBdtrj: unter ihnen erhob sich (d.h. in ihrer Gegenwart, also rei- ner Casus der Gemeinschaft, des Zusammenseins) (§ 602.) mit dem Dativ des Orts (§ 595.) gewiss sehr nahe verwandt sind , so dass letzterer aus Fällen der ersten Art herzuleiten ist. Diese beiden Fälle aber hat nun der Verf. unter ganz verschiedenen Ge«- 6ieten des Dativs aufgezählt , indem er das Erstere dem eigentli- chen, das Zweite dem instrumentalen Dativ zuschreibt. — ^617,5« Das letzte Beispiel XQoßäg 6b nmXov dii^iov kann unmöglich un- ter den Fall der Verba des Aussehens und Befindens gehören, son- dern vielmehr zu No. I. (Verba der Bewegung und Ruhe),—' §623. war nicht o^vvvai^ sondern ofiPvvai, zu betonen. — §625. ßXfiilfßrP Icann nicht heissen: ihr habt geschadet. — §6.^0. Tn der Tabelle der Präpositionen, die überhaupt viel zti spitzfindig angelegt ist, sieht man durchaus nicht ein, warum övv^ &vbv und dfiq)( sich auf Linien-, ngog^ cearo nnd,avtl aber auf Flächen* Verhältnissse beziehen sollen , da doch beide Reihen von beider- lei Verhältnissen gebraucht werden können, sowie auch von Körpern , und theilweise von Punkten. Auch begreift man nicht, v^ie der Begriff ringsum (xbqI) sich auf die Breite oder Quere einer Fläche beziehen soll. Ferner sdl der Begriff^: daran^ daravf {int) sich ausschliesslich auf die J^ö^e beziehen und die Vermittlung abgeben zwischen den Begrifien: oben und unten 0): Ebensowenig kann zu den Begriffen vorn und hinten die Vermitt- lung bilden der Begrifi^ daneben. Auch begreift man nicht, wie die Begriffe in und aussen gerade fiir die Kategorie der Weite passen sollen. — § 639, 5. heisst es, Iv bezeichne das Innerhalb sowohl bei Körpern als bei Flächen, und doch ist es in der Ta- belle einseitig unter der Rubrik der Körper aufgestellt. — § 639, 9. musste e% yiara%BipLdi^ und nicht lAüttaKHiioti heissen.^ — § 639, li. hätte die zulezt angeführte Bedeutung von ntxi (Theil- liahme, Mittheihmg) gleich nach 'der ersten (Da zwischensein) an- gefahrt werden sollen, wovon:sienur eine Modification bildet. — § 640. wird gehandelt von der Construction der mit Präpositionen zu- sammengesetzten Verba. Der Verf. stellt folgende Regel auf: „Kann man die Präposition vor dem Objecte wiederholen, oder vom Ver- bnm wegnehmen und zum Objecte hinsetzen, so steht auch immer der nämliche Casus, den die Präposition, vor dem Nomen stehend, fordern wiirde, z. B. aito%ri8av agpiarog :^ jtrjdäv dtp^ agpiarog. Lasst sich aber die Präposition nicht vom Verbum trennen ohne Zerstörunf der Bedeutung, welche in deren Vereinigung besteht, I 184 Griechische Sprache. SO richtet sich lediglich nach dieser Bedeutung auch die Con- atruction, z. B. dvTLnoiBlödal tivos nach etwas streben, duo- 6tQSt di ot xBq)€tX^ viq)og 'S6teq)s dla ^sdcov u. s. w., der Casus keineswegs allein von der Präposition abhängig seiii soll, son'dern vom Verbum in Vereini- gang mit der Präposition, ganz so wiß ausser der Tmesis, denn dann könnte man überhaupt alle Fälle, wo eine Präposition mit dem von ihr regierten Casus in einem Satze mit einem Verbum zusam- mentrifft, auf dieselbe Weise ansehen , also Alles als Tmesis be- trachten , wie dann z. B.^ auch das einfache slfii övv öol = sein würde övvsifil öoi* — § 664. Bei den metaphorischen Bedeu- tungen von ix musste bemerkt werden , dass sich diese aus den ursprünglich . örtlichen und zeitlichen Bedeutungen herleiten las« sen, und dass allen der gemeinsame Begriff des Ausgehens von etwas zu Grunde liegt« — § 675. äid mit dem Gen. Das unter 3. a. und b. Erwähnte ist nicht wesentlich von dem unter 1. Erwäh- ten verschieden und konnte mit demselben vereinigt werden. — § 681. ist falsch vBßgx>g statt vBßgog accentuirt. — § 683. bjcC c. Gen. Die beiden unter d. angeführten Beispiele ^bvbiv i%l T^g iavrov und ol iki öxtjv'^g gehören zu a) vom Räume. § 703. Mit Unrecht wird edkana unter die Perfecta IL ge- reehnet. -^ §. 704. wird fälschlich behauptet > ' dvolywftv habe die intransitive Bedeutung: ich gehe auf; es ist causativ wie die> Budere Form dvolya ; dafür musste es dvolyvv(ii,ai heissen. — Hartungs griechißche Schalgrammaük. 185 I dsSarjxa kömmt nicht von didciöKa^ sondern von /lASl^ woher anch dida^xco seinen Ursprung nimmt. — § 707. Anm. gehört das zuerst aufgestellte Beispiel xavxa ndvra ^oir^vioi^ iiol nicht dem personellen , sondern dem impersonellen Gebrauche des Adj. verb. an. — § 7.35. Eine vox hybrida ist jB^i?klination. — § 739. Anm. ist nctgä 0s und nicht nagd 6s zu schreiben , sowie § 757« äugois statt dtcgolg» — § 775, litt, h.-über xal ist es zu spiti- findig, in dem dort angeführten Beispiele wirklich zu ergänzen, was gar nicht nöthig ist. Dasselbe gilt von den meisten sub litt. c. angeführten Beispielen, wo %al durch schon übersetzt werden soll, z. B. dk)! dgHBöBi kuI xavxa » xal avxsQg. Hier reicht man mit auch aus. Ferner litt, f.^ wo Beispiele angefiihrt werden , in de- nen Hat durch nur übersetzt ist. Im ersten Beispiele ist dies richtig 9 das 2. aber dxi/cS xal XiYUv ist zu übersetzen: sogar (oder schon) zu sagen scheue ich mich. Im letzten Beispiele ist such das nu% überflüssig. — § 780. Unrichtig erklärt der Verf. die Partikelverbindung %a\ ds durch und auch; es entspricht vielmehr unserm : aber auch, — §. 788. Mit Unrecht schreibt der Verf. die Partikelverbindung fshv di] in ein Wort ff £i^di; zu- sammen. — p* 298. ist mit Unrecht xgi^^vax mit dem Iota subscr. geschrieben. — § 793. ist falsch accentuirt ;|^o^os statt ^l^o^og. Ebend. wird fälschlich gelehrt, dassauch bei jftot;, sobald sich y£ an dasselbe anschliesst, der Accent auf die erste Silbe rücke. — r. p. 302. § 802. muss es Blnovötjg xivog statt xivog heissen, § 804« d. {pogtlov statt q)6gxiov^ § 808« Hatsi, xov statt xdxeL To/. r- § 818. In der Stelle aus Eurip. ist-Aat^i^po statt kaiil^fjga xodl zu lesen. — § 828. musste es in der Auflösung h^issen: idv (xij naXä xd %gya ^ statt &6iv» — §, 830. steht b18\i statt bIS^^i § 831« ov8% ohne Accent, § 834, 2. oq statt og, — Gegen die Tempuslehre des Verf. lassen sich dieselben Einwen* düngen machen, die mit Recht Putsche in dem trefflichen Auf- satze in der Gymnasialzeitung 1841 No.9 und 10. p. 65 — 77. gegen die Zumptische Theorie der lat. Tempora erhoben hat. So gegen die irrige Ansicht § 837 fi*., dass man bei der Ausprägung der Formen für die verschiedenen Tempora die Handlung in Be*. Ziehung auf andere Handlungen betrachtet habe, mit denen sie zusammentrefie oder in gegenseitige Berührung komme. ,M. s. darüber Putsche 1. 1. p. 68 f. Sodann dass der Verf. die Begriffe Währung^ Vollendung und Bevorstehen für etwas wesentlich von Gegenwart^ Vergangenheil und Zukunft Nev^iMe^^ne^ betrach^ tet, da doch, wie Putsche gut gezeigt hat (p. ö7 f. 73 f.) erstere ganz dasselbe wie letztere bezeichnen und sich nur so unterschei- ~den, dass bei jenen auf das Zeitverhältniss der Handlung zum Subjecte derselben , bei diesen auf das Zeitverhältniss des Sub^ jects der Handlung zum Redenden Rücksicht genommen wird. — § 858. Redensarten wie dninxvöa u. s. w. sind nicht als Erwie^ derung aufzufassen, sondern so : in meinem Innern ist der Verab« 186 Griechische Spracht. ■cheauo^procesfl vorgegangen und dauert in seiner Wirkung noch fort. — § 867. Sehr unkiar werden Opt. und Conj. 'so unter- schieden, dass In jenem Möglichkeit oder Voratisaetzurig^ in die- sem Erwartung oder Vermuthung liege (wie unterscheidet der Verf. ^her die Begriffe?), und dies soll dann dqrch die Beispiele erläutert werden: XoiyLtv wir dürften gehen oder möchten wir gehen; imftsv lasst uns gehen oder wollen wir gehen (wo ist aber hier Erwartung oder Vermuthuiig?). — § 874., wo von den Temporibus die Rede ist, die nicht die Handlung selbst, die inp Verbo liegt, sondern nur den conatus derselben ausdriscken, ist mit Unrecht auch folgendes Beispiel des Perfecti angeführt: ro lihv hn iuslvoig slvai anoXciXars^ 6 8h d^fiogovtoöi vfi&g Itfcotfc, allein hier ist doch offenbar das Perfectum gesetzt wie das latei« nische Plusq« Ind.: actum erat de vobis, nisi popiilus foisset; es ist also hier ein reiner Bedingungssatz^ dessen Bedingung aber verschwiegen ist ($1 ui} 6 d^fiog ^v) und an deren Stelle der Satz 6 dh d'^fiLog — iacsöB gesetzt ist« — § 883, b. steht anäöi statt &x«6i, § 887. tSW fiir takk\ sowie § 928. TftAila statt taUa, § 887. Anm. nQodiö&ßsv statt XQoSvSc^ßBv ^ § 896« ort statt o^ri, desgl. § 908. Anm.; §907. Anm. 2. avQ^' cSi/ für dvd' av, § 915. Svnj'ga statt Qvttjga, § 928. Anm. ixsöd'ai statt txiö^m^ § 930. oq)iXi(Aog statt ciq>iki(iog^ § 938. fxi/at statt txfjfn^ § 950. Anm. dgiöoP statt Ögäöor. Von Druckfehlern (zu denen wohl auch manche schon ge- nannte Fehler gehören mögen) haben wir uns folgende angemerkt: p 20. ist wahrscheinlich durch einen Druckfehler ^srap und i^sRcr für '^nag u. s w. geschrieben. — p. 22. § 73. zu ßnde stellt avt(Q für oijtcp, § .294« p. 84. igi^gBKflfiai statt kgijgBiöiitai, § 324.' Ir^Asod'fyi/ statt heXiö^rjv^ § 375. Anm. 2. 6g)gig st. q>gig^ § 383. a. notog statt sroro^, p. 167. z. A« ^eganaiva ohne Accent, § 400. BogeadrjQ statt BogBaSijg^ § 449. Anm. fiakdyyolog statt pLBkayX't § 452. ötgitlfodiKog statt örgBifodixog ^ p. 194. kiÖipav statt BldBvm, § 5.00. ^g statt yg, § 501. fCsg statt ^l«^; § 504. rouss es einmal ivdsvtBv heissen für IvtBvbBv; § 505. steht Sggay- ÖBiv für d^pra^ari/, § 506. nkgai für xigal, § 509. ailoov statt «Jir'ov, dvKpato fUr dvifpato^ § 552. ävkgog statt dvigog^ § 581. fehlt nach srocoroc das Komma. § 629. muss das Citat § 618, 2. heissen: § 617, 2. — p. 260.' steht ÖBlia für JeJta, § 722. noXiHoigavlrj für nolvx.^ § 754. o statt 6. — § 765. muss in der Stelle aus Plato nach (fvv^vovv ein Komma stehen, § 775. in der Stelle ans Ilias jjyijöar für ijyi}UniversitatsiiachrichteB, _vnhQ 0o{}(jkiaivog naQay'Qcctpi} de mensae Sorte adversos Apellodoraiiiy et prp ApoUodoro luttd Zx^tfivov «, §i de falso testimomo , »^og Tiftod'Bov de debito , nqog IloXwtXia de samtibofl in trierarchia supererogatu ^ nsifl xov ox9fpuv9V trjg tQirjQaQxiots , XQog KakXmnov de deposito, nf^og Ni- HOCiifciTOV de caasa publica, %ccxa Necd^ots,^^ Rr hat zur Erreichung dieses Zweckes mit grosser Sorgfalt und Genauigk^t den geschichtlichen Zusammenhang dieser Processe aus den Angaben des Demosthenes selbst Eusammengestellty das Leben des Apollodoms und seines Stiefvaters Phormio beschrieben, den Einfluss der Zeitereignisse und die obwal- tenden Umstände , unter welchen die Processe geführt wurden , ausein- andergesetzt , daraus die Zeit jedes einzelnen Processen berechnet and so das Resultat gewonnen : „Oratae sunt causae ab ApoUodoro his annis : 1) adversus Callippum Ol. CV, 1 — CVJ, 2.; 2) adversus Timotheuni Ol. CV, 3 — 4., quo tempore in civium invidiam renit; 3) adversus Poly- clem OL C V, 2 — CVII, 2. , cum symmociarum descriptio , qualis ob- tri- butorum coliationem aliquot ante annis instituta erat, etiam ad rem trier- archicam traducta est; 4) Phormionis exceptio Ol. CVII, 3.; 5) adversus Stephanum T. et JI. Ol. CVIII, l. ; 6) adversus Nicostratum post hunc annum; 7) extrema denique omnium in Neaeram post Ol. CIX, 2.'^ Die Sehulerzahl betrug zu Ostern 1841 156, zu denen 41 neu aufgenommen waren , und ausser 9 Abiturienten zu Ostern 1841 und 3 Abiturienten za Ostern 1842 noch 19 andre Schüler die Anstalt im Laufe des Schuljahrs Terlassen hatten. Lehrer des Gymnasiums waren ausser dem Director Dr. Frdr. Stra$8 die -Professoren Dr. J. C%pA. Besler, Dr. Joh» Gtiü Wüh. Mensingy Dr. Theod. Karl Schmidt y Dr. Joh. Chr. Thierbaehj Dr. 1mm, Herrmann, Dr. Ju8t,sFrdr. Kritzy Dr. G^r, Wüh» Dennhar^, Dr. Joh. Dan. Wüh. Richter, der kathol. Religionslehrer Pfarrer Dan» Hucke und 3 Hulfslehrer. Die seit acht Jahren bestehende Realschule in Erfurt war su Weihnachten 1841 in ihren vier Classen von 72 Scha- lem besucht, weldie von dem Director und 11 Lehrern in 138 wo-* chentlichen Lehr^tunden unterrichtet wurden. Das zu Ostern 1843 erschienene Jahresprogramm enthält ausser den yon dem Director Dr« ünger mitgetheilten Schulnaphrichten einen Fernwh, die Unterrichte' ttitfen für die Naturwiggenachaften aue ihrer Geeehichte zu entwidseln, Ton dem Ordinarius der 3. Classe Dr. ÜTocA. — Das Domgymnasinm in Halberstadt hat . im Schuljahr 1840 nicht nur seinen Director Dr. ' Maaes durch den Tod verloren [s. NJbb. 28, 339.] , sondern es sind auch der Oberlehrer Dr. Schone und der Mathematicus A. Quidde an das Gyra- aasium in Herford befordert [s. NJbb. 30, 344.] und der erste Ober- lehrer Dr. Joh. Andr. Chimim Alters wegen soweit in den Ruhestand ver- setzt worden, dass er nur noch die Besorgung der Schulbibliothek behalten hat. In Folge dieser Veränderung wurde zu Michaelis 1840 der Oberlehrer Dr. Theod. Schmid zum Director ernannt und nach dem Oberlehrer Dr. Bielmann ruckte der Oberlehrer Dr. Schot«, welcher nach Sehone'B Weggang auch die Pensionsanstalt für auswärtige Schaler ibernommen hat, in die dritte, der Oberlehrer Jordan in die vierte, der Mathematicus Herrn. Schmidt in die fünftel der Collaborator Borz \ . BeforderDDgen und Bhrenbeseigangen. 191 mann in die sechste ordentliche Lehrerstelie aaf , ' der Hfilfislehrer Oklen* doff ond der Schnlamtscandidat Dr. W. Henberg^ wurden zu 'CoUabora- toren erwählt, der Mnsikdirector GeUs des Classenordinariats entbunden and ihm eine Gratification von 50 Thim, bewilligt und die Schulamts» candid^ten Dr. K. Ckut, Heüand und Dr. Hense als Hnlfslehrer angestellt« Vgl. NJbb. 27, 331. Doch ist im Jahr 1842 der Mathemat. Schmidt ver- storben und der Dr. Heraberg als Oberlehrer nach Elbing . befördert worden, nachdem er. kurz yorher noch eine kleine Schrift: Andtnken an Herrmann Schmidt, Oberlehrer und MathematieuM am Domgymnarium fgU Halberitadtj herausgegeben hatte. Die Schulbibliotbek hat die aus 5000 Banden bestehende Bibliothek des verstorbenen Directors Dr. MaoMe von dessen Erben und 300 Schulschriften des Domgymnasiums von dem Oberdomprediger Dr. Auguatin zum Geschenk erhalten. Die 7 Classen der Schule waren zu Ostern 1840 von 206 und im nächsten Schuljahr von 184 Schülern besucht, und im erstem Jahre waren 11 Abiturienten zur Universität entlassen worden. Das Osterprogramm von 1840 enthält, Beiträge zur Theorie des Kreises von dem Mathem. Herrmann Schmidt [30 (20) S. gr. 4. nebst einer Figuren tafelj, das des Jahres 1841 von dem Lehrer Bormann die Abhandlung : Quibus potissimum rebus factum t»it, ut Pericle mortuo Athenis omnia nutu et arbitrio demägogorum gubemarentur [26 (16) S. gr, 4.]. Ein andres, zur Einführung dea neuen Directors und zur Entlassung von Schulern auf die Universität am 14. October 1840 ausgegebenes Programm [16 S. gr. 4.] enthält bio- graphische Nachrichten über den Director Dr. SchnUd und über dessen aufgerückte und neuberufene Amtsgenessen. Die aus vier Classen beste- hende Realschule war zu Ostern 1841 von 161, zu Ostern J842 von 158 Schulern besucht, und soll neben den vier Realclassen auch besondere Elementarclassen erhalten , um die Knaben zum Eintritt in die Realschule vorzubereiten. Das zu Ostern 1842 von dem Director Dr. K, Ch, F. Fischer herausgegebene Jahresprogramm enthält als Abhandlung von dem- selben : Die gegenseitige Einmrkung von Elektromagneten , Stahlmagne- ten und deren Anker, — Ueber die lateinische Hauptschule des Waisen- hauses in Hallet, welche zu Ostern 1840 iu ihren 10 dessen 248 Sehn. 1er und 12 Abiturienten zählte, über das dasige kön, Pädagogium mit 83 Schülern zu Ostern 1839 ond '87 Schülern und 9 Abitur, zu Ostern 1840 und über die höhere Realschule de^ Wmsenhauses ist schon in uusem NJbb. 29, 105. 32, 463. und 36, 239. berichtet worden, und nur nach- träglich zu bemerken, dass der Director der Frankeschen Stiftungen und Professor der Theologie bei der Universität Dr. Niemeyer im November 1842 den rothen Adlerorden 4. Ciasse erbalten hat und dass für die^ 5 Kinder des verstorbenen Rectors Dr. Schmidt ein jährliches Erzxehungs» . geld, für die Knaben bis zum 17. und för die Mädchen hu zum 15. Jahre, aus Staatsfonds ausgesetzt und dem Lehrer Dr. Daniel am Pädagogium ebendaher eine Unterstützung von 120 Thlm. zur Fortsetzung sräeit Thesaurus hfmnologicus bewilligt worden ist. Am Pädagogium wurde zu Ostern 1840 zur Beseitigung des anderthalbjährigen Lehrcursus in Quarta und Quinta eine sechste Gymnasialclasse errichtet und der Cur- 192 SchttU and Universitätsnachrichten, 8U8 in diesen drei ClaMgen auf je 1 Jahr festgesetst. Der damals «rscbie nene fünfte Bericht über diese Lehranstalt von dem Director Prof. Dr« Herrn. Agath* Niemeyer enthält von demselben Gelehrten MiUheilungen über Woffgang Ratichius [36(28)8. 4.], welche sammt der seitdem erschienenen Fortsetzung [s. NJbb. 36, 239.] einen Vorläufer za einer Biographie und Charakteristik dieses bekannten Schalreformators und Methodikers des 17. Jahrh. bilden. Das erste Heft bringt nach einer Einleitung über die dazu benutzten Quellen und HiUfsmittel den Abdruck einer bisher angedruckten und auf der Gothaer Bibliothek befindlichen Relation yon der Lehrart Herrn Wolfgangi Ratichii , welche ein gewisser Meyfarth 1634 für den schwedischen Canzler Oxenstierna gemacht hat, und die Hr. N. noch dadurch erläutert, dass er aus zwei im J. 1613 gedruckten Berichten Ton Jenaischeu und Giessenschen Universitätspro- fessoren dasjenige aasgehoben, was dieselben an dem damaligen lateini- schen Schulwesen zu tadeln finden — welche Klagen in mehreren Punkten sehr auffallend an die Beschwerden Lorinsers erinnern — und dann aus einem von Ratich selbst an Meyfarth übergebenen handschriftlichen Tractat: Die allgemeine Verfassung der Christi, Schule, welche in der wahren Glaubens Natur und Sprachen Harmony^ auss Heiliger GottUcher Schrat, ^ der Natur und Sprachen y anzustellen, «uhestetigen und ssucr- htüten, zu der Lehr Art Ratichj, und aus Ratichs Schrift: Die Lehrari- lehr der christU Schule, den Hauptinhalt nachgewiesen und ein zweites Gutachten Meyfarlhs hinzugefügt hat. Für die richtige Erkenntniss der Ratichischen Lehrmethode sind di^ese Mittheilungen von grosser Wichtig- keit und man sieht daraus , dass dieselbe für ihre Zeit recht viel Gutes, aber mit mancherlei Unklarheiten und Mängeln vermischt enthält, trotz- dem dass diese Mängel unter einer grossen Geheimnisskrämerei und Vor- nehmthuerei versteckt sind. — Das kathol. Gymnasium in H£ILIG£^- STADT, welches seit 1841 von 5 auf 6 Classen erweitert worden ist, war za Ostern 1840 von 97, 1841 von 94 und 1842 von 87 Schulern besucht, welche nach der im Jahr 1840 erfolgten Pensionirang des' Prof. Turin von dem Director Mart, Rinke [Ordinarias in IL], den seit 1841 zu Oberlehrern ernannten Lehrern Prof. Barchard [Ord. in IIL] , Dr. Gass- mann [Ord. in IV.], TheU [Ord. in V.] und Kramarczik [Ord. in L], den Lehrern Seydewitz [Mathematicus] und Fütterer [Ord. in VI. Vgl* NJbb. 24, 341.], dem seit 1840 angestellten Hnlfslebrer Waldmann, dem evangel. Religionslehrer Adam, dem Gesanglehrer Ludwig, dem Zeichen- lehrer Mobes und dem 'Scbreiblehrer Arend unterrichtet wurden. Die Oberlehrer Thele und Kramarczik ' hßihen im Schuljahr 1841 — 42 eine Gratification von je 50 Thlrn. und der Zeichenlehrer Mobes eine Unter- statzong von 20 Thlrn.' erhalten und für die Bibliothek sind 350 Thlr. ausserordentlich bewilligt worden. .Das za Ostern 1840 erschienene Jahresprogramm enthält eine sehr panegyristische Dissertatio de gravi bistoriae naturalis momento ad universam insütutionis scholastieae. ratiO" nem neo non de vta, qua tradenda ceterisque diseiplinis iungenda aity scripsit ff, Thele* [19 S. und 16 S. Jahresbericht, gr. 4.] ; das Programm des Jahres 1841 De C. Caecilio FUnio minore dialogi de oratoribus auciore B-efÖrderutigeii und Ehrcnbeaseigungent ' 10<1 fikwrMo Tom Oberlehrer Jo9. Imrn* Kramaresdk [42 (22> S. 4«] \ das Programm au Ostern 1842 eine Theorie der perio^Üach homologen Bunlste^ Geraden und Ebenen j in Bezug attf das System dreier KegelschnkU^ welche einen vierten doppelt berühren , und mtf das von vier Flachen der Kweiten Ordnung oder Classe, welche eine fünfte umhüllen ^ vom Mathe- maticns Franz Seydewitz, [62 (42) S. gr. 4.] Die Abhandlung Ton Thele giebt nur eine ezcentrische Lobrede der Natnrwiasenscbaften , ohne die Schwierigkeiten ihrer höhern Behandlung in den Gymnasien in Be- tracht zu ziehen. Wichtig aber und sehr beachtenswerth ist die Unter- suchung von Kramarczik, wenn auch durch sie die schwierige Frage noch lange nicht zur Entscheidung gebracht ist. Dass der Dialogus de oratoribus ein Werk des Tacitus sei, hat man seit dem Erscheinen von A. Lange's Programm, welches in Dronke^s Ausgabe abgedruckt ist, ziemlich allgemein angenommen , weil man auf das einstimmige Zeugnis« der Handschriften und den aus Plin. Epist. IX, 10.* entnommenen Beweis ein grosses Gewicht legte, die ganze Denk- und Anschauungsweise in dieser Schrift für tacitinisch anerkennen zu müssen glaubte und über- haupt in* dem Dialog ein Zeugniss für den hohen Ruf der Beredtsamkeit, des Tacitus finden wollte. Zwar wagten Klossmann in Prolegom, in dialog, de oratoribus [Breslau 1819.] und Ricklefs in der Uebersetzung des Tacitus Th. 4. S. 199 L zu widersprechen; aber KcÜMtetn wusste dui^ch iseine Prolegomena in Taciti qui vulgo fertur dialogum de oratt» [Halle 1835.] Lange's Gründe so zu verstärken, dass Westermann . ihm beiti:at und Bonneil in der Abhandlung De mutata suh primis Caesar^us eloquentiae Born, condicione [Berlin 1836.] p. 5. dessen Grunde sogar für zwingend anerkannte. Auf die Verschiedenheit des Stils hatte man bis dahin wenig geachtet, und erst Eckstein hat die Bemerkung eingewebt, dass die Darstellungsweise im Dialogus, namentlich die Zierlichkeit und der Schmuck der Rede , gar nicht der Darstellungsform des Tacitus ent- spreche. Doch selbst aus sprachlichen Gründen wollte Hcffmann- Peerl- kamp in der Bibliotheca crit. nova V, 1. p. 109 — 137. den Dialogus dem Tacitus vindiciren und nur Eichstädt sprach bei der Revision der für Tacitus vorgebrachten Gründe das Resultat aus: „Quisnam ex iUa aetate conscripserit dialogum vis poterit ad liquidum perduci. De Quintiliano ne qua in posterum suspicio renascatur, cavit subtilitas Spaldingii; Tacitus nunquam videtur scriptionem totamque disputandi rationem pro ana agniturus fuisse; Plinio inniori qui libellum tribuunt, perpauca pro- tnlerunt nee satis idpnea sententiae suae argumenta.'^ Gegen Tacitus sprach auch Chctmann in Orelli's Ausgabe mit einigen treffenden Argu- menten, aber so wenig ausreichend, dass schon OrelU tvieder einige Grunde- für Tadtus geltend machte. ' Dagegen zeigte Jacob in einem Lübecker Programm , dass die in dem Dialogus herrschende vollendete periodische Sprache im nitidum dicendi genus mit der aufgelösten Periode des Tacitus, die mit diesem Stil übereinstimmende historische und litera- rische Gesinnung mit des Tacitus Weltanschauung und die eitle Selbst- bespieglung des Verf. mit dem Charakter jenes in scharfem Widersprudi - stehe* Für Plinius als Verfasser des Dialogs hat neuerdings besonders Pf. Jahrb. f. Vhil, u. Paed. od. KrÜ. Bibl. Bd. XXXVIII. Hft. % 13 194 Schul- und Univ^erflitatsnaohfichten, . A. JFiaich in unserm ArchW f. PhUol. u. P8d. V. p. 259---292. gekämpft und ihm schGesst sich Kramarezik mit seinen Erörterangen an«, I>ie Ton ihm gegen Tacitus rorgebrachten Grande sind nicht Ton erheblicher Bedeutung; nur das ist treffend dargethan, dass aas Plin. Epist. IX, 10« kein Beweis für Tacitos entnommen werden kann , weil die Worte : quae tu inter nemora et lucos commodiswne perfid putas^ die im Dial. c* 9. aU ein Dichterausspruch wiederkehren ,' sich gar nicht auf eine Schrift des Tacitus zu beziehen brauchen , sondern yieileicht nur aaf einen zwischen ihm und Plinius stattgehabten Scherz hindeuten, nnd weil dte ^aprorum penuria wohl auf eine mundliche Aensserung des Tacitus anspielen mag, aber im Dialog weder davon noch von der Meinung, Minervam et Dia- nam pariter colendas esse , irgendwo die Rede ist. Die für Plinins als Verfasser des Dialogs vorgebrachten Grunde hat im Wesentlichen auch schon Wittich geltend gemacht, aber sie scheitern an der bekannten Stelle des Dialogs, in welcher der Verfasser desselben versichert, er habe admodum iuvcnis dem Gespräche beigewohnt. Da nämlich Hr. Kr« das Gesprach im 6. Regierangsjahre des Yespadan wirklich gehalten sein lässt , und das Niederschreiben des Dialogs in die letzten Regierung^aiire des Domitian, die Herausgäbe nach dem Tode desselben setzt; so wärde Plinius damals, als die Unterredung gehalten wurde, erst 13 Jahr ak gewesen sein, nnd^müsste also noch puer oder eAmodum adoleseensj ntcht aber admodum iuvenis heissen. Denn wenn aueh der Verf. geltend macht , dass die Worte admodum iuvenis ein sehr relativer Begriff sind, und dies sogar sprachlich erhärtet; so konnte doch ein Idjähriger Kpabe unter keinem Verhältniss von einem Romer iuveim genannt werden. Durch diesen Einwand aber, der ganz entschieden gegen Plinius spricht, werden auch die übrigen Grande, die für ihn aufgeführt sind, bedeu- tungslos, and dies um so mehr, da der Verf. den sprachlichen Theal der Untersuchung viel zu flachtig abgemacht hat. Allerdings zahk er, am die Aehnlichkeit der Sprache des Dialogs mit der des PKnkis so beweisen, eine Anzahl Phrasen und Constructionen auf, aber es sind ^ dies lauter solche, die dem silbernen Zeitalter überhaupt angehören und deshalb für jeden andern Schriftsteller jener Zeit eben so gut gebraucht werden konnten. Somit ist denn also das positive Ergebniss der npoen Untersuchung ein durchaus bedenkliches; negativ aber bringt sie den Gewinn, dass auch die Meinung, welche den Tacitus zum Verfasser macht, grade in dem Vermerntlichen Hanptargament wieder wankend gemacht ist, nnd die Abhandlung bleibt immerhin eine «ehr dankens- werthe, theils weil sie den schwierigen Gegenstand überhaupt wieder zur Sprache gebracht, theils weil der Verfasser mit sehr viel Ruhe und namentlich mit aasgezeichneter Bescheidenheit seine Grande vorgetragen hat. — In Magd^bbuHg hat der kon. Regierungs- und Schulrath Dr. Schaub zu Anfange vor. Jahres den rothen Adlerorden 4. Classe nnd ' späterhin der Regierungs - nnd Schalrath Hahn den Hannoverschen Gnel- phenorden 3. Classe erhaUen. Das Domgynmasiam war im Scbnljahir 1839 — 40 in seinen 7 Classen von 353 Schalem besacht, welche neben ' dem Director und Consistorudrath Dr. Karl Punk von 12 Lehrern [siehe H^forderangen und Blirenbeseigiing«n« lOS Wbh. 36, 361.] uBtenrichtet worden. I>er mÜ 18M paadonirte Lehrer Bhun war am 2. Mai X8S9 gestorben, und im 8chalJaLr 18^-42 ging der Lehrei* Dr. fi. Horrmännj der im ialir 1839 bei Gelegenheit der snr beiondem Ciasse erhobenen Unterqointa am Gymnaehim angestellt worden war, an das Gymnasium in Minden and hatte den Schnlamtscandidaten Dr. Karl Rud. Merkel auf icnnse Zeit xom Nachfolger [s. Podog-o^m], Das Programm vom Jahr 1840 enthalt nater den^ Titel Commentaiio de parHeulie aut^ vel, »tve, emuer^^ a C Ditfurto [37 (22) S. gr. 4.] eine sehr allseitige Erörterong des Gebraachs dieser PartikeUi nach Reisiges Theorie, and bietet namentlich eine reiche und gntgewahlte Beispielsammlang. Das Padagogimn des Klosters Unsrer lieben Frauen hatte im Schuljabr 1839—40 208 8chJUer nnd 8 Jlbiturieuten , im Schu^ Jahr 1840--41 211 Schuler, im Schaljahr von Ostern 1842 bU dahin 1843 219 Schüler nnd 8 Abiturienten. Im Jahr 1839 war der Zeichenunter- richt, der seit 1838 nur von einem Privatlehrer ertheilt wurde , wieder unter die öffentlichen Lehrgegenstande für die 3 untersten Ciassen auf- genommen und die Zertheilang. der Quinta in 2 Ciassen wieder aufgehoben worden, am nicht die Bildongsseit der Schaler ohne Noth zu yerlangem. Von den Lehrern wurde 1840 der fünfte ordentliche Lehrer Dr« Jokm fifetnr« Sehultze als Pfarrer nach Altenweddingen befördert, zu Ostern 1842 ging der 3. ordentliche Lehrer Dr. Leop. Hehur, Krahner an das Pädagogium in Halle [s. NJbb. 36, 239.] und der in Schaltse's Stelle aufgerockte Lehrer Ernst Jlbr» Jui. Meüin [seit 1839 am Gymnasium angestellt] als Pfarrer nach fiükendorf , und der Candidat Dr. Kirchner^ weldier sein Probejahr hier bestanden hatte , erhielt eiife Lehrerstelle an der hohern Burgersdiule in A8CH£JiSL£B£ii ; zu Michaelis 1842 aber trat der Rector und Conventual Dr. Karl Frdtß SolMg von seinen Amtsge- schaften zurück, legte (nach 37jähr. Dienstzeit) so Ostern 1843 sein Amt ganz nieder und wurde mit einer Pension von 1000 Thlrn. in den ftnheetand versetzt. Vgl* NJbb. 26, 361» In Folge dieser Veränderungen wurde an Solbrig's Stelle der Rector des Gymnasiums in Tosgau Prof. O» Xr. Miller mit dem Prädicate eines zweiten Directors berufen , und nach den Professoren und Conventuaien Toiel, £fennig-e und Immermann und den ordentlichen Lehrern Prof. Schwalbe und Dr. Parreidt ist der Dr. Haeee in die dritte, der seit 1841 als Hni£dehrer angestellte Dr. Heinr» Teet^mann in düe vierte Lehrerstelle aufgerückt und als fünfter ordentl. Lehrer der Dr. K, R, Merkel vxim Domgymnasiuin angestellt worden» Die Hulfiilehrersteile war dem Lehrer Gtistt lÄebau vom Päda- goginm in Hallb ubertn^en, wurde aber, fveii dieser inzwischen an das GynMiasiam in SusBBfELD gegangen war, von Ostern bis Michaelis 184t von dem Schulamtacaadidatea Lenhoff und von da an , nach dessen Befördemng an das Gymnasium in Nsc-Rupfin, von dem bisherigen Privatdocenten an der Universität in Hallb Dr. Thide provisorisch, ver- waltet. Das zn Qstem 1840 erschien.ene 4. Heft der neuen Fortsetzung des Jahrbuchs de» Pädagognima von dem Probet, kön« Consistorial und SoWrath and Dhrector der Anstalt Dr. Zerrfinncr enthält eine Frobe der Baar^miMng emar newfn Jmgdbe von MaUhiae heiffaden für emen heurir 13* 106 8chnl- nnd UniTersitatsnachrichten. t * sHsehen Sefnäufiierrieht in der Elementar 'Mathematik von dem Proreeior Professor ttennige [59 (52) 8. gr. 4.], welche seitdem durch die Erschei- nung des Buchs selbst entbehrlich geworden ist; das_5. Heft desselben Jahrbuchs bringt S. 1^-10.: Orßtio de Regia nostri a»g. natali ipHt idibu8 Octohr. 1840* , 9110 die ^puli Brandenhurgid ^r legatos Beroll- num miasoa in verba novi 'regia iarabanty habita a Car* Frid. Solbrigy worin de novi regis laudibus verhandelt ist, 8. 10 — 15. Stemma Zoüer- nanae gentis und^. 17 — 25. Schulnachrichten [1841. gr. 4.]; im 7. 'Heft von Ostern 1843 aber steht: Euripidisy tragici poetae, phUoaophia quae et qualia fuerit, Seripsit C Hasse, Dr. ph, [50 (44) 8. gr. 4.], und der Verf. hat darin die philosophische Richtung des Euripides , das Wesen nnd die Tendenz seiner philosophischen Ansichten qnd deren Zusammen- hang mit der Philosophie des Anaxagoras allseitig besprochen und gelehrt begründet , sowie' in der Einleitung die philosophische Richtung der Zeit nnd die dafür vorhandene Neigdng nnd Empfänglichkeit der Athener gut nachgewiesen. — Das Domgymnasium in Mersbbürq war im Schul- jahr von Ostern 1889 bis dahin 1840 von 118 nnd 1840—41 von 124 Schülern besucht, welche von dem Reetor Prof. Karl Ferd» fFieck, dem Conrector Prof. Hieeke, dem Subrector Dr. Steinmetz^ dem Mathematicas Tenner y dem Coilaborator Dr. Sehmekely dem Quartus Tkielemann, dem seit 1839 angestellten Coilaborator Freier, dem Domdiaconus Langer und 4 Hülfislehrern unterrichtet wurden. Das Programm von Ostern 1841 enthält Einige Bemerkungen Hber die Gleichung ax^ 4^ 1 r== y^ von G. W, Tenner [22 (13) 8. gr. 4.], und das von Ostern 1840 eine recht sorg- faltig und fleissig gearbeitete, zunächst für das Bednrfhiss der Schüler bestimmte Commentaiio de aliqaot locis Odgsseae et Aeneidos ad Orci Mo- niumque descriptionem pertineniibus von dem Subrector »Dr. Karl Jug» Steinmetz [41 (30) S. 4.], worin die wichtigsten Stellen der Odyssee nnd Ilias , welche über Lage und Beschaffenheit des Hades und den Za* stand der abgeschiedenen Seelen Auskunft geben, mit Zuziehung der hierher gehörigen Bemerkungen von Halbkart, Spohn, Volcker, B. Tbiersch, Crusius und den Scholiasten erläutert und zu einer Gesammtdarstellung vereinigt sind , und dann eine Darstellung des Wesentlichsten , was Virgil über Orcns und Manen berichtet hat, mit Andeutungen über die Aehn- 4icbkeiten und Abweichungen von den Homerischen Vorstellungen ange- reiht ist. Da der Verf. nur zum Zweck hatte, die Gesammtvorstellnng von der Unterwelt bei Homer und Virgil zu ermitteln, so ist er nicht auf kritische Prüfung und Sichtung des Materials eingegangen , and hat namentlich bei Homer die abweichenden Nachrichten roebrerer Stellen weder genau unterschieden , noch ihren Zusammenhang mit dem Ganzea gehörig aufgeklärt, — Das Gymnasium in Muhlhaüsen , im Jahr 1542 ' als lateinische Schale eröffnet und 1626 mit dem Titel Gymnasium belegt, war 'bis in die neuste Zeit herab eine gemischte Anstalt für den bürger- lichen und gelehrten Unterricht , wurde aber bereits um das Jahr 1830 soweit In zwei Lehranstalten getrennt, dass die vier untersten Classen als eigentliche Burgerichale eingerichtet and die vier obersten xa i^einea Gymnasiaiciassen bestimmt nnd darch Hinzufugong einer fünften, mit Beförderutig&n und Ehren besBeigiiDgen. 197 dem Namen jUnterquarta belegten Classe erwdtert worden« Im Jahr 1840 aber ist die Bürgerschule gänzlich ybm Gyianasinm losgetrennt , fSr sie der Lehrer Otto aus Erfart' als Rector berufen, und ihre EröfiEhung als Knabenburgerschnle von ebenfalls 5 Classen am 28. Juli 1840 festlich • gefeiert ^worden. Für beide Anstalten ist seit dem Jahre 1838 ein neues schönes Schulhaus erbaut und am 15. Oct. 1841 feierlich eingeweiht und bWoge'n worden , in welchem nun beide Schulen so rereinigt sind , dasa jede ihre besondern Räume und ihren eignen Eingang hat. Ueber die Eröfiiiungsfeierlichkeiten ist eine besondere Schrift:. Einweihung des neuen Schulhauses für das Gymnasium und die Knaben- Bürgerschule etc. von dem Rector Herrmann an der Mädchen -Bürgerschule [Muhlhansen bei Rohling. 1841.] erschienen, und darin auch die Geschichte des Baues und der Entwurf der neuen Einrichtung der Knaben -Bürgerschule mit* getheilt. Somit hat nun Muhlbausen 12 öffentliche Schulen mit 41 Leb-* rern, nämlich ein Gymnasium von 5 Classen, mit weichem zugleich ein Neben - Seminar • für Elementarschuliehrer verbunden ist , eine Knaben- Bnrgerschnle von 5 Classen mit eignem Rector und 6 Lehrern , eine Mädchen - Bürgerschule von 5 Classen mit eignem Rector , 4 Hauptleh* rern, einem Zeichenlehrer und einer Lehrerin für weibliche Arbeiten, eine Volks- und Armenschule von 2 Knaben- und 2 Mädchenclassen mit eignem Rector, 4 Lehrern und einer Lehrerin far weibliche Arbeiten, 4 städtisch« Parochialschulen, meist Elementarschulen, jede von dem Küster der Parochie besorgt, und 4 vorstädtische Volksschulen mit 5 Lehrern. Dazu kommen noch als Privatstiftungen eine Klein- Kinder- Bewahranstalt , eine Anstalt für verwahrloste Mädchen , eine Sonntags -. Gewerbschule und eine Anstalt für arme Taubstamme. Das Gymnasium war in seinen 5 Classen zu Ostern 1840 von 141 , zu Ostern 1841 von 129 und zu Ostern 1842 von 122 Schülern besucht und entliess im erstem Schulj. 2 , im letztern 3 Abiturr. zur Universität. Von diesen Schülern gehorten aus den 3 obersten Classen im ersten Schuljahr 6 , im zweiten 14 dem Neben - Seminar an , welche in den Classen an dem sämmtlichen - wissenschaftlichen und an dem sprachlichen Unterrichte im Deutschen und Franzosischen Theil nahmen , aber von dem lateinischen und griechi- schen Unterrichte dispensirt waren und dafür .besondern Seminar -Unter- richt in Bibelkunde, allgemeiner Methodik, Katechetik, praktischem Rechnen und Formenlehre, Generalbass, Orgelspiel und Singen erhielten. Lehrer des Gymnasiums sind der Director Chr, Wüh. Haun, der Pro- rector Idmpeft^ der Conrector Dr. Schlickeisen, der Subrector Dr. Mühin öerg-, ^dic Subconrectoren Hartrodt und Dr. Ameis, der CoUaborator Becke, der Superintendent Dr. Schollmeyer [besorgt seit 1841 den Reli- gionsunterricht in Prima und Secunda], der Diaconus Karmrodi [als Reli- gionslehrer in den übrigen Gymnasialclassen] , der franzos. Sprachlehrer Neubauer [seit kurzem als solcher fest angestellt], der Schreib- und Zeichenlehrer Dettmanny der Musikdirector Thierfelder und dmr Pastor Barlosius [als Hauptlehrer am Neben - Seminar]. In dem Jahresbericht über das Gymnasium von 1841 [24 S. 4*] hat der Director Dr. Haun neben den herkömmlichen Mittheijangen über die Schule zugleich über die' 198 Schal- ond UQiTersitStBnachrichteay «ifolgte Trennung des Gymnasiums and der Knaben - Bürgerschale and aber die Feier des Traaergedächtnisses an den entschlafenen and des Haldigangsfestes for den nenen König berichtet and die zur Gedächtniss- feier gehaltene deutsche Rede S. 21 — 24. abdracken lassen; in dem Jahresbericht von 1842 aber [28 S. 4«] aber die Einweihung des neuen SchttJgebandes Mehreres mitgetheilt and eine lithograpbirte Ansicht des- selben sammt dessen Grundrisse beigelegt* Zu dem ' erstem Jahres- berichte gehört noch eine Abbandlang vier Sehülgeaetsgehung von dem Birector Dr. Chr. W. Haun [Muhlhausen 1841. 26 S. 4.]y wozu im zweiten Jahresbericht ein Nuchirag [12 S. 4.} geliefert ist. ' Der Verf. entwickelt darin in sehr durchdachter and überzeugender Weise Vom idealen Gesichtspunkte der Schalerziehung aus , vielleicht aber mit etwas ^ zu wenig Berücksichtigung der praktischen TVirklichkeit, dass die Schule als Erziehungsanstalt keine Gesetze für Schüler -haben darf, sondern ausser der allgemeinen Schulordnung und allgemeinen Nachrichten für die Eltern nur einige sittliche Gebote für die Schüler braucht, über deren Wesen, Inhalt und Anwendung die nothigen Auseinandersetzungen namentlich in dem Nachtrage mitgetheilt sind. -^ Das.Domgymnasiam in Nadmburo zählte im Schuljahr 1839—40 in seinen 5 Classen 117 Schüler und 10 Abiturienten , im Schuljahr. 1840-— 41 112 Schüler ifnd 2 Abiturienten, im Schuljahr 1841— -42 llB Schüler und 10 Abiturienten, . im Schuljahr 1842—43 119 Schüler und 4 Abiturienten. Im Lehrplan sind seit Michaelis .1842 zum Besten derjenigen Schüler, welche nicht Studiren wollen, parallel mit Quarta, Tertia und Secunda zwei Real- classen eingerichtet worden , in welchen diese vom griechischen Untere rieht dispensirten Zöglinge noch weitern Unterricht in deV deutschen and französischen Sprache, im praktischen Rechnen und in der. Physik, in der obern Classe anch Unterricht im Englischen erhalten, sowie in gleicher Jlücksicht auf dieselben der französische Unterricht seitdem überhaupt schon in Quinta begonnen wird« Das jährliche Schulgeld der Schüler ist seit dem 1. April 1839 für die Primaner auf 14 Thlr., für die Secundaner auf 12 Thlr., für die Tertianer auf 11 Thlr. und für die Quartaner und Qiüntaner ^a£ 10 Thlr. festgesetzt. Das LehrercoUegiam ist in den obern Lehrerstellen anverändert geblieben [s. NJbb. 25, 458.], hat sich aber in den untern Lehrern mehrfach verändert^ indem zu Ostern 1840 der seit 1836 an dem Domgymnasiam thätige Schulamtscandidat Dr. Fr. Ludw. Brekenhach als Lehrer und Alumneninspector an das Gym- nasium in ScBLBüsiNGSN ging und dafür die Schulamtscandd. C. Rauch" fuee^ Aug» Wiegand und Wühi Hoüze eintraten, zu Ostern 1841 der Candidat Wiegand Lehrer an der hohem Bürgerschule 'in Halberstadt würde, der Zeichen- und Schreiblehrer C Hetzer und der Candidat C. RttwsJtfusa die Schule verliessen und am 9. Juli desselben Jahres der franzosische Sprachlehrer Ad. Geiler in. einem Alter von 68 Jahren stai^b und an dessen Stelle der Sdiulamtscandi^at C. F. Benieken trat, und der i&anzosische Sprachlehrer Cawn einige franzos« Sprechstunden in den obern Classen übernahm, dagegen im April 1842 der Candidat Benieken ala Lehrer an die höhere Bürgerschule in EULBERßXAPT befordert Beforderuogep and Klirei^bexoi^uugen. 199 wurde. Qegenwäriig unterrichten an .der ^Schule der Director Dr. Fortsch [seit Anfang 1840 durch das Pradicat eines kön. Directors aus- gezeichnet] , die Conrectoren I)r. Müller [seit April 1842 zum kön. Pro- fessor ernannt] und M. Schmidt, der Subfector Dr^ lÄehtüdty der Mathe- maticus Hülsen , der Ordinarius für V. Dr. ConstanU Matthia [seit dem Sommer 1840 definitiv als Lehrer angestellt] , der Domprediger Heizer, der MusikdirectorCZauctius, die Hulfslehrer Dr. Holize [seit Ostern 1842 üls solcher angestellt] und Dr. Frdr, GusU Schulze [seit Mai 1842 als Lehrer des Französischen angestellt] , der franz. Sprachlehrer Cavin und die seit Ostern 1842 angestellten Schreiblehrer Heinr, WÜh, Künstler und Zeichenlehrer Frdr, Aug. Weidenhach, In dem Osterprogramm 1840 steht eine sehr gediegene Abhandlung De Valerio Antiate annaUum scri- ptore von dem Subrector Dr. Liebaldt [Naumburg gedr. b. Klaffenbach. 99 (32) S. gr. 4.] , oder eine kritische Untersuchung über das Leben und die Schriften dieses . römischen Annalisten , wodurch die gegen ihn erho- benen Verdächtigungen grossentheils beseitigt und überhaupt folgende ^gebsisse gewonnen sind. Von Valerius Antias ist weder der Vor- name, noch dessen Geburts- und Todesjahr bekannt , und fest steht blos , dass er des Marius und Sulla Zeitgenosse gewesen ist und im Jahr ^63 n. R. E. noch gelebt hat. Dass derselbe 676 Prätor gewesen sein soU, scheint ans einer Verwechslung mit dem Prätor Q. Valerius Soranus im J. 670 ersonnen zu sein, 'und wahrscheinlich hat der Annalist nie ein öffentliches Amt bekleidet. Antias heisst er nicht, .weil er aus Antium gebürtig war, sondern weil er zu der schon seit 541 'in Rom befindlichen Familie der Valerii Antiates [s. Liv. XXIIT, 34.] gehörte. Priscian. V, 4. spricht es deutlich aus, dass Anitas nicht Nomen gentile ist, und ein zweiter (von dem Verf. übersehener) Beweis liegt in der bei Livius häufigen Wortstellung Antias Valerius, weil es römische Sprechweise ist, da, wo bei Eigennamen das Praenomen wegbleibt, den Familiennamen vor 4en Geschlechtsnamen zu stellen und den erstem gewissermaassen als Praenomen gelten zu lassen , diese Umstellung aber bei einem Nomen gentile entweder überhaupt nicht gestattet gewesen oder wenigstens vor der Zeit des Tacitns nicht in Gebrauch gekommen ist. Die Annalen des Antias haben aus wenigstens 75 Büchern bestanden und Roms Geschichte von den ältesten Zeiten bis auf Marius und Sulla herab behandelt. Aus den Fragmenten lässt sich folgern , dass die ältere Geschichte ziemlich gedrängt, die neuere sehr ausfuhrlich erzählt war: denn im zweiten Buche wird noch von Numa verhandelt, im dritten ist die Geschichte schon bis zum Jahr 573 und im zwölften bis zum Jahr 617 fortgeführt, und die übrigen 63 Bücher können also nur einen Zeitraum von 50 Jahren umfasst haben. Hinsichtlich der Behandlnngsweise des Stoffes ergiebt äch, dass Antias in den ältesten Zeiten mehrfach eine Deutung der Mythen versucht, aber zugleich auch allerlei Sagen und Fabeln erzählt hat. Livius wirft ihm vor, dass er für seine Nachrichten. nicht allemal die zuverlässigsten Quellen benutzt, bei den Angaben der in ded Schlach- ten Gefemenen, der eroberten Beute und ähnlicher Dinge die Zahlen liDgebührlich vergrössert und öfters Dinge- erzählt habe, von welchen 200 Schal- and UniversitaiBnachrichten, ausser ihm Niemand etwas wisse. Niebuhr nnd Lachmann haben diese Anklagen des Livins noch bedeutend gesteigert and dem Antias fast alle 01aubwardigkeit abgesprochen. Offenbar aber hatte schon Liviiw seine Beschaldigangen abertrieben /oder doch zu schroff heransgestellt , weil er dem Antias Fehler anrechnet, welche bei allen Annalisten, ja über- haapt bei fast allen Geschichtschreibern vorkommen. Achtet man darauf, wie oft Livius die Angaben des Antias nachgeschrieben oder Thatsachen erzählt hat, die dem von Antias Erzahlten an Zuverlässigkeit nachstehen; so entsteht der Verdacht, er möge jenen absichtlich verkleinert haben. Unzweifelhaft ist es, dass das Werk des ^ntias sehr reich an Material und selbst an kleinen Details war, und wenn auch die wenigen Frag- mente den speciellen Werth seiner Geschichtschreibung nicht mehr erken* nen lassen, so hat er doch zuverlässig an historischer Bedeutsamkeit weit höher gestanden , . als man seit Niebuhr anzunehmen pflegt. Im Osterprogramm 1841 hat der Mathematicus Hülsen üeber einige tranagcen- dente Curven [36 (20) S. 4. mit l Figurentafel], im Programm von 1842 der Lehrer Dr. Conatant Matthiä lieber den deutsehen Unterricht auf- Gymnasien [19 S. und XVIII S. Schulnachrichten. gr. 4.]. geschrieben. Die zweite Abhandlung ist eine mit dem lebhaftesten Interesse und mit wahrer Begeisterung für die Sache geschriebene, daher durchaus leben- dige, frische und anziehende Erörterung eines Unterrichtszweiges der Gymnasien , welcher grade in der Gegenwart ein Gegenstand der viel- fachsten Besprechung geworden , und für welchen die rechte Lehrpraxis noch sehr schwankend und zweifelhaft zu sein scheint. Der Verf. hat die beiden Hauptpunkte der Erörterung richtig in's Auge gefasst nnd zuerst über die Wichtigkeit dieses Unterrichtszweiges für die Gymnasien verhandelt, dann aber einen Lehrplan desselben vorgezeichnet, welcher scheinbar zwar mit der bestehenden Praxis ziemlich nahe zusammentrifft^ dennoch aber sehr wesentliche Abweichungen von derselben hervorrufen will. In beiden Beziehungen verlangen die ausgesprochenen Ansichten eine umständliche Besprechung und theilweise Ergänzung oder Berichti- gung, weil der Verf. in Folge des beschränkten Baumes, der ihm im Programm gestattet war, Vieles nur angedeutet, überhaupt aber nur die Lichtseiten des deutschen Unterrichts hervorgehoben und die zur richti- gen Erkenntniss noth wendig zu machenden Gegensätze fast gar nicht beachtet hat. Dennoch aber enthält seine Abhandlung so viel Treffliches lind Beachtenswerthes über den Gegenstand, dass man die Schrift allen Lehrern der deutschen Sprache recht dringend zur Beachtung empfehlen , DdUss. Ueberhaupt zeigt die Erorterungsw^ise , dass sich der Verf. sehr tief und allseitig in den Gegenstand hineingedacht und dessen Wesen im Allgemeinen sehr richtig aufgefasst hat; und dabei verrathen seine Vor- schläge überall ein so echt praktisches Bewusstsein, dass man in ihm nicht nur einen sehr tüchtigen und gewandten Lehrer der deutschen Sprache erkennt, sondern auchTfür sich selbst in Bezug auf die Praxis recht viel ans seiner Schrift lernen kann. Den ersten Hauptpunkt der Erörterung üb,er die Wichtigkeit des deutschen Unterrichts als Bildunga- mittels hat der Verf. zu kurz abgemadit, und zwar üehr richtig darauf BefSrdernngen und Ehrenbeielgongen. 201 hingewiesen , dass in ihm das nothwendige Bedingnlss enthalten sei, dem Schüler znr rechten Einsicht in das wahre Wesen seiner Motterspracbe und zum richtigen Gebrauche derselben za verhelfen, dass derselbe femer das wirksamste Mittel sei zur harmonischen Ausbildung der See- lenkräfte und darin den alten classischen Sprachen wenig oder gar nicht nachstehe, und dass er endlich das bequemste Bildungsmittel gewahre^ weil er für den Schüler den leichtesten, bekanntesten und anziehendsten Stoff biete ; aber die Beweisführung ist zu einseitig und nimmt auf den obwaltenden Streit der Pädagogen und Schulen gar keine, Rücksicht. Es durfte hierbei nicht unbeachtet bleiben, dass noch yiele Gymnasial- \ehrer der alten Schule die Meinung festhalten , ein besonderer deutscher Unterricht sei wenigstens für die Gymnasien überflussig , weil schon bei Gelegenheit des classischen Unterrichts das Nothige für die Kenntniss der Muttersprache nebenbei mitgelemt werde. Der Gegensatz der Real- und Bürgerschulen, welche dem deutschen Unterrichte einen ausseror- dentlichen Bildungswerth beilegen und in der That für dessen Entwick- lung Ueberrasehendes geleistet haben, beseitigt jenen Einwand schon , darum nicht , weil diesen eben das Bildungsmittel der classischen Spra- chen fehlt und Weil sie schon vermöge der Jugend ihrer Schüler über die elementare Einübung der Muttersprache nicht erheblich hinauskommen, dadurch aber die Entwicklung des Geistes zur freien Thätigkeit und zur selbstständigen und bewusstvolleii Herrschaft über die Muttersprache nicht erlangt * wird. Was aber die Gymnasien bisher für den deutschen Unterricht gethan haben, das ist doch vorherrschend ein praktisches Ueben, am »Stoffe der deutschen Literatur, weniger ein Benutzen des Sprachmaterials zur formalen Bildung gewesen, und aus der Theorie' des Hm. M. selbst sdieint hervorzugehen, dass auch er die zu erstrebende Herrschaft über den Gebrauch der Muttersprache vomehmiich durch praktische Uebungen erlangen will und also zumeist im Stoffe sucht. Am Stoffe aber kann doch wohl nur deijenige denken lernen, welcher schon eine zureichende Einsicht in die Form und Behandlung desselben erlangt hat, und ohne diese Einsicht kann man durch fleissiges Nach- ahmen der Knnstformen Andrer wohl eine bedeutende mechanische Fer- tigkeit, schwerlich jedoch eine freie und selbststSndige intellectuelle Bil- dung erringen. Jedenfalls aber darf ein blos mechanisches Einüben im Gymnasium nicht stattfinden , da dieses überall zur rationalen Sprach- erkenntniss hinführen soll, und da ohne die letztere eine wahre intellectu- , ^ eile und ästhetische Bildung nicht erstrebt wird. Da sich die Gymnasien in der Gegenwart schon bei dem Lateinischen nicht mehr damit begnügen, ein sogenanntes Sprachgefühl zu eräsielen, sondern ein möglichst hohes Sprachbewusstsein erwecken wollen; so muss in der' Muttersprache dieses Streben offenbar noch bestimmter hervortreten, und wer den Bil- dungswerth derselben beweisen will, der bat vor Allem den analytischen Weg nachzuweisen , auf welchem der deutsche Sprachunterricht in for- maler Behandlung am leichtesten und sichersten eine rationale Sprach- erkenntniss verschafft. Und dieser Beweis kann so lange nicht erlassen werden , als unsre deutschen Grammatiken und Stilanweisungcn sich noch i 203 Sckai- und UaiTersitatsnachriciiteny lA den beiden. Bztremea entweder der blinden und todten jSprachempirie oder der abstracten Sprachphilosephie bewegen« Da luuure Schaler in 4er Muttersprache die allgemeine Kenntniss der Empirie schon mitbrin- gen und nur in den untersten Classen ein theilweises Ergänzen derselben noch nöthig und anwendbar ist, in den obern Classen jede reine Behand- lung des empirischen Regeiw^rkes !^ur geistigen Erschlaffung der Schüler fuhrt, und da umgekehrt die philosophische Betrachtung über die Fas- sungskraft derselben hinausgeht; so giebt es nach des Ref. Dafürhalten für die Gymnasien keinen bessern and bequemem Weg, als durph Ver- gleichung derjenigen fremden Sprachen, die der Schäler kennt, dem- selben die Gegensätze zur Muttersprache Torzufähren und voU der Erwe- ckun^ dieses Bewusstseins aus allmählig zur Erkenntniss der Unterschiede pnd von diesen wieder zur Erkenntniss der Ursachen aufzusteigen. Viel- leicht lassen sich noch mehrere andre Wege der jationalen Erkennt- niss .der Muttersprache finden; jedenfalls muss aber ein solcher erst nachgewiesen und sein Einfluss auf den Geist des Schülers festgestellt sein, bevor man den intellectuelien Bildungswerth unsrdr Sprache und sein Verhältniss zu dem der alten Sprachen bestimmen und messen kann* Dieselbe mangelhafte Beweisführung hat sich der Verf. auch bei der B'estimmung des ästhetischen und, moralischen Bildungswerthes zu Schul- den kommen lassen, wo er wiederum die ästhetische und moralische Crewohnung mit der Bildung verwechselt zu haben scheint, indem er sonst darauf hätte aufmerksam machen müssen, dass eine wahre Eoitwick- lung und Kräftigung der ästhetischen und moralischen Gefühle nur aus der Intelligenz und der klaren Erkenntniss der Wahrheit hervorgehen- kann. Er versichert uns, die deutsche Leetüre wirke xdarum. viel tiefer und allgemeiner auf die Phantasie und das Gefühl ein , als das Lesen der alten Classiker, Weil der Schüler bei den letztem wegen der Schwierig- keit der fremden Form und wegen , seiner eignen geistigen Unzulänglich- keit in den Charakter derselben nicht genug einzudringen vermöge und darum di%L Schönheit ihres Ausdrucks und ihrer Darstellung mehr koste als geniesse, mehr ahne als empfinde. Dies ist wahr, wenn man blos an die Erregung des Gefühls denkt, aber zweifelhaft, wenn man dessen oatnrgemässe Entwicklung und Bildung in's Auge fasst. Wenn nämlich in der alten classischen Literatur die Schwierigkeit d«r fremden Form der Erkenntniss der Schönheit hemmend in den V^e tritt; so besteht in unsrer Literatux^ für den Schüler ein noch weit grösseres Heramniss in der Innerlichkeit, Tiefe und Abstracüon, unter welcher die Sprache des Gefühls und des Gemüths in ihr sich darstellt. Unser nationales Gefühls- leben ist vorherrschend ein Sichzurückziehen von der sinnlichen Aussen- weit und ein Einkehren in das Gemüth , um dessen innerste Regungen mit. geistigem Auge zu beschauen : es offenbart sich in der Sprache durch metaphorisch -emphatische Ausdrucks weisen , welche, der sinnlichen An- schauung entzogen, nur durch das schon gereifte geistige Abstra- ctionsvermögen erkannt werden können. Das Gefühlsleben des- Scha- lers aber ist in seinen Regungen noch vorherrschend sinnlich und in sei- nen Aeussemngen nach der Anssenwelt hingerichtet , darum zwar befa- Beförderungen &n4 Ehrenbeaeignngen. SOS higt', die sprachücbe Änspragang eines tiefen Innern GeföhU zu ahnen und von ihr erregt zu werden , nicht aber reif genug , um sie gehörig «u erfassen und zu begreifen« Allerdings wirRt eine öftere Erregung der Gefahle .auch auf Belebung und Kräftigung derselben und dieselbe kann auch, vrenn sie fortwährend durch die Anschauung schöner Muster erweckt wird, im Allgemeinen eine richtige werden, aber die Bildung wird dennoch nur eine mechanische sein. Man lasse den Schüler eine ▼on tiefer GefahUinnlgkeit durchzogene Ballade Uhiand's lesen , und er wird sofort von ihrer Schönheit ergriffen sein ; giebt man ihm aber auf, dieselbe mit Gefühl vorzulesen, so wird er yielleicht ein bedeutendet Pathos kund gebei^, doch die richtige Modulation der Stimme schwerlich treffen« Soll er sie nun aber etwa gar durch eine eigne Ballade nach* ahmen, so geväth er zuverlässig entweder in übertriebene^ Bombast oder in bohle und schiefe Sentimentalität. Giebt man auf die natürlichen Gefühlsäuäserungen eines noch nicht verbildeten Jünglings Acht, ao erkennt man,' dass sie als sinalich - emphatische und bildliche Ausprä-r gungen in der Sprache erscheinen. Das Analogen zu seiner Gefühls^ spräche aber findet sich in den Sprachen des Alterthums [vgl. Müller über die SophokleiBcbe Naturanachauung im Liegnitzer Gymnasialpror gramm von 1842] , und auf sie also sind wir hinge^^riesen, wenn die Ent* Wicklung und Veredlung des Gefühls einen naturgemässen Anfang nehmen soll« Wenn der. Schüler den Schiller^schen Abschied Hektor's von der Androttiache liest , so werden die zarten Liebesgefühle der beiden Gatten sein Gemüth gewaltig ergreifen, während ihn vielleicht die Homerische Beschreibung desselben Abschiedes, ohne besondere Hinweisung auf' ihre Sjchönheiten, kalt und gefühllos lasst. Sehr schwer aber wird er die Gefühlssprache Schillers für sich zum klaren Bewusstsein erheben, obscboji Hektor's Abschied ein Jugendgedicht desselben ist und über* dies in dessen Gefühlssprache überhaupt eine vielfache Hinneigung zum Antiken sich kundgiebt; aber warum bei Homer die Andromache ihren Gatten dem Vat^, der Mutter und den Brüdern gleichstellt, das erkennt er sofort als einen naturgemässen Gefühlsausdruck: denn auch für^ Ihn wird der geliebte Freund zi^m Bruder, der treue Beschützer zum Vater. Aus dieser Erscheinung folgt übrigens nicht, dass. der Schaler blos an der Gefühlssprache des Alterthums gebildet werden soll; vielmehr muss von dort her nur diyB erste intellectuelle Verstehenlernen der Gefühls- spräche beginnen und daran der Uebergang zur Erkenntniss der Gefühls» Sprache unsers Volkes sich anreihen, weil ja der Schüler durch die Schulbildung in. das nationale Leben und Streben seines Volkes einge* führt und zu dessen richtiger Erkenntniss und Würdigung befähigt wer* den soll. Aber das folgt allerdings daraus, dass der Beweis, unsre Sprache biete den besten ästhetischen Bildungsstoff, auf v andre Weise geführt werden muss, als es von dem Verf. geschehen ist. Und dazu bedarf es vornehmlich einer spedellen Nachweisung des Weges, wie man das Gefühl des Schülers nicht blos erregt, sondern zum klaren Bewusst* sein bringt. Die frühern Commentatoren der Schriftsteller pflegten bei ^ schonen Stollen auszurufen : „tute schon ist da^i ^\ und wirkten dadurch 204 Schal' and Universitätsnachrichten, . wenigstens anf die Erregang des Gefaiils; die jetzigea Commentatoren streben weiter , verlieren sich aber gewöhnlich in so abstracte Gefühls - erorterong, dass der Schaler dieselbe nicht versteht and dass ihm darch das Grabein darüber aach ^noch ^e reine Gefühlerregang zerstört wird. Der Anfang zn einer klareren Gefühlserkenntniss and GefuhUbeschrtübang mOBs aber von daher begonnen werden , dass ansre Grammatiker and Stitlehrer'die sprachlichen Erscheinungen and Aaspragangen des Gefühls- lebens onter bestimmte Gesetze bringen and darch sie die GefShissprache objectiv machen. Im zweiten Theile der Abhandlung hat der Verf. den Lehrgang des deutschen Sprachunterrichts im Gymnasium bestimmt und denselben nach drei Lehrstufen, einer untersten für Sexta bis Quarta, einer mittlen für Tertia and einer obersten für Secanda und Prima, zerfallt und jeder derselben wieder einen dreifachen Unterricht, pämlich theoretischen Unterricht, schriftliche Uebungen und mündliche Uebungen, zngeth^ilt* Die schriftlichen Uebungen zerfallen in Aufsätze ^ die za Hause, und solche, die in der Classe gearbeitet werden sollen; die mündlichen Ue- bangen in freie Vortrage und in Lesen. Wie sehr der Verf. aber seinen ganien Lehrplan von den prdctischen Arbeiten am Stoffe, also von der > darch praktische Uebungen zu erzielenden Sprachfertigkeit, abhängig mache, das offenbart sich daraus, dass er nicht nur die praktischen Uebungen, zuerst die mündlichen und dann die schriftlichen, obenan stellt nnd die theoretischen Erörterungen^ zuletzt folgen lässt, sondern dass er auch über die Behandlung der beiden erstem Theile vielfache praktische JVinke mittheilt, aber bei den theoretischen Vortragen nur die Abstnfang der Lehrobjecte angiebt. Er fordert nämlich für die unterste 'Stufe Satzlehre, und zwar für Sexta die Lehre vom einfachen, für Quinta die vom zusammengesetzten Satze und für Quarta das Wesentliche der Perio- dik, für die mittle Stufe die Erweiterung der Satzlehre und ihre Ver- dinigung zn einem möglichst klaren und bündigen Zusammenhange , rhe^ torische Vorübungen, das Allgemeine der Prosodik und die Anfange dev^ Metrik , für die oberste Stufe Metrik und Rhetorik und für Prima etwa noch' philosophische Grammatik. Ausserdem hat er bemerkt, dass er sich hinsichUich der Literaturgeschichte und Poetik den Vorschlägen Hiecke*s in dessen Schrift „der deutsche Ünterticht auf deutschen Gym- ' nasien^^ S« 245 f. anschliesse , und dass die altdeutsche Sprache und Literatur nicht in den Gymnasialunterricht gezogen werden soll. ' Ueber die üftethode ^er genannten' Lehrgegenstände ist nichts weiter erwähnt, als dass dieselbe auf dejr untersten Stufe eine sinnlich - concreto Behand- iungsweise sein , auf der mittlen alles dasjenige , was die Vernunft des Schülers in Anspruch nimmt, aasschliessen , und auch auf der obersten in möglichst concreter Form gehalten werden soll. Das« damit aber die Schwierigkeiten und Abirrungen, an welchen der deutsche Unterricht gegenwärtig in den Schulen leidet, durchaus nicht beseitigt sind, dies wird sich schon aus den oben gemachten Andeutungen ergeben. Das Aasschliessen der altdeutschen [und mitteldeutschen] Sprache und Lite- raitur wird wahrscheinlich kein Gymnasiallehrer anfechten; aber doch bleibt auch hierbei die Frage noch za losen übrig, ' ob es nicht wenig- Be'fordemngeii und B h Iren beiei gongen. 205 Btrnis fnr die Schfiier der obergten Classen notliig sei, dte ans der alt- und mitteldeutschen .Sprache zn abfitrahirenden WortbildungsgeaetKey die ' fortschreitende Abschwäcbung der volitonigeren Formen in kinnglosero und bequemere , n die Ausbildung und Fortbildung der Umlaute , • die Ver- änderungen der Bildungssilben, die Schwankungen zwischen den starken und schwachen Formen und dergl. in einer kurzen Uebersicht (ohne alle gelehrte Ausstattung) vorzufuhren, weil dadurch erst ein bewusstvoller Gebrauch der Wortformen ermöglicht und zugleich ein einfiussreiches Mittel gewonnen wird, die Erörterungen der Wortableitung, der Wort- bedeutungen und der Synonymik sehr wesentlich zu erleichtern. Ref. hält dies schon darum für sehr nutzlich, weil ausser der deutschen keine andre Sprache ' so bequemen Stoff bietet, um an dem In fast ununter-« farochener Reihenfolge erkennbaren Fortschreiten der äussern Wortbil- dung zugleich das Fortschreiten der Sprache von sinnlichen zu metapho- rischen und abstracten Begriffen zu zeigen. Vfie weit eine ähnliche Uebersicht auch der syntaktischen Umwandlungen dem Schuler geboten werden müsse, das lässt sich jetzt, da die Grimm'sche Grammatik erst die Anfange der Syntax darbietet, noch nicht äbersehen. Jedenfalla aber müsste eS einen schönen Stoff für intellectuelle Sprachbildung abge- ben , wenn man z. B. historisch darlegen könnte , wie bei Unsrer Mutter- sprache die causalen Casusverhältnisse , d. h. der Gebrauch des reinen Casus ohne Präposition , sich in die Casusverhältnisse des R^aums , d. h. in den Gebrauch der' Casus mit Präpositionen, allmäblig umgestaltet haben, während man bei der fortschreitenden Entwicklung des Geistes zum abstracten Denken vielmehr ein Uebergehen vom Raumverhältnisa zum Causalverhältnisse erwarten sollte. Vgl. NJbb. d6, 362. Kommt übrigens zu der Nachtveisung der hauptsächlichsten Wortbildungsgesetze noch eine gedrängte Uebersicht der wesentlichen und charakteristischen Unterscheidungsmerkmale der deutschen Dialekte, vornehmlich der her- vorstechendsten Unterscheidungsgesetze des hochdeutschen und platt- deutschen Dialekts hinzu; so verschwinden für den Schuler auch die meisten Schwierigkeiten der verschiedenartigen Orthographie, über welche der Verf. S. 16 f. klagt. Denn er erkennt dann , dass Schreib- weisen, wie gescheut (statt geseheidt), gebohren. Nähme ^ Parthei, WUl- huhr^ Siels für stäts etc., Erzeugnisse sprachlicher Unwissenheit sind, dass die Schwankungen zwischen Brot und Brody Emde und Emte^ Schwer d und Schwert, Schmid und Schmied, fest un^ vest, Fehme und Vehme etc. auf verschiedeneu dialektischen Eigenheiten beruhen, dass bei nämlich y nemlich und nehmUeh, Aeltem und, £2tem, Aemde und Emde, acAt und echt etc. Schwankungen der Ableitung und Schwan- kungen de^ Umlauts obwalten, dass die Schreibform studieren, memo- rieren, extemporieren etc. statt studiren etc. gegen das orthographische Gesetz der Sprache streitet, welches in den Abwandlungssilben kein Dehnungszeichen duldet, woher sich auch die Schreibart einmal, vielmei etc. erklärt , obschon das Hauptwort Mahl (signum) mit Recht das Deh- nungszeichen hat , und woraus femer die Rechtfertigung der meist enkli- tischen und proklitischen Adverbien bloa und wol im Gegensatz zu den 206 Sebnl- und UniversitSiBnachrichteit) Adjectiven hlos9 und whi abnd«iteii iit *). Zar Rei^tfertifiiing de« Umstandes aber , daf s der Verf. die praküsehen Uebmrgen im deotsdien Unterrichte so entscliieden- aber die t^eoredflchea 8pradierortenuigeii fainaufstellt , kann derselbe sich Tielleicht auf die Erfahrung bernfeo, dass in den Gymnasien Jahrhunderte lang die lateinuche Sprache haupt- sächlich durdi fleissiges Lesen und Schreiben , mit Hinzuziehung eines überaus beschrankten grammatischen Unterrichts, gelehrt und dabei doch eine sehr tnchtige Bildnag erreicht worden ist. Allein jene Bildungs- weise brachte nur ein lateinisches Sfrachg^ukl und eine mechanische SckreSbvMmer ^ nicht aber ein Sfrackbeummisem hervor, und bei der Muttersprache wird es der Verf» gewiss selbst nidit wollen , dass unsre künftigen Gelehrten sie nur nach einem blossen Sprachgefühl zu gebrau- chen verstehen. Ausserdem aber wurde die auf soldiem Wege erlernte fremde Sprache immer noch geistig bildend, weil die Schule allen ihroK Unterricht im Lateinischen cpncenjrirte und weil der Schuler sich so «ehr in diese Sprache hineinlebte, dass der dadurch entstehende schroife Gegensatz zur Muttersprache, die sich ihm im Leben immer wieder ent- gegendrangte ,^ doch eine gewisse allgemeine Uebung Und Erhöhung der ^ Hierbei erlaubt sich Ref. noch eine orthographische Eigenheit zu erwähnen, in welcher der Verf. einer in der Gegenwart allerdings herrschend gewordenen Sitte folgt. Er schreibt nämtich: Klane, Uot* «iscA, Korrespondenz, Korrektur, produktiv, dUtinkt, direkt, Lektüre^ Charakter, Akzent, Deklamazion, Ideenaasoziazion etc. Dass ihm dane- ben noch die Schreibweisen TTiucydidet, Sophocles, Tacitus, Charaeter, Lectüre etc. entfallen sind, scheint nur ein Vernachlässigen des Princips, die fremden Kunstansdrucke ebenso nach deutscher Orthographie zu schreiben, wie man auch die Schreibweisen Punkt, Kaiter^ Prinz, Popan» etc. erkoren hat. Und allerdings hat unsre Sprache für die deutschen Worter kein c (mit Ausnahme der kalligraphischen Zeichen ck nnd ch) und kein 1i für den Laut zi. Aber sie hat auch kein pA, kein y und kein v (in der Endung des Wortes), und darum hätte der Verf. imch obigem Grundsätze auch FUoiofle, Biograße, Fisik, Gimnasitk, pro- diiktif oder prodüktief etc. schreiben müssen. Nun ist es aber ortho- graphischer Gi^ündsatz unsers Volkes, dass es fremde Wörter, die nicht völlig eingebürgert, d. h. in die Volkssprache (nicht blös in die Gelehrten- sprache) übergegangen sind, nach der Orthographie derjenigen Sprache achreibt, durch welche sie zu uns gekommen sind, — ein VerfahreOy worin man den löblichen Grundsatz und das edle Bewusstsein erkennea mag, dass diese fremden Wörter durch die fremde Schreibart als Eln- dHnglinge erscheinen sollen, und unsre Sprache an sie kein Engenthums- recht haben will, weil sie in mch reich genng ist, diese Begriffe durch deutsche Wörter auszudrücken. Nach diesem Grundsätze aber mag man es dem Gelehrten wohl zugestehen, dass er Wörter griechischen Ur- sprungs, die durch die lateinische Sprache zu uns gekommen sind, nach griechischer Orthographie schreibe und daher für didaktisch, praktisch, Charakter^ Diakonen, Sopholdes, JJtukydides, Piaton etc. sich entscheide, obgleich er bei den Bastardformen grmmmaitikaikch , physikaÜseh, lessi- JsalisfJi etc. schon in eine Inconseqnenz geräth; allein die Schreibweise von Klasse, Lektüre^ Akzent, ÜeHamazion etc. für Classe, Lectüre, Accent, Declamation lässt sich nur auf den Grundsatz zurückbringen, dass diese lateinischen Fremdwörter mit aller Gewalt auch noch zu Bastardwortem gemacht werden sollen. Beförderungen und Bhrenbeseigamgen. 207 geistigen Kräfte erzeugte. Uebngens darf man sich anch nicht ver- helfen, dasa bei dem vormaligen G^rmnaaialiuterrifilite sich gjiwohnUch mir die ausgezeichneten Kopie zur Freiheit und Selbatstandigkcit geiati- gw Bildong erhoben. Unser gegenwartiges Gynuiasialsiel aber geht dahin, anch die beschrankten Köpfe wenigstens bis in einem gewissen .Cirade geistig frei und selbstständig zn madien; fnr nnsre Schäler be~ scfarfinkt sich der Unterricht nicht mehr apf die lateinische Sprache pnd äke werden nicht mehr bis zu dem ehemaligen Grade lateinischer Sprech.- nnd Schreibfertigkeit hinaufgebracht *)y dagegen werden sie mit so vielem Lehrstoff übersättigt, dass das darans entstehende chaotische Vie-> leriei ihres Wissens das Denk-, Urtheils-» nnd Gefühls vermögen mehr nnterdrnckt und verwirrt, als erhebt und läutert: darum, müssen wir - aber auch jetzt von allem mechanischen und gebttodtenden Einüben uns möglichst fernhalten, bei dem Sprachunterricht aberail nach Klarheit der Brkenntniss und angemessener rationaler Behandlnngsweise streben und deshalb eben auf die grammatische und stilistische Brörternng ein beson- deres Gewicht legen, und dies in der deutschen Sprache vor Allem thnn^ weil*sie nicht nur das Hauptmittel rationaler Spracherkenntniss , sondern, wo möglich auch der Vereinigungspunkt sein soll, in welchem die sprach- liche Brkenntniss des Schülers überhaupt zum Ganzen sich . verbindet nnd ihre höchste praktische Anwendung &idet. Dass Hr. -M. unter den vorgeschlagenen praktischen Uebungen diejenigen praktischen Geschäfts- aafsätze, welche nur wegen ihrer äussern Convenienzform besonders erlernt werden müssen, wie Quittungen, Attestate, Bestellungs- nnd Bmpfangsschreiben, Berichte und sonstige Relationen, Briefe aller Arten etc., gar nicht erwähnt hat, dies mag daher kommen, dass er eben nur von dem geistig bildenden deutschen Unterrichte sprechen wollte» Bntr schlagen darf sich aber das Gymnasiom auch diei^er An&ätze nicht, weil V *} Damit soll nicht gesagt s»n , dass unsre Schüler weniger JLatein lernen, als sonst Gewiss lernen sie meHr, weil sie es rationaler und mit höherem Sprachbewusstsein lernen; nur die mechanische Fertigkeit bleibt geringer, und das wird nur derjenige für ein Unglück halten, der die Bildung des Gelehrten ans der Fertigkeit erkennt, mit welcher der- selbe etwa lateinisch zu sprechen oder in vermeintlicher Ciceroniscber . Weise Jateinisch zu schreiben versteht. Viele Deutsche , sprechen , und schreiben das Französische mit viel grösserer Fertigkeit, als sie der Gelehrte im Lateinischen erlangt, und doch haben sie daraus sehr wenig geistige Bildung geschöpft. Die lateinischen Schreib- und Sprechübun- gen sind ein überaus wesentliches Brforderniss der Gymnasien, nnd es mnss bei ihnen auch nach möglichst hoher technischer Fertigkeit gestrebt werden; aber das Ziel der Gym.nasialbildung sind sie nicht mehr, son- dern nur ein Mittel für den Schüler, um seine sprachliche Brkenntniss reprodnctiv zu offenbaren und dieselbe fester und lebendiger zn machen, für den Lehrer, dass er an den latemiseben Aefften des Schülers ßpon- ^ tives sprachliches Wissen und den Grad der Befähigung, in fremder Sprache zn denken und seine Gedanken auszudrücken, erkenne und dar- aus ermesse, wo er noch nachzuhelfen oder von welchejr Grundlage auis er sprachlich fortzubilden hat. Ohne ein festes und sicheres positives ^ Wissen in der fremden Sprache nämlich kann dieselbe nicht als wirk-^ geistiges Bildnngsmittel gebraucht .weiden. Vgl. NJbb. 36, B76 f. 208 Schal- nnd UniTeriitatsnachrichten^ •"f sie zwar wenig intellectnelie Bildang bringen , aber ihre Kenntniii für B Leben nothv^endig ist nnd weil offenbartes Ungeschick in diesen Dingen dem Gelehrten gewohnlich sehr hoch angerechnet wird. Sie sind aller- dings schon Lehrgegenstand der Elea^entarschalen gewesen , gehen aber in höherer Gestaltung auch durch das ganze Gymnasium hindarch, wo z. B. in Prima noch namentlich die Bitt- und Danksagungsschreiben als Gegenstande des nächstfolgenden Bedürfnisses an die Reihe kommen. Unter den wirklich Torgeschlagenen Uebungen legt der Verf. auf die sogenannten freien Vortrage einen ganz vorzüglichen Werth. Sie sollen schon auf der untersten Stufe damit beginnen, dass man den Knaben etwas Gehortes oder Geschautes frei wiedergeben lasst* Den Stoff dasn kann er zu Hause gelesen, darf ihn aber nicht auswendig gelernt haben* Zu freien Productionsversuchen steigern sich diese Nacherzählungen von Quinta an , indem man von Zeit zu Zeit eine Anzahl Wörter anfgiebt, aus denen der Knabe nach kurzem Bedenken eine Erzählung bilden muss* Bei weiterem Fortschreiten wird die Bedenkzeit allmablig abgekürzt nnd statt der Wörter von gleichartigen Gegenstanden werden ungleichartigere aufgegeben. Das freie Nacherzählen wird besonders durch das Lesen unterstützt, nnd wenn in der Ciasse ein prosaisches oder poetisches Stück vorgelesen wird, so soll den übrigen Schulern die Aufgabe gestellt werden, dasselbe mündlich oder schriftlich nachzuerzählen. Uebrigens soll bei dem Lesen und bei den freien Vortragen der Redende jedisrzeit vor seinen Mitschülern wo möglich auf einem erhöhten Platze stehen, damit er von Allen verstanden werde und sich selbst gewöhne , vor einer grössern Versammlung unbefangen zu sprechen , den Augen derselben aus- gesetzt zu sein und auf sie seine Augen zu richten, nicht aber dieselben auf den Boden zu heften oder aufwärts zu wenden. Der beste Stand für ihn sei auf dem Katheder, weil er dort der ängstlichen Sorge um den Ge- brauch seiner Hände und Beine überhoben sei und dadurch nicht im Denken und Reden gestört werde. Bei allen mündlichen Vorträgen abe^ soll der Lehrer direct und unablässig dahin wirken, dass der Schüler stets laut , langsam , distinct , fliessend , mit richtiger Betonung und Be- obachtung der Satzzeichnung und mit Ausdruck spreche. Das Letztere soll aber in den untersten Classen nur heissen, dass er zwischen geroüth- Hohem und erzählendem, heiterm und ernstem Grundton^ unterscheide, nicht aber, dass er schon mit Geist und Gefühl- vortrage. Für das iSrIaAgen eines richtigen Vortrags muss der Lehrer das wirksamste Beispiel sein, und daher öfters Lesestücke selbst erst vorlesen, die er dann von einem oder mehreren Schülern wieder lesen lässt. Der Verf. hofft durch diese Uebungen^ die sogenannten Declamationen aus dem Gym- nasium zu vertreiben und erklärt sie daselbst für unstatthaft und für unnöthig, — für unstatthaft nämlich, weil dazu eine von dem Gymnasium nieht gewährbare Gewandtheit des Körpers gehöre; für unnöthig, wbtl deijenlge Schüler , welcher frei vorzutragen gelernt habe , nothwendiger Weise auch gut declamire, während eine gute Declamation nicht den gleichen Erfolg für den freien Vortrag sichere. In der Tertia tritt Stei» gernng dieser freien Vorträge ein in der Korm^ welche geordneter. BiBfordemiigen ond fihjreabeieigiingoii. > ftO& fliessender nnd lebendiger werden mass, und im Stotfe, indem denielbe bei den Geübteren mehr als ein Ergebnisades Verstandes, als der An- schauung und £rinnerttng erscheinen soll. Za Themen eignen sich for die Ünföhigeren Biographieen und interessante Partieen ans der Ge- schichte und Geographie, für die Fähigeren Darsteilangen aus dem Kreise ihrer Privatiecture (nur nicht Anekdoten) und xa eignen Pro- dnctionen Erzählungen nach gegebenen Wörtern ohne gestattete Vor- bereitung , das Wiederholen bekannter Partieen aus der Weltgeschichte, das' Sprechen über leichtubersebbare Zqstande (z. B. über den Geburts- tag, über den Spaziergang) und das Beschreiben yon bekannten Ge-< genden. Beim Lesen muss der Vortrag gemessener und aosdrucksToHer, in vorkommenden Fällen sogar charakteristisch werden. Schwierigere Stucke soll der Schüler vorher zu Hause lesen, um sich hineinzudenken und die Veränderungen des Tones und Tempo^s zu ermitteln. Auch hier soll alles Vortragen vom Katheder aus geschehen , aber die freien Ver- trage bisweilen mit dem Vortrage memorirter Gedichte abwechseln. IHe vorgelesenen Stucke werden nur noch ausnahmsweise zum Nacherzählen ' benutzt , häufiger zu möglichst kurzer Angabe des Inhalts und am häufig- sten zu grammatischen und ästhetischen Besprechungen , besonderf zur Zergliederung der verschiedenen Satzfbrmen. In Secnnda und Prima sollen die freien Vorträge allmäKg aufsteigen bis zur sichern und leichten Bewältigung eines schwierigeren und längeren Sto£Pes ^in fliessender wohlklingender und lebendiger Rede. Zu extemporirten Vorträgen wer- den historische Partieen , zu meditirten besonder» Stoffe aus der Privat- und Classenlecture gewählt. Das Lesen geschieht nach JEÜecke's Vor- schriften S. 189 fiT. und es werden dazu nicht Bruchstücke^ sondern ganze Stncke, namentlich auch Reden gebraucht. Der Lehrer soll das Stuck besprechen und bei schwierigeren Stellen vorlesend, erläuternd und anre- gend eintreten. Die mit den mündlichen Uebungen in enger Verbindung stehenden schriftlichen Arbeiten sollen auf der untersten Stufe im Repro- duciren oder Nacherzählen, namentlich im prosaischen Nacherzählen län- gerer Gedichte epischen Inhalts, und prodnctiv in Beschreibungen und Schilderungen angeschauter Gegenstände ^ in Erzählungen über gegebene Wörter, in Aufsätzen über Erfahrungen und Anschauungen nnd in leichten Vergleichungen bestehen. Doch sind auch hier noch besondere ortho- graphische Uebungen nothig. In Tertia werden sie Schilderungen nnd Beschreibungen (zum Theil in Briefform), schwierigere Vergleichungen, gedrängte Auszüge aus gelesenen Dramen , Romanen (?) und historischen " Stücken, Erzählungen über Sprüchworter und Sinnsprüche, Paraphrasen kürzerer didaktischer Gedichte oder Prosastücke, Erörterungen leichterer Sprüchworter, überhaupt leichte Abhandlungen (nur nicht moralischen Inhalts) und dann und wann auch rhetorische Versuche. Auf der ober- sten Stufe nehmen die schriftlichen Arbeiten immer mebr die Productions- föhigkeit in Anspruch nnd bestehen aus der Bearbeitung von Themen, ' die für die Jugend nicht zu fern liegen, nicht zu schwer sind und nicht zu trockenen Reflexionen fuhren , sondern das jugendliehe Interesse erre- gen. Die Disposition bleibt besonders in Prima dem Schüler überlassen, W. Jahrb. f.Phik «. Päd. od. KrÜ. BibL Bd. XXX VIII. Mlft.% 14 210 Schul- und Uni verBitatsnachcicht.en, ' ' - doch seil der Lehrer anfangs durch Andeutungen darauf hinfuhren« Rhe- torische Versuche müssen hiec häufiger Torkommen, poetische Versuche dargeboten werden, wenn auch frei gelassen bleibt, wie weit sich der Schüler darin versuchen wUU Neben den häuslichen schriftlichen Arbei- ten sollen überall schriftliche Classenarbeiten vorkommen, die auf der untersten Stufe häufiger angesetzt werden, in Tertia für die Vorbereitung auf das Abiturientenexamen und künftige Geschäftsleben wenigstens mo- natlich einmal stattfinden, auf der obersten Stufe bei dem Heranrücken . der Abiturientenprüfung wieder häufiger eintreten sollen. Die Correctur der häuslichen Arbeiten in allen Classen ist nur ein Anstreichen der Fehler, welche der Schüler dann selbst auffinden und berechtigen muss. Auf der untersten Stufe wird besonders nach richtigem Zusammenhange, Klarheit der Gedanken und Einfachheit des Ausdrucks gestrebt, daher dem schwül- stigen und schleppenden Stile, der Häufung von Nebenbestimmungen und dem Gebrauche längerer Sätze entgegengearbeitet, und die Rechtschrei- bung und Satzzeichnung eingeübt. In Tertia ist Klarheit der Gedanken und Gewandtheit der Sprache zur Aufgabe gemacht , und der Lehrer hat also geg*bn die Anhäufung der Nebenbestimmungen- und Nebensätze und gegen die Einschachtelung und trichterförmige Abstufung der Sätze zu kämpfen. [Hier ist der Hauptkampf vergessen, welcher auf dieser Stufe gegen das 8<^genannte Predigen und Moralisiren in Aufsätzen reflectiren- den Inhalts begonnen werden muss, d. h. gegen das aus der Ungeschick- lichkeit einer zusammenhängenden und folgerichtigen Gedankenentwick- lung hervorgehende maasslose Ausschweifen in allgemeine Reflexionen und das Ausprägen derselben in ermahnendem und belehrendem, oder wohl gar in warnendem und strafendem Tone« Dieser Fehler , sobald man ihn einreissen lässt, steigt dann namentlich bei den minderbefähigten Schülern bis Prima hinauf und erschwert es dem Schüler ausserordentlich, aus der Zusammenreihung^ der Gedanken zur. Entwicklung derselben aus einander zu gelangen und von den wesentlichen die ausserwesentlichen und ungehörigen Gedanken ausscheiden zu lernen.] In Prima soll bei der Correctur der Arbeiten besonders auf grammatische Erörterungen und Disponirübungen gesehen werden« Man erkennt aus den Vorschlägen des Verf. gar leicht, dass er bei der Bestimmtgig der praktischen Uebun- gen überall ein vorsichtiges Aufsteigen vom Leichtem zum Schwereren und ein kluges Berechnen der geistigen Kräfte des Schülers beachtet hat und dass er damit dem grade im deutschen Unterrichte so leicht mög- lichen Ueberschätzen und Ueberspannen der Fassungs- und Productions- kraft der Jugend mit Erfolg entgegentritt. Die methodischen Winke für die Ausfuhrung der einzelnen Uebnngen sind ebenfalls sehr verständig und praktisch, aber freilich auch grösstentbeils so allgemein und einseitig gehalten, dass sie die wahren Schwierigkeiten der Methodik meist gar nicht berühren. Dies ergiebt sich schon daraus, dass über die prakti- schen Uebungen der mittlen und obersten Classen, obgleich sie die mei- sten Schwierigkeiten haben, überaus wenig bemerkt ist, und dass aus den gesammten methodiischen Angaben nicht einmal klar wird, ob man bei diesen praktischen Uebungen ein mechanisches Einüben oder eine Beförderungen und fihrenbeseigangen. 211 rationale Behaodlangsweise festhalten solL Dass der Verf. das Letitere will, bezweifelt Ref. keinen^ Augenblick; aber seine Vorschriften Ter- bieten wenigstens das Erstere nicht. Ob der Lehrplan des Verf. yoU- ständig und allseitig genug sei und alle Bildongsrichtongen des dentsclMa Unterrichts umfasse, das lasst sich nicht hinlänglich beurtheilen, weil mehrere sprachliche Uebungen und Bildungsrichtungen eben so gut dem griechischen und lateinischen, wie dem deutschen Unterrichte zugewiesen werden können, und der Verf. gar nicht berührt hat, wie weit sein deut- scher Lehrplan mit dem griechischen und lateinischen in harmonischer Verbindung und Wechselwirkung steht. Hält man aber fest, dass ^r den deutschen Unterricht als ein Hauptmittel der allgemeinen geistigen Ausbildung des Schülers angesehen wissen will, und dass demnach auch in dem dafür rorgezeichneten Lehrpiane die drei Hauptrichtnngen alles sprachlichen Unterrichts, nämlich das Kräftigen und Lebendig- machen des bereits erlangten sprachlichen Wissens durch Benutzung des- selben KU Productionen alter Art, das naturgemässe und rationale Erwei- tern nnd Vervollkommnen des sprachlichen Wissens, und ,das Benutzen desselben zur Entwicklung und Ausbildung <]es Erkenittniss-, Denk-, Urtheils- und Gefuhlsvermdgens, ganz besonders ausgeprägt sein müssen: so wird man freilich namentlich in den für die, mittle und oberste Stufe Yorgesciiriebenen Uebungen mancherlei Lucken finden. Allerdings hat sich Hr. M. für die Entschuldigung dieser Lücken eine recht bequeme ^ Hinterthüre in den rhetorischen Vorträgen offen gelassen, die er für die oberste Stufe vorschreibt, ohne specieller anzugeben, was er in den- selben erfallt wissen will und wie weit sie nur Rhetorik im alten Sinne des Wortes oder eine den Forderungen der Gegenwart .entsprechende Stilistik .sein i^ollen. Ebenso sind die für Tertia vorgeschlagenen rhetori- schen Vorübungen ein gleich schwankender Begriff, und können Vielerlei umfassen. Dennoch aber scheint es , als müsse man grade von hier ßXtB die Hauptausstellung begründen. Es ist schon im Allgemeinen die Auf- gabe des Sprachunterrichts in den obem Classen, die Schüler in die Kenntniss 4er verschiedenen Stilgattungen einzuführen und ihnen von den wesentlichen Unterschieden und Hauptmerkmalen derselben ein klares Bewusstsein zu verschaffen. Dem deutschen Sprachunterrichte gehört aber diese Aufgabe ganz besonders an, weil sie sich durch ihn wenn auch nicht grade theoretisch am besten erfüllen, doch wenigstens praktisch am bequemsten einüben lässt. Die Stufenfolge kann hierbei keine andre sein , als dass man in Secnnda den historischen und philosophischen Stil vornimmt, in Prima den philosophischen fortsetzt und den oratorischen anfügt« Nebenbei ist natürlich auch aus der Poesie das Nöthige des epischen, didaktischen, lyrischen und dramatischen Stils zu behandeln, nur dass hier ein Schwanken darüber obwalten kann, ob man diese Uebungen ganz nach Prima verlegt , oder den epischen und didaktischen Stil mit dem historischen und philosophischen parallel gehen lallst. Dar- über findet sich nun aber im Lehrplan des Verf. Nichts: denn die Rhe- torik ist ja doch eigentlich nur die Lehre vom oratorischen Stil. Und in den praktischen tTebungen vermisst man das Lesen und Vergleichen von 14* 212 Schal- ttnd UniTeriitätsnachrichten, Prosastucken huitorischen und philosophischen Inhalts, un daran den Unterschied der concreten und ahstracten Redeform, der Erzählung und Beschreibung und der Reflexion und Gedankenentwicklnng zu lehren. Es kann sein, dass für die Kenntniss der historischen Schreibart die historischen Bächer des Cäsar und Sailust, des Herodot und Xenophon benutzt werden sollen ; denn allerdings ist bei ihnen der historische Süt reiner ausgeprägt, als bei den deutschen Geschichtschreibern, welche insgesammt zu sehr von einem refiectirenden Standpunkte aus di^rstellen; aber der Lehrstoff für die philosophische Schreibart muss jedenfalls zumeist von deutschen Mastern entnommen werden, da von den griechi* sehen und lateinischen Classikern, die in Secunda gelesen werden können, ^ ' nur etwa Xenophon's Memorabilia dafür zu brauchen sind. Sodann ist es nicht genug, dass der Schäler die sprachlichen Kennzeichen und Unterschiede des historischen und philosophischen Stils erlernt; sondern es müssen auch Uebungen vorkommen, durch welche man seinen Geist gewohnt, über abstracto Stoffe zu denken und Gedanken aus einander zu entwickeln. Die eine Uebung dafür hat der Verf. angegeben, nur vielleicht nicht genug hervorgehoben. Es sind dies nämlich die Inhalts-- auszüge und Auseinandersetzungen des Ideenganges gelesener Schriften ahstracten Inhalts, der aber für den Schüler fasslich oder ihm vorher gehörig erklart sein muss. Indem dieser nämlich bei diesen Uebungea genothigt ist, fremde Gedanken richtig aufzufassen und in gedräng^ter Uebersicht und richtigem Zusammenhange wiederzugeben , so gewinnt er dadurch auch Fertigkeit für die richtige und folgerechte Darstellung seiner eignen Gedanken. Aber da diese Uebungen eigentlich nur einen receptiven Nutzen gewähren , so gehören als prodactive Ergänzung dazu die schon von Tertia an möglichen Begriffserörternngen und Erklärungen synonymer und homonymer'Wörter. In Tertia erscheinen sie zuerst als Begriffsbeschreibongen [sogenannte Descriptionen , d. i. Unterordnung unter höhere Begriffe und Eintheilung in'specielle und individuelle Begriffe] und als allgemeine Erklärungen leichter Wortclassen eines Stammes, d« h. des Stammwortes und der davon abgeleiteten und damit zusammengesetzten Wörter. Eins der umfassendsten, aber freilich schon ziemlich schwierigen Wörter ist das Wort Math saromt seinen vielen Sippen. In Secunda werden dann Wortdefinitionen versucht, und eine zweite sehr nützliche Uebung ist,* Wörter eines und desselben Begriffs aus verschiedenen Sprachen vergleichen und die in jeder Sprache vor- handene' Grund Vorstellung, den Umfang des Gebrauchs und die Abhand- lungen der Bedeutung aufisuchen und bestimmen zu lassen. Dazu eignen sich z. B. die Wörter dgenj, virtua und Tugend; dinatoavvrj (ßt%i])j iusHtia (tu«) und GereehtigkeU (Recht) etc. Ferner müssen sich von S^cnnda an die Aufsätze %ber leichte Themen ahstracten Inhalts und über Erfahrungssätze vervielfältigen, damit der Schüler Gelegenheit finde , eigne Gedanken auszusprechen und nicht immer blos Erlerntes zu wiederholen. Hr. M. hat diese Aufisätze erwähnt, aber sie bis nach Prima hinauf zu sehr hinter die historischen' Aufsätze zurückgedrängt, — veranlasst vielleicht durch die preuaisische Ministerial Verfügung, weiche r Bcfordernngea and Ehrenbezeigun^gen. 213 selbst noch bei der Abiturientenprofang für den deutschen Anfsatsi nur die Bearbeitung einelt historischen Stoffes verlangt. Allein jene Yerordnang hat ihren Grand' darin , dass Abhandlangen über abstracte Gegenstände bei dem Gymnasiatschuler fortwährend sehr einseitige and beschränkte Prodacte bleiben, und am meisten misslingen, wenn sie schnell ange- fertigt werden sollen. Der Kreis der Ehrfahrungen nnd geistigen Ideen des Schülers ist nämlich noch ein sehr beschränkter und lückenhafter, und es macht ihm schon viel Noth, dieselben zur Beantwortung einer Wahrheit in einei' gewissen Vollständigkeit zusammenzabringen , noch weit grossere aber, das Zusammengebrachte za sichten und in folge- richtiger Entwicklung und Anordnung darzulegen. Deshalb geräth er auch eben bei diesen Aufsätzen leicht in die Gefahr, dass er die Sichtung seiner Ideen gar nicht Toinimmt, und deshalb gar oft in den schon oben gerügten raisonnirenden und moralisirenden Erörterungston verfallt. Indess darf dieser Uebelstand nicht das Ausschliessen solcher Aufsätze, sondern nur diejenige Rücksicht gebieten , dass man dem Schüler für die- selbea eine längere Zeit der Vorbereitung und Ueberlegung zugestehe und einen solchen Erorterungsstoff wähle, an welchem derselbe ein lebendiges Interesse nimmt und über welchen er schon einen hohem Vor- rath von Kenntnissen besitzt. Die historischen Aufsätze nämlich geben genau genommen dem Schüler nur Gelegenheit, die im Gedächtniss erhaltenen historischen Kenntnisse wieder vorzufuhren , und da sich ihre Anordnung und Reihenfolge gewohnlich schon von selbst darbietet, so verlangen sie kein grosses Nachdenken, und üben darum nicht eben grossen Einfluss auf die intellectuelle Bildung. Fängt aber der Schüler etwa an , über historische Stoffe zu reflectiren , so misslingt dies in der Regel weit mehr als bei den philosophischen Stoffen : denn es fehlen ihm eben zu historischen Reflexionen fast alle Lebenserfahrungen und Kennt- nisse , welche dazu nothig sind. Das Erörtern und Beweisen philosophi*^ scher Wahrheiten aber erre^ und stärkt in nachdrücklicherer Weise das eigne Nachdenken, und fordert somit das Prodnctionsvermogen : denn wenn auch die zu Grunde gelegten Ideen ebenfalls nur erlernte nnd aus dem Gedächtniss reproducirte sind , sO liegen sie doch nicht in der durch äussere Verhältnisse bestimmten Ordnung und Reihenfolge in der Seele, wie der historische Stoff, und müssen überdies in neue Formen und Gestalten umgewandelt werden, um zu Beweisen dienen zu können. Natürlich aber erfordern jsie , besonders bei den Anfängern, eine grossere Beihülfe und Unterstützung des Lehrers« Derselbe mnss schon einige Zeit vor der Aufgäbe seine Schüler auf den zu erörternden Stoff auf- merksam machen nnd sie veranlassen , darüber nachzudenken und Ideen zu sammeln, selbst das und jenes darüber nachzulesen. Sodann nimmt er den Gegenstand za einer allgemeinen Besprechung vor , erforscht die Ideen und Ansichten der Schüler darüber, verlangt die mündliche Aus- einandersetzung nnd Erklärung der Hauptideen und berichtigt, erläutert nnd ergänzt das Irrige und Fehlende. Durch weitere Besprechung wird dann darauf hingeführt, wie sich die pinzelnen Idden und Ansichten zum Granzen vereinigen lassen, und in welcher Anordnung und Vertheilung 214 Schal» und UaiYersitatsnacbrichteDi 9 sie als Beweis far diese oder jene Wahrheit dienen können, Qlan erst folgt die Angabe selbst, anfangs nicht na'r mit gegebener Disposition and defi- nirender Erklärung der leitenden Sätze, sondern aach mit .scharfer Be- stimmung der Form , in welcher die Erörterung stattfinden soll. Natur-' lieh haben die in solche Beschränkungen eingezwängten Entwicklungen, fnr welche die Chrie die höchste Kunstferm ist, anfangs em sehr steifes Gepräge, aber der jugendliche Geist gewöhnt sich eben dadurch an eine feste Form des Denkens , welche durch später hinzugenommene Erweite- rungen immer freier und seibstständiger wird. Hat man den Schüler dadurch so weit gebracht, dass er seine Ideen nicht blos an einander reiht, sondern aus einander entwickelt; dann gestattet man ihm in Bezug auf Disposition und Entwicklungsform immer grössere Freiheit, deren Förderung man noch dadarch beschleunigen kann, dass die oben erwähnten Dispositionsentwicklungen sich mehren und öfters der Entwicklungsgang gelesener Schriften besprochen wird. Von mehreren andern praktischen Uebungen, die fSr den deutschen Unterricht nutzlich oder nothwendig sind, erwähnen wir hier nur noch die von dem Verf. übergangenen Uebersetzungen aus ' fremden Schriftstellern, und zwar Uebersetzungen solcher Stellen, in denen entweder die Form der Rede und der kunst^ reichere Satzbau oder das richtige Wiedergeben abstracter Begriffe und tieferer Ideenentwicklung dem Uebersetzer besondere Schwierigkeit macht und so das Nachdenken fördert und Sprachgewandtheit bringt. In diesen Kreis gehören auch die metrischen Uebersetzungen, welche allmälig in freie Nachbildungen poetischer Stacke übergehen können, und als solche far den Schuler gewiss nutzlicher sind, als das vom Lehrer gebotene Anfertigen eigner Gedichte. Hierbei mass Ref. Sauch noch der sogenannten Paraphrasen oder prosaischen Umschreibungen deatscher and fremder Gedichte gedenken, aber deren Behandlung Hr..M. nicht zureichenden Aufschluss zu geben scheint. Sie nutzen natürlich wenige wenn sie nur ein allgemeines Nacherzählen des Inhalts oder eine dem Zufall und dem dunklen Gefahl uberlassene AbstreiVung der poetischen Form sind. Aber sie werden wichtig, wenn man sie an Gedichten vor* nehmen lasst, bei welchen man in fortschreitender Stufenfolge erst die Kennzeichen der poetischen, d. h. der bildlichen, versinnlichenden, male- rischen und tropischen Rede, dann die der Gefuhlssprache oder der meta- phorischen, erregten, emphatischen, prägnanten und figurirten Ausdrucks- weisen klar gemacht, auf ihre Ursachen und Entstehungsweise hingewiesen und die Mittel zu ihrer Bildung and Beseitigung erklärt und eingeübt hat. So werden sie nämlich zu erfolgreichen Uebungen für die Erkenntniss der Phantasie- und Gefühlssprache überhaupt und zu yprübungen, unm den Schüler in den nationalen Geschmack unsers Volkes einzuführen^ Werden sie mit naturgemässem und bedächtigem Aufsteigen vom Einzel- nen zum Allgemeinen und von der äussern Anschauung in Beispielen zum abstracten Gesetze vorgenommen; so kann man schon in Seconda bis dahin gelangt sein, dass der Schüler an den Balladen von Bürger die volksthümliche epische Erzählung und Beschreibung, an denen von Schiller das Herrschen und die Wirk^mkeit der Phantasiesprache, an.den Uh- Beförderungen und Ehrenbexeigungen. 215 landischen den poetischen Werih der Gefnhlssprache und an den Baliaden Gothe's das Uebergehen der epischen Handlang in ein dem Gemälde rer- gieichbares Bild ziemlich klar und deutlich erkennt and die Bedingungen dieser Erscheinnngen aus der Form der Sprache herausfindet, überhaupt die wesentlichsten und hauptsächlichsten Grundgesetze der poetischen Sprache ohne grosse Schwierigkeit erLemt hat. Je öfterer man zu diesen Erläuterungen nicht blos deutsche , sondern auch lateinische nnd griechi- sche Gedichte gebraucht, um so mehr ergeben sich für ihn Unterschei- dungen und Gegensätze, um so klarer erkennt er den Umfang und die Gesetzmässigkeit der einzelnen Erscheinnngen, und um so leichter kommt fSr ihn allmälig der Unterschied des antiken und modernen Gefühls- lebens zum Bewusstsein. Garn ähnliche Erörterungen, wie die Prosa- paraphrasen Ton Gedichten, verlangen auch die sogenannten rhetorischen Vorübungen, und auch hier gilt es, die eigenthümliche Sprache der Beredtsamkeit im Einzelnen erkennen und in ihren Ursachen, erfassen zu lehren:' nur aber müssen diese Erörterungen eben nur mündliche Besprechungen bleiben , weil das Paraphrasiren ron Reden oder das Auflösen derselben in blosse Abbandlungen für den Schüler zu uninter- essant ist und daher dessen geistige Thätigkeit mehr abstumpft als erregt. Für einzelne Fälle indcss. ist auch dafür ein Auskunftsmittel geboten in deijenigen Aufgabe,* dass man bei einigen leichtern Ciceroni- scheh Reden, w^nn sie in der Classe gelesen worden sind, eine Prüfung der Richtigkeit und Beweiskraft der vorgebrachten Argumente vornehr men nnd dabei den Schüler besonders auf solche Stellen achten lässt^ in welchen die Schwächlichkeit der Beweise hinter einem absichtlich gewählten Rede -Pathos sich versteckt. Doch muss dann schon bei der Erklärung der Rede auf diese Dinge besondere Rücksicht genommen worden sein , weil sonst die Aufgabe für Schüler zu schwer ist^ Bei allen praktischen Arbeiten übrigens muss der Lehrer es sich überall zur entschiedenen Aufgabe machen , bei jeder neubegonnenen Uebung zuerst nur Form und Stoff dafor erlernen zu lassen. Daher müssen die ver- suchten praktischen Arbeiten anfangs durchaus nur eineyreceptive Ten- denz und einen reproductiven Charakter haben, und dürfen erst dann auf das Productive gerichtet werden , wenn das formelle und materielle- Wissen* des Schülers dafür hinlänglich bereichert ist. Hr. M. hat diesen Grundsatz im Allgemeinen übesall sehr entschieden festgehalten, ihn aber, wie es scheint, bei den freien Vorträgen vergessen, und deshalb den- selben eine Ausdehnung nnd einen Bildungswerth beigelegt, den Ref. nach seinen Erfahrungen für weit überschätzt nnd übertrieben ansehen muss. Freie mündliche Vorträge haben allerdings den unbestrittenen Einflulis, dass si» dem. Schüler die Befangenheit und Aengstlichkeit benehmen, ihii zu einer gewissen Sprechfertigkeit und SprachgewCndt- heit fahren, und ihn gewöhnen, seine Gedleinken über irgend einen Gegen« stand schnell zu sammeln , zu ordnen und ihnen nach Stoff und Form eine angemessene' sprachliche Ausprägung zu g Declamiren aufgegeben , weil sie in ihrer Einfachheit und rhythmischen Volltonigkeit neue Modulationen der Stimme vor- fuhren und einen scharfen Gegensatz zu den deutschen Gedichten geben. In Prima folgen noch höhere lyrische Dichtungen , lateinische und deut- sche Oden, Monologe aus Drftmen u. dgl. , alle aber mit rerausgegange- ner besonderer Erörterung.' Die schriftlichen Berichte werden hier nachgelassen , aber die Wahl der Gedichte im Allgemeinen immer noch Torgeschrieben und nie weiter freigegeben, als dass der Schüler wenig-r stens' dem Lehrer das gewählte Gedicht vorher anzeigen und dessen Entscheidung darüber einholen muss. Man darf nicht erwarten, dass ' man auf diese Weise eine .vollkommene Declamationsfertigkeit der Schüler erzielt, vielmehr wird sie bei vielen noch sehr mangelhaft bleiben; aber das, was erlernt ist, ist wenigstens mit Bewusstsein erlernt, ist ein Mittel vielseitiger geistiger Bildung und. Erregung und ein bedeutsames Glied des gesammten deutschen Unterrichts gewesen, und wird eine sichere Grundlage für die eigne Fortbildung über die Schuljahre hinaus. Ref. giebt dem Hrn. Verf. der oben erwähnten Abhandlung die hier mit- getheilten Einwendungen und Erweiterungen seiner Vorschläge zur freien und strengen Prüfung anheim, und hat durch dieselben nur ein Scherflein zur bessern Ausbildung «des deutschen Unterrichts in den Gymnasien bei- tragen wollen, dem Hrn. M. aber dieselben grade darum vorgelegt, weil er in ihm einen eifrigen und einsichtsvollen Lehrer der deutschen Sprache erkennt und durch seine Einwendungen gern weitere Mittheilnngcn über den Gegenstand von demselben hervorrufen möchte. — Das Osterpro- gramm des Naumburger Gymnasiums von 1843 enthält unter dem Titel: QuaesUonum Plautin arum pari, prima von dem Gymnasiallehrer Dr. IFüh. Holtze [36 (18) S. gr« 4.], einen sehr fleissigen und brauchbaren Beitrag zur Grammatik des Plautus, nämlich eine Untersuchung über den bei ihm überaus häufigen Gebrauch der Fragen, und zwar zunächst der ein- fachen, d. h. ohne Fragpartikel gesetzten Fragen. Der Verf. hat sich dabei die Aufgabe gestellt, eine vollständige Sammlung dieser Fragen zu geben , und hat nun die gesammelten Beispiele unter zwei Hauptrubriken aufgezählt, nämlich als Fragen, wo der Fragende noch nicht weiss, was * der Andre antworten wird , und als solche , wo er dessen Antwort schon webs oder doch zu wissen glaubt. Die erstere Classe ist wieder in Fragen affirmativer und negativer Form geschieden , und bei den negati- ven noch einmal die Doppelart getrennt, wo die Antwort entweder ja oder nein ist. Damit die Sammlung für den Grammatiker recht bequem und brauchbar sei, so ist auch der kritische Zustand jeder einzelnen ange- führten l^telle mit fast übertriebener Sorgfalt beachtet, und der Verf. hat jederzeit die Lesarten der Handschriften and die Aenderungen der Gelehrten aufgezählt und davon auch Gelegenheit genommen, in den Beförderungen und £hreilbe2eigangen. 221 meisteti FSUen seine eigne Ansicht über die richtige Lesart aasiusprecben und nach Umständen auch weiter zu begründen. Bei den Fragen schwie^ rigerer Art ist auch die nöthige Erläuterung der Steile hinzugefugt, und da der ^erf. in allen diesen kritischen und sprachlichen Erörterungen grosse Genauigkeit und' tüchtige Einsicht in die Komödien des Plautus kundgiebt, so wird seine Abhandlung auch für die Kritik und Erklärung derselben sehr wichtig und beachtenswerth. Für den Grammatiker bleibt die Sammlung nur darum eine unbequeme , weil die grammatischen und rhetorischen ^Fragen nicht unterschieden sind , und weil man es den ein- Beinen Fragen , ohne die Stelle nachzuschlagen , selten ansehen kann , ob sie logische Versthndesfragen rein grammatischen Gepräges, oder empha- tische Geffihlsansprägungen der Verwunderung, des Unwillens etc. sind. Wäre dies strenger geschieden worden, so wurde wahrscheVilich auch die Deutung einiger Stellen sich noch etwas anders gestaltet haben« Jedenfalls aber' bleibt die Mittheilung insofern eine sehr dankenswerthe, als die Zusammenstellung des Materials und die gebotene kritische Fest- stellung der einzelnen Stellen die Bequemlichkeit darbietet, den Ge- branch der einfachen Fragen bei Plautus im Ganzen zu übersehen. — Das Gymnasium in Nordhaüsen hatte in dem zu Ostern 1S40 beschlosse- nen Schuljahr 1^1 Schüler in fünf Classen oder 6 QlassenabtheHungen, und 6 Abiturientea, im nächsten Schuljahr 156 Schüler und 6 Abitu- rienten, und 161 Schüler mit 8 Abiturienten im Schuljahr von Ostern 1841 bis dahin 1842. Aus dem LehrercoUegium schied zu Ostern 1841 der Pastor Wagner, welcher schon seit Ostern 1837 seine Lehrstelle am Gymnasium niedergelegt und nur 6 wöchentliche Lehrstunden beibehalten hatte, und ging als Oberprediger nach Aschersleben, und am 13. April 1841 starb der seit 31 Jahren am Gymnasium Angestellte Schreib- und Zeichenlehrer fFüh, Chr, Alex, Eberwein im 53. Lebensjahre. Seitdem besteht dasselbe aus dem Director Dr. Karl Aug. ScMrlHz, dem Con- rector Dr. Förstemann [welchem seit Ende ]841 das Prädicat Professor beigelegt ist] , den Oberlehrern Dr. Rothmaler, Niemeyer, Dr. RSder und Dr. Theiaa [denen seit dem März 1841 das Prädicat Oberlehrer ertbeilt worden ist] ,■ den Collegen Albertus und Dr. Hineke , dem Musikdirector Sdrgel und dem Schulamtacandidaten Dr. Aug. Ephraim Kramer [der aeit 1840 sein Probejahr hier bestand und dann als Aushülfslehrer am Gymnasium blieb]. Das zu Ostern 1840 erschienene Programm enthält eine mit eben so yiel Begeisterung als Eiinsicht geschriebene Abhandlung : Beweis der Möglichkeit und Nothwendigkeit des StudiuiiM der Mathematik für die Schüler der Gymnasien Ton dem Mathematicus Dr. Hineke [40 (24) S. 4.] , worin der Werth des mathematischen Unterrichts für Schu- len wenn auch bisweilen in etwas zu ausgedehnter Schätzung, doch in so klarer, verständiger und überzeugender Weise dargethan ist, dass die- selbe namentlich allen Verächtern dieses Lehrgegenstandes recht drin- .gend zur Beachtung empfohlen werden muss. Der Verf. bekräftigt zunächst den Werth der Mathematik durch mehrere Zeugnisse alter und neuer Gelehrter nnd fuhrt dann zur Abweisung der unverständigen und dennoch selbst von Mathematikern oft wiederholten Behauptung, dass '/ 222 \,Schal - and Uniyersitätsnacbrichten, * diese Wiss^scbaft nur für einzelne Köpfe yerstandlich sei^ den Beweis, dass jeder Schäler die elementare Mathematik, d« h. die Mathematik etwa bis zu der Stufe hinauf, welche in den preussischen Gymnasien als Lehr- oiel gestellt ist, begreifen und erlernen kann, und dass auch jeder, der auf [allgemeine] höhere geistige Bildung Ansprüche machen will, noth- wendiger Weise Mathematik verstehen muss. Zu diesem Zwecke wird zunächst bewiesen , dass die Mathematik , obgleich sie abstracte Wissen* Schaft und ein Object des Verstandes, also etwas Inneres , Ideelles, von den äussern Erscheinungen Unabhängiges und nur auf dieses Aeussere, als Allgemeines auf -das Specielle , Anwendbares ist , dennoch auch für den unentwickelteren Verstand begreiflich wird , weil sie in ihren An- fängen von einigen wenigen Urbegriffen [nämlich denen der Vielheit und Einheit, der Gleichartigkeit und Ungleichartigkeit und der Ausgedehnt- heit] ausgeht, welche dem Verstände schon ursprünglich gegeben sind und die deshalb der Lehrer nur zu entwickeln und durch Erläuterungen zum deutlichen Bewusstsein zu «bringen braucht, und weil sie in ihrem Fortgange nur Schritt für Schritt mit Hülfe des Verstandes Tom Leich- teren zuin Schwereren , vom Einfacheren zum Zusammengesetzte;ren fort- schreitet, somit aber nur . Aufmerksamkeit auf die gethanenen Schritte verlangt, um die gefundenen Wahrheiten stets in Bereitschaft zur An- wendung zu haben und genaue Vergleichung der Voraussetzungen mit den zu findenden oder gefundenen Wahrheiten anzustellen. Die Bündig- keit dieses Beweises wurde man sofort für unzweifelhaft ansehen müssen, wenn der Weit dabei zugleich auf die Schwierigkeiten eingegangen wäre, welche sich für das strenge Fortschreiten der mathematischen Entwick- lung mit und in dem Verstände von Seiten des Schülers entgegenstellt. So leicht es nämlich auch sein mag , dem Knaben die allgemeine Bedeu- tung und Anwendung der Begriffe Vielheit, Ausgedehntheit und Gleich- artigkeit begreiflich zu machen; so schwer wird es doch, diese rein abstracteiT Begriffe in dessen noch ganz zur sinnlichen Anschauung hinge- wendeter Seele zii recht lebendigem Bewusstsein zu bringen, und noch schwerer, ihn aus denselben weitere abstracte Folgerungen und Wahr- heiten ableiten zu lassen, weil vnederum dessen Folgern und Schliessen noch zu sehr am Concreten und an der äussern Erfahrung festhält. Darum will.es dem Ref. scheinen, als dürfe die Mathematik trotz der einfachen Urbegriffe, von welchen sie ausgebt, doch bei dem kleinen Gymnasial- schuler nicht sofort auf wissenschaftliches Fortschreiten in abstracter Richtung und auf das Festhalten des jugendlichen Verstandes am Ab- etracten M> entschieden bauen; sondern als müsse sie, grade so wie die Grammatik, eine längere Zeit nur darauf ausgehen, eine Anzahl einfacher und in sich zusammenhängender Gesetze mehr von der äussern Erschei- nung aus und nach einfachen positiven Regeln einzuüben, und dann erst allmälig zur Abstraction überzugehen. In der Sprache sind die ersten Gesetze des Satzbaues ebenfalls recht ' einfach und heben von leicht erkennbaren Urbegriffen an ; allein wenn der Lehrer die Erlernung der Syntax gleich mit den abstracten Bestimmungen der Begriffe Subject, Prädicat , Verbum , Object etc. anfangen und in strenger Wissenschaft- Beforderaagen nnd Bbrenbeieignngen. 223 llchkeit Torwarts schreiten wollte, so durfte sich ihm wahrscheinlich recht oft auch die [an /sich freilich grundfalsche] Bemerkung aufdrangen, dass nur wenig KopCe^fur grammatische nnd sprachliche Studien befähigt seien* Der Verf. hat in der rorgezeichneten Methodik des mathem* Unterrichts die obwaltenden Schwierigkeiten möglichst zu mildern nnd geltend zu machen gesucht, dass, weil eben die Mathematik nur innerliche, ideelle Grossen zum Object hat und sie von allem Erscheinenden abidtrahirt, der wissenschaftliche .Vortrag ausschliessend den Verstand , und daneben das Gedächtniss noch, so weit beschäftige, als notiiig ist, um die Grund- begriffe und erkannten Wahrheiten festzuhalten und mit ihrer Hülfe neue Wahrheiten zu erkennen. Demnach verlangt er, dass der mathematische Unterricht mit der Entwicklung der Urbegriffe im Verstände nnd ndt dem Verstandnbse der Definitionen aller Grundbegriffe, d. i. mit der Formenlehre des Raums und der Zahl beginne. Beide lassen sich sinnlich, anschaulich machen; doch sei die geometrische Formenlehre leichter als die arithmetische,, weil in ihr der Knabe an dejr Figur, als dem Sinnlich- Darstellbaren, die Begriffe leichter begreife, und darum soll mit ihr der Unterricht angefanjgen werden. Doch müsse schon hier die Fignr, an welcher der Knabe lernt, von der Figur, welche er dadurch erlernt und von dem Gegenstande im Verstände trägt, getrennt werden, und die erstere sei nur das Mittel, die letztere der Zweck und die eigentliche Grundlage alles Fortschreitens. Ist also eine Raumform betrachtet und an der Figur erklärt; so sei es nöthig zu prüfen, ob der Schuler auch die Raumform dem Gedanken nach aufgefasst habe , und dfese Prüfung w^erde am erfolgreichsten angestellt , wenn man nach dieser ersten Be- trachtung die Gegenstände von den Schülern ohne Figur beschreiben und auch ohne Figuren einander näher stehende Raumformen mit einander vergleichen lasse. Erst wenn die geometrische Formenlehre begriffen sei , dürfe did arithmetische an die Reihe kommen , und sei nicht zu ver- wechseln mit dem Rechnen, das schon zuvor praktisch eingeübt sein müsse» Die arithmetische Formenlehre betrachte die Zahl als Urbegriff, mache sie dem Verstände klar und leite daraus die einfachste und beste Form der Zahl und die verschiedenen Operationen mit derselben in der Form von Definitionen ab. Da die hier zu. entwickelnden Begriffe , als nicht so sinnlich sichtbar wie die geometrischen, schon schwieriger zu verstehen sind ; so seien sie meist in dem Verstände darzustellen und zu construiren und nur die verschiedenen allgemeinen Symbole seien ein äusseriiches Hülfsmittei der^ leichtern Auffassung. Ist dem Schüler in der geometrischen und arithmetischen Formenlehre ein reichhaltiges Mi^ teriai isum Denken übergeben, so soll er zur>Vergleichung dieser Formen, der sogenannten Grundbegriffe, geführt werden, um eihzelne Wahrheiten von denselben zu finden. Auch hier soll mit dem Auffinden von Wahr- heiten an geometrischen, und zwar an den in einer Ebene liegenden planioietrischen Gegenständen begonnen Werden, weil hier das Abstracto leichter an der Figur anschaulich gemacht .werden könne. Nur dürfe die Figar nic|it als das Wesentliche , sondern nur als das Mittel , eine Wahr- heit ztt erkennen , gebraucht werden, und man soll den Schüler nicht an 224 Schul- uiid Universitätsnachrichten, » # X eine bestimmt gestellte Figar gewohaen, sondern deren Stellong und Bnchstaben ' wechseln y und endlich, wenn der Satz .begriffen ist, den Beweis ohne Fignr fahren lassen. Zara Schiasse könne der Lehrer aach die beim Beweise angewandten Hälfssätze in der Reihenfolge ihrer An- wendung aufzählen lassen, um sich zu überzeugen , ^ dass jeder aufmerk- same Schüler den Beweis seiner wahren und allgemeinen Bedeutung nach begriffen habe. Ist der Verstand durch ein längeres Studium der 6eo> metrie für das Studium der abstracteren Arithmetik genügend vorbe- reitet ; so sollen die Anfange der letztern so erlernt werden ^ dass das Abstracto der allgemeinen Zahlengrössen und die Gesetze der Operatio- nen mit denselben nur an concreten Zahlenbeispielen klar gemacht, nie aber durch letztere Wahrheiten bewiesen werden ^ deren Gültigkeit auf erstere ausgedehnt werden soll, — weil man sonst dem Schüler gar leicht den falschen Schluss vom Einzelnen ^uf das Aligemeine anlehre. Als dritte Unterrichtsstufe ist die Betrachtung und Auffindung der stereo» metrischen Wahrheiten gefordert^ wo der Lehrer anfangs nicht Mos die Anschauung einer auf einer Ebene' projicirten Figur anwenden, sondern sich beim Unterrichte auch der räumlich dargestellten Formen bedienen müsse, und erst nach und nach von den wirklichen Korperformen, end- lich selbst von den auf eine Ebene projicirten Figuren abstrahiren dürfe. Daran soll sich aus der Arithmetik die Betrachtung der imaginären AuS^ drücke, die Auflösung der Gleichungen, welche in grösster Allgemein- heit zn lehren sei und specielle Beispiele am passendsten aus der Natur- lehre nehme, die Logarithmen, die Reiben, die Combinationen und der binomische Lehrsatz anschliessen. Die letzte Stufe des elementaren mathematischen Unterrichts soll die Trigonometrie und dann noch die Kegelschnitte bilden, beide mehr nach analytischer Behandlung, um den Schüler auch mit dieser Betrachtungsweise vertraut ^u machen und dadurch zu höheren Studien vorzubereiten, beide aber auch noch mit demjenigen Beibehalten der geometrischen Anschauung, dass jede auf analytischem Wege gefundene Wahrheit an der Figur veranschaulicht werde. Um durch die Mathematik den Verstand auszubilden und zum selbstständigen und richtigen Denken zu fuhren,^ dazu soll, sobald der Schüler nur einiges mathematische Material in der Formenlehre erhalten hat , . die höhere und niedere Heuristik gebraucht werden , von denen jene ans der Definition eines Gegenstandes alle Wahrheiten über denselben ableite, diese nur zeige, wie die eine oder andre Wahrheit gefunden werde. Der Vorzug^ dieser heuristischen Methode vor andern Lehrweisen ist genügend ^dargethan. Bei dem Beweise jed^ einzelnen Satzes soU der Lehrer analytisch verfahren , d. h. von der Behauptung ausgehen und sowohl deren Bedingungen als die Bedingungen der Voraussetzung, über- haupt den Zusammenhang aufsuchen, welcher zwischen den gesuchten und den gegebenen Grössen oder Wahrheiten über dieselbe stattfindet, woran dann als Schluss des Beweises der synthetische Beweis gefugt werden könne, damit man von der Voraussetzung durch die analytisch gefundenen Wahrheiten, welche zum Beweise der Richtigkeit fiberfuhren, bis zur Begründung der Behauptung fibergehe and überhaupt den Ver- Beforde rangen und Ehrenbezeigungen« 225 stand in bestandig schaffender Selbstthatigkeit erhalte und lor das Auf- finden andrer Wahrheiten stärke« Za dieser heuristischen Weise soll auch ein yorherrschend erotemätischer Vortrag kommen nnd wenigstens in den niedem Ciassen entschieden gebrancht werden. Zuletzt geht der Verf. auch suoch die rerschiedenen Beweisarten der Mathematik [den directen nnd indirecten Beweis und den Beweis aus der Analogie] durch, um allseitig klar zu machen , dass nach seiner Methode der Verstand naturgemäss und seibstthatig sich ausbilde und der Schüler zur Erler- nung der el€mentaren. Mathematik durchaus befähigt sei. Um den Erfolg des mathematischen Unterrichts zu sichern, soll der Lehrer nicht durch äussern Zwang [z. B. Zurückhalten in der niedem Classe oder Drohung mit dem Abiturientenexameu] zum Studium nothigen wollen , sondern den . Eifer durch seine eigne Li^be und Begeisterung' fSr die Wissenschaft und die daraus hervorgehende geistige Frische und Regsamkeit im Unterrichte , beleben. Auch wird verlangt , dass die Behörden , Directoren und übri- gen Lehrer des Gymnasiums nicht in irgend einer Weise dem mathemati- . sehen Unterrichte hemmend in den Weg treten. Und weil die Mathe- matik eben vorherrschend den überlegenden Verstand in Ani^mch nimmt und dieser schon dne gewisse Jfteife erlangt haben mnss, so will der Verf. die mathematischen Lehrstunden in den beiden unterstell Classen von 4 auf 2 redudrt, in den beiden obersten aber auf 6 — ^8 erhöht und den> mathematischen Unterricht auf die ersten Stunden des Tages ver- legt wissen. Diese letztgenannte Forderung ist die missiichste, weil der Religions- und der sprachliche Unterricht, welche in den obern Classen ja anch fast ausschliesslich die Thatigkeit der hohem geistigen Kräfte in Anspruch nehmen, mit eben so viel Recht eine extensive und intensive filtei^ernng beansprachen. Die Nothwendigkeit des mathematischen Un- terrieb ts im Gymnasiom hat der Verf. von S. 19. an ebenfalls durch sehr entsprechende Gründe dargethan und ebenso auf den allgemeinen Bil- dnngswerth dieser Wissenschaft für den Geist, wie auf deren Anwen- dung im Leben nnd auf andre Wissenschaften treffend hingewiesen. Nur hat er sich vielleicht bei der Bestimmung des allgemeinen Bildungs- werthes von dem Fehler des Zuvielbeweisens nicht ganz frei gehalten* Allerdings verfallt er nicht in die gewohnliche Behauptung, dass die Mathematik die Wissenschaft -aller Wissenschaften sei; aber in Bezug auf die aligemeine geistige Bildung vergisst er einerseits ganz und gar, dass sie in der Schule mit mehreren andern Unterrichtsmitteln gemeinschaftlich gebraucht wird und darum durchaus in ihrem relativen Verhältniss zu denselben , nicht aber ab Wissenschaft für sich besprochen werden muss, und andrerseits verlangt er doch wohl von ihr zu viel, wenn er ohne Beachtung des Bildungseinflusses der übrigen Unterrichtsgegenstände das Hinfuhren zum klaren und abstracten Denken und die Stärkung der Urtheilskraft von ihr allein zu erwarten scheint , ja selbst die moralische Veredlang des Geistes daram durch sie erzielt werden lässt, weil sie nur nach Wahrheit suche, die Wahrheit um ihrer selbst willen und ohne Rücksicht auf ihre Anwendbarkeit lür's Leben erkennen lehre, *und ' demnaoh den Schüler von Eigennutz und Selbstsucht frei mache, das /¥. Jahrb. f. Pkü. «. Püd. od. ErÜ. Bibl, Bd. XXXYIII. Bft. X 15 226 . ^ckal- und UniTerBititsAftchrieliten, ^«ttfvoxti auf Mine gütige Kraft erhebe und ihm Charakterstärke gebe» llittn brancht hier gar nicht die Frage zu erörtern, ob die elementare Mathematik wirklich irgend einen Menachen bis vx einer so hohen Er-r kenntniss nnd reinen Liebe der Wahrheit hinfahre, dass diese Liebe der Leitstern seines sittlichen Lebens wird; sondern es genügt darauf htuza- weisen, dass die Schule, und wenn sie auch in allen ihren Unterrichts-r gegenständen die höchste und reinste Erkenntniss der Wahrheit erstrebt, dennoch < nicht ein so reines Bewusstsein von derselben und eine so hohe und uneigennützige Schätzung ihres Werthes in der Seele de^ Schulers her- ▼orbringen kann, wornach man eine so entschiedene, feste und selbststandige Entwicklung des moralischen Willens nnd Charakters zu hoffen berechtigt wäre. Aber auch in Bezug auf die blosae Yerstandesbildung darf nicht V vergessen werden, dass die Mathematik als die Wissenschaft der Raum* und Zahlenyerhältaisse genau genommen nur zur geistigen Erkenntniss des #aossem und irdischen Lebens fahren kann und nicht BildungsiBtoff genug enthält, um alle geistigen Regungen und Richtungen des Menschen zu bethätigen, zu erwecken und zu kräftigen* Zunächst nämlich setzt sie die Fertigkeit abstracter Verstandestbatigkeit schon voraus, und wenn sie auch diese Fertigkeit durch stufenweis aufsteigende und in strenger und unwandelbarer Aufeinanderfolge fortgehende Uebung in vor- ZQglichem Grade kräftigt, befestigt und läutert; so vermag sie doch nicht die Operationen der Verstandestbatigkeit selbst, d. h* das eigent- liche^Schaffen und Wirken des Verstandes, in gleicher Weise anschaulich zu machen, wie dies an der Spraclie, als dem nächsten und eigentlichsten J^roducte des Denkens und des geistigen Schaffens überhaupt geschehen kann. Sodann bleibt die Mathematik als die Wissenschaft der von den Erscheinungen der Sinnen weit- abstrahirten Gesetze unraer nur in der Erkenntniss der Sinnenwelt stehen , und kann als elementare Mathematik imr den Verstand und die Urtheilskraft beschäftigen , überhaupt aber nur die Anwendung beider Vermögen auf die Erkenntniss und Benrtheilung der Sinnenwelt bethätigen« Als höhere Wissenschaft wird sie freilich den Geist zur Speoolation fortfahren, and auch wohl durch die Erkennt- niss der in der Materie geoffenbarten unendlichen göttlichen Weisheit die Gefühle mächtig erregen , aber in die eigentliche geistige Ideenwelt fahrt sie eben so wenig ein, als sie überhaupt das Entstehen und Bilden der Idee durch den Geist, und das Wesen und Thätigkeitsgesetz der Gefühle zürn Bewusstsein bringt. Uebecfaau|>t besitzt die Schule nur die Sprach- wissenschaft als Hauptmittel, um das Thätigsein und Schaffen des Gebtes . nach seinen^ einzelnen Vermögen und RÄchtiftigen offenbar zu machen^ und beuutat dann den Stoff der einzelnen Wissenschaften, nm th^la daran die geist^ Tbätigkeit des Sichülers innerhalb der Gesetze, welch« durch, die Sprachwissenschaft für das Thätigsein der geistigen Kräfte gefunden sind, zu 'üben, tbeils daraus überhaupt die Stufe und den Höhe- punkt der geistigen Entwicklung der Menschheit zu ermitteln nnd dacnach das bei dem Schüler zu erreichende Bildangsziel zu messen« Weil ab«r: die Schule die Anwendung und den Gebrauch der geistigen Kräfte unter. Anderem auch für das irdische Leben und. für die tiefere Erkennte!««» Befordörniigen und Bbtenbeselgnngen. z27 der physischea Welt wo nSiftt rollstfindig sa geben , doiih wenigsteda Tonnbereiten hat; dsrnm braocht sie unter ihren LehiHfeitteln natfliüch noch die Mathematik als notbwendigen and wesentKdien Lehrstoff, aber er bleibt far sie immer nur eins von den mehreren Mitteln mm Zwecke. Demzofolge aber genügt es iiieht, etwa nur im AUgemeinen sn ermittela, wie weit die Mi^themaUk fir sich aliein bildend sein kann ; sondern Ibr die Schale darf sie nnr in ihrem Verhältnis^ Mm Ganzen betrachtet werden, and der Hr. Verf, wird 9ich ein hohes Verdienst Awerbea, wenn er in einer Fortsetzung seiner Abhandlung naohsiiifv^eiMii Tersncfat, welchen Thell der allgemeinen hbmanistischen Bildung die MatheroatSc nllein gewahrt, wieweit sie der . Unterstützung des Spraehnnterriehto bedarf, welche andre Wissenschaften neben ihr und neben der fi^rlMh» Wissenschaft zur allseitigen Ausbildang des jugendlichen* Gdstes noch nhentbehrlich sind, nnd Wie dann das Rangverhaltniss der einzelnen Wissenschaften za einander sein mass; Ohne eine solche Festiftellung nämlich ist weder ein rechter LehTplan der Mathematik fur's Gymnasinm, noch' überhaupt die Beseitigang des Uebeistandes möglich, dass die philo- logischen nhd mathematischen Lehrer der Gymnasien sich gegi^nseitig zu ^ beeintrfichtigen suchen , weil jeder Thell meint , er mfisse in seiner Wissenschaft möglichst viel leistiBn, und weil beide darüber verltennett, dass far die.' Gymnasien alle Wissenschaften nur' in gewissien Anwendan- gen gebraucht* wefden und bald die, b^ld jene den übrigen sich'nntef- ordnen mnss., und dass nur die rechte Harmonie des gcsgenseitigen Ver- hältnisses der einzelnen zu' einander die Erzielung einer wahren humani- stischen Bildung sichert. Das zu Ostern 1841 erschienene Programm des Nordbanser Gymnasiums enthfi^: /enw und Nücö^kmuB, eme Firobe der Behandlung schwieriger Abäehnüte aus den Evartgdien in den obem Claasen der Gynmaeien'y ron dem Oberlehrer Niemeyer [45 (24) 8. gr. 4.], und der Aufsatz soll als Torläafiges Fragment einer künftig erscheinenden Abhandlung aber Religionsunterricht ainf Gymnasien gelten. Im Oster- programra 1Q42 aber steht: Aug, Botkenis AötAmaler , ph. Dr. et gym- nasii Collegae, IKssertatio de reUgioms doctrina th gtfmnaaie eartm^ euperiorum dassium diseipiOis iraäenda pCVIII 8. Abhandlung und 28 8. Schnlnachriehten. gr. 4.], welche der Verf. bei der Uebemahme des Religionsunterrichts in den obem Classen geschrieben hat, nnd worin er zuerst den Satz vertheidigt , dass ^eser Unterricht in den Gyronarien nicht von Geistlichen, sondern Ton Gymnasiallehr^te ertheilt werden müsse, und das Bild eines rechten Religionslehrers zeichnet, dann aber über Zweck, Umfang, Stoff und Behandlung des BTeligionsunterrichts in gedrängten Andeutungen yerhandelt. — Von der Landesscbule Pfortb wurde am 1. Nov. 1899 als' Programm ausgegeben: CaroH Rudülphi Fideert Prolegomena in novam Operum L. Ann. Seneeae pkHosopM edilMh- fiem, part; I. [Naumburg gedr. b. Klaffenbach. 54 S. und XIX S. Jahres- bericht, gr. 4.] , über deren Werth und Bedeatsamkeit in unsem NJbb. 30, 349. berichtet worden ist; an^ 1. Not. 1840: Dt. CareU SieinJimiiy Pro^. Portensis, Meletemala Plalhnanti [Bbend. 60 S. anfd XX 8. Jahres- bericht, gr. 4j], eine ausgezeichnete und gediegene Fortsetzung zu der 15* . I 2^ Schot- und UniversitStanachrichton, 1839 herausgejf^ebenen Abhandlung De dUdectica Hotini ratione, toU gründlicher Forschung, scharfsinniger Erörterung und reicher Ergebnisse, worin der Verf. zuerst den Plotin als interpres Piatonis (S. 6 — 24.) und als interpres und adversarins Aristotelis (S. 24 — 35.) charakterisirt und in beiden Beziehungen dessen Wirken und .Verfahren, Lehren und Ansichten genau geschildert, dann (8. 55 — 47.) dessen philosophisch -grammatische und sprachliche Lehren und Bestimmungen in allgemeiner Uebersicht und gelungener. Naclkweisung ihrer Haupteigenthumlichkeiten dargelegt und mit den scharfsinnigsten eignen Spracherörterungen durchzogen, endlich (S. 47 — 55.) mehrere Textesstellen der Enneaden nach Creuzer's Aus- glühe kritisch und exegetisch besprochen, zuletzt auch noch die Frage, •was das Studium des Plotin für unsre Zeit nutze, beantwortet und über zwei Fragmente des Parmenides und drei des Empedokles Verbesserungs- vorschlage mitgetheilt und deren Nothwendigkeit begründet hat; am l.'Nov. 1841': Car. Georg. Jacob , ph. Dr. Prod Port., Commentath de tun numeripluraUa apud poetas Laünoa [44 S. und XX S. Jahres- bericht, gr. 4.] , eine für die Erkenntniss der iatein. Dichterspracfae eben 80 wichtige als ergebnissreiche Erörterung über den Gebrauch des Plu- rals abstracter Wörter, welche mit mehreren Zusätzen und Ergänzungen in nnsern NJbb. Suppl. Bd. 8, 16q ff. wieder abgedruckt erschienen ist ; am 1. Not. 1842: Cor. Aug. Koberstein QuaesHonea Suchenwirtianaej specimen IL [68 S. und XX S. Jahresbericht, gs. 4.], die Fortsetzung zu dem 1828 herausgegebenen specimen L, worin der Verf. die Sprache dieses österreichischen Dichters im Allgemeinen behandelt und die bei ihm obwaltenden Gesetze der Lautlehre bestimmt hatte, während er jetzt nach einigen vorausgeschickten Bemerkungen über die von Suchenwirt beobachteten metrischen Gesetze das in dessen Sprache erkennbare Declinations^ystem der Substantiva, Adjectiva, Numeralia und Prono- mina in seinen Haupt- und Nebengestaltungen vollständig, wohlgeordnet und übersichtlich dargestellt, gelehrt und einsichtsvoll erläutert und dadurch einßn sehr wertbvoUen Beitrag zur mittelhochdeutschen Gram- matik geliefert hat. Die Schule war in ihren 3 Classen .oder 5 Classen- abtheilungen zu Midiaelis 1838 von 165 , zu Ostern und Mich. 1839 von 177 und 174, zu Ostern und Mich. 1840 von 176 und 190, zi» Ostern und Mich. 1841 vt>n 132 und 188, zp Ostern und Mich. 1842 von 195 und 199 S jB. Wo^ [8 S*], eine gelehrte und ergebnissreiche kritisch- exegetische Erörterung als Fortsetzung der 1836 erschienenen Prolegomena ad Planti Aululariam; 3) Probe einer leichten und einfachen Behandhkngsweise der Kegelschnitte vom Professor C. F. Am Jacobi [8 S.], mit einer Fignrentafel; 4) üeber die Betonung mehrsilbiger Worter in Suehenwirfs Fersen vom Professor A, Koberstein [8 S.] als gelehrte und nberaus genaue Fortsetzung des vorjährigen Pro- gramms; 5) Memoriam duorumy qui e schola Portensi prodierunty fhüo^ iogorum lo. GeorgH Graevü et lom Aug%ksti ErnestU commendat Cor. Georg, lacob , A A. LL. M. , Aul. Dr. , Prof. Port. [8 S.] , eine nacb Inhalt und Form gelungene Schilderung dieser beiden Gelehrten ; 6) Cor. Steinharii synUtolae erittcae [8 S.], bietet und rechtfertigt in Cap* li« zu Piaton. Parmen. drei Verbesserungsvorschläge, nämlich p. 162 B,'iiszi- %ovTa %6 ykkv ov ovaitts zov üvai ov, fti) ovala^ 9\ xov i^i slvai fi^ oy, s/ fiiXhoi Ysliwff slvcn^ x6 9\ ^i} ov fi^ ovaüig fihv tov firj slpai oy, ova^ecs dl xov slvai ft^ op etc., p. 161. A» el fiivtoi firidh to ^v iastwo liri iattti etc. und p. 16&. B, iv %s xip (Uam akXa fikscaitSQa tov fi^iaovj ^lUüifOtSQct m ij dvvaa&fu Mg avtmv kudatov Xaftfidvsed'ut etc., und skhlt in Capf II, und III. eine lange Reihe von Textesverbesserungen na den 3 Bachern des Arlsioteiea de anaraa nnd eu Sophed. Aiac, Anjl;igon«> 1 » .292 Scliul- und UftiTer&italsaachriohten,^ Oedip. Colon, and Trachin. nar in kurzen ^ndeatongen auf; 7) dnal^ aeke Behandlunff eines Satzes (ms der Lehre des g'radUnigen Dreiecks Toa Prof. Jacobi IL [8 S.]; 8) Glossarü Latini fragmenta Portensia'descripsit Cor. Rudolph. Fickert [8 S.] , Mittheilungen aus Fragmenten eines latei- nischen Glossars des 10. Jahrhunderts aus der Schulbibüothek , das mit den Glossen^ des Kucherius und Placidus Mehreres gemein, Anderes eigen« thumlich hat und besonders eine Reihe Glossen zu Cicero und Virgilios bietet; 9) CaroU KeU SchoUon Arateum [8 8«], eine überaus gelehrte Erweiterung der in Analectt. epigraph. et onomat. p. 9. gegebenen Erör- terungen über den Sikyonischen Aratos, des Kteinias Sohn, nebst. Auf- zahlung und Besprechung einer Reihe Ton AraU^ .welche bis jetzt in dea ^Wörterbüchern griechischer Eigennamen noch nicht erwähnt sind; 10} Commentationis de quibusdam eonsonae v in Ungua Latma affeeUombus pariiculaf .scripsit Alb, Dietrich j ph. Dr. [8 S.], eine nicht vollendete, aber sorgfältig begründete- und von reicher Sprachvergleichung durch- zogene Untersuchung über die Veränderungen des Buchstaben ti in de^ lateinischen Sprache; II) üeber den Werih des P. Abaelard: yJEikica seu sctto te ipsum^ vom Prediger Dr. BiUchjer [8 Sj] , . welche Abhandlung noch -weiter fortgesetzt werden soH; 12) Die^ Landesschule Pforta in ihrer geschichtlichen Entwicklung seit dem Anfange des 19. Jahrhundertg hia attf die Gegenwart yom Rector Dr. Kirchner [156 S. und VIII, S. Schulnachrichten über das nächstvergangene Halbjahr], eine überaus reichhaltige und allseitige Darf{tellung der Geschichte, Zustände, Ver- fassung und Einrichtung der Schule in gegenwärtigem Jahrhundert. Sie beginnt mit der Beschreibung der Localität un^ Wohnungsverhältnisse (S. 1 — 12.), giebt dann Grundzüge der gegenwärtigen Verfassung und Einrichtung, d. h. MittheSlungen über die Bestimmung der Anstalt, die Schülerstellen und Aufnahmebedingungen, über .Erziehung, Aufsicht, Disciplin, Tagesordnung, Privatstudleu der Schüler, Schulprüfungen, Censur und Abiturientenprüfungen , über die wissenschaftliche Bildung der Schüler und den bestehenden Lehrplan, über Schulfeste, Ferien, Reisen und Spaziergänge der Schüler, die milden Stiftungen, Stipendien, Schulwittwencasse und Armenpflege, über die Lehrerverhältnisse, den Schuletat, die Verwaltung und vorgesetzten Behörden (S. 13 — 50.), und giebt zuletzt eine geschichtliche Uebersicht des Zustandes der Schule von 1800 — 1843 (S. 50 — 152.), in welcher erst der Znstand um das Jahr 1800 beschrieben, dann die Veränderungen und Ereignisse unter sächsischer Verwaltung bis 1815 , und die unter preussischer Regierung bis 1820 erzählt sind, und endlich noch ausführlicher über die 1820 geschafiTene neue Organisation und die dadurch herbeigeführten Verhält* nisse, Zustände, Veränderungen und Ereignisse berichtet worden ist. Angehängt sind die Schulgesetze und die schon oben erwähnten Schult nachrichten über das letzte Halbjahr *). Die Feier des Jubelfestes wurde *) Kach dem Zwecke der Festfeier und für den nächsten Bedarf der Theänehmer hat Hr. Dr. K. die Geschichte der Schule vornd^mlieh ans- «erlich gehalten and über die SchukKlnricbtiing und Schidverwaltuag, das Beferdernng'en ond Bhrenbezeignngeiu 233 schon am 3(f. Mai beg^önnen, rro man. die aiigelangten Deputationen andrer Lehranstalten und die überbrachten Festgeschenke empfing, and Beamten- nnd Lehrerpersonal , die Lebensumstände- und Schriften der letztem, die äussere Schul- und Unterrichtsordnung die sorgfaltigsten und interessantesten Mittheiluncen gemacht, dagegen über das geistige Leben der Schule und den Bildungszustand nur sparsame Andeutungen gegeben, und dieselben auch mehr anf äussere Zeugnisse, als auf das eigne Urtheil begründet. Es lag in der Aufgabe und Stellung des Ver£, dass er nur diesen Weg einschlagen konnte, und es ist sein Verdienst, dass er dennoch durch geschickte Behandlung für den Aufmerksamen allerlei tiefere Blicke in das innere Wesen , der Schale eröffnet hat. 'Jlagegen hat er natürlich nicht vermeiden können, dass z. B. der Stand- jfuakt der Schule unter Ilgen's Rectorat nicht so grossartig erscheint, als er yirirklich war, und dass man noch weniger erkennt, wie die Anstalt ihr eigenthümliches Lehrprincip als Furstenschule mit der 1820 geschaffe- nen neoen Lehrorganisation in Einklang gebracht hat. Die eigenthüm- licbe Bildungsw^lse der sächsischen Fürstenschulen nnd der grossartig« firfoilg, welchen sie herbeiführten, war darauf begründet, dass sie die iibrigen Gelehrtenschalen des Landes als Vorbereitungsanstalten gebrauch- ten , d. h. von ihnen die Schaler erst empfingen , wenn sie in dem niedem Sprachwissen schon bis zu einem ansehnlichen Grade vorbereitet waren, und dass sie zwar viel 'durch den öffentlichen Unterricht, noch weit mehr aber durch die Entwicklung der Schüler aus sieh selbst, durch die ausserordentliche Beförderung und, geschickte Leitung der Selbsttbätigkeit derselben uiid durch die dadurch erweckte und gestärkte geistige Kraft . nnd Energie erzielten, überhaupt die Schüler schon früh zu freier geisti- ger Selbstständigkeit hinführten. Dazu aber brauchten sie eben noth- -wendig den einfachen, auf wenig Lehrmittel concentrirten Unterrichts- plan, der in denselben eingeführt war. Die neue Lehrweise unsrer Gymnasien aber, welche die geistige Bildung des Schülers durch vielerlei Lehrmittel erzielt, fuhrt nothwendig auch dahin, dass alle geistige Ent- \yicklung im öffentlichen Unterrichte geschaffen werden muss und der Selbsttbätigkeit des Schülers nur Weniges überlassen bleiben darf. Für die Fürstenschalen ist die unbedingte Annahme dieser Richtung darum leicht eine gefährliche, weil sie durch ihre wenigen Cla'ssen und ihre kürzere Schulzeit gegen die übrigen Gymnasien im Nachtheil stehea, und zu sehr auf eine Bildung sich stützen müssen, welche schon vor dem Eintritt des Schülers in die Schule errungen ist. Demnach scheint es, als dürften sie das Grnndprinctp ihrer frohem Bildongsrichtung nicht aofgeben, sondenf müssteu es mit der neuen Richtung in Einklang bringen. Dass dies in Pforta seschehen sei , darauf weisen mehrere mit dem neuen Lehrplane in Verbindung gesetzte Einrichtungen hin; voll- kommen aber wird es bestätigt durch die Leistungen der Schüler nnd durch die daraus sich ergebende hohe Bildungsstufe derselben." Aber weil eben die Thatsache feststeht, so wird es für den Pädagogen wichtig zu erfahren, durch welche besondem Mittel die Anstalt dieses Resultat zu erringen gewnsst hat. Die Pädagogik der vergangenen Zeit hat häufig nur nach einem gewissen richtigen Gefühl geschaffen und gewirkt und ihre Sicherheit durch das Festhalten an der gemachten Erfahrung sich begründet; die Pädagogik d«r Gegenwart strebt überall nach klarem Bewusstsein, weil sie rasch vonrvärts will und muss. Daraus entsteht aber eben die Forderung, dass sie bei günstigen und eKolgreichen Er- scheinungen nicht blos die Thatsache, sondern auch das Wie und Warum derselben erfahren will. Mochte uns nUo der Hr. Dr. Kirchner über die erwähnte Thatsache gelagentiich weiteren Aufschluss geben! 234 Schul- uad UaiversitStsaachrlcUten«, 4 die aus der Nahe nnd Ferne zahlreich gtekomipieneD vorma!Ügen Zogtiage feierlich einholte. Es wurden nämlich Votivtafeln überreicht yon dea beiden Fürstenschulen in Meissbn und Grimma, von den vier Gymnasien in Breslau, von den Gymnasien in Eisenach, Weimar, Magdeburg^ Zeitz und Wittenberg, tou der Klosterschule in Rossleben, der Nicolaischule in Leipzig etc. Ein lateinisches Gratulationsschreiben schickte das Pädagogium zu Ilefeld, besondere GratujationsschrifteA die Universität Breslau [verfesst von dem Prof. Sehneider] , die hittfin. Schule und das Pädagogium in Halle [eine von dem Rector 0r. Eckstein ▼erfasste schone Danksagung fuf drei Rectoren der Frankeschen Stiftun« gen, Jacobs y Thüo und Schmidt ^ welche Zöglinge der Pforte gewesen waren] , das Doragymnasium in Naumburg [eine unter dem Titel : Die tüte Pforte^ Ton dem Conrector K^ Chr, Gtl. ScbmitU verfasste und treff- Hch gelungene Scbtlderung mehrerer alten Schuleinrichtungen, namentlich der Ausschlafetage und Repetirstunden , der Ober-, Mittel- und Unter- g/esellen, des Bergtages und des Eece] und 4as Domgymnasium in Gotha [eine von dem Prof. WuMtemann geschriebene , sehr elegante und aner- kennende Besprechung der Lehrer, welche Pforta von Gotha und Gotha von Pforta erhalten' hat, der Verdienste der sächsischen Fürsten um Pforta, und des Wirkens der preussischen Könige für- dieselbe Anstalt]. Desgleichen übersandte der Hofrath Friedr* Jacobs in Gotha eine wahr- haft gemntbliche Epistola ad Cetrolum Georg, lacobj phU> Doct,, qua tertia seholae Pöriensis solemnia saectdaria gratulatur [Gotha, 8 S. 8.], worin er zu der in der Gluckwunschungsschrift an die Philologenver- sammlung in Gotha enthakeneft Probe eines Lehrbuchs der dassischen Kritik [s« NJbb. 30, 212.] einige Nachträge giebi, über die inzwischen fortgefahrte Bearbeitung berichtet, aber die frGhere Verheissung der Vollendung des Ganzen seines Alters wegen zurücknimmt. Der Archi- diakonus M. Goiifr» Karl Freitag aus Meissen überbrachte: Carmma votivu Pörtae, almae matri, studiorum magistraej vHae duct, tribu» fetieiter conditis saeeulis solemnia ncdälitia . . • celebranti rite oblata [Leipzig b. Reclam. VIII und 44 S. gr. 8.], ein Ton ihm gedichtetes griechisches Epos Ton vier Gesängen in fiiessenden und sprachgewandten Versen, worin er das Frühlingsbergfest der PfSrtner mit eben sa viel heiterer Laune , wie in einfach Homerischer Weise besungen und auf die Localverhältnisse und Zustände der Zeit seines Aufenthalts in Pforta in höchst geschickter Weise Rücksicht genommen , unter Anderem auch das Pförtner Berglied in sein Epos verwebt hat. £Une gelungene deut- sehe Uebersetzung ist dem griechischen Gedichte beigefugt,' und voraus- geht eine poetisch noch vollendetere lateinische Dedicationselegie. Andre fibergaben besondere Festgedichte erst beim Festmahl, und mehrere bedeutende Gelehrte, welche früher Schüler der Pforta gewesen, hatten ihre neusten Schriften der Anstalt dedicirt, Andre seltne und kostbare Bücher and Kunstsaefaen als Fest^eschenke fibersandt. Die von Kosen in langen Reihen heranziehenden ehemaligen Pförtner, über 300 an Zahl, vojgi den verschiedensten Altersstufen und zum Theil auf 100 Meilen weit hellgekommen, wurden von dem Coetns der gegenwärtigen Schüler Beförderungen and Ehrenbeseign^gen. ft35 eingeholt .nnd an dem mit prenss* und sichts. Fahnen geschmückten «Thor dArch eine Deputation der Lehrer empfangen. Nachdem das Fest durch alle Glocken eingeläutet war , traten diese Pfortner im Schulgarten zum Chor zusammen und sangen erst ein von dem Rector und Professor j^o6&e in Leipzig gedichtetes Porta »alve *) und dann das Kirchenlied: Nun lobe meine Seele j was in mir iit, des Höehsien Treu etc. Darauf folgte eine religiöse Vorfeier in der Kirche, wo eine von dem Sohne des Aectors, Hermann Kirekner^ gedichtete FesUantalte ssur Jubelfeier der dreihunderijährigen Stftung etc. [Naumburg b. Klaffenbach. 16 S. 4.] Tom Schnierohor gesungen wurde. Auch das Abendgebet der Schulet wurde in der Kirche unter Tbeilnahme der alten Pfortner gehalten und mit einer Erinnernngsfeier an die im Laufe des Schuljahrs rerstorbenen ehemaligen Pfortner verbunden. Den ersten Hauptfesttag (am 21. Mai) eröffnete früh eine feierliche Choralmusik und um halb neun Uhr begab sich die ganze Versammlung in festlichem Zuge zur Kirche, wo der geistl. Inspector Prof. Niese über 1 Mos. 28, 10 — 28. predigte und Pforta als einen Ort der Verheissnng, des Glaubens und der Erkenntniss, der Gelübde und des Dankes darstellte. Die darauf folgende Schulfeier tvurde mit dem Absingen des von ' dem Rector Dr. iTtrcAner nach dem Muster des Horazischen Saculargesanges gedichteten Carmen saecularey das' elienfalls gedruckt erschienen ist, in würdevoller und erhabener Weise eröffnet , und der Rector führte darauf in seiner schonen lateini- schen Säcularrede den Satz durch, dass die Pforta niemals altere, und stellte die alte Pforta mit der. neuen zusammen, indem er die beider- seitige Bluthe verglich und daraus die Hoffnungen für da» nene Jahrhun- dert ableitete. £s folgte das Mittagsessen der Alumnen, und dann das *) Wir theilen. dasselbe hier vollständig mit: Gaudeamus, adsumu^j Heic qui nunc sunt, floreant, Alma mater salve! Rector et Collejrae, Natis et praes^tibus Custodes viventinm Et cunctis absentibus Et daces discentium Porta nostra salve 1 Floreant Collegae! ^sto' Divo gloria, Vivat spes Germaniae, Portam qui servavit Floreant aloinni Multis in periculis, Liberi negotio, Saivum temis saeculis Diligentes otio, Semper fortunavit! Portae vis, alnmni! Laus honosque Prindpi, Christus Portae Inceat! Portae conditori, Este Porta coeli! lUins nepotibus, Absit hino obscuritas, Cunctis successoribos, Portae dos sit daritas Regi Servatorit Veritasque coeli l Collaudentnr ordine«, Porta vivat omniwn Qui fnere Portae, Messiae cultorum, Rectomm regentium, Lncis appetentinmy Doctorum docentium) Virtnti stndentaum Hii ionanto diordae! Mator iiiioram! 236 Schal* und Universltatsnaciirichte.n, Festmahl 9 ao welchem mit den Behörden, Lehrern und Beamten deir Schale zwischen 400 — 500 Personen mit allgemeiner ond ungezwangener Fröhlichkeit Theil nahmen. An die Festtoaste auf das Wohl des Königs, aaf die Pforta, aaf Kurfürst Moritz und das sächsische Fürstenhaus ^ auf den Oberpräsidenten Flottwell reihten sich Trinkspräche aller Art, nnd eine Menge Festgedichte wurden ausgetheilt , z. B. lateinische Ton dem Pastor Dr. Naumann y von dem Dr. iur. Theod, Kind und [ein Porta vale] von dem Prof. Nobbe an^ Leipzig, Tom Rector DölUng in Plauen, vom Rector Prof. Crain in Wismar, vom Pastot Heinze In Priessnitz u. ä. m., deutsche von dem Professor Wunder in Meisaetf, Tom emeri- tirten Gerichtsamtmann Stöckner zu Cölieda, vom Dr. Geier aus Priess- nitz etc. Unter ihnen gefiel ein lateinisches Gaudeamus mit Reminisoen- zen aus der Schulzeit von dem Justizrath Schmidt aus Berlin so sehr, dass es von der ganzen Gesellschaft im Chor gesungen wurde, und in «mster Weise erregte der von Gottfried Hermann aus Leipzig uber^ sandte und von seinem Schwiegersohne, dem Pastor Naumann ^ vor- getragene Grass an die Pforte [s. NJbb» 38, 80.] allgemeine Aufmerksam^ keit. Zum Schlüsse des Mahles, vor welchem der Minister Eichhorn bereits wieder abgereist war, sprach einer der ältesten Pförtner das Gebet und ein alter Präcentor stimmte das Gloria an. Am Abend wurden Schulgarten und Höfe erleuchtet und Alles hatte ein festliches Ansehen. Dem Oberpräsidenten Flottweü wurde von den alten Pförtnern ein Vivi\t gebracht. Der zweite Festtag (am 22. Mai) wurde durch einen Schul- und Rcdeact gefeiert, den der Professor JFolff mit einer lateinischen Rede De praestantia Portae , quae ex situ nascitur , eröffnete. Darauf hielten 20 Schüler der beiden obern Classen deutsche, lateinische und griechische Vorträge, abwechselnd in Prosa und Poesie-, von denen ein grosser Theil selbstgearbeitete Erzeugnisse ~ waren , und durch die Wahl der Themen ebenso , wie durch gelungene Ansführang allgemeinen Bei- fall fandeu. Zum Schluss vertheilte der Rector eine Anzahl Prämien und 24 auf das F«st von Loos geprägte Medaillen, die auf der einen .Seite das Bild des Kurfürsten Moritz, auf der andern eine lateinische Inschrift zeigen. Gebet und Gesang beschlossen die Feier, auf welche Nachmittags wieder ein Festmahl folgte, wobei man in vielen Reden nnd Toasten das Andenken der frühem und das Wirken der jetzigen Lehrer feierte. Um 6 Uhr ^Abends wurde das Fest ausgeläutet und 'mit dem ^Gesänge Nun danket 4tte Gott unter tiefer Rührung beschlossen. Am Abend sangen ungefähr 80 alte Pförtner von gleicher Gesinnung und Stimmung über den Gräbern ihrer Lehrer: FFie sie so sanft ruhn etc., und beschlossen, die Gräber von John, Ephraim Schmidt x^nd Fleische mann mit Denksteinen, deren diese noch entbehren, belegen zu lassen. Zu Rgen^s Andenken wurde die Stiftung eines Stipendiums beschlossen nnd für die Vermehrung der Lehrerwittwencasse eine Sammlung veran- staltet. Am dHtten Tage zogen die alten Pfortner nnd gegenwärtigen Zöglinge mit den Lehrern der Anstalt zum sogenannten Bergfeste auf die Höhe des Knabenberges, sangen vorher nach herkömmlicher Weise vor der Wohnung des Rectors das schöne Bergtied im vollen Chor, ergötzten Öefordernngen and Ehreivbezeignngen« 237 sich auf dem Berge an den Ton RoUer veranstalteten Kunsttänzen und überhaupt an Gestrig und heitern Jugendspielen. Durch das Herbei- strömen von mehreren Tausend Menschen aus der Umgegend war das Fest zu einem wahren Volksfest geworden, "zu dessen Schluss der, Pro- fessor Doderlein aus Erlangen im Namen der alten 'Pförtnei> noch eine ermunternde Anrede an die Alumnen hielt. Ein ans dem Coetus heraus- tretender Primaner beantwortete dieselbe sofort unvorbereitet in sehr geschickter und überraschender Weise, und gab damit einen thatsach- »liehen Beweis für die Erfüllung von Hermann's Wunsche: Heraelidae sint, o antiqua Porta, qui tuis ex armamentarik scutati hastaiique pro- « deanti So scbloss das schöne Fest, welches lange im Andenken alier Theilnehmer fortleben wird, und welches die frische und lebendige Liebe aller Pförtner zu ihrer Bildungsanstalt auf die glänzendste Weise ^offenbarte und für fernere Dauer stärkte. — Auch das Gymnasium |n Quedluübürg hat am 9. Juli 1840 das Säcularfest seines dOOjährigen Be&t^hens gefeiert, und weil dieses Fest mit der Säcularfeier der Ein- führung der protestantischen Lehre in Quedlinburg zusammenfiel, so hatte der Rector Professor Richter in seiner Jubelrede, welche unter dem Titel: Festrede zur dritten Säcularfeier des kon, Gymnasiuroß au Quedlinhurff [Quedlinburg b. Basse. 1840.] gedruckt erschienen ist, die Fortbildung der protestantischen Kirche «in Lehre und Giatiben zum Ge- genstande der Betrachtung genommen , und wegen der innigen Verbin- dung zwischen Kirche und Schule diese Aufgabe des Protestantismus besonders von Seiten des Gymnasiums betrachtet , und fSr dasselbe nicht nur ein. vernunftgemässes Christenthum und ein Fernbleiben von der regressiven Tendenz der Buchstabentheologie als unabweisbare Aufgabe des Unterrichts gefordert, sondern überhaupt die Reinigung der christ- ' .liehen Lehre von todten Satzungen so sehr als Erforderniss des Protei stantismus hervorgehoben , dass er demselben für das neuangehende Jahr- hnadert gradezu die Erhebung zur reinen und lautern Vernunfbreligiön empfahl. Aui^ehend von dem allgemeinen protestantischen Princip des vernünftigen Fortschreitens zum Bessern, hatte er dieses Princip nament- lich als die belebende Seele für das wissenschaftliche und religips - sitt- liche Wirken des Gymnasiums in Anspruch genommen, indem die Schule . nur dadurch eine Erziehung für die Kirche hervorbringen könne , dass sie bei einem möglichst tiefen Reichthum lebendigen Wissens zugleich eine möglichst innige Warme religiösen Gefühls erwecke und zum Be- wnsstsein bringe. Doch solle 'das Gymnasium eine solche Religiosität nicht etwa ' durch das blosse Einprägen der Satzungen und Dogmen todter Glaubenslehre,, sondern «ben nur durch einen verounftgemässen Religionsunterricht, durch das Entsagen von dem unmännlichen Ancto- ritat«glauben mit seiner armseligen Passivität, durch das Fortsclireiten , in vernünftiger Brkenntniss der christlichen Lehre und durch die Vereini- gung des sittlich -religiösen Wissens und Fühlens mit dem Cultnrzustande der Gegenwart zu. erreichen streben. Dabei hatte er beklagt , dass die Kirche in der Gegenwart einem solchen Wirken der Schule nicht überall den riöthigen Beistand leiste, weil viele Organe derselbjen die Welt zu 238 Schul' und Üniversitatsnachrichten*, veralteten Dogsien ssiirooksuiftthren streben ood mit dem. religiösen imd wiuensehaftlicben Bewusstseid der Gegenwart in herbem Widerspruche stehen. * Und je entschiedener er diese Richtnng, als der Vernunft tind Natur des Menschen widerstreitend, verwerfen zu mfissen glaubte , um so mehr hatte er sich zur scharfen Hervorhebung des von ihm vorgeschla- genen bessern Strebens veranlasst gesehen und im^ Fortgange seiner Rede 4ie Forderung gestellt : „Sowie es grade Deutschland und der ganze ger- manische Norden war, wo ^ns Christenthum zuerst einen geeigneten Boden für seine reingeistige Natur fand, wo es zu allererst anfing, sich von den Schlacken welschen Heidenthums zu läutern ; so scheint derselbe Strich der Brde berufen zu sein, durch die friedlichen Waffen der Ver- nunft und ^urch die stille Majestät des siegenden Lichts eine bedeutende neue I^äuterung der christlichen Lehre zu bewirken und eine Kirche zu stiften, die auf die lebendige Wfihrheitsfalle eines von Christus sribst beabsichtigten reinen Theismus und einer echt «^istlichen Sittenlehre begrünet, dem prundwesen und der Grundform nach mit aUen Coo-. £qssionen des Christenthums übereinstimmen und für jeden ihrer Anhänger erquickliche Geistesspeise bringen wird, so dass die Frömmigkeit fru» herer Zeitalter — aber in verklärter Gestalt ~-> in die Harzen der Me»- sehen wieder einziehen und unser Vaterland nach allen Seiten des innern und äussern, des häuslichen und öffentlichen Lebens beglücken muss. Eine solche Glaubensgemeinschaft wird eine allgemeine gennanische Kirche sein ! ^' Der Redner war in allen diesen Erörterungen und For^ derungen sich des Untersduedes zwischen dem kirchUchen Dogma und der reinen Lehre Christi entschieden bewnsst geblieben, Jintte nur von einer Fortbildung des erstem gesprochen , und dabei überall so streng am Priufjp ^^ wahren Protestantismus festgehalten und mit so aufrichti- ger Ebrerbietnug gegen das Heilige und mit so rücksichtsvoller Schonung gegen Andersdenkende den Gegenstand behandelt^ dass man ein Mis»> verstehen und Missdeuten seiner Ansichten kaum für möglich hätte bakeÄ sollen. Höchstens liess sich mit ihm darüber roditen, ob es gains angemessen war, die Frage von der Fortbildung der pjpotestantischen Lehre in einer Schulrede zu behandeln, weil in dieser die Sache nicht allseitig und gehörig limitirt und allen Zuböretn hinlänglich verständlicli gemacht werden konnte. Anders aber wurde die Sache von einem Can- didaten der Theologie, J» C, fFaUmanrif der in Quedlinburg als Hülft^ prediger lebt und angeblich auch Conventikelvorsteher ist , aufgefasst in einem von ihm herausgegebenen plumpen Libell : Kirche oder Schule^ ehus Frügß hei Geiegenheit der vßn dem Hm. Dhrectar Rickter gehaltenen Festrede etc« [Quedlinburg , Franke» ld40. 35 S. 8.] Darin verkennt und verdreht er nämlich die Idee und Tendenz der Richter^schen Rede so sehr, dass er deren Verf. Schuld giebt, es habe derselbe verlangt^ die Kirche solle ganz ihren alten Lehrgrund verlassen, und es sei Seitens der Kirche Recht, dies zu thun, und Seitens der Schule, dies zu fordenu ^turlich fährte dies zu einer Verketzerung des Festredners, bei wels- cher Hr. W^ izogieich die Reformation selbst, zu einesr. Ungeheuern Ruck» schritte umstenpeite und' ihr den Gnmdsats des Stillstcrhens als Haupt- ' Befordervngen nnd Bhrenbezeigtingen. 2S9 princip andicbtete, weil Lutber nur durch den Satz: »»Wir werden gerecht allein durch den Glauben an Jesum Christum^', zum Reformator geworden sei. Somit war also ein unseliger Parteikampf herTorgernfen, der nicht- blos in theologischen Zeitschriften [z. B, in der Hengstenberg'-^ sehen KirchenzMtung 1841 Nr. 18 ^, welche natürlich für Wallmann Partei nahm, nnd in Röhr's krtt. Predtgerbibliothek 1842, Bd. 23, 5. S. 782 — 800«, welche Richter^s Ansichten schützte] fortgeführt, sondern anch noch in besondem Streitschriften fortgesponnen wurde. Gegen Wallmann namlieh erschienen die Schriften : RüektehrHt •der Fortsehritt? Etwiederung auf Hfn* Cand, WaUfnanrCa Frage: Kirche oder Schute. [Leipzig, Schmidt. 1840. 8J and: Nacht oder Tag? Eine Frage, ver- tmlaaet durch die von dem Hm» Cand, WaUmann herausgegebene Schr^ etc. [Bbend. 1841. 8.], von denen "die erstere eine wissenschaftliche Erörterung des Streitpunktes yornimmt, die letztere in leichterer Form den Gegner selbst angreift und dnrch Spott und gelehrte Grunde be- kämpft. Dieser liess ab Antwort Luthers Glaubent^^ermtniss [Qued- linburg, Flanke. 1841.] erscheinen, und Richter schrieb zu seiner Ver- theidigung : ütber deutsehe Kirchenunion oder den eigentlichen Sinn der Idee> einer allgemeinen germanischen Kirche [Leipzig, Hartmann. 1841. 63 S^ 8.] , und setzte seine Ansichten noch weiter in einer zweiten Schrift: üeber Pantheisasus und PantheismusfUreht [Ebend. 1841. 71 S. 8.] auseinander. Die Sache gehört nicht weiter hierher, und war blos als ein Angriff auf die Gymnasien zu erwähnen, der aber seitdem durch andre heftigere und directere Angriffe langst in Vergessenheit gekommen ist. Das G^raanasium in Quedlinburg war im Schuljahr Ton Ostern 1839 •-«1840 in seinen 6 Classen und der neben Tertia und Quarta bestehen- den' Realolasse for Nichtstttdirende Von 145 Schülern besucht, und die- selbe Schfileraahl wurde auch im nächsten Schuljahr wieder erfallt. Das zu Ostern 1840 erschienene Programm enthalt ditf Abhandlung : Platonis. |iAtfosajiAto.«ioriitt»fiMNno4o cum doctrinae chrisUaniae praeeeptis coneinat von dem Obertehror Dr« Schmidt [27 (17) S. gr. 4.], d. i. eine Ver« gleicbung der Platonischen Lehren mit Parallelstellen des Neuen Testa*< ments, und theilt ausserdem noch mehrere Gedichte auf die 300jährige Jubelfeier des Gymnasiums mit. Tra Progr. von 1841 hat der Director Professor Richter üeher Ursprung und erste Bedeutung der griechMSchcn und römischen Hauptgottkeken [36 (28) S. gr. 4.] geschrieben, aber nur die «ne Hälfiie der Einleitung zu dieser Abhandlung mitgetheilt. Darin ist erst aber den Ursprung gottlicher Verehrung überhaupt verhandelt, dann der Jehovadienst und das Christenthum kurz beleuchtet, hie^^auf ' der religiöse Grundcharahter der peraisobeB, indischen, chinesischen, " japanischen, arabischen, assyrischen und chaldäischen Religion in allge- meinen Andeutungen festgestellt, und hierzu als künftig erscheinender Schluss der Einleitung' noch eine comparative Behandlung der Religionen Kleinasiens und Aegyptens verheissen. Nachtraglich erwähnen wir hier auch noch das Programm des Jahres 1838 , wegen der darin befindlichen Abhandlung: Ist die Philologie eine Wissenschaft? von dem Prorector und Professor ttd^M. [26 (17) 8. gr. 4.] Um nämlich den wahren Begriff 240 Schul - tt. Uoiversitatsnacbrr.y Beforderr. u, Ebr^nbezei^ngen. von der Philologie Csstzustellen , ^eist der Verf. in allgemeinen Hanpt- zugen die von Griechenland gekommene Kntstchang der Philologie, als der Kunst, die Schriftwerke Anderer nachzaerkennen und zu verstehen und daraus sein Wissen zu bereichern, und ihre Ausbildung in Alexandria and unter den Rdjpem , ihren Znstand im Mittelalter and ihre Wieder- belebung und Fortbildung vom 14 — 18. Jahrhunderte nach, und geht dann auf eine Beurtheilung der von F. A. Wolf aufgestellten nnd von Bernhardy beibehaltenen Bestimmung and Eintbeilung der Philologie and ihrer Umtaufung in eine^ Alterthumswissenschaft aber. Das Falsche nnd Unrichtige dieser Gestaltung der Philologie wird fiberzeugend dargethan, und mit Recht ist darauf hingewiesen, dass eben diejenigen Wissen- schaftszweige, weher man den Namen Alterthumswissenscbaft entnom- men hat, der Mehrzahl nach nur philologische Hülfskenntnisse sind, aber keineswegs die Philologie selbst. Die Philologie wird von dem Verf. nur als die Kunst anerkannt, das von Andern in schriftlichen Denk- mälern Mitgetheilte nachznerkennen nnd zu verstehen, und der Philoiog hat es also nach dessen Ansicht mit keiner Wissenschaft, die ein Wis- sensgebiet enthalte , sondern mit einer auf Fertigkeit beruhenden Kunst zu thon, die sich auf jeden wichtigen literarischen Gegenstand anwenden lasse. Dass dadurch der Umfang der Philologie wieder etwas zu sehr verengt sei, wird sich vielleicht aus den in ansem NJbb. 35, 226 ff* mitgetheilten Erörterungen ergeben. Allein die wahre Stellung 4^ Philologie hat er sehr richtig bestimmt, und seine Erörterung kann vornehmlich dazu nutzen, dass endlich einmal die Verwechslung der Philologie ioit der historischen Forschung [der sogenannten Alterthums- kunde] aufbore und der Irrthum ein Ende nehme, nach welciiem man das eigentliche Fundament und Wesen der erstem ganz übersieht, nnd sie von daher benennt, wo sie selbst nur in der Anwendung anfeine andre Kunst und Wissenschaft erscheint , folglich höchstens eine Hnlft- wissenschaft ist. — An der Klosterschale in Rossleben gab im Pro- gramm des Jahres 1840 der eraeritirte Rector Dr. theol. Benedict JFühdm die zweite Abtheilung der Geschichte der Klastereehufe [von 1598 bis 1698], nnd im Programm des Jahres 1841 der Conrector Dr. Kessler ' 19 selbstgemachte lateinische Gedichte mit Anmerkungen heraus. Die Gedichte beweisen grosse Gewandtheit der Versification und eine edle poetische Sprache , behandeln aber zum grossen Theii ziemlich nnpoeti* sehe Stoffe. Die Schülerzahl war in beiden Jahren 64 and 69 in 3 Clas- sen oder 4 Chissenabiheilungen, und im Lehrerpersonal ist keine Ver- ändernng vorgekommen. Vgl. NJbb. 30, 100. (Die FortietiaBg folgt im n&distMi Hefte.) RTene JAHBBÜOBEB I Philologie and Paedog^oglk, oder Müritische MUbUofheH für das Scbnl- und Vnterrlclitswesen. In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten herausgegeben von n. JTolkafm Christian Jfahn and P|rof • MeinholA MMotm» * Achtunddreissigster Band.' Drittes Heft. Druck und Verlag von B. G. Teubner. ^ 1843. Kritische Beurth eil ungen. Geschichte des römischen (Driminalproeesses bis zum Tode'Justinians, Von Dr. Gustav Geib, oridentl. Prof. d* R. an der Universität in Zürich. Leipzig , Weidmännische Bach- handlang. 1842. XIV and 692 S. gr. 8. 3^ Thlr. M2is ist gewiss für den Alterthumsforscher am angenehmsten, auf einem Felde zu arbeiten, auf welchem bisher noch nichts oder doch nichts Bedeutendes geleistet worden, oder dies wenigstens in andrer Art, als er selbst beabsichtigt , geschehen ist. Er hat dann die Freude, ein neues Gebäude immer Toliständiger vor seinen Augen sich erheben zu sehen, für welches man Tielleicht Torher kaum das Material zum Grnndbaue Tor^anden glaubte. So ist es zum Theil bei vorliegendem Werke. Einen eigentlichen Vorgänger hat es nicht. Was Sigonius in dieser Hinsicht gelei- ntet, ist für seine Zeit äusserst verdienstlich, aber doch mehr ein allgemeiner Abriss, der erst durch nähere Ausführung Leben erhalten kann ; in den Handbüchern über römische Alterthümer aber ist aus ihm geschöpft und das in einer Art, dass Neues fast nirgends hinzugekommen, dagegen sein Abriss noch mehr ver- kürzt worden ist, überdem aber alle Irrthnmer,. die sich bei ihm finden, und alle falschen oder erdichteten Beweisstellen aas einem Buche in das andre mit übergetragen worden sind. Dagegen liegt Von einzelnem Material reichlicher Vorrath vor. Ueber manche Punkte des römischen Criminalprocesses ist mit einem Scharfsinn, einer Gelehrsamkeit und einer Liebe zum Gegenstände von Juri- sten und Philologen geschrieben worden, wie sie wenigen Thei- len der römischen Alterthumskuade zu Theii geworden ist. Allein diesen Einzeluntersnchungen fehlt das bindende Element und der sichere Boden , so lange nicht eine Gesammtschildernng vorhan* den ist, aus der für jeden einzelnen Theil der ihm zukommende Piatz und seine wechselseitige Beziehnng zu andern Theilen ersichtlich, und durch w^che verhindert wird, dass man bei jenen sich in Hypothesen und Annahmen verliert, die-sidibei eüiem Blicke auf das Ganze bald als unstatthaft ierweiBen» 16* 244 Romische Alterthumskunde. Ref. muss daher gestehen, sich wahrhaft gefreut zu hahen^ als er vorliegendes Werk angekündigt fand, wiewohl er nicht leugnen will, dass andrerseits sich auch ein kleiner Verdruss bei- mischte. Ref. hat nämlich seit 3 bis 4 Jfihrcn Material fiir eine Darstellung des römischen Criminalprocesses während der Zeit der Republik gesammelt und hoffte in t bis. 2 Jahren , während welcher er zu diesem Zwecke noch mehrere, Schriftstellei*, als bisher geschehen, zu benützen gedachte, dem Publicum die Re- sultate seiner Forschungen Torfegen zu können. Dies ist durch das Werk des Hrn. Prof. Geib allerdings zum grossen Theil über- flüssig geworden ; und das ist der Grund , weshalb der Ref. mehr Bemerkungen in diese Anzeige niedergelegt hat, als er sonst gethan haben würde. Der Verf. aber wird sich, da Ref. auf gleichem gebiete mit ihm geforscht hat, um so mehr des Inter-' esses desselben an seinen Untersuchungen für versichert halten. Kommen wir nun zum Buche selbst, so hat es, ihm, unge- achtet sein Stoff, rein der Alterthumsforschnng angehört ' und für Juristen nur ein untergeordnetes Interesse haben kann, während er von Seiten der Philologen das regste und wärmste Interesse beansprucht; — es hat, meinen wir, dem Buche wesentlichen Nutzen gebracht, dass der Verf. Jurist ist und die einzelnen Ein- richtungen vom Standpunkte der Rechtsentwicklang aus betrach- tet, wiewohl andreirseits einige Punkte, die mehr ein specielles antiquarisches Interesse haben, aber deshalb um nichts weniger zu einer vollständigen Schilderung des Criminalprocesses gehören, darunter gelitten haben und entweder ganz übergangen oder doch kürzer abgethan worden sind. Wir werden dies, wenn auch nur ein paarmal, darznthun Gelegenheit haben. Uebrigens aber würde man , wie schon aus dem von uns Bemerkten hervorgeht , sehr irren, wenn man das Buch als für Juristen , nicht für Philologen geschrieben betrachten wollte. Um einem derartigen Irrthume zu begegnen, müssen wir darauf aufmeilcsam machen, dass es keine Geschichte des töm. CriminalrecA/«, wiewohl auch die Kenntniss dieser zu einer richtigen Gesammtanschauung des antiken römi- aphen Lebens erfordert wird, sondern eine Geschichte des römi- schen Crimimlprocesses enthäU, d. h. eine historische Darstel- lung der Gerichtsformen , unter denen Verbrecher zur Rechen- schaft gezogei), abgeurtheilt und nach Befinden, bestraft wurden. Dass eine solche Darstellung der jßecA/«verwaltung ein eben so nothwendiges Glied der Alterthumskunde bildet, als die Darstel- lung der StaatsYetvfBitunQ , ist ausser allem Zweifei ^ zumal wenn man bedenkt, dass die Rechtsverwaltung von denselben Organen wie die Staatsverwaltung ausging (von Volk, Senat und Magi- straten); wobei es merkwürdig erscheint, dass die letztere so vielfach beleuchtet und geschildert worden ist, ohne dass man dabei auf eine genauer^ Forschung hinsichtlich jener einging. Denn um nur Ein Beispiel aazuiühren: es ist gradehin unmöglich, Geib: Geschichte des rom. CriminalproceMes. 245 ohne ^Keantnisg des römischen Criminalprocesses über den Wir- kungskreis der Magistrate, namentiich der Prätoren, anders als unvollständig zu handeln. Ausserdem ist hier noch ein andrer Punkt zu beachten. Wir gehören zwar keineswegs zu denen, weicht die sog. Antiquitäten ^Is Hulfsmittel zur Erklärung der alten Schriftsteller behandelt wissen wollen; meinen aber doch, dass, sowenig auch eine derartige Rucksicht den Bearbeiter irgend eines Theiies der Antiquitäten leiten dürfe, es gleichwohl dankbar anzunehmen sei, wenn die auf deva Gebiete der Alter- thumsforschung gewonnenen Resultate sich für die Erklärung der alten Autoren fruchtbar erweisen. Und dies möchte bei wenigen, wir können gradezu sagen , bei keinem Stoffe in dem Maasse der Fall sein , wie bei dem vorliegenden. Von Livius wollen wir hier nicht sprechen; aber bei dem Schriftsteller, der uns der wich- tigste sein muss , der auch auf den Schulen am meisten öffentlich und privatim gelesen wird, bei Cicero, dürften sich in den lüeU sten, Reden kaum ein paar Seiten finden, welche nicht Material zu einer Darstellung des röm. Criminalprocesses liefern und wie- derum von einer solchen Darstellung Aufklärung und. Licht erwar- ten und empfangen *). Es ist uns daher, offen gestanden , unbe- greiflich , wie es bisher für den , der nicht eigne Studien zu die- sem Zwecke gemacht hatte, möglich war, seinen Schulern Reden Cicero*s (einige wenige, etwa die pro Rose. Amor, und pro Arch., ausgenommen) vollständig und so zu erläutern, dass ein klares Vßrständniss aller einzelnen Stellen ermöglicht wurde. Uebcr diese Zeit aber, welcher die Reden Cicero's angehören, verbreitet sich unser Verf. auf ziemlich dritthalbhundert Seiten mit einer in den meisten Fällen auch das geringste Detail umfassenden Ge- nauigkeit. So viel über die Stellung des im vorliegenden Buche behandelten Stoffes zur exegetischen Seite der Philologie. Die neuere Literatur über einzelne Gegenstände hat der Verf. reichlich benutzt und angeführt. Man erhält in den An- merkungen« in welche sowohl Beweisstellen, als auch Citate aus neueren Schriftstellern verwiesen sind , nach und nach eine voll- ständige. Alles umfassende Literatur vorgeführt. Wir wollen nur ' wünschen, dass dadurch Andere, welche sich auf gleichem Ge- biete bewegen wollen , nicht verleitet werden mögen , mehr auf diese zu bauen, als selbst in den Quellen nach neuen Hülfsmitteln und übersehenen Stellen zu suchen. Das Letztere würde freilich' *) Ziemlich dasielbe gilt von den rhetorischen Schriften Cicero'«, wiewohl siqh in diesen anch viele Partien finden , welche ebenso, wie die Reden für Quintios, Roscins (Com.) nnd Cäcina, ihre Aufhellung vom Civürecht und dem Civilprocesse za fordern haben. Diese aber ist ihnen, imserm Urtheile zafolge, in reichlichem Maasse von gelehrten Juristen (wie Zimmern, Hugo, Rein, Haschke, Savigny u. A«) zu TheU geworden. 246 Römifche Aitetthi^mskande. nach des Verf. Ansicht vergebliches Bemnhen sein, indem er (S. IX«) giaubt ,,Tersichern zu dürfen, dass wiricliche Haupt^ stellen ihm überall nicht ent^ngen sind.^^ Aliein wir werden doch 9 wenn auch nur bei wenigen Punl^ten, namentlich bei sol- chen , welchen mehr ein blos antiquarisches Interesse beiwohnt, Veranlassung finden, übergangene Hanptsteileii nachzuweisen; und vielleicht dürften bei genauem Studium der Alten sich deren noch mehrere finden , wenn auch nicht in der Art , dass sie mit deutlichen Worten die ganze Sache umfassen, so doch solche, die durch irgend eine beiläufige Notiz bedeutendes Licht auf einen Punkt werfen und daher doch auch „Hanptstellen^^ genannt zu werden verdienen. Die Uebersicht des Stoffs ist durch die zwedkmassige Capitel- eintheilung und innerhalb dieser durch weitern Druck der Stich- wörter erleichtert; aber überflüssig sind dadurch Indices, die man bei einem derartigen Werke (hauptsächlich wegen der Perioden- eintheilung und der dadurch bedingten Trennung des Gleichar- tigen) nur ungern vermisst, nicht gemacht. ' Es würde diesem Mangel noch besser abgeholfen sein, wenn in dem (S. XV. bis XIX.) vorausgeschickten Inhaltsverzeichnisse auch bei den in der Darstellung selbst (ausser durch den erwähnten weitern Druck der Stichwörter) nicht besonders bezeichneten Unterabschnitten der Capitel die Seitenzahl, auf der sie beginnen, angegeben worden wäre. Die Darstellung des Verf. (über die wir kein Wort sagen würden, wenn sie nicht bei dergleichen Stoffen ihre besonderen Schwierigkelten hätte, soll sie namentlich nicht einförmig und ' langweilig sein) ist vortrefflich ; der Fortgang der Untersuchung ist nirgends durch Citate, die sämmtlich in die Anmerkungen ver- wiesen sind, unterbrochen, der Stil treffend und fliessend und nicht mit unnöthlgen terminis technicis und Latinismen, wie so häuflg bei Forschungen über antike Gegenstände, überladen. Ueberdem ist der Gang der Untersuchung übersichtlich, und man weiss jederzeit, wohin eine weitere Ausführung zielt, wozu sie nethig und was durch ihr Resultat gewonnen ist. Bei diesen Vorzügen erlauben wir uns auf eine oft wiederkehrende Aus-« 4 drucksweise des Verf. aufmerksam zu machen , die sich viielleicht einigemal hätte vermeiden lassen. S. 2. so lange , aber auch nur so lange. S. 317. in diesem Falle , aber vielleicht auch nur in diesem Falle. S. 342. unter diesen , aber auch nur unter diesen beiden Voraussetzungen. S. 348 f. ja es pflegte wohl jetzt^ aber^ wie ich glaube, auch erst jetzt schon bisweilen zu geschehen etc. S. 391 f. grade auf diese Provocation, aber auch nur auf diese ist die Vorschrift von August zu beziehen. S. 510. diese, aber auch nur diese hatten jetzt noch freien Zutritt in die Gerichte, u. a. — Ausserdem möchten Stellen, wie folgende: y^ ff eil einem grossen wdtfaeherrschenden Volke entsprossen^ — verdient das Geibt.Gesdiiekte des rdm« Crinkialproteflses. 347 römische Crimioalreclit — Anfmerlcsaiiikeit^^ (S. 2.)^ odbr: ^,bi dem römischen CrimiB^lrecht^ weil dfi« Aiisprä^niig der toni- schen Geschichte und dei römischen Lebeng enthaltende erscfael- Ben uns alle Perioden von derselben Bedeutung^^ und manche ähnliche, obwohl ein erlauchter Sdiriftsteller (aber addechter Prosaist) dergleichen Constroctionen sehr häa% heliebl, doch nicht zu loben sein. Was den Gang des Verf. im BiiiKelnen betrifft, «o erhal- ten wir zuvörderst (S. 1 — 6.) eine Einitfitung^ welche sich In der Knrae über die Wichtigkeit des rötniechen Oriminaiproeeaaes und über die PeriodeneintheUung verbreitet. Der Bemerkung, weiche der Verf. hier macht, dass das römische Griminalrechi, namentlich der römische Cr&ainalproceas , Im engsten Zusammen- hange mit Volks -Sitte und -Gebrauch gestanden, während das Civilrecht schon früh der Pflege der eigentlichen Juristen anheim- fiel, muss jedenfalls beigepflichtet werden. Damit steht aber in Widerspruch, wenn der Verf. meint, die politische Geschichte lasse sich leichter nach Perioden eintbeilen und betrachten, , als die Geschichtie des Griminalprocesses. ünsers Erachtens ist näm- lich jWe Geschichte (politische oder 'nicht) orguniBoher Natur;' und wenn der Criminalprocess im engsten Zusammenhange mit Volks -Sitte und -Gebrauch stand, welche bei den Römern mit der politischen Geschichte Hand In Hand gingen, so muss er auch auf ähnliche Art, wie diese, mh in P^erioden eintheilen lassen« Daher erhalten wir aach ebenso, wie Inder politischen Geschichte, mit dem Beginn ^er Monarchie durch Augustus den Anfang einer neuen Periode , aber ebensowenig emen scharf bezeichneten und plötzlich abschneidenden, als dies in jener der Fall ist. Desglei- chen sind das Aufhören der frühem Monarchie und der (Jeber- gang zum Freistaat , sowie die Herrschaft SuUa's auch für den Criminalprocess mit Veränderungen verknüpft, wenngleich nicht mit 80 bedeutenden, dass Perioden nach ihnen bestimmt werden könnten. Vielmehr ist für diese Bestimmung ein Jahr von Ge- wicht, welches für nichts Anderes von Bedeutung ist, das Jahr 605 a. u. c. In diesem ward nämlich das erste ständige Gericht (qoaestio perpetua) für den Repetnndenprocess eingeführt; die- sem folgten dann nach nad nach mehrere für andre Verbrechen, so dass das frühere Verfahren auf einen immer kleinern Raum beschränkt wurde und eidlich ganz und gar verschwand. Sonach erhalten wir denn durch die Sache selbst 3 Perioden angewiesen, in die eine Geschichte des römiscbeil Crfmina^rocesses getbeilt werden muss, — die 1. von den Anfangen des Staats und den frühesten Spuren eines geregelten Grimiaalverfahrens an bis zu Anfang des 7. Jahrhunderts a. u. (605 ü.), — die 2. von da iis4ii(f die Umgestaltung aller Verhaltmsse dnrch die Gründung der Monarchie^ — die 3. endlich bis zum Tode Justimaris^ als bis wohin der Verf. semen Stoff vearfolgt« In jeder dieser Perioden 248 Rosiisohe Aiterthamskunde. bdiaadelt der Verf. nadi vonosgesehickten Einleüungen^ wefidie die Art, wie die E^ioriefataii^eD der frühern Periode von denea der neuen alimälfg beachrsiokt oder verdrSngt werden, enthalten, saserst die Gerichtsverfassung^ d. h. er bezeichnet die in der Periode bestehenden Gerichte, schildert ihre Zusammensetzunj^ und das Verhaltntss des dem Gericht Vorsitzenden zu den übrigen Gliedern desselben , und bestimmt den Geschäftskreis eines jeden . Gerichts und dessen Abgrenzung gegen die andern. Dies bildet die 1. Abtheilung jeder Periode. In der 2. und 3. Periode jedoch zerfällt dieselbe wieder in je 2 Unterabtheilungen ^ so dass in jener die Gerichtsverfassung in Rom und die ausser Rom ge^ schieden, in dieser aber die 1« Unterabtheilung Gerichte^ die 2. Gerichtsstände betitelt ist. Was nämlich den Gerichtsstand an- . betrifft, so war es in den beiden ersten Periojlen die Regel, dass der Verbrecher, wenn er römischer Bürger war, in Rom (vor den Comitlen oder den quaestiones perpetuae), andre Verbrecher ' aber da, wo sie das Verbrechen begangen hatten, gerichtet wurden. In der 3. Periode aber f«nd die Aburtheilung von Ver- . brechen immer an den! Orte statt, wo sie begangen worden. Während daher z. B. ein Provinclalstatihalter wegen Amtswidrig- keiten während der Provincialverwaltung in der 2. Periode nach Ablauf der Amtszeit bei der quaestio repet. in Rom angeklagt werden musste, hatte in der 3. Periode seine gerichtliche Ver- folgung in der Provinz zu geschehen ^ und zwar so, dass, falls . er in verschiedenen Provinzen Verbrechen begangen hatte, jedes . einzelne derselben in derjenigen Provinz abgeurtheilt werden musste, wo e» verübt worden war (S. 49L). Nur die Geistlichen, die Senatoren , dße obersten Staatsbeamten , die Hofbeamten, die Ofßcialen und die Soldaten hatten ihre besondern , nur für sie bestimmten Gerichte und Gerichtsstände (^^Privilegirte Gerichts- stände^^ S. 496-— 506.). — Was nun aber die Gerichte selbst betrifft, über weiche der Verf. 'zunächst in jeder Periode handelt, so sind sie in der ersten Periode: der König, die Magistrate (namentlich die an die Stelle des Königs getretenen Consuln), die VolksGomitlen, der Senat, die Quaestoren (des Parricidiums), die Pontifices und die Hausväter; in der %weiten Periode^ a) in Rom: die quaestiones perpetuae, die Comitlen, dcfr Senat, die quae- stiones (ßxtraordinartae, die Magistrate ausser den in den quaestt. perpp. präsidireuden Prätonen , die Pontlfices und die Hausväter; b) ausserhalb Rom: in Italien die Municipalbehörden (Duumvirn, Quatuorvirn, Senat), in den Provinzen der Statthalter od^r (in den civitates llberae, in den eigentlichen Colonien etc.) die Local- magistrate; In der dritten Periode endlich, a) für das ganze Reich: der Senat, der schon durch August eine erweiterte Ge- richtsbarkeit erhielt, die sich ausser auf Verbrechen von Sena- toren verübt, vorzugsweise auf das crimen maiestatis uiid repe- tundarum ^ jedoch nicht auf diese allein , sondern auch auf andre. Geib : Gescludite des rdm. Criminalprocesses. 249 ntmentlich schwerere Verbrechen erstreckte, durch ehie Verord- nung GoDstantin des Grossen aber anch in ihren letzten Ueber- resten wieder aufgehoben wurde; ferner der Kaiser selbst, unein- geschränlct, wie die frühem Magistrate, als aus deren Jurisdiction die Gerichtsbarkeit der Kaiser überhaupt hervorgegangen ist, seit Hadrian aber regelmässig mit einem Consüium zur Seite; endlich die praefecti praetorio , über' deren Wirkungskreis und Stellung zu den Kaisern etc. S. 431^-^438. Treffliches bemerkt wird; b) für Rom und Constanthiopel insbesondere: für jenes der prae- fectus urbi, der vicarius urbis Romae (der zuerst in d^r Constan- tinlscben Zeit erwähnt wird), der praefectus annonae (hinsichtlich der Verbrechen, welche sich auf das Proviantwesen bezogen) und der praefectus vigilum (über sämmtliche Verbrechen, zu deren Verhinderung er bestellt war) ; für Constantinopel der auch hier ^ seit 359 eingesetzte praefectus urbi , sowie der praefectus vigi- lum, dem Justinian den neuen Namen praetor plebis. beilegte; c) für Italien: kaiserliche Statthalter auf der einen nnd MunicipaU behorden mit schwachen Nachklängen ihrer alten Gerichtsbarkeit auf der andern Seite; d) für die Provinzen ausser den für das ganze Rdch bestehenden Gerichten noch insbesondere die Statt*- halter (praefecti, vicarii, rectores zufolge der Constantinischen Eintheilung des Reichs in -4 praefecturae zu je 2 oder 3 Diöcesea mit Provinzen als weiterer Gliederung) und die Munlcipalbeamten mit beschränkter Gewalt. Bei dieser Behandlung haben wir nur das Eine auszusetzen, dass die Gerichtsbarkeit der Haosväter, auch in der 3. Periode (S. 452 — 462.), in den Kreis der Untersuchung gezogen ist. Denn so sehr mt dem Verf. für seine gründlichen Erörterungen über diesen Gegenstand Dank wissen und ihm um ihreiwillen jenen Verstoss gern verzeihen, so lässt sich derselbe doch logisch nicht rechtfertigen. Ueben etwa bei uns die Hausväter, wenig- stens über die Kinder ^ nicht auch eine Art Gerichtsbarl^eit aus? Wem aber würde es einfallen, in eine Darstelhing des heutigen Criminalprocesses irgend eines Landes ein Capitel über die Ge- richtfibarkeit der Hansväter aufzunehmen? Für's Erste lässt sich bei dieser von Process eigentlich gar qicht reden ; ferner hatte dieselbe, wenngleich sie gesetzlich anerkannt war, doch keine öffentliche Auctorität in der Art, dass ein Hausvater in's bürger- liche Leben eingreifende Strafen hätte dictiren , oder zur Voll- ziehung seiner IJrtheile die öffentliche Macht hätte in Anspruch nehmen können; endlich konnte die Gerichtsbarkeit der Haus- väter wirklich öffentliche Verbrechen nicht d^h Foris, vor welche sie gehörten, entziehen und aliein intra privates parietes zar Verantwortung ziehen , ausser wenn kein Einspruch geschah uild mithin stillschweigende Einwilligung vorhanden war *). , Mit *) Die Stellen , welche Walter y BeeMsgeach. S. 558. , Nr. 21. bei- .' •« 250 «Römische Alterthomskande. Einem Worte, die Gerichte der HtiasTäter waren nicht , vom Staate eingesetzt, kein Ausfloss der Staatsgewalt, nicht mit öffentlicher Auctorität umgeben und nicht zum Schutze des Staates bestimmt. Sie sind daher den Geriditen des Senats, des Volkels, der Magistrate nicht auf gleicher Stufe coordinirt, und waren aus einer Geschichte des röniischen Criminalprocesses, streng genommen auszuscheiden. Die 2. Abtheüung jeder Periode behandelt das gerichtliche Verfahren und zerfs^llt in je 3 Capltel, von denen das erste allemal die allgemeinen Grundsätze , die sich in der Periode bei dem Criminalprocesse als geltend nacl|weisen lassen, umfasst. Diese allgemeinen Grundsätze sind fiir die beiden ersten Perioden Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, neben welcher letztern sich jedoch bereits in der 2« Periode eine Beimischung von Schrift- lichkeit findet, und die beide in der 3. Periode sehr beschrankt wurden ; ferner der Anklageprocess , der in der 3. Perlode in enge Grenzen eingeschlossen und ziemlich in ein eigentliches Inquisitionsverfahren übergegangen war, nachdem schon seit der 1. Pertode Anfänge (oder vielmehr Spuren) inquisitorischen Ver- fahrens demselben zur Seite gestanden hatten. Wie ausserdem noch die Bemerkungen über die Gerichtsorte, die Gerichtstage und die Tageszeit der gerichtlichen Verhandlungen in die Capitel über die allgemeinen Grundsätze kommen , will Ref. nicht recht einleuchten. Allerdings konnte sie der Verf. bei der von ihm angenommenen EIntheilung nirgends sonst unterbringen; allein da durfte er wenigstens nicht die Ueberschrift: allgemeine Grundsätze^ wählen, sondern etwa: allgemeine Bemerkungen^ oder: gemeinschaftliche Eigenschaften (Einrichtungen) aller Gerichte. Das je 2« Capitel der 2. Abtheilungen beschäftigt sich sodann mit dem eigentlichen gerichtliehen Verfahren , in der 1. und 2. Periode (S, 114 — 152. S. 265—386.) Verfahren vor den gewöhnlichen Gerichten .^ in der 3. Periode, (S. 542 — 675.) Ver- fahren in erster Instanz betitelt. Dass in den beiden ersten Perioden nur das Verfahren vor den gewöhnlichen Gerichten (in der 1. Per. vor den Gomitien, in der 2. vor den quaestt. perpp.) geschildert ist , über die andern Gerichte dagegen blos beiläufige und gelegentliche Bemerkungen gegeben werden, rechtfertigt bringt, dafür, dass „der Vater nicht blos häusliche, sondern auch öffentliche Vergehen voik der öfTentlichen Obrigkeit an sein Gericht ziehen'^ konnte, beweisen weiter nichts, als dass in einzelnen Fällen 1) die Hausväter durch Anwendung der väterlichen pote^tas das öffent- liche Gericht nberflässig machten, oder 2) ihnen die Vollziehung des richterlichen Urtheils überlassen wurde, oder auch endlich 3) man ihnen suweilen auf die Versicherung hin, se animadversnros in fUios, Unter- suchung , Urtheil und Vollzug anvertraute. Geib : Geschichte des röm. Criminalprocesses. 251 sich tbeils durch das Zurücktreten derselben vor jenen im wirk- lichen Lehen , noch mehr aber durch die auf der Dürftigkeit; der Nachrichten über sie beruhende Unmägltchkeit anders zu ver- fahren. Für uns aber sind diese 'Abschnitte bei weitem die wich- tigsten; daher soll unten der die 2. Per. betreffende Abschnitt^ für den Cicero die reichhaltigste und in sehr vielen Fällen die alleinige Quelle ist, genauer durchgegangen und geprüft werden. In allen Perioden nun ist diese Schilderung des gerichtlichen Ver- fahrens in Vorverfahren (bis zur Vorladung vor das Gericht und der ersten wirklichen Verhandlung vor diesem) und in Hanptver- fafaren (von da bis zur Fällung des Urtheils und respectiven Voll- ziehung desselben) geschieden , wogegen sich nichts einwenden lässt, ausser dass in der 2. Periode, wie wir später sehen werden, der Verf^ Mehreres zum Hauptverfahren gezogen zu haben scheint, was zum Vorverfahren zu rechnen ist« . Die letzten {dritten) Capital jeder Periode endlich behan- dein das Provucationaverfahren^ in der 3. Per. (als Gegensatz zum Titel des 2. Capitels: Verfahren in erster Inatanz) kippet- latiansverfahren benannt , wobei zu bemerken , dass der Kaiser alleiniger Appellationsrichter für das ganze Reich war, jedoch auch andre Beamte (iudices sacri) delegiren konnte. Wir glauben hiermit den Lesern der NJbb. den Inhalt des vorlie^nden Werkes so deutlich als möglich vorgelegt zu halben. Für di^ 3. Periode beschränken wir uns auf die bei dieser Uieber- fiicht mitgetheilten Andeutungen, die 2. soll unten ausführlich besprochen werden, von der 1. aber erlauben wir uns gleich hie|r einen etwas genauem Abriss zu geben, bei den wir uns jedoch in manchen Punkten, wo wir gleichwohl abweichen zu müssen glaiihen , einer tiefer eingehenden Kritik enthalten werden, indem bei der Unsicherheit des Bodens in der frühesten röm. Geschichte und bei der Wechselbeziehung , in der jede Einrichtung mit der ganzen Verfassung, deren meiste Punkte eben auch wieder streitig sind, stand, eine solche den hier gestatteten Raum bald über- -schreiten wihrde« Die erste Periode nmfasst die Zeit „von der Gründung des Staats^^ (wir wurden lieber gesagt haben: von den ersten nach- weisbaren Spuren eines geregelten Criminaiverfabrens) bis zu den quaestiones perpetuae (605) ; sie schliesst also die Königszeit und 3 — 4 Jahrhunderte des Freistaats in sich. Denn die Königszeic (s. die S. 7 — 13. befindliche Einleitung) ist als keine besondere Periode zu betrachten, indem die Verschiedenheit des Freistaats vom Königthume anfangs bei weitem mehr im Namen als in der Sache lag; Cic. de rep. IL 32. uti consules potestatem haberent, tempore dumtaxat annuam , genere ipso ac iure regiam. Auf die Consuln ging die Criminaljurisdiction der Könige in ihrem vollen Umfange über; die spätem Veränderungen aber fanden so ailnaäUg statt, dass sich eine eigentliche Grenzlinie gar nicht 252 * Römische AiterthamskQnde. tiehcn lägst. Diese Veranderungea aber sind mit den Worten des Verf. folgende : ^ ^^Ursprünglich hatten die Könige ausschliess- lich über alle und jede Verbrechen au urtbeilen. Späterhin wurde die Gerichtsbarkeit der* ersten Consuln und zum Theil selbst der übrigen Magistrate in gleicher Ausdehnung anerkannt. Sehr bald jedoch traten die Volkscomitien an deren Stelle, und dieselben blieben jetzt, bis zum Ende der gegennrärtigen Periode, fast die einzige Behörde, welche über Criminaisachen zu ent- scheiden hatte. Bios dem Senate wurde in gewissen Fällen eine wenigstens theilweis selbstständige* Jurisdiction zugestanden. Dagegen waren sowohl die Volkscomitien als der Senat nicht ver- pflichtet, überall unmittelbar zu erkennen, sondern sie durften auch andre Behörden oder Personen , die sogenanuteu Quästoren, beauftragen, in ihrem Namen über einen gegebenen Fall das Urtlicil zu sprechen^^ (S. 10.). Ausserdem kommen noch die Gerichte der Pontifices und der Hausväter in Betracht. . Was zunäclist diese einzelnen. Gerichte betrifft (1. Ab- theitung, Gerichtsverfassung. S. 14 — 96.), so lässt sich über sie Folgendes im Allgemeinen bemerken, was sich beim Verf. wegen der Vertheilung der verschiedenen Gerichte auf eben so viele Capitel zerstreut und wiederholt findet. Für alle, nämlich gilt, dass der Stand der Person, ob jemand Patricier oder Ple- bejer war, keinerlei Unterschied vor Gericht begründete, dass )lso sowohl der König als die Magistrate auch über die Patricier urisdiction hatten. Der Verf. weist dies S. 19. hinsichtlich des ' erstem und S. 27. hinsichtlich der Magistrate gegen Niebuhr nach, sowie S. 153., dass beide Stande das Recht der Provocation in gleijchem Maasse und seit derselben. Zeit besassen. Ferner gilt sowohl fiir den König, als die Consuln und den Pontifex maximus der Grundsatz, dass die ihnen beigegebenen Cousilien «(Senat, coiiegium pontificum) nur berathende, nicht beschlies- sende Stimme hatten *) (daher senatus consulta^s Gutachten des *) Für die Pontifices beruft sich der Ver^ 1) auf Cic. de har. resp« c. 7. S 13. religionis ezplanatio vel ab ono. pontifice (d. i. yom pont. max.^ perito recte fieri potesi; 2) darauf , dass der öffentliche Tadel wegen Frebprechong der Vestalinnen Marcia und Licinia hauptsächlich nur den pont. roax. L. Metellui traf; endlich 3) noch darauf, dass auch späterhin, als Wurde und Amt des pont. max. auf die Kaiser übergegangen war, die Urtheilsprechnng stets nur yon| Kaiser erfolgte, obwohl fortwährend das Coiiegium der Pontifices noch versammelt zu werden pflegte. I>em- gemiss erldärt der Verf. de har. resp. c. 6. die Worte „quod (res ponti- fices statnissent" dahin, dass nur davon die Rede sei, wie viel Mitglieder anwesend sein müssten, um eine regelmässige Berathüng vornehmen za können. — Uebrigens fand dasselbe Yerhältniss, wie zwischen dem König etc. und seinem Consilium , auch bei den Gerichten der Qauaväter statt, wo gleichfalls das beigezogene, ans den Verwandten (und xwar Geib: Geschichte des-rom. CriminalproceMes. 233 Senats). Wenngleich daher, der König sowohl als die Cofisnln durch Klngheitsrücksichten genöthigt waren i, den Willen des Senats (S. 39 — 50«) zu beachten^ so stand es ihnen doch ver- fassungsmässig frei, ohne dessen Befragung und auch nach ge- schehener Befragung gegen dessen Willen zu handeln. Indess ist zu bemerken , dass in Bezug auf die von nichti^draischen Bur- gern in Italien oder den ProTinzen begangenen Verbrechen, na- mentlich Treubruch, Empörung etc. der Bundesgenossien , oder schwerere Privatverbrechen, wie Mord und Vergiftung (Polyb. VI* 13«), der Senat allerdings eine grössere Selbstständigkeit, eine vollkommene sogar rücksichtlich der Ungesetzlichkeiten und Amtsmissbräuche von Seiten römischer Beamten und Feld-, herren gegen die Provincialen hatte. Gleichwohl scheint aus Cic« pro dom. 13« eine freie Jurisdiction des Senats überhaupt sich zu ergeben; und ^wenn auch wir meinen, dass man aus ihr kein Argument gegen das eben Bemerkte entnehmen dürfe , so können wir doch auch nicht mit der Art und Weise einverstanden sein, wie ihr der Verf. (S. 49.) die Beweiskraft zu nehmen sucht. Sowie aber die Gerichtsbarkeit des Senats nicht völlig frei, sondern durch die der Magistrate beschrankt war, so wurd6 die letztere selbst (S. 22 — 30.) wiederum durch die Volksgerichte schon früh beschränkt, indem sehr bald, wenigstens bei Urtheilen, die auf Todesstrafe oder körperliche Züchtigung lauteten, das Provocationsverfahren aufkam , das , da natürlich immer provocirt wurde, die Magistratsjurisdiction so gut als aufhob; und so ent- stand allmälig der Grundsatz, der indess ausdrücklich erst durch * die XII Tafeln ausgesprochen wurde: de capite dvis nisi per ' maximum coitiitiatum ne ferunto. Was dagegen das Recht zu körperlicher Züchtigung betrifft, so wurde hier die unbedingteste Provocationsbefugniss gleich beim Beginne des Freistaats aufge- stellt und durch mehrere Gesetze immer wieder eingeschärft. So blieb von der Strafgewalt der Gonsuln nichts übrige als das Recht, auf Mulcten zu erkennen, und auch dieses wurde allmälig geschmälert, ^ind zuletzt selbst Provocation gegen Mulcten ge- , stattet« In gleichem Verhältnisse mit der Consulargerichtsbarkeit verlor allmälig auch die der übrigen Magistrate ihre^Bedeutung. Nur die D^cemvirn und DIctatoren, sowie die Gonsuln in Zeiten grosser Gefahr (videant coss. etc.) machte» eine Ausnahme» Sonach begreift es sich , wie schon sehr bald nach Vertreibang der Könige das Folk (S. 30 — 39.) eigentlich allein als zur Fäl- lung von Crlminalurtheiien competent betrachtet werden und dieser Satz endlich in den XII Tafeln ah allgemeiti gesetzliche bei Gerichten über Ehefranen ans den Cognaten sowohl des Mannes als der Angeklagten, bei denen über Haaskinder dagegen ans den Agnaten) besiehende Gonsilinm nicht znr Entscheidung, sondern nur zur Berathung' berechtigt tation. Die Jarisdiction über die Hauskinder umfasste sogar das Recht über Leben und Tod. Sie ward auch durch die XII Tafeln ausdrücklich, anerkannt und erlitt in der 1. Periode noch überall keine Beschränkung. Hinsichtlich der Strafgewalt über die Haus-" frauen endlich entscheidet sich der Verf. gleichfalls für die An- nahme ihrer ünbeschränktheit bis zum Rechte über Leben und Tod , namentlich mit Berufung auf Tac. Ann. XIII. 32. ( isque prisco instituto propinquis coram de capite famaque eoniugis oognovit). Natürlich ist aber dabei vorauszusetzen, dass die Frau m die manns des Mannes übergegangen war. Bei freieo Ehen blieb die Strafgewalt über die Frau in der Hand dessen^ bei dem sie schon vor der Abschliessung der Ehe ^ar — bei dem Vater, Grossvater etc. So erklärt sich, weshalb die Straf- gewalt der Ehemänner allmäiig erlosch, — weil nämlich die Ehen mit manus nach und nach ausser Anwendung kamen. Gehen wir zur 2. Abtheilung {Gerichtliches Verfahren) und zwar zunächst zum 1. Capitel (/allgemeine Grundsätze ^ S. 97 — 114.) über, so sind die hier erläuterten Hauptpunkte kurz fol- gende. Das gerichtliche Verfahren war in dieser Periode unbe- dingt mündlich, ohne die geringste Spur yon Schrifilichkeit, schlechthin öffentlich *) und auf das Anklag^verfahren gegrun- dc^t **). Neben letzterem findet der Verf. aber auch deutliche Spuren inquisitorischen Verfahrens 1) in der Jurisdiction der Ma- gistrate, die aus eigner Machtvollkommenheit zu handeln und Verfolgung eines Verbrechers von Amtswegen anzuordnen gewiss keinen Anstoss nahmen ; 2) in den vom Senate oder Volke ange- ordneten Quästionen; 3) in dem Institut derlndices, mit deren *) Die in den Senatsyerhandlungen bei indiciis tadtia in Hinsicht der Oeffentiichkeit stattfindende Ausnahme wird , was wir bemerken zu müssen glauben, diirch die vom Verf. beigebrachten Stellen (Cic. ad Att. rv. ep. 16. S 4« and Capitolin. Vit. Gordian. c. 12.) nicht for die 1. Periode erwiesen. '*''*') Doch w^en vom Rechte, anzuklagen, nach der wahrschein- lichen Vermuthung des Verf. auch jetzt scjlion die ausgeschlossen, welche in den Quellen des neuesten Rechts als unfähig zur Erhebung einer An* klage bezeichnet werden, — Sklaven, Frauen, Peregrinen, Minder- jährige etc. Bei den Comitien aber konnten, wie bekannt, nur die hohem Magistrate als Ankläger auftreten , und zwar jeder eigentlich nur bei den Comitien, mit denen er auch sonst zu verhandeln das Recht bäitQ, bei andern dagegen nur mit ausdrücklicher EriaubnisK des Berech- tigten. Indess mögen sich, wie der Verf. sehi^ wahr bemerkt, die Tri- bunen auch hierin bald Uebergriffe erlaubt, und auch an die Centnriat- statt an die TribusconutieD sich gewendet haben (Liv. VI. 20.). Geib: Geschichte des rdm* Criteuialprocesses. 257 Wesen wir .Bekanntscliaft voranssetzen können (die Definition s. Pseudo <- Ascon. zu Cic. divin. c. 11. index est, qni facinoris, cnius ipse est socius, latebfas indicat impunitate proposita) , als welclie jedoch Senatoren nicht auftreten durften (Pseudo - Ascon. L I.)^ sowie in dem der Quadruplatores , deren Wirkungskreis Zweifel-, haft erscheint, über die jedoch das gewiss ist, dass sie für An« klage Ton Verbrechern, im Fall diese wiiiclich für schuldig befun- den wurden , eine Prämie aus dem Vermögen des Verurtheilten erhielten. Letzterer Punkt ist ans den vom Verf. beigebrachten Stellen klar ; doch möchte den Scholiasten aHein (natiirlich ausser dem echten Asconius) nicht viel Gewicht beizulegen sein. Dies beweist namentlich der auch allegirte Schol. GronoT. zu Cic« pro Rose. Amer. c. 19., pag« 431., indem in der Stelle CIcero's durch« aus keine Hindeutnng auf Belohnung des Anklägers enthalten, und huiusce nicht auf den rens, Sestus Roscius, sondern Tiel- mehr auf den subscriptor IHtvs Roscias zu bezichen ist, als Ton dem bestochen Cicero den.Erucius- darstellt; vgl. c. 20. §57. cibaria vobis praeberi Tidemus, und c. 21. § 58. cum hoc modo accusas, Eruci, nenne hoc palam dicis: ego, quid aecep^im^ scio; quid dicam, nescio? Pseudo- Asconius aber kann uns hir- gends als Auctoritat gelten , und der Verf. hätte sich weit seltner auf ihn berufen sollen« Dieser Schoiiast giebt fast nie etwas Anderes, als was sich in der Stelle, die er erläutern will, schon klar genug findet, oder was seiner (sehr häufig ganz falschen) Meinung nach in ihr liegt. — Mehr über die Quadruplatores 6. bei dem Verf. Per. IL S. 257 f. — 4) fn dem Verfahren in den Gerichten der Quästoren (Liv. VIII. 18. XXXIX. 8 — 19.). Doch war dieses Verfahren, wie auch der Verf. anerkennt, nicht noth- wendig und rein inquisitorisch ; sondern namentlich' in Beziehung auf das Schlussverhör wurde der Anklageprocess immer mehr oder weniger zn Grunde gelegt. 5) In der Gerichtsbarkeit . der Pontifices. Indess waren doch alle diese Gerichte gegenüber den eigentlichen Volksgerichten immer nur die Ausnahme. Daher blieb, da grade in dev Volkscomiden der Anklageprocess die entschiedene Regel bildete, jedes entgegengesetzte Verfahren nur der erste Anfang einer spätem Gestaltung und Fortbildung. . Es folgt im 2. Capitel dieser Abthellung das Ferfdhren vor den gewöhnlichen Gerichten (S. 114 — 152.), d. h. vor den Volks- eomitien. Dieses war folgendes. Zuer^ bestimmte der Ankläger einen Tag, an dem er die betreffende Person gerichtlich verfol- gen wolle (diei dictio). War dieser Tag gekommen, so trat bei den Comitien nicht sofort die Entscheidung ein, sondern der Strafantrag (anquisitio) musste vom Ankläger 3 nundinae hinter einander wiederholt werden, und erst nach der dritten Veii^ündl- gnng konnte die eigentliche Anklage (qoarta accusa^io , Cic. pro dorn. c. 17.) mit Entwicklung alier B/eweise, jetzt aber auch sofort ohne weitere Vertagung, vorgetragen werden. Uebrigeos hatte iV. Jakrb, f, Phil, u. Päd, od. Krit Bihl. Bd. XXXVIU. Bft. 3. 17 258 Romiscbe Alterthamskunde. in alhn Fällen der anklagende Magistrat das Rechet ^ den Ange- klagten bis zur endlichen Entscheidung Tcrhaften zu lassen , und CS hing blos von seinem Ermessen ab, ob er ihn gegen Bürgschaft einstweilen frei lassen wollte. Den letztern Punkt v.ertheidigt der Verf. gegen Niebuhr's Behauptung (iL 419 ff.), dass Ver- haftung überall habe stattfinden müasen^ wo die Schuld 'des An- geklagten^ entweder wegen '^eignen Geständnisses oder wegen offenkundiger Beweise , unzweifelhaft gewesen sei. Gegen das Ende der Republik wurde allerdings die Freilassung gegen Bürg- schaft vorherrschend, wofür der Verf. gewiss mit vollem Rechte den Grund in der immer höher gesteigerten Ansicht von der Wurde und Unverletzlichkeit eines römischen Bürgers sucht.. S. noch Liv. III. 13. hie (Caeso Quintius) primus (a. u. 293.) vadcs, publicfos dedit. Jeder Criminalprocess konnte unterbrochen oder ganz auf- gehoben werden durch die Intercession eines Volkstrib^inen ; durch den förmlichen Rücktritt des Anklägers auch ohne alle Angabe ,von Gründen, daher natürlich auch durch seinen Tod (s. Liv. II. 54. und seine Erzählung berichtigend Dion. IX. 38«) ; endlich dadurch, dass der Beklagte in's Exil ging, ein Vorrecht, welches er noch im letzten Augenbliche vor der Verurthcilung benutzen und auch, wenn er verhaftet war, geltend machen konnte, wo er dann sogleich auf freien Fuss gesetzt werden musste. UebTer das Wesen des Exils erklärt sich der Verf. S. 121., eine Auseinandersetzung, durch die manche irrige oder unklare Ansicht berichtigt werden wird. Ganz deutlich setzt das Wesen des Exils Cicero auseinander pro Caecin. c. 34. § 100. Mit dem dort Gesagten scheint indess zum Theil in Widerspruch zu stehen pro Cluent. c. 10. § 29. quem legea exiiio, natura morte multavit, wenn nicht hier an den nachträglichen Comitialbeschluss (lex) y das Exil für ein rechtmässiges zu betrachten , gedacht ist, was indess Wegen des Plural leges als zweifelhaft erscheint. Ref. denkt sich daher, um dies gleich hier zu bemerken , die Sache so, dass In der folgenden Periode das Exil eines reus bei einer Quaestio perpetua nicht erst in jedem einzelnen Falle durch einen Comitialbeschluss bestätigt wurde, sondern dass die für die ein- zelnen Quästionen und Verbrechen gegebenen (ja auch von den Comitien ausgegangenen) Gesetze im Voraus die Bestimmung ent- hielten ^ dass das Exil dessen, der sich durch dasselbe dem Ur- theile entziehe, ein rechtmassiges sein solle. Noch können wir hier einen andern Punkt nicht unerwähnt lassen. In der 1. Periode nämlich gab es gewisse Orte Italiens, die zum Aufenthalt für Exulanten bestimmt waren. Für die 2. Periode finden sich bei Cicero zwei Nachrichten, welche darauf hinweisen, dass schon Abwesenheit von Rom für Exil galt; ja die eine zeigt, dass es dem Exulanten sogar frei stand, bis an die Thore Roms zu kom- men; pro Cluent. c. 62. § 175. und pro Ligar. c. 4. § 11. Doch Gei|>: Geschichte des rom. Criminalprocesses. 259 läist sich dies mit dem Tom Verf. Bemerkten "wohl rereiofgen. Für Milo 118116*016 lex Pompeia Exil ausserbalb Italiens bestimmt, Cic. pro M|L c. 38. § 104« Daher ging er nach Massilia. Wir haben dies^ wiewohl es in die folgende Periode gehört, gleich hier beqoerkt, weil der Verf. bei Behandlung der 2. Periode gar nicht weiter darüber spricht (s. S. 289.). War der Tag der Yerhandlyg gekommen , so rief bei den Centuriatcomitien ein Hornbläser Ton der arx herab und dann die Mauern^ umgehend das Volk zusammen , blies aber auch vor dem Hause des Angeklagten (Varro L. L. VI. 9, 90—92. p. 110. 111. ed. Muller.). Auf die Tributcomitien kann dies keine Anwendung erleiden , da diese nur durch die Viatoren der Tribunen zusam- menberufen wurden« Erschien hierauf der Angeklagte nicht, so hörten, wenn er freiwillig in^s Exil gegangen war, auf die An-> zeige hierron alle weiteren Verhandlungen auf, das Exil ward für ein rechtmässiges erklärt und zugleich in der Regel die Inter- dlction des Wassers und Feuers ausgesprochen ; war er aber über- haupt blos nicht erschienen , so wurde der Strafantrag des Accu- sators sofort zur Abstimmung gebracht, oder ausnahmsweise ^in neue!* Termin zur endlichen Entscheidung bestimmt; war er end- lich so ausgeblieben , dass er seine Abwesenheit zu entschuldigen und eine Vertagung des Urtheilsspruchs zu bewirken suchte , so musste Tor Allem (nicht vom Volke, sondern) vom anklagenden Magistrate über die Annahme oder Verwerfung der vorgebrachten £ntschuldigiingsgründe entschieden werden. Ais solche Entschul- digiingsgründe pflegten Torzukommen Krankheit, häusliche Un- glücksfölle u. dergl. Rechtmässige Entschuldigungsgründe aber waren Abwesenheit rei publicae caussa und Führung eines Amtes; denn Magistrate konnten , wenn sie nicht freiwillig auf ihr Recht verzichteten (Llv. XLIU. 16.), während der Amtsdauer nicht ange- IdfLgt werden. — War dagegen der Angeklagte erschienen, so wurde zu den eigentlichen Verhandlungen selbst übergegangen. Hier kam erst die Anklage, dann die Vertheidigung, diese letztere In der Regel vom Angeklagten in Person — auch wenn es eine Frau war — , höchstens von dessen nächsten Anverwandten ge- führt. Von wirklichen Rednern findet sich jetzt fast noch keine Spur (Fulvius* Vertheidigung des Galba — Liv. Ep. XLIX« — fäiit ganz an das Ende dieser Periode). Nach Anklage und Vertheidigung ging man zur Vorlage der Beweise über. So unvollständig nun auch in dieser Zeit bestimmte Beweisregeln gewesen sein mögen, und so ungenügend hierüber für die gegenwärtige Periode die Nachrichten sind , so lassen sich doch folgende Hauptbeweise aufstellen: 1) Geständnisa, zu dessen ^Erlangung man gegen Freie keinerlei ZwangsAaassregeln an- wandte, gegen Sklaven aber von jeher die Folter gebraucht wurde (Liv. XXVI. 27. XXVII. 3. Auct. ad Herenn. II. 7. Cic. partit. orat, c. 34«) 2) Zeugenaussagen. Von Freien mussten 17* « / 2i80 Römische Alterthomskonde« diese besohworeli, ^eu^oisse von Sklaven hingegen stets auf der Folter abgeie^. werden (aber nie gegen ihren Herrn — in capot domini — , sondern immer nur für ihren Herrn), wobei der Verf. jedoch, was zu beachten ist, mit Recht darauf aufmerksam macht, dass die FoiteTr nicht erst die. Wahrheit erpressen, sondern viel-« mehr Gewissheit geben sollte, ob der Gefolterte trotz aller kör- perlichen Schmerzen bei seinerJlLussage verharren* werde. — Ais unfähig zum Zeugen galten oie schon von den XII Tafeln so genannten improbi et intestabilejs , ausserdem Frauen, mit allei* niger Ausnahme der Yestalischen Jungfrauen, jedenfalls aber auch schon die in den Quellen des spätorn Rechts hierher Gerechneten, namentlich Unmündige, Ehrlose (?), Freigelassene gegenüber ihren Patronen, und Descendenten gegenüber ihren Ascendenten. Gegen ihren Willen dagegen konnten nicht zum Zeugnisse genö< thigt werden Patrone im Verhältniss zu ihren dienten und umge- kehrt, jedenfalls aber auch schon jetzt nicht die nächsten Cogna- ten und Affinen des Angeklagten. Als eine fernere Art des Be- weises wurden 3) die Urkunden , die tabulae accepti et expensi sowohl (Liv. XXXVIII. 55. Val. Max. III. 7, 1.), als alle andern Priyaturkunden (Liv. II. 4.) , und 4) Indicien betrachtet. Für diese letztern als Beweismittel sprechen ausser der Analogie zur Zeit der Qaaestiones perpetuae (s. unten) ausdrückliche Beispiele bei Dionysius (VIII. 89.) und Livius (III. 24. XL. 37.). Nur ist zu beachten , dass ^ die Indicien ebensowenig , wie die andern Beweismittel, für die Richter zwingende Kraft zur Verurtheilung hatten , sondern ihnen nur als Beweggründe dienen konntenm Kam es endlich zur Abstimmung , so fand ganz dasselbe Ver- hältniss statt, wie bei andern Comitialverhandlungen. Das Volk konnte blos die vom Magistrat beantragte Strafe anerkennen oder verwerfen; eine diesfallsige Abänderung konnte nur vom Ankläger selbst ausgehen. Die Abstimmung geschah mündlich (die lex Gabinia, die erste lex tabellaria, fällt in's Jahr 615, also zehn Jahre nach Einführung der quaestiones perpetuae) ; Stim- mengleichheit galt für Freisprechung. Konnte die Criminalver^ bandlung an dem nämlichen Tage, an dem sie eröffnet worden war, nicht beendigt werden, so trat eine Vertagung ein und das ganze Verfahren muaste nochmals erneuert werden. Dies hiess ampliatio *). Nach der Abstimmung machte der die Versamm- . lung leitende Magistrat das Resultat förmlich bekannt. Die Exe- cution im Falle der Verurtheilung fand möglichst schnell und in der Regel öffentlich statt, und musste überall von dem B^I^^istrate besorgt werden, der in dem fraglichen Gerichte den Vorsitz geführt hatte, mithin bei den eigentlichen Comitialgerichten von den Tribunen. . Dass , wenn der Verortheilte auf dem Wege zum '^) Eine etwu andre Bedentnng hat ampliatio in der folgenden Periode bei den qaaestiones perpetuae (s. onteo}. Gelb: Geschichte des rom. Criminalprocesses. 261 Richtplatze (zufällig) einer vestaliscl^en Jonf^rau beg;egnete, die Execiitioii aufgehoben und er in Freiheit gesetzt wurde, ist belcannt. Es konnte aber auch jedes Urtheil wieder anfgehobeii werden durch förmiiche Restitution des Verurtheilten ; diese konnte jedoch nur vom Volke, und zwar in Form eines eigent« liehen Gesetzes erfolgen. Das 3. und letzte Capitel dieses Abschnitts behandelt das Provocationsverfahreri (S. 152 — 168.)- Die Entstehnngszeit dieses Instituts in seiner eigentlichen Bedeutung ^etzt der Verf. In die Zeit der Republik , und erklärt die Worte Cicero's (de rep. il. 31.): provocationem etiam a regibus fuisse, dahin, dass zur Zeit der Könige eine Provoeation nur in Bezug auf die vom Kö- nige bestellten Gerichte (wie bei Horatius die DnumTirn waren) habe stattfinden können, indem er zugleich darauf hinweist, dasA ja Cicero das Ganze iinr als eine historische Merkwürdigkeit anführe. Ob sich so und durch die ,,nicht grade auf historische Genauigkeit berechnete Darstellung^^ in der Stelle Cicero's die Worte a regibus erklären lassen , wollen wir dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls aber konnte der Verf. sich noch bestimmter ausdrücken und ein Provocationsr^c^^ zur Zeit der Könige auch in den bezeichneten Fällen gradezu leugnen. Denn in dem ein- zigen uns bekannten Falle, dem des Horatius, kann von keinem' Provocationsreci^^e , sondern nur von ehier von Tullus für diesen apeciellen Fall gegebenen Provocationser/ai^&^is« die RedQ sein* Somit wissen wir uns die Worte des Vei^. (S. 152. z. E. 153. z. A.) nicht zu erklären : ^,0b schon zur Zeit der Könige , und selbst gegen die eignen Entscheidungen derselben- eine Provocatioii gestattet gewesen sei, war unter den ällern Juristen bestritten ^ allein seit der Wiederauffindung von Cicero'^s Republik, wodurch hier die frühere Nachricht des Sencca (Epist. 108. aeque notat — 6c. CicerQ — provocationem ad populum etiam a regibus fuisse) ausdrücklich bestätigt wird, muss wenigstens im Allgemeinen jed«r diesfallsige Zweifel verschwinden«^^ — Eine rechtliche Stütze erhielt die Provocationsbefugniss seit Einführung der Re- publik wiederholt durch Gesetze (lex Valeria de pro^ocatione^ XII tabb., 2. und 3. lex Valeria, iegea Porciae). Hierbei erkiä'rt sich der Verf. mit Recht gegen Miebuhr, der den Plebejern erst durch die genannten Gesetze, namentlich gleich die erste lex Valeria, ein Provocationsrecht'ertbeilt werden lasst, während er dasselbe für die Patricier schon in der Köuigszeit gelten lassen will. Ebenso weist der Verf. den von demselben geltend gem^ach* ten Unterschied zwischen Patriciern und Plebejern in Bezug auf die Provocation von den Urtheilen der für die Abfassung des^ Zwölftafelgesetzes erwählten Decemvirn ufid der Dictatoren, namentlich mit Berufung auf die ganz klare Stelle Zonar. VlI. 13., entschieden zurück« So sind wir zur 2. Periode (die Zeit der quaestiones per- t % > 262 Römische Alterthumskande. petnae) gelaugt. Wir werden diese ausführlicher betrachten, und überall, wo sich Gelegenheit darbietet ,. auch unsre Bemer- kungen hinzuffigen« Zuerst wenden wir uns zur Eihleitung (S. 169—177.). Nach der Vorbemerkung, wie der Crirainalprocess sich' in dieser Periode vorzugsweise durch Legislation fortbildete, während in deryorigen seine Entwicklung durch Gewohnheit und Volkssitte erfolgte, geht der Verf. zu der Darstellung von dem allmäligen Entstehen der quaestiones per- petuae über. Dass der Verf. dieses Entstehen als ein allmäUges darstellt, hat uns gefreut, da die hergebrachte, sei es klar aus^. {tesprochene, sei es stillschweigend vorausgesetzte Meinung der Meisten ist , als seien alle auf einmal , oder wenigstens in einem _ Zeiträume von nur ein paar Jahren entstanden. Allein ebendarum hatte es für des Verf. Darstellung der Sache eines Nachweises der Richtigkeit bedurft. Ein vollständiger lässt sich freilich nicht geben. Indess ist doch zu bedenkeii, dass sich für die entgegen^ gesetzte Meinung gar nichts, auch nicht einmal eiAe innere Wahr- scheinlichkeit beibringen lässt. Für uns dagegen spricht, dasg Cic. Brut. 27. nur von der quaestio repetundarum die Rede ist, mit dieser zugleich also keine weiter entstand, dass drei quae- stiones (inter sicar. , de venef. mit de parric. , de fals.) erst durch Sulla eingerichtet wurden (L. 2. § 32. D. de 0. 1.), dass eine quaestio perpetua über ambitus sich überhaupt nur als vor 639 bestehend nachweisen lässt (Sigon. de lud. IL 30. pag. 651.) und eine quaestio perpetua über peculatus nur als vor Sulla schon vor- banden (Ligbn. de iud. II. 28. pag. 624 f.), endlich dass die quae- stio maiestatis erst 651 durch die lex Apuleia zu einer perpetua werden konnte, indem dies die erste lex de maiestate nach dem J. 605 war. Wenn man dies Alles erwägt, so sollten wir^ meinen, es könnte kein Zweifel mehr über die allmälige Einführung der quaestiones perpetuae übrig; bleiben. — Was nun dßn Namea quaestio perpetua betrifft , so ist die Erklärung des Verf. (S. 170. /Note 2.), dass dies nach Analogie von edictum perpetuum nichts bedeute, als quaestio annua (gegenüber von quaestio temporaria, welchen Terminus wir uns aber nicht erinnern irgendwo gefunden zu haben), jedenfalls zum wenigsten sehr ungenau. Weder edictum perpetuum kann je so viel sein, als edictum anmuim, noch quaestio perpetua so viel als quaestio annua. Auctoritäten, und wären es die der bedeutendsten Gelehrten , wie sie der Verf. dafür anführt, können hier nicht wiegen. Und was soll denn nun wiederum eine quaestio annua sein? — Perpetuum heisst der Natur der Sache nach das , was perpe^uo geschieht. Edictum perpetuum ist daher, quod proponitur perpetuo (von jedem Prä- tor, so dass keine Unterbrechung entsteht durch etwaige Unter- lassung irgend eines Prätors) oder ex quo praetor ins dicit per- petuo (d. h. natürlich, da der Prätor nur 1 Jahrelang die Juris- diction hat^ das ganze Jahr hindurch; dass aber der Prätor Gelb: Geschichte des rom. Criminalprocesscs. 263 jährlich wechselt, ist hierbei etwas ^nz Zufalliges und Aüsser- wesentliches). Ebenso ist die quaestio perpetiia eine qtiaestio, qnae perpetuo patet accusantibtia , im Gegensatz nicht einer tem- poraria, sondern einer cxtraordinaria, welche fiir jeden einzelnen. Fall erst constituirt werden muss. Daher übersetzt anch der Verf. ganz richtig (aber in Widersprach mit seiner Note) ^^stan- dige Quaestio^^ — Für diese Quästionen nun war das Verfahren in den über das jeder einzelnen zugehörige Verbrechen erlasse- ' nen Gesetzen vorgeschrieben ; ein allgemeines Processgesetzbuch existirte nicht. Allein wenn deshalb der Verf. meint , es würde eigentlich nothwendig sein , die ganze Darstellung in die Schilde- rung der einzelnen Processordnuhgen und der in ihnen enthalte- nen speciellen Verfahrungsarten aufzulösen , und nur wegen der Dürftigkeit unsrer Quellen müsse auf eine solche Behandhirigs^ weise verzichtet werden , so kann ihm Ref. hierin unmöglich bei- stimmen. Für*8 Erste sind unsre Quellen In Betreff des Verfah- rens bei den quaestiones perpetuae gar nicht etwa so dürftig, und es wäre nur zu wünschen, dass sie hinsichtlich mancher andern höchst wichtigen Einrichtungen gleich reichlich flössen; ferner giebt der Verf. bald darauf selbst zu , dass die leges iudi-* '^ ciariae gewisse allgemeine Bestimmungen für säromtllche Gerichte enthielten ; endlich sind die Verschiedenheiten in dem Verfahren der einzelnen Quästionen nicht zufällig und willktlrlich , sondern stets in der Natur der Sache begründet. Denn es ist natürlich, dass die Verschiedenheit des Verbrechens auch eine Verschie- denheit der Instnietionen und der Beweismittel bedingt, und dass daher namentlich bei der quaestio repetundarnm das Verfahren, insofern es durch die eigenthümliche Natur des crimen repet, bedingt wurde ^ ein eigenthümllches sein mnsste. Allein dieses . Verhältniss muss sich auch überall da finden, wo eine allgemeine Processordnung existirt, und wir vermögen deshalb nicht abzu- sehen, weshalb, streng genommen, eine Darstellung des römi- sclien Criminalprocesscs in verschiedene Processordnungen ge- schieden werden müsse. Der Verf. beruft sich zwar für die Ver- ^ schiedenheit des gerichtlichen Verfahrens namentlich auf die Quästionen über adnlterium'und üfier roaiestas. Dass aber über adulterium eine quaestio perpetua bestanden habe^ ist uns unbe- kannt, und das crimen malestatis gehört wenigstens mit seinen Besonderheiten und Eigenthümlichkeiten nicht in diese Periode* Die hiermit zusammenhängende Frage, wie gross die Zahl der quaestt. perpp. gewesen sei, übergeht der Verf. Bei den Schrift- stellern, auf die er hierüber (S. 174. Not 16.) verweist, nament- lich hei Ferratius Epist. I. 15. , findet sich vielfach Irriges. Es sei uns daher (wiewohl dies, streng genommen', in das Criminal-' recht, nicht in den Criminalprocess gehört) erlaubt, ^in kurzes Verzeichniss zu geben. Nach Sulla nämlich existirten 8 quaestt perpp.: 1) de repet., 2) de amb. (et de södal.) , 3) de malest, 264 Römische Aiterthumsku ode.. . 4t) de vi publica, 5) de pecal., de saeril., de resid., 6) de 8ie»rii9 (gewölinlicher qu. inier sicarios genannt), 7) de venef., und je nach der Art des Mordes su 6 oder 7 gehörige, die parric, 8) de fals. *). Auf die Frage, ob jede dieser Quästionen ihren eignen Gerichts- hof (um uns so auszudrücken) hatte, werden wir sogleich ausfühiv lieber kommen. Dass aber durch sie der Wirkungskreis aller übri- gen Gerichte immer mehr beengt und endlich fast ganz aufgehoben 'wurde, war natürlich. Doch hebt der Verf. mit Recht hervor, dasa die quaestt. perpp. eigentlich nur Commissionen waren^ um im Na- men und anstatt des Volkes Criminalurtheile zu fallen, jedoch frei- lich so , dass ihnen der Auftrag des Volkes ein für allemal ertheilt war» Auf die Einieitnng folgt die 1. Abtheilung ^ Gerivhstverftiasuhg betitelt. 1. Unter aUheüung. Gerichtsverfassung in Rem. — 1. Ca- pitel, Gerichtsbarkeit der Prätoren in den guaestianes perpe-- tuae (S. 178 — ^^15.). Nach Anregung der Frage ^ wie weit sich (im örtlichen Sinne) die Jurisdiction der quaestt» perpp. erstreckt habe, deren Beantwortung dahin ausfallt, dass sie nur innerhalb der städtischen Bannmeile (jedoch mit einigen Ausnahmen) gegol- ten habe, handelt die weitere Untersuchung von dem magistratus^ der das ganze Gericht leitete, vom iudex guaestionis, und von den Richtern. In Bezug auf den ersten kann kein Zweifel ob- walten, dass der die quaestio leitende Magistrat grundsätzlich ein PrStor war. Nun entsteht aber die Frage, ob jede quaestio einen Prätor für sich gehabt habe, und somit die Zahl der praetorea gleichmässig mit den Quästionen vermehrt worden sei. Wir er- lauben uns, diese Frage, da wir im Resultat nicht mit dem Verf. übereinstimmen können , selbst genauer zu prüfen. Jm j. 605, als die erste qu. perp. eingerichtet wurde , gab es 6 , also ausser dem praetor nrb. und pr. peregr. 4 Prätoren (s. Pompon. L. 2. § 32. D. de O. !.). Diese Zahl blieb bis Sulla ; die einzige Neue- rang bestand darin, dass die Prätoren sich nicht, wie früher, gleich anfangs in ihre Provinzen begaben, sondern während des ersten 'Jalires ihrer Amtsführung einer quaestio perpetua in Rom vor-, standen. Da nun, wenigstens unmittelbar vor Sulla's Zeit, 5 quaestt. perpp.^ aber nur 4 Prätoren (ausser dem urb. und peregr.) da waren ; so fragt es sich , wie die eine übrigbleibende quaestio untergebracht wurde. Als das Natürlichste erscheint es, dass Ein Priitor 2 Qt\ä8tionen erhielt,' oder der praetor urb. oder peregr. neben der Civiljurisdiction eine übernehmen musste. Dass dies der Fall gewesen, leugnet der Verf., indem sich keine .positiven Beweise dafür beibringen liessen. Aber hier müssen wir dem Verf. bemerkficfa machen, dass für seine Annahme, der zufolge *) Mit Uarecbt hat man aus Dig. XLYIII. tii. 2. fr. 12. § 4. die Existeöa einer qa» perp^ de üijariis geschlossen. Dass SuUa nicht eine • derartige qa. eingerichtet hat, säeht nan aus 1. 2. S 32. D. de O.I. ' / Geib: Geschichte des röm. Criminalprocesses« 205 • die iodices quaeslionis dem Mangel abgeholfen hatten, sich eben- sowenig positive Beweise geben lassen; und so gut man Einer quaestio bisweilen 2 Pratoren zutheiite, bitte es, sollte man mei- nen, auch der Fall sein können, dass Ein Prätor 2 Quästionen überkommen hätte. Doch sehqn wir weiter. Durch Sulla ward die Zahl der Quästionen auf 8 vermehrt, d. h. 3 neue hinzugefügt (denn die qu. de parric. gehorte, wie schon oben bemerkt wurde, theils zur qu. de sicar., theils zu der de venef."*"); vgl. Cic. de Inv. II. 19. und L. 1. D. de 1. Pomp, de parric). Was dife Präto- ren betrifft,* so sagt Pomponius (1. 1.), Sulla habe 4 hinzugefügt Somit würden nun für die 8 Quästionen 8 Pratoren vorhanden ge« wesen sein , die Summe aller Prätoren aber wäre 10 geworden. Uns erseheint die Angabe des Pomponius schon aus dem Grunde der nunmehrigen Uebereinstimmung zwischen der Zahl der für die Leitung der Quästionen bestimmten Prätoren und der Quästfo- nen selbst glaubhaft. Der Verf. macht jedoch gegen Pomponius eine Stelle des Dio Cassius geltend, der, wie er sagt, ,,ausdrück- lieh behauptet, erst Julius Cäsar habe in Folge einer neuen Ver- mehrung Ihre (der Prätoren) Zahl auf 10 gebracht.^^ Aliein das behauptet Dio Cassius nicht ausdrücklich. Er sagt nur (XLII. 5 h) : iva yuQ nk$lovg avtmv afisi^i/tai, ötgatijyovg rs dkxa ig td ^Ttiov itog dnsösi^w x« r. A. Da steht kein Wort davon, dass erst Cäsar die Zahl auf 10 vermehrt habe **). Vielmehr erklärt sich Alles sehr wohl, wenn wir Sigonius folgen, welcher bemerkt: „L. Sulla IV praetores addidit. Quoniam autem numerus praeto- rum iam inde ab initio permissus erat arbitrio senatns, ob fd factum ^st, ut raro ant fortasse nunquam nisi octo praetores quotannis sint creati.^^ So erledigt sich auch das aus Cicero entnommene Be- denken, für dessen Rückberufnng, wie ei* selbst sagt, 7 Prätoreu fitimmten, während ein einziger dagegen war'*''*"^). — * Die Untersuchung über den indes quaeationia können wir hier nicht in's Einzelne verfolgen. Der Verf. kommt nach einer gründ- lichen Erörterung zu dem Resultate, mit dem wir freilich im Ein- zelnen nicht in jeder Hinsicht übereinstimmen können^ dass der iudex qnaestionis nicht einen unerlässliclien Bestandtheil jeder quaestio gebildet, ferner, dass er kein wirklicher Magistrat, end- lich dass er kein Oehulfe des Pr£tors gewesen, sondern überall, ■ , . ' * ■ ^^ Deshalb war auch Roscins bei der qa. de sicar. angeklagt i^orden, je- doch speciell de parric. s. Cie. pro Rose. Amer. c. 10. § 28. vgl. mit c. 5. § 11. '*"*') Yielmehr ist dies eine Meinung, die sich aus einem Buche in das andre fortgeschleppt hat. Wir hätten geglaubt, der gründliche Hr. Verf. werde auch diese Stelle selbst nachschlagen. ^°^) Aller sonst noch etwa übrige Zweifel muss schwinden .vor der klaren und deutlichen Stelle Vellej. II. 89. % 3. Imperium magistratunm ad pristinum redactum modum (sc. a Caesare). Tantnmmodo VIU praetoribns allecti n, jprkea üla et anUqua rcipubUcae forma revocata. 266 B^ömische Alterthnmskande. wo er einmal Torkam, die Leitung der fraglichen qiiaesUo selbst su besorgen hatte. Der erste Punkt ist in gewissem iSt»»e' richtig bemerkt;, desgleichen der zweite, da es sich aus mehrern Stellea ergiebl, dass der judex quaestiouis ebenso wie die Richter, vor jedem einzelnen Judicium beeidigt wurde , und dass er ausgeklagt werden konnte, — was mit seiner Person als wirklichem Ma* gistrate unvereinbar gewesen sein würde. Nur ist hierbei erstens zu bemerken, dass seine Verrichtung dessenungeachtet als ein munus reipüblicae betrachtet wurde (Cic. pro Cluent. c. 33. § 89.), und zweitens, dass die iudices quaest., wie auch der Verf» selbst endlich (S. 194. z. EJ.) zugesteht, jedenfalls immer schon AedUen gewesen sein mussten. Denn fcst in allen. Stellen, wo ei« nes lud« quaest. Erwähnung geschieht, findet sich auch gesagt, dass er bereits Aedil, gewesen , in den wenigen übrigbleibenden Stellen aber wird über frühere Verhältnisse gar keine Andeutung, gegeben. S. die vom Verf. in Note 36 citirten Inschriften , sowie Cic pro Cluent. c. 29. § 79. c. 33. In. Brut. c. 76. Suet. Caes. c. 11. (diese Stelle scheint der Verf. übersehen zu haben) coli. c. IjO. ine. und c. 14. Inc. Was aber den letzten Punkt, für den sich der Verf. entscheidet, anlangt, dass der lud. quaest. stets selbst- ständig einer quaestio vorgestanden habe, sq beruht diese Ansicht hauptsächlich auf Zweierlei , nämlich 1) darauf, dass er überall nur als ein solcher Vorstand, nie als Gehülfe des Prätors erwähnt werde , und wie es scheint 2) auf der Ansicht,^ die der Verf. hegt, dass die Zahl der Prätoren und die der Quästionen stets bedeu- tend differirt H^abe (s. S. 182. z. A. und S. 193. Z. 8. 9.) und da- her noch andre Präsides der Quästionen erforderlich gewesen seien. Diese Ansicht ist jedoch, wie aqs dem oben über diesen Gegenstand Bemerkten folgt, dem wirklichen Sachverhältnisse nicht gahz entsprechend. Der erste Punkt aber wird Ref. nicht eher einleuchtend werden , als bis es ihm klar nachgewiesen wor- den ist, dass in dem Processi gegen Verres, In dem M' Giabrio als Prätor fungirte^ Qu. Curtius nicht lud. quaest. war. De^i Verf. kurze Gegenbemerkung, Qu. Curtius werde von Cicero (in Verr. I. c. 61 z. E.) gär nicht in Bezug auf das Verfahren ge- gen Verres, sondern nur gelegentlich als in einem andern nicht genauer angegebenen F^tlle vorgekommen genannt, genügt hier nicht Cicero sagt : eiusmodi sortitionem homo amentissimus (i. e. C. VerresY suorum quoque iudicium fore putavit per sodalem suum, Qu. Curtium, iudicem quaestionis. Wie glaubte es ferner der Verf. rechtfertigen za können, dass, während andern Quästio^ nen wirkliche Magistrate (die Prätoren) vorstanden^ einige unter Leitung blosser Privatpersonen (der iudd. quaest.) standen? Die Meinung des Ref. geht vielmehr dahin, dass die iudd. quaest. blos den Prätoren beigegeben waren, und dass ihnen gewisse be- stimmte Geschäfte (die subsortitio? u. s. w. )ob]agen. Somit würde jede quaestio einen Prätor und jede einen iud. quaest gehabt haben» % / . Geib: Gescnichte des rom. Criminalprocesses. 267 4 Dies ging auch ganx wobL Denn da jährlich 2 aedSIes (cnrulea) waren und die Prätur erst 3 Jahre nach der Aedilität erlangt wer- den konnte, so mussten stets wenigstens 6 Personen vorhanden ^ ^ein , welche kürzlich die Aedilität geführt hatten , d. h. eben so , viel als vor Sulla (ausser dem praet. urb. und peregr.) Prätoren waren. Und nehmen wir an, dass auf die Aedilität^das Geschäft eines iud. quaest. stets ebenso folgte und mit ihr gleichsam verbun- den war, wie die praetura provincjalis mit der Prätur in Rom ; so scheinen keine Schwierigkeiten weiter, die zu beseitigen wären, vorhanden zu sein. Die Richter waren anfangs nnr Senatoren, denen auch in der 1« Periode ausschliesslich das Richteramt zukam,- so dass also hierin mit der Einfuhrung der quaestt. perpp. gar keine Vewinde- rung vorging. Nach einem vergeblichen Versuche des Tib. Grac- chus gelang es dem G. Gracchus , die Senatoren aus den Gerich- ten zu verdrängen und die Ritter an ihre Stelle zu bringen. Hier- bei beweist der Verf., dass durch Gracchus nicht eine Theilung der Richterstellen stattgefunden, sondern wirklich die Ritter allein 'an die Stelle der Senatoren berufen worden seien (S. 196 — 189.). Den frühem Stand der Dinge suchte die lex Servilia Caepionis von €48 wieder herbeizuführen. Doch beweisen sämmtliche vom Verf. für sie beigebrachte Stellen nichts für sie als wirkliche lex, ausser allenfalls Tac. Ann. XIL 60. , wiewohl auch diese Stelle nicht zwingend ist , um ihretwegen allein das Durchgehen der rogatio des Servilios Caepio anzunehmen. Vielmtehr wird die Existenz der lex als solcher mehr als durch diese Stellen durch das Gesetz des Servilius Gianda vom folgenden J. constatirt , welches sonst uner- klärbar sein würde. Dieses nahm nämlich den Senatoren neiier- dings das Richteramt. Zu den hierher bezüglichen Stellen konnte Cic. pro Rabir. perd. c. 7. § 20. hinzugefügt werden , aus welcher man sieht, dass im J. 653, C. Mario, L. Valerie coss., die Ritter allein Richter waren. — Eine Theilung; des Richteramtes zwischen Senatoren und Rittern, so dass aus jedem von beiden Ständen 300 genommen wurden, bewirkte Livius Drusus als Volks« tribun ; doch wurde dieses Gesetz zugleich mit den übrigen des Livius Drusus noch in demselben Jahre wieder abgeschafft« Die Beweisführung von Ahrens (die 3 Volkstrib., Leipzig, 1836) da- für, dass diese lex Livia gar nicht mit Gesetzeskraft bekleidet worden sei, hat auch Ref. nicht überzeugt. — Die letzte lex iu- diciari^ Vor Sulla ist die lex Plotia v, J. 665 , der zufolge kein be- stimmter Stand. zum Richteramte berufen war, sondern ohne noth- wendige Rücksicht auf den Stand aus jeder Tribus jährlich 15 Rich- ter (also in Summa 525) vom Volke gewählt wurden. Sulla aber gah in Udiereinstimmung mit seinen übrigen Bestrebungen die * Gerichte wieder ausschliesslich in die Hände des Senats. Dieser machte sich indess durch seine Bestechlichkeit bald so verhasst und erregte den Unwillen des Volks in solchem Grade, dass es 268 Romische Alterthamskunde. uamoglich ward , ihn in seinem Besitze allein zu belassen. Die lex Aurelia v. J. 684 bestimmte daher, dass die Richter aus den Senatoren, Rittern und Aerartribunen gewählt und (fugt der Verf. hinzu) aus einem jeden dieser Stände eine besondere JDecu^ /t>' gebildet werden sollte. Uns scheint allerdings auch mehreren hierher bezüglichen Stellen zufolge anzunehmen zu sein, dass jeder einzelne Stand eine besondere Decurie bildete. Allein es werden auch schon ror der lex Aurelia, also in der Zeit, wo nur Senato- ren Richter waren, decurlae iudicum erwähnt (Gic. pro Cluent. c. 37. § 103, weiche Stelle vom iudicinm lunianum, also rom J. 679, spricht), und zwar in einem solchen Zusammenhange, dass es scheint, als sei der Senat in mehrere Decurien getheilt gewe- sen, welche wechselsweise das Richteramt zu übernehmen hatten. Vgl. Schol. Gronov. zu Cic. bei Orelli 8. 392. Z. 28 ff. Der Verf. kommt später auf diesen Punkt zurück, meint aber dort, der Senat sei nicht in 2 oder 3 Decurien , sondern in so viele getheilt gewesen , als es damals überhaupt Quästionen* gegeben habe. So würden auf jede quaestio auch bei Vollzähligkeit des Senats nur 50 Richter kommen, schon an sich eine bei dem Institut der sor- titio, rejectio und subsortitio sehr geringe Zahl. Nehmen wir aber den Fall an , dass einmal bei allen oder auch nar bei den meist enQuastionen zu gleicher ZeitlJntersuchungen anhängig waren, so müsste nothwendig der Senat verhindert gewesen sein , Sitzun- gen zu halten, indem die Judicia den ganzen Tag hinwegnehmen konnten (und auch wirklich oft hinwegnahmen). Dies aber ist nicht denkbar, und wir sehen somit keinen Grund, weshalb nicht angenommen werden sollte, dass der Senat in (vielleicht) 3 Decu- rien getheilt war, der Art, dass jede ein Jahr lang zn richten hatte, ohne dass noch eine Vertheilung atif die einzelnen Quästfo- nen stattgefunden hätte, und dass die Richter für ein einzeln^ Judiciuin ans der .betreffenden Decurie genommen wurden« So scheint uns auch Cic. in Vcrr« II. c. 32 ex.' hie alteram decuriam senatoriam iudex obtinebit, zu verstehen und nicht mit dem Verf. auf die der lex Aurelia zufolge zu erwartende Ordnung zu beziehen zu sein. Denn im zweiten Falle müsste man alteram decuriam senatoriam erklären, alteram decur., sc. senatoriam. Deshalb will der Verf. interpungirt haben : hie alteram decuriam , senato- riam, obtinebit. Das ist gezwungen. Dazu kommt , dass die De- corie der Senatoren auf keinen Fall die zweite, sondern die erste zu nennen gewesen wäre. Die Bezeichnung decuria aenatoria ist aber auch nach unsierer Erklärung nicht überflüssig. Nur findet der Gegensatz naturlich nicht statt zwischen Senatoren und Rit- tern, sondern liegt darin, dass ein Mensch wie Verres Senator bleiben, und er, dessen ius so abscheulich war (ius Verrinum), richten solle. Dass er in die altera decuria geh^e, lag jeden- falls an seinem Platze* im Senat; denn man wird diesen wohl von Geib: Geschichte des rom. Crimioalproeesses. 260 oben «n eiogetheiU Jiabea , so dass die suletit Eingetretenen nicht in die erste Decurie gehören konnten. Noch einige Verandeningen gingen später Tor. Die lex Pom- peia nämiich von 699 bestiipnite , dass ans jedem der 3 durch die lex Anrelia berufenen Stfinde nur die Reicheren gewählt werden sollten. Cäsar behielt darauf (708) nnr die Senatoren und Ritter bei, Antonius dehnte (711) die Wählbarkeit bis auf die Centurionea aus, August endlich fögte eine Werte Richterdecurie hinzu, was wohl auf eine Vermehrung des jährlichen Richterbestandes, nicht aber sicher auf Zulassung vorher nicht Befähigter, wie der Verf. annimmt , schliessen lässt. Was das Alter der Richter betrilFt, so galt (dies ist das Re- sultat einer trefflichen Untersuchung) fortwährend die Vorschrift, dass es nicht unter 30 Jahre sein durfte. Erst August setzte es auf 25 herab, indem nach dem Verf. bei Sueton Octav. c. 32. statt a XXX. aetatls anno nicht, wie man bisher angenommen , a XX. zu lesen Ist, sondern a XXV. Hierdurch erledigen sich alle Wider- . spräche der übrigen Nachrichten über diesen Gegenstand. — Die Richter nun wurden , um dem Verf. weiter zu folgen , jedesmal nur auf ein Jahr gewählt. Wie gross aber ihre jährliche Zahl ge- wesen , wird sehr verschieden angegeben , und sie musste ja auch nach den verschiedenen legibus iadiciariis sehr verschieden sein. Es ist nämlich natürlich, dass in den Zelten, In denen die Sena- toren allein Richter waren, namentlich nach Sulla ^ als bereits 8 Quästionen bestanden, die Zahl derer, welche einer einzelnen qiiaestio angehörten^ sehr gering sein musste (s. Zachariä, Sulla If . S. 97.^), wenn nicht , wie der Verf. annimmt , damals gar nicht jede quaestio ihre besondem Richter hatte, sondern dieselben für' jedes einzelne Judicium aus der Gesammtzahl des Jahres genom« men wurden. In den Zeiten dagegen, wo die Ritter oder mehrere Stände zugleich richteten, finden sich sogar für einzelne Quästio- nen mehrere hundert Richter, — so der lex Servilia zufolge für die qu. repet. allein 450. Woher es aber dem Verf. gewiss scheint, dass die 525 Richter, die sich aus der lex Plotia ergeben, nicht die Gesammtzahl gewesen seien , sondern jede der 4 oder 5 da- mals bestehenden Quästlonen so viele erhalten habe, kann Ref« nicht einsehen. Die Stelle des Asconius, in der die lex Plotia er- wähnt wird, deutet darauf nicht hin ; und so gut nach der lex Cornelia für 8 Qnästionen nicht mehr als- 400 Richter sein konnten, in der That aher weniger waren (s. das oben über die decuriae Gesagte) ; eben so gut hat ein Gesetz nichts Auffallendes, nach dem für 4 bis 5 QaSstioneu 525 Richter existiren. Zu der Bemerkung, d#ss die Namen der gewählten Richter „in alhum^^ eingetragen und öffentlich ausgehängt wurden, füfenwir hinzu, dassGleicbes auch hinsichtlich der zu einem einzelnen Judi* dum Edoosten stattfand ; s. Cic. in Ver^ I. c. 6L § 157. ib. Act. I. c. 270' . Römische Alterthnmskuade. , 6. § 17% iD.(Ygl Schol. Gronov. b«i Orelli & 392. extr. S, 393., Z. 6 ff. S. 398., Z. 17 «F. 2. CapüeL Gerichtsbarkeit der übrigen Behörden in Rom, (S. 215—238.). Eingangs dieses Gapiteis erklärt sich der Verf. mit Recht wiederholt (?gl. S. 170.) dahin , dass es eine falsche Ansicht sei, wenn man meint, es seien seit 605 auf einma| alle andern Gerichte durch die quaestt. perpp. verdrängt worden ; dass dies vielmehr erst nach und nach geschehen konnte, indem die quaestt. perpp. nicht die auf einmal entstanden, sondern im An- fang dieser Periode ihre Zahl nach und nach sehr gering war. So waren die Comilialgerichte in der ersten Hälfte des .7. Jahrhun- derts noch sehr häufig. Natürlich aber wurden ihnen (wenn auch ihre förmliche Aufhebung erst unter August erfolgte) mit der Er- richtung jeder neuen Quästio die dieser zufallenden Verbrechen entzogen, d. h. mit der Zeit immer mehr und mehr. Dagegen dem Senat wurde der unabhängigste Theil seiner Jurisdiction gleich durch Einführung der ersten qu. perp. , durch die lex Calpurnia repetundartun genommen. Die quaestiqnes estraordinariae dauerten auch noch fort, allein nur da, wo für ein bestimmtes Verbrechen (noch) keine qu. perp. bestand. Daher verschwinden sie gegen das Ende der Periode fast ganz. Die Behauptung, dass sie auch „propter atrocitatem delicti^^ stattgefunden, weist der Verf. zurück, und sucht deshalb zu erweisen, dass die quaestio über Milo, auf die man sich berufen (denn andre Fälle einer qu. extraord. neben ei- ner perp. lassen sich durchaus nicht nachweisen), keine extraor- dinaria gewesen, sondern dass das Gesetz des Pompejus sich über- haupt auf crimen vis (sicV) bezogen habe, wofern nur ein ähnli- cher lliatbestand wie bei Milo- vorliege. Dass die quaestio über Milo keine extraordinaria im gewöhnlichen Sinne war , muss (un- geachtet alle neuern Schriftsteller das Gegentheil behaupten) zu- gegeben werden« — Daher konnte auch Cicero das dabei beobach- tete Verfahren mit Recht dem. vom Senate beabsichtigten entge- gensetzen, der gewollt hatte, nt t^e^ertdu« legibus tantummodo estra ordinem^ quaereretur. Was war also die lex Pompeia über denProcess des Milo? Wir können an diesem Orte unmöglich eine vollständige Untersuchung führen und begnügen uns daher mit wenigen Bemerkungen. Für^s Erste ist darauf aufmerksam zu machen, dass Asconius (§ 15.) ausdrücklich sagt: (Pompeius) duas (leges) ex Scto. promulgavit, alteram de vi, qua nominatim (mit Namensnennung) caedemin Appia viafactam -^ com- prehendit, alteram de ambitu, und bald darauf (§ 16.) : his legibus obsistere M. Gaelius, trib. pl., studiosissimus Milonis, conatus est, quod et Privilegium diceret in Milonem ferri et iudicia praecipitari. Privilegia aber sind Gesetze , welche „in privos homines^^ (gegen einzelne Personell) gegeben werden. Sonach bezog sich die lex , Pompeia de vi ausschliesslich auf die vis in Appia via facta. Vgl. Geib: Gefichicbte des rom. CrimiDalprooeABes. 271 pro M9. €. 6. § 15 in. tulit enim de caede, quae in Appia m facta esset. Wenn ferner durcli Pompejus eine neue quaestio perp« de tI, in andrer Art als die schon bestehende, (denn so, nicht als nenea Verfahren ^ nimmt der Verf. nova quaestio bei €ic. c. -5.) eingeführt worden wäre , so hätte sie auch ihren Prätor erhatten müssen. Denn bei wem hätten sonst spätere Anklagen (die sich indess nirgends erwähnt finden) angebracht werden sollen? Der . quaesitor^ den das Volk gewählt hatte ^ war blos für Aliio's Pro- cess da^ war aber übrigens nicht deshalb nQthig^ weil das Judi- cium in eine Zeit fiel, wo es noch keine Prätoren für dieses Jahr gab ; denn gleich nachdem das Gesetz des Pompejus mit der Bestimmung über den quaesitor durchgegangen war , wurden die Wahlcomitien gehalten ^ und somit hätte die neue quaestio ebenso ihren Prätor erhalten können, wie die schon bestehenden, bei de- ren mehrern Milo auch angeklagt wurde (s. Ascon. §^23. 24.). -Des Ref. Ansicht ist daher die , dass die lex Pompeia blos das Verfahren für Milo's Process vorschrieb, dass es aber keine quae- , stio extraordinaria bestimmte, sondern den Satz enthielt, es solle deo dazu Qualificirten erlaubt sein , den Mllo , aber auch nur ihn (nicht 6los lege Phutia de tI , sondern) lege Pompeia de vi anzu- klagen. Die lex Pompeia war ein privüeginm. — So viel über die Competenz der quaestt. extraordd., zu denen die quaestio über Milo nicht gerechnet werden zu dürfen scheint. ImTJebrigen be- hielten die quaestt. extraordd« dieselbe Einrichtung , welche sie in der vorigen Periode hatten, nur dass der Urtheilspruch vom quaesitor au£ die iudices überging, und jener nur die Leitung des Gerichts zu besorgen hatte , wie der Prätor bei den quaestt perpp. . • Die Jurisdiction der Magistrate und der Pontifices bestand wie am Ende der vorigen Periode fort d. h. die erstere nur noch auf Geldstrafen bis zu einer gewissen Grösse anwendbar. Aus- drücklich für Ciriminaljustiz aber bestanden schon seit'465 die triumvifi capüales, deren auch in dieser Periode sehr häufig Er- wähnung geschieht, und deren Hauptgesehüft in Verhaftungen, Beaufsichtigung der Gefängnisse und Vollziehung der ausgespro- chenen Todesurtheiie bestand. Ihre eigentliche Jurisdiction je- dodi, weiche Niebuhr sehr weit ausgedehnt wissen wollte , be-. schränkt der Verf. sehr richtig auf geringfügige Gegenstände, na- «nentlich Diebstähle und Verbrechen der Sklaven. Etwas anders gestaltet sich das Verhältniss in Hinsicht der Hausväter, Da die Ehen mit manus immer seltner wurden,^ so musste auch die Gei:icht8barkeit der Hausväter über »die Ehefrauen an Ausdehnung verlieren. In Betreff der Hauskinder aber dauerte das iu8 vitae et necis des Hausvaters fort, und selbst in Gesetzen, wie in der lex Pompeia de parricidiis (in der Kindermord nicht mit als parricidium aufgezählt wird , s. 1. 1. D. de 1. Pomp.), wurde es (sttUachweigend) anerkannt Allein in beiden Hinsiditra hatte 4 \ 272 Romische Aitertjiumskande/ ider Geist der Zeit und der veränderte Charakter des röm« Volks eingewirkt, und die Ausnbnng der dem Hausvater sustehendea Gewalt wurde, wo sie vorkam, mehr al^s Abnormitfit und als Fest- halten an alten, nicht mehr angemessenen Formen betrachtet- Die Gerichtsbarkeit über die Sklaven hingegen dauerte in der Praxis wie in der Theorie unbeschränkt fort, ja sie scheint mit d^ über- handnehmenden Sittcnverderbniss strenger und willkürlicher geworden zu sein und so die Veranlassung zu den beschränkenden Gesetzen der folgenden Periode gegeben zu haben. Noch bleiben die Centumviralgerickte zu erwähnen übrige, indem auch diesen von mehrerji Schriftstellern eine Criroinaljuris- diction beigelegt worden ist. Allein der Verf. weist gründlich und überzeugend nach, dass sie mit Criminalsachen durchaus nichts zu thun hSitten, so dass die Stelle des Phädrus (III. 10, 34 f.) vereinzelt stehen bleibt und nur als Irrthum oder „poetische Nach* lässlgkeit^^ (f) des Phädrus (eines Freigelassenen und Ausländers) ^ angesehen werden kann. S|it Recht schliesst daher der Verf. * dieCentumviralgerichte von dem Kreise der hierher gehörigen Un- tersuchungen ans. Wir können die Beweisführung hier nicht voll- ständig wiedergeben und verweisen daher auf das Buch selbst (S.233 — 237.), bemerken jedoch, dass der Verf. in der Hau p^- stelle Quintil. Inst. Orat. IV. 1, 57^ mit den besten und ältesten Handschriften liest: quibusdam indiciis, maximeque capitallbus, aut apud centumviros etc. Zweite Vnterabtheüung. Geriehtsveffassung ausser Rom. — Den Inhalt des 1« Capitelsj Gerichtsbarkeit der Mumcipalbe- hör den in Italien {238 — 243.), übergehen wir und betrachten in der Kürze das 2. Capitel: Gerichtsbarkeit der Statthalter und der übrigen Behörden in den Provinzen (S. 243 — 251.). Was die Provinzen betrifft, so sollte in, gewissen Fällen der Senate in andern und zwar den meisten der Statthalter^ in einigen sdbst die einheimische Behörde zu entscheiden haben. Die Jurisdiction des Senats blieb aof die eigentlichen Staats- verbrechen beschränkt (Cic. in Verr. I. c 24 -r- 34., vorzägUch c. 33. § 84 e^. non te ad senatum etc.) — Ungemein ausgedehnt dagegen und selbst über Leben und Tod sich erstreckend war die der SiatihaUer. Doch urtheilen sie, wenigstens über alle wichti- gen Fälle, blos unter Beiziehung eines ConsOiums. Dieses Consi- lium nun konnte nur aus Römern bestehen. Die Gesammtheit der in einer Provinz sich aufhaltenden Römer bestand aber aus den conventus civium Romanorum und aus der cohors praetoria. Hinsichtlich der letztem hing es vom Gutdünken des Statthalters ab , welche Personen und wie viel er in jedem einzelnen Falle be- rufen wollte (auch eine fremde Gehörte konnte er zuziehen, Cicg in Verr. I. c 29. § 7S.); die Mitglieder der Bezirksconvente aber wechselten natürlich , je nachdem das Gericht da oder dort statt- fand 1 und für sie . war das TheBnehmen am Gericht ein Becbt, *, Geib: Geschichte des rom. Criniinarprooesfle«. 273 T«n dem sie beliebig: Gebrauch machen oder darauf versiebten konnten. Was nun ferner den Einfluss dieses Consiliums betrifft, so scheint uns gewiss und klar zu sein , dass es mitstimmte , jind ein Urtheiisspruch des. Prätors ohne Zuziehung des Consiliums oder gegen dessen Abstimmung etwas ganz Ungewöhnliches, ja man möchte sagen Unerhörtes war. Wenn indess der Verf. die- ses* Verhältniss nicht als im Rechte und Zwange begründet ^ son- dern nur durch Sitte und Gewohnheit ausgebildet darstellt, so iasst sich daran nichts i^ussetzen. Er hatte sich dafür yielleichtvauch noch auf Cic.^ ad Qu. fr. I. ep. 2. § 2. 8. berufen können. — Der Wirkungskreis des Localmagistrate endlich war in den civkatei liberae oder foederatae, in den eigentlichen Colonien und in den Städten , die auf irgend eine Weise die Latinität erhalten hatten, ungefähr derselbe, wie derjenige ^r Magistrate in den italischen Städten, daher jener der Statthalter nur ein untergeordneter. In den übrigen TheÜen der Provinz aber war die Crimlnalgerichts* barkeit der Localbehöjrden unbedeutend und erstreckte sich Tielr leicht nur auf Sklaven und Leute aus der niedersten Volksclasse. Zweite AbtheUung. Gerichtliches Verfahren, — 1. Ca- pitel. Allgemeine Grundsätze (S. 232 — 265.). Auch in dieser Periode und namentlich in den quaestt. perpp. ist Mündlichkeit und Oeffentlichkeit das Princip bei allen gerichtlichen Verhand- lungen. Dass gleichwohl auch bei den quaestt. perpp. in der snbseriptio , in der Gestattung schriftlicher Zeugnisse und Lau- dationen und in der Aufzeichnung der Zeugenaussagen sich Spu- ren der Schriftlichkeit finden, thut dem Principe keinen Ein- trag; die Anklage und Vertheidigung, die Depositionen der anwe- seiiden Zeugen geschahen mündlich, und ebenso die Bekanntma- chung des Urtheilsspruchs. Die Oeffentlichkeit aber war noch durchgreifender und galt (ausser bei den Senatsverhandlungen) un<- bedingt und uneingeschränkt. Um von ihr namentlich in den quaestt. perpp. ein deutliches und vollständiges Bild zu haben, ist es nöthig, «ich die Oertliehkdten , innerhalb deren die Verband- - lungen stattfanden, zu vergegenwärtigen. Wir bemerken daher gleich hier hinsichtlich der quaestt. perpp. Einiges au^uhrlicher hierüber, wiewohl der Verf. erst S. 262. (jedoch sehr kurz) da- von spricht. Die Gerichte der quaestt. perpp. nämlich fanden alle auf dem Forum statt. Ref. kann sich nimmer mit der Annahme ▼ereinlgen, dass sie auch anderwärts hätten abgehalten werden könne«. Es sprechen dagegen erstlich mehrere Stellen , die m AUgeoaenien die Jndieia als auf dem Fornvi vor sidh gebend und das Forum als voll von Judiciis bezeichnen. S. ausser den vom Verf. angeführten schlagenden Stellen Tacit. dial. de orat. c. 38. üit omnia mfaro gererentur) und c. 39. a. med. noch folgende: Cic. pro Flacc. c. ^4. § 57. plennm esl forum ludiciorum , plennm magistratuum. 'Ascon. bei Orell. S. 34. Z. 6 f. populus cremavlt corpus Clodii subseUiis et iribunalibus (diea gescliah «ker ^uf IV. Jahrb. f. PhU. u. Päd. od. KrÜ. Bibl. Bd. XXXVIII. Hft. 3. lg v 274 Römische Alterthumsknn'de. »dem Forum). Cic. in Vatio. c. 14. § 34. (sciasne) jndices qnae- stiomim de proximis tribunaiibus esse depuisos? (Wo proximi' sind, müssen aber auch noch Andere sein.) In foro^ lace, inspe- ctante populo Romano. •• sceierum poenam esse' sublatam,^ pro Süll. c. 17. § 49. ut victi in campo (i. e. in petitione lionoris) in foro (i. e. in aecusatione et iiidiciis) Tinceretis. pro Mil. § 1. qui ^oculi) — veterem consuetudinem fori et pristinum morem iudici- orum requirunt. Vgl. nocli die dunkle Eirzähiung; Cic. in Yatin. c. 9. § 21. Ausserdem sind hier die Steilen (Von denen wir je- doch nur einige anfuhren) zu bf^achten , an denen bestimmte Ju- dicia als auf dem Forum abgehalten erwähnt werden; sd iudicia de repet.^ Cic. in Verr. J. c. 59 ex. pro Flacc. c, 28. § 66. ; de " amh.^ pro Suil. c. 17. § 49. ad Qu. fr. II. ep. 3. § 7 in. ; de maiest,^ de or. II. 49.; de vi^ pro Mil. c. 1.; de sicar.^ pro Rose. Am. c. 5. § 12. etc. etc.*) Jede quaestio nun hatte ihrTibnnal, in wel- chem der Prätor auf der sella , die Richter (wahrscheinlich auch der quaestio nicht angehörende^ welche zuhören wollten) und die scribae auf subseiliis sassen. Der reus aber nebst seinen patronis, advocatis und den Angehörigen, sowie die accusatores, desgleichen die Zeugen , sassen (jede Partei von der andern getrennt) ausser- halb des Tribunal. Das Volk stand um das Tribunal und die ausserhalb befindlichen subsellia herum, mochte sich wohl auch zwischen letztere eindrängen (daher Ascbn. S. 41. M. Marcellus — tanto tumultu Clodianae multitudinis exterritus est , ut vim ui- timam timens in tribunal a Domitio reciperetur) , und wenn es einen interessanten und Theilnahme erregenden Process gab, waren, wie Cicero sagt, die scribae gratiosi in dando et cedendo loco (Brut. c.«84.). Die Oeffentlichlceit war somit eine unbe- dingte, vorhanden für Jedermann und (da es der Umfang des Forums erlaubte) benutzbar von Tausenden , auch unbekümmert um das, was um sie herum vorging; s. Cic. de or. II. 70. (Tide, Scaure etc.), die schon oben angeführte Stelle in Vatin. c. 14. § 34. (aus der man sieht, dass bei mehrem Quästion^n zu glei- fjher Zeit verhandelt wufde) und ^ro Ciuent. c. 53. § 147. (wo nunc in den VTorten apud quem nunc de ambitu caussa dicüur auf Gleiches hinweist). Ausser Mündlichkeit und OefPentlichkeit finden wir anch Anklageverfahren. Cicero stellt den Grundsatz auf, und er ist vollkommen richtig: nocens nisi accusatns fuerit, condemnari dob .potest; wir müssen hinzufügen: auch nur grade wegen des Ver- brechens, dessen er angeklagt ist, kann er verurtheilt werden«'*'^) — ^ Es ist daher bei Cicero pro Ciuent. c. 53.$ 147 in. die Lesart viDn 6 codd. ^alat. quid est , Q. Naso , cur tu in sexto hoc loco sede^^ statt in isto loco nicht schlechthin zu verachten. **) So erklärt es sich, wie es möglich war, dass die grossten Chrenel iin4 Verbredhen vor Gericht erwähnt werden (s* namentlich Cic. or« Geib : Geschichte d«s rom« Criminalprocesßes. 275. Za denen, die nicht zur Anklage berechtigt waren, kofnmen in dieser Periode noch hinzu die infames, sowie die wegen calumnia oder praevaricatio Verortheilten. Der^Verf. hätte noch eine, wenigstens in der Praxis Torkommende Ansicht erwähnen sollen, däsis nämlich Magistrate wegen der mit ihrem Amte verbundenen, dem reus leicht Terderblichen Macht nicht immer zur Anklage in den quaestt. perpp. zugelassen wurden (s. Cio. proCIuent. c. 34.), während bei den Gomitialgerichten grade sie allein zur Erhebung der Anklage berechtigt waren. Hinsichtlich der Peregrinen aber war ausser auf die lex SerTilia noch auf die Processe des Flaccus und Verres zu yerweisen , bei welchem letzteren (was besonders zu beachten) die Siculer zwar die postolatio angebracht hatten (Ascon. S. 97. Z. 6 f.), Cicero aber nicht blos accusator, sondern auch delator war (in Verr. I. c. 6. § 15.). — Neben diesem An- klageverfahren nun findet der Verf. auch für diese Periode Spuren des inquisitorischen Verfahrens iii den jetzt freilich seltnem -quaestt. extraord. und in dem Institut der Indices und Quadrupla- tores, sowie in den bei mehrern Quästionen für Ankläger im Falle der Verurtheilung des reus bestimmten Belohnungen; Es ist vor- sichtig vom Verf., dass er nur von Spuren spricht; denn ausser bei den quaestt extraord. können wir in den angeführten Instituten nichts Inquisitorisches finden , indem der Hauptpunkt, auf den es bei dem Inquisitionsverfahren ankommt, der zu sein scheint, dass der Magistrat einestheils schon bei yorliegenden Verbrechen, wenn auch der Thäter unbekannt ist, anderntheils auch auf blosse Indicien eines Verbrechens hin, sowie bei blossem Verdachte ge* gen eine Person Untersuchungen anstellt. Dies Alles. aber be- schränkte si^h in Rom darauf, dass bei vorliegendem Verbrechen ohne Gewissheit über den Thater , und auch nur falls noch keine qu.. perp. für das betreffende Verbrechen bestand (s. oben), eine qn* extraord. vom Senat <>der Volk angeordnet werden konnte« Den Grund dafür, dass in der folgenden Periode der Inquisitions- proc^ss sich mehr entwickelt, findet der Verf. nach unzweifelhaft richtiger Ansicht (unter Anderm auch) in der Veränderung, „deren Vl^ichtlgkeit sich aus diesem Grunde nicht hoch genug anschlagen läast^S dass es nämlich am Ende unsrer Periode nicht mehr als pflichtmassig und ehrenvoll galt, mit Anklagen gegen Verbrecher aufzutreten, sondern grade umgekehrt als gehässig iind unwürdig. Für diese Betrachtungsweise der Römer jener Zeit hätten sich noch solche Stellen anführen lassen, welche zeigen, dass nur junge Anfänger sich mit Anklagen zu befassen pflegten, wie Cic. divin. in Caecil. c. 7. § 24. videt enim, si a pueris nobüibus — , sta quadruplatoribus — accusandi volnntas ad vires foiiites spectatos- pro Cluent.}, ohne Anfforderang zur Strafe, aar am uberbaof»! den Le- benswandel des Beschuidigten zu verdächtigen und das Verbrechen, des- sen er grade angeklagt ist, glaubhafter zu machen. 18* « 276 * Romisclie A.lter>humskunde. que bomine» translata 8it, se in Hidiciis dominari non posse. ^. 21« § 68 ex. putant fore , nti — per horoioes honestissimoä tirosque fortisstmos, non imperitoä adolescentulos ant illiusmodi quadrppia- tores lege» ludiciaque admiiiistrentur. Es ficheint ausser Mündlichkeit, O^ffentHchkeit und Anklage- verfahren noch ein dem römischen Criminalprocess zugehöriges Institut zu fehlen, das GeschwornengerichU Der Verf. spricht sich hierüber gelegentlich später (S. 316. N. 194.) folgender- maassen aus: ,,Wenn Manche, durch die Aehnlichkeit der Be- zeichnung verleitet, so weit gehen, die römischen Judices mit den heutigen englischen und französischen Geschwornen für gleichbedeutend zu halten , so lässt si6h eine solche Ansicht in der That nur aus einer völligen Unkenntniss entweder des römi- schen oder des heutigen englischen uAd französischen Processes erklären.^^ Ref. kann dem nicht beipflichten. Ihm scheint es nämlich bei einer Vergleichuhg nicht auf einzelne locale und tem> porelle Abweichungen anzukommen; vlemehr sucht er das Wesen der Geschwornen darin , dass sie erstlich ihren Namen rechtfer- tigen^ ferner ungelehrt und aus dem Volke (sei es aus bestimmtep Ständen oder aus jedem beliebigen) gewählt sind, endlich dass sie nicht über die Recljits-, sondern nur über die Thatfrage zu ent- scheiden (Schuldig, Nichtschnidtg; Absolvo, Condemno), dieser Entscheidung aber keine Gründe beizufügen haben, indem ja eben ihr Hauptzweck ist, den Buchstaben d«s Gesetzes mit den Forde- rungen der Menschlichkeit auszugleichen. I^ieses Alles aber findet sich s'bwohi bei deti römischen iudiees iarati, als bei den heutigen englischen und französischen Greschwornen. Dass die römischen iudices in einem einzelnen Judicium zahlreicher waren, als heutige Geschworne, dass bei ihrer Wahl auch die Parteien einen Ein- fluss hatten, dass immer nur eine gewisse Art von Verbrechen unter &h)*eCompetenz gehörte, dass sie stets öffentlich abstimmten und Einiges der Art mehr, kann doch unmöglich bei einer Verglei- chung entscheidend sein. lieber den Ort der Gerichtsverhandlungen 9 über den der Verf. jetzt: einige Bemerkungen folj^en lässt, habeh wir schon oben gesprochen. Ünroll^tilndig aber scheint uni, was dann über die Zeit gesagt ^ird. Was zuerst die vom Verf. aufgestellte Vef- rauthung betrifft, dass wenigstens angefangene Verhandlungen (es ist hier nur von denen -der quliestt. perpp. die Rede) auch an Festtagen, selbst wenn sie nicht parric. oder vis betrafen, hätten fortgesetzt werden können; sü «ntbdirt dieselbe der Innern Ee- rechtigung, scheint uns Audi u^nöthig zti sein und widerlegt isidt schon durch Gicerd's Worte, die auch der Verf. S. 264., N. 37. angeführt hat: quae sit tanta atrocitas huius criminis, ut omnibus negotiis forensibus intermissis, unum hoc iudicium exerceatur (pro Coel. c. 1.). Dass damals bei keiner einzigen quaestio eine Verhand- lung angefangen gewesen ^wire, wird «der Verf. nicht nadhweisen I Geib: Geschichte de9**jrQip^ Criminalprocesses. 277 können. — Gehen wir weitei;, ,ao war dafür, dass die Verhand- lungen über einen und denselben Process oft eine gan'ze Reibe Ton Tagen einnahmen ., nicht blos die Aeu^serung (S. 264. N. 35.) zu geben: ,^Man denke sich nur, dass z. B. Cicero's Reden gegen Verres wirklich gehalten worden wären , nnd dass dann Horten-* sius^) mit gleicher Ausführlichkeit darauf geantwortet hätte^^, sondern es lassen sich darüber auch ausser Ascon. argum. Milon. ganz bestimmte Data nachweisen. Kommen wir aber zur Haupt- sache, so wurden die Judlcia nieht nur unterbrochen durch die dies fest! (zu denen auch die ludi gehörten) lind die dies comttia- les (für welche letztere aiH^ Cic. ad Qu. fr. II. ep. 1. § 2. ange- führt werden konnte), sondern aqch, was der Verf. ganz unbe- rührt gelassen hat, dureh die Ferien ; daher Cic. pro. Plane, c. 27/ ^ 66. has orationes scripsi ludis et feriis , ne omnino unquam es- sem otiosus. (Vgl. de Legg. LI. c. 1^ ine. feriarum festorumque dierum ratio requietem habet litium et iurgioriun). Beides hier Er- wähnte, die (hauptsächlichsten) Spiele und die Ferien, üel in die 4 letzten Monate des Jahre^, so dass vom finde des Sextilis i^i bis zum Januar fast gar keine Judicia abgehalten werden konnten« S. Cic. ad Att. 1. ep. 1. § 2. quüm Romae a iudiciis forum refrixe- rit, excurremus meuse Septembri, ut Januario revertamur. ib. II« ep. 2. § 4. Calendae lanuariae veniupt , iudices coguntur. Das Nähere ersieht man aus Cic. Act. I, in Verr. c. 10. § 31. Nonae sunt hodie Sextiles (d. i. 5. .Aug.), Decem dies sunt ante ludos votiTos (bis zum 14- ^iig.)? fiuos Cn. Pompeius facturus est^*). Peinde continuo Romani consequentur (nur 4 Tage lang? Cic. 11. Phil. c. 43. § 1J.0.). Ha prope quadraßinta diebus interpoaitisy tum denique se ad ea, quae a nobis dicia ertönt ^ responsuros esse arbilr antun deinde se ducturos et dicendo et excusando facile ad ludos Victoriae. Cum his plebeios esse cpuiunctos; se- cundum quos^ aut nulli aut pauci dies ad agendum futuri sinta (Scbol. Gronov. Postea eniqi feriae sunt.) Ita defessa ac refrige- rata accusatione , rem integram ad M. Metellum praetorem esse venturum. (Vgl. ib. r. 18. § 54. Lib. I. c. 11. § 30. Lib. II. c. 52. § 130.). Die Ferien dauerten also bis zum Januar; denn daqn erst trat der neue Prätor ein. Diejse Umstände waren der Grund, weshalb Cicero bei dem Processe des Vqrres anders als gewöhnlich verfuhr. Er wollte es nämlich nicht erst im neuen Jahre zum Urtheilsspruche kommen lassen.^ wo sowohl der Prätor als die Mehrzahl der Richter dem reu^ bjefreundet und gewogen waren; ^) Aasserdem ■ war bin^qzufugi^n L. l^isenna (in Verr. I(. c. 45. S 110. IV. c. 20. S 43.) und jedenfalls ftuch Andere. **) Dies sind ausserordentliche Spiele Me^s Jahres , nicht ste- hende. Allein auch in 4?d V« , Jf^hren werden dergleicheA oft genug vprgekommßn sein, und 49ni9 worden sie yermuthli^li %^ flerselhen Zeit abgehalten. 278 Eoiaiftche Alterthamskande. i • daher suchte ^r den Process.zu beschleunigen. Mit den sich aus der ausfiihrlichen so eben betrachteten Stelle ergebenden Bestim- mungen collidiren nun aber die Monatstage , als an welchen sich hier und da Judicia oder überhaupt gerichtliche Acte bei dea quaestt. perpp. abgehalten finden, in der That nicht. So werdea ausser der Zeit des Processes gegen Milo (bei Ascon.) erwähnt: als Tag ^er postuUtio a. d. IV. Id. Febr. (Cic. ad Qu. fr. II. ep. 3. § 5.); als Tag der divinatio Id. Febr. (ib. ep. 13.); als Tag der reiectio iudicum a, d. V. Non. Quint. (ad Att. IV. ep. 16. §3.); , als Tage des Judicium a. d. IIL Id. Febr. (ad Qu. fr. II. ep, 3. § 7. Jnc), a. d. VII. Id. Quint. (ad. Att. IV. ep. 15. § 6 in^.) u. Sept. extr. — also die Zeit zwischen den lud! Romani und den ludi Vi" ctoriae — (ad Qu. fr. HI. ep. 1. ex.); als letzte Tage des Judicium a. X d. III. Non. Quint. (ad Att. IV. ep. 15. § 4. ine.) und a. d. IV. Nod. Sept. — also die Zeit vor den ludi Romani oder respective zwi- ' sehen den ludi votiyi und ludi Romani — (Ascon. S. 18. Z. 3.). — Was nun endlich die Tageszeit der Gerichtssitzungen betrifft, so sagt der Verf. weiter nichts, als dass dieselben nicht vor Sonnen- aufgang begonnen und nicht nach Sonnenuntergang fortgesetzt wer- den sollten. Ein paar bestimmtere Angaben Hessen sich auch hier beibringen. Mehrmals nämlich findet sich als Anfang die b. Stunde erwähnt (d. i. nach unsrer Rechnung je* nach der Jahreszeit etwa zwischen 1 und ^^3 Uhr); s. Cic. ad Qu. fr. III. ep. 1. ad ex. ib. II. ep. 16. § 3. (post meridiem). Vgl. in Verr. II. c. 37. § 91. (in der Provinz). Die 9. Stunde findet sich bei dem Processe des Ver- res, s. Act. I. c. 10. § 31 in. Daher iudicium trium horärum (in- dem der Ta^ 12 Stunden hatte) in Verr. I. c. 60. § 156. Ob hier- nach die bekannte Stelle Martial. IV. 8. nur auf iudicia privata zu beziehen ist (für die auch in unserer Per. die 3. Stunde schon An- fang ^ein konnte, Varro L. L. V. 9.), oder ob anzunehmen, dass in der spätem Zeit auch in dieser Beziehung hinsichtlich der iudicja publica eine Veränderung eintrat, wollen wir dahingestellt sein lassen. 2. Capitel. Verfahren vor den gewöhnlichen Gerichten (S. 265 — 386.). Die nun folgende Darstellung beschrankt sich auf die qaaestt. perpp., theils wegen der Dürftigkeit der Quellen in Hinsicht auf die andern Gerichte, theils wegen der Aehnllchkeit einiger Gerichte mit ihnen, theils endlich wegen des unveränder- ten Fortbestehens der übrigen, so dass über sie für diese Per. nichts Besonderes zu bemerken ist — Der Processgang aber in den quaestt. perpp. war dieser. Der Ankläger brachte zuerst bei dem betreffenden Prätor (oder iudex quaestionisl ■■ — es findet sich kein Beispiel dafür, ' Bondern diese Annahme beruht lediglich auf der Ansicht des Vf.'s über das Wesen des lud. quaest.) die Bitte um Erlaubniss zur An- klage an (postulatio). Die zur Anklage Unberechtigten (s. oben) hatte hierbei der Prätor zurückzuweisen. Brachten Mehrere eine Geib: Geschichte des röm. Criiniiialprocesses. 279 postDiatio vor, so' wurde, da stete nur Ein eigenilicher Anklii- ger sein dürfte, zur divinatio geschritten, d. h. es wurde ein förmliches Gericht constituirt, vor dem die Rivalen in Reden ihre persönlichen Gründe zur Anklage und daför, weshalb sie sich für am besten zu ihr quaiiliGirt hielten, zu entwickeln hatten; worauf das Gonsilium Beschluss fasste , welcher von ' Beiden oder Mehreren zuzulassen sei. Bei dieser divinatio wurden, was wir hinzufügen, die Richter aus denselben, aus denen die färdas eigentliche Judi-* cium genommen wurden, vom Prätor durchs Loos gewählt; Pseudo-Ascon. S. 160. Z. 5 f. , So wenigstens bei Verrea' Pro- cesse ; daher in Verr. I. c. 6. § 15. quo in numero e vobis complu* res f uerunt {z, B. Marcellus , Divin. c. 4. § 13. vgl. mit in Verr. III. c: 91. § 212.). Die reiectio und subsortitio musste natürlich wegfallen , da weder accusator noch reus bereits vorhanden war. Dass übrigens in der divinatio die Richter iniurati waren\ können wir dem Pseudo - Aseon. S. 99. Z. 3. ohne Bedenken glauben. "Wir möchten hier noch die Frage aufwerfen, ob auch Andere als die, welche die Anklage für sich verlangten, in der divinatio spre- chen durften. Dass indess Hortensius, der patronus des Verres im Processe, gegen Cicero für Cäciliiis in der divinatio gespro- chen, scheint uns kaum denkbar; vielmehr dürfte die Stelle der Divin. G. 7. wohl nur auf Privatäusserungen und Bitten hindeuten. Auf die divinatio oder, falls keine stattgefunden, auf die postulatio folgte die (nomlnis) delatio. Dass vor dieser eine ge- wisse Zwischenzeit erforderlich gewesen sei, wie der Verf. an- giebt, ist Ref. durchaus unbekannt; der einzelne Fall bei Cic. ad Div. Vll{. ep. 6. kann nichts beweisen. Bei der nominis delatio nun durfte der Prätor nicht „nomcn reoipere^^ oder „accipere^% wenn der Angeklagte in magistratu, oder wenn er reipublicae causa abwesend war (die letztere Bestimmung der lex Memmia v. J 614 zufolge). Andre Abwesende mussten per edictum citirt werden^ und erst weun sie dann nicht erschienen, konnte gegen sie als ge- gen böswillig Aussenbleibende verfahren werden. — Nach der Hominis delatio, bei welcher der Prätor zugleich den Tag für den Beginn des eigentlichen Judicium festsetzte, folgte (stets??) die interrogatio. Hier widerlegt der Verf. schlagend in einer genauen Untersuchung (S. 273 — 281.) die Behauptung, dass, falls bei ihr der Angeklagte geständig War, sofort der Prätor allein ohne wei^ tere Verhandlungen und ohne Zuziehung der iudices die gesetz- liche Strafe auszusprechen i^nd zu vollziehen befugt gewesen sei; und es ist in der That (müssen wir mit dem Verf. sagen) merk- würdig, wie diese Ansicht jemals hat aufgestellt werden mögen. Fragt man nun aber, was denh somit eigentlich der Zweck der interrogatio war, so muss Ref. entgegnen, dass er diese Frage für sehr unnöthig hält. Wir haben die Analogie im heutigen französischen Verfahren, wo der Angeklagte auch (bei Beginn der öffentlichen Verhandlungen) gefragt wird, ob er sich schuldig be- 280 Römische Alterthamskunde. keoDeo wolle oder nicht. Es hat aber allerdings die interrogatio den Nutzen, dass sowohl der accusator als der patronus bei dem Geständniss des reas einen andern Weg einschlagen l^önnen, in- dem dann jener nicht mehr die Verübung des fragliehen Verbre- chens darzuthun\ Sondern yielmehr die Thal selbst als strafbar nnd gegen das Gesetz verstossend nachzuweisen, dieser nicht Be- weise für die That zu entkräften, sondern die That zu entschul- digen oder nach Befinden auch als lobenswerth darzustellen hat.' bt dies aber der Vertheidiger des Thatbestandes wegen nicht ver- mögend , so giebt natürlich das Gestandniss für die Richter einen bessern Anhaltepunkt als alle Demonstrationen des Anklägers. Denn an der Wahrheit eines Geständnisses zu zweifeln, fiel in Rom Niemandem ein, indem weder verkehrter Weise auf die Er- langung desselben hingearbeitet wurde, noch mit dessen Verwei- gerung irgend ein Nachtheil (als: schlimmere Haft, u. dgl. Anhäng- sei des Inquisitionsverfahrens) verbunden war. Im Folgenden scheint uns , wie wir schon früher andeuteten, der Verf. die Aufeinanderfolge der einzelnen Acte nicht richtig gegeben zu haben. Jedenfalls ging das nomen recipere der in- terrogatio voraus und folgte gleich auf die delatio; aiich ist es ganz naturgemäss und folgt aus mehreren hierher bezüglichen Stellen, dass. der Anklager bei der delato eine selbstgefertigte Anklageschrift mitbrachte, und dass die, welche seine Anklage unterstützen wollten, diese mit ihm zugleich unterschrieben hatten (subscriptores). Dass der Prätor noch ausserdem ein Protokoll über die Anklage aufnahm und es öffentlich aushing, lässt sich nicht bestreiten. — Noch bemerken wir, dass sowohl die postu- latio als die delatio, ebenso wie das Judicium selbst, vor dem Tri- bunal des Präton^ vor sich zu gehen hatte. Auch fügen wir nach- träglich hinzu, dass in der divinatio zugleich mit darüber entschie- den wurde, ob der oder die, welchen die Anklage versagt worden war, als subscriptores zuzulassen s^ien ; Cic. DJvin. c. 16. ab in. Gell. IL 4. Gewöhnlich machten auch die als Ankläger Zurückge- wiesenen Anspruch darauf, wenigstens zur subscriptio zu gelangen ; allein , so lange es noch nicht entschieden war , wer die Anklage erhalten würde, vom Prätor auf jeden Fall (es möge die delatio zu Theil werden, wem sie wolle) die Erlaubniss zur subscriptio zu verlangen, galt als nicht ehrenvoll; Cic. Divin. c. 15. § 49. — Ausserdem soll dem Angeklagten das Recht zugestanden haben, dem accusator einen custos beizugeben , der ihn bei Herbeischaf- fung der Beweismittel etc. controliren könne. Mit Recht weist der Verf. diese Behauptung zurück. Denn dass Cic. Divin. c. 16. die Worte custodem Tuilio me apponite nichts bedeuten , als sub- scriptionem Tullii custodiendi caassa mihi date, ist aus dem Zusam- menhange der Stelle klar. Die Erzählung bei Plutarch Cat. Min. c. 21. aber, die somit ganz vereinzelt dasteht, beruht sieher nur 4 Gelb: GeA^hicltte des röm. Criminalprocesses. 281 jiuf missverstandnen Stellen römischer Schriftoteiter, ähnlich der eben erwähnten. Ein eiDgeieiteter Process konnte wieder aufgehoben werden durch freiwilliges Exil des reus, hinsichtlich dessen dieselben Bestimmungen fortdauerten, über welche in der !• Per. ausführ- licher gehandelt wurde, und durch Zurücktreten des Anklägers von der Anklage '^)« Im let«term Falle nämlich wurde sofort der Name des Angeklagten^ aus der Liste der rei gestrichen und somit die Anklage selbst annullirt« Um aber sowohl Unschuldige gegen * nichtige Anklagen zu schützen, als auch das Wiederaufgeben der An- klage gegen einen Schuldigen zu hindern , beenden gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich der Calumnie^ Praevarication und l^er^ giversation. Auf Calumnie (Anklage Jemandes , von dessen Un- schuld man als Ankläger selbst überzeugt ist) bezog sich die lex Remmia. Dass die in ihr festgesetzte Strafe darin bestand , dasa , dem calumniator ein Buchstabe (K) auf die Stirn gebrannt (oder geätzt?) wurde, ist gewiss. Der Verf. konnte dafür aus Cicero'a Rede pro Rose. Amer. noch anführen c. 31. § 87. solus tu inven^ tus es , qui cum accusatoribus sederes atqne os tuum non modo ostenderes, sed etiam offerres; und c. 34. § 95. cum tibi aiiqua ex parte cupio parcere, rursus immuto voluntatem meam; venit enim mihi in meutem oris tui. Vgl. ausserdem Plin. Panegyr. c. 35. neque, ut antea , exsanguem iiiam et ferream frontem-nequidquam convulnerandam praebeant punetis et notas suas rideant. Diese Stellen „im metaphorischen Sinne zu nehmen^S scheint Ref. auch ^ nicht einmal möglich zu sein. Die Zeit sowohl der Entstehung als des Untergangs dieser lex Remmia ist ungewiss. Ueber jene dürfte jeder in*s Einzelne gehende Streit vergeblich sein; nur so viel ist^ klar, dass sie vor Cicero fallen muss. Dass sie übrigens nicht schon vor Beginn der quaestt. perpp. wieder untergegangen ist (wie Brencmann behauptet) , sondern noch zu Gtcero's best» nd, ergiebt sich aus den angeführten Stellen unmittelbar. In Betreff des Näheren erklärt sich der Verf. dahin ^ dass sie nie förmlich aufgehoben worden, sondern seitdem einige Kaiser, namentlich schon Tiberius , die Delatoren und Calumniatoren recht eigentlich zu begünstigen angefangen hätten , in Vergessenheit gerathen sei und Ihre praktische Bedeutung verloren habe. Dies ist nicht un- wahrscheinlich, aber freilich auch blosse Hypothese« ,3bgesehen jedoch von der Strafe der lex Remmia", fahrt der Ver^. fort, „suchte man auch auf andre Weise den Angeklagten sicher zu stellen , und zwar insbesondere durch das iuramentum calumniae, welches jeder Ankläger — dahin ausschwören musste, dass er In gutem Glauben und ohne irgend eine Nebenabsicht handie.^^ ^) Intercessioa der Tribunen aber cur Befreiung der rei von ihren Anklagen ,wer bei den qaaestt, perpp., wenn aach nickt gesetzlich unter- »agt, doch etwas Unerhörtes. 282 Römische Alterthamsk^nnde. Darzulegen, dass jeder Ankläger den Eid leisten mnsste, möchte dem Verf. schwer werden. Das Fragment der lex Servilia itann nichts beweisen, da sich dieses erstlich nur auf die quaest. repet. bezieht, dann aber auch erst tou der Interpuiiction und Restitution , die man ihm zu Theil werden iässt , seinen Sinn erhält. Der Verf. V «(teheint nämlich zu interpungiren "^ * * ad iudicem , in eum ännum qui eiuH. L. factus erit, in ins educito nomenque deferto, si de- iuraverit calumniae caussa non po(stulare). Wie aber, wenn man trennt: nomenque deferto. Si deiuraverit, calumniae caussa non poatulare, und nun erst noch einen Nachsatz zu Si etc. folgen Iässt? Dies aber empfiehlt sich durch die andre Steile Cic. ad Div. VIll. ep«8. §2. näm de divinatione Appius, quum caiumniatn iuras-, set (sc. Pilius), contendere ausus non est. Dieser Stelle zufolge. ist das caiumniam iurare offenbar nicht nothwendige Regel. Dass aber der Ankläger gar oft, um sich im Voraus zu rechtfertigen und seiner Anlilage mehr Gewicht zu geben , den Eid der calu- mnia ablegte, scheint uns natürlich. * Vielleicht konnte auch der ' Prätor einem verdächtigen Ankläger denselben autragen. — Prä-- varication (Scheinanklage mit dem Zwecke der Freisprechung des — schuldig — Angeklagten) und Tergivei'sation (grundloses^ ans Gunst, vielleicht auf Gjrund von Bestechung, erfolgtes Aufge- beu der Anklage) waren mit Infamie belegt. Uebrigens musste über alle diese 3 Arten von Vergehen in jedem einzelnen Falle ^in besonderes Gericht gehalten und ein förmliches gerichtliches Ur- theil gefällt werden. Bei dem nun folgenden Punkte , den äussern Mitteln, durch die der reus Betrübniss über die Anklage zu zeigen und das Mitleid für sich in Anspruch zu nehmen suchte , hätte der Verf. wenige stens etwas ausführlicher sein können^ Es liegt ein reiches Material vor, aus dem sich, kurz angedeutet, hauptsächlich Fnlgendes erge- ben dürfte. Senatoren, Magistrate, überhaupt wer Insigiiien hatte, pflegte diese abzulegen; Dio Cass. XXXVUI. 14. XL. 40. Liv. IX. 7. Cic« pro Süll. c. 31. § 88. post red. in sen. c. 5. § 12. pro Plane, c. 41. § 98. Suet. Aug. c. 100. Statt der toga Candida legte man eine pulia, sordid^ an. Dies heisst vestem mutare, Gell. III. 4. Liv. II. 61. Daher wird als gleichbedeutend ge- braucht vestem mutare und in ^qualore, in sordibus oder sordida- tum esse, Liv. IV. 42. VI. 20. Cic. p. red. in sen. c. 5. § 12. Einmal findet sich auch der Ausdruck atratum esse, Macrob. II. IL Plebejer hatten natürlich keine Insignien abzulegen; wenn daher in Bezog auf sie mutatio vestis erwähnt wird (Liv. VI. 16. ai:), so ' kann dies nur von der vestis sordida statt der Candida zu verstehen sein. Gleiches, nniss auch bei den sociis der Fall sein , Cic. in Verr. V. § 128. Ebenso wie der reus kleideten sich auch seine Angehörigen und Freunde. Im Allgemeinen wird ein so Gekleide- ter als obsoletius vestitus bezeichnet bei Cic. in Verr. L c. 58« § 152. Dass die Kinder der rei, wenn sie noch die praetexta Geib : Geschichte des rom. Criminalproeesses. 283 trugen, diese nicht ablegten (Cic. in Verr. L c. 58« pro Sext. c. 69. § 144.), sondern vielleicht nur eine schlechtere anlegten, ist i^atnrllch. Denn sie n»ussten als praetextati, das heisst als Kinder , mehr Mitleid in Anspruch nehmen , als wenn sie — deo Jahren vorgreifend — in der Tracht der Minner erschienen waren» Vielleicht möchte Letzteres überhaupt kaum zulässig gewesen sein. Das weitere Detail hinsichtlich des hier hurz Dargestellten ergiebt sich leicht aus genauerer Betrachtung der angeführtco Stellen. Doch müssen wir bemerken , dass nicht alle diese Stei- len von reis handeln, sondern auch von Andern, welche durch Privat - oder öffentliche Ereignisse Veranlassung hatten , Trauer an den Tag zu legen. Die Art und Weise aber, dies zu thun, war bei allen Ursachen dieselbe. ^ Nachdem der Verf. durch diese Art, auf das Gefühl der Richter einzuwirken, zu treffenden Hemerkungen darüber ver- anlasst worden , wie überhaupt im römischen Criminalprocess die Richter nicht blos als Anwender des Gesetzes nach seinem Buch- staben, sondern gleichsam auch als Beherrscher desselben und mehr als Beurtheiler der Person* denn als blosse Richter über die 'fragliche That erschienen*), so dass es erklärlich ist, wie so viel darauf gegeben werden konnte, entweder ihr Mitleid oder ihren Hass zu erwecken : so folgt nunmehr die Schilderung des eigent- lichen Hauptverfahrens, der Verhandlungen vor den Judiceä* Denn alles Frühere war eigentlich nur Vorverfahren und Einlei- tung des förmlichen Processes. Hier müssen wir aber dem Verf. bemerklich machen, dass auch ein grosser Theii des von ihm zum Hauptverfahren Gerechneten nicht zu diesem , sondern zum Vor- verfahren gehört, — nämlich die sortitio, reiectio und subsortitio der Richter. Der Verf. freilich sagt (S. 316 f.) : ,,War auch diese Formalität (die Beeidigung der Richter , weiche der Verf. unmit- telbar auf die sortitio etc. folgen lässl) erfüllt, so konnte jetzt ohne weiteres zu den eigentlichen Verhandlungen selbst überge- gangen werden. Allein freilich scheint dieses nicht überall ge- schehen zu sein, sondern insbesondere dann, wenn durch häufig (?) ausgeübte Rejection und dadurch nothwendig gewordene Sub- sortition bereits der grösste Theil des Tages verstrichen war, eine Ausi^etzung des Verfahrens und Anberaumung eines neuen Ter- mins stattgefunden zu haben^*" und bemerkt in der Note dazu: „So geschah es wenigstens in dem Prpcesse gegen Verres, Cic. Act. 1. c. 6.^^ Allein für's Erste scheint uns schon die angeführte Stelle ihrem ganzen Anstriche nach nicht von etwas Ungewöhnli- chem, sondern von stets Stattfindendem zu sprechen. Wer dies aber auch nicht zugeben wollte, muss doch aus Cic. ad Att. IV. — r 'L "^ *) Hier konnte auch Cic. pro Ciaent. c. 33. 34. citirt werden, iia- inenilich die Worte : ille idcirco bis legibus condemnatus est, qaod con* tra aii^m legem comniiserat N 284 Römische AlterthamskuAde. ep« 16. § 3. (Drusus reus est factus a Lucretio, iudicibus reücieti' dis a.'d. V. Non. Quint) ersehen^ dass für die reiectio etc. ein be- sonderer Termin festgesetzt wurde, sie^soipit nicht als Anfang des eigentlichen Judiciums betrachtet werden kann. Spnach iüt auch die citatiQ, welche der Verf. der sortitio etc. vorausgehen lässt, erst nach ihr und zwar erst beim Beginn des Judiciums zu erwähnen. Daher Cic. in Verr. I. c. 7. quo die primum iudices citati in hunc reura consedistis ; id sum assecutus , ut una hora , qua Goepi dicere etc., woraus man deutlich sieht, dass die citatio erst bei dem eigentlichen Judicium, vor Beginn der Anklagerede statt- fand. Zu was sollten auch die Richter bei der sortitio zugegen sein müssend Der Prätor hatte das Verzeichuiss der Richter; aus diesem looste er. Wir glauben, der Verf. werde mit den we- nigen von uns beigebrachten Stellen zufrieden sein. Wo eine Sache so sehr selbst für sich spricht, als es hier der Fall ist, sind lange Reihen von Beweisstellen entbehrlich. Doch verweisen wir auch noch auf Cic. pro Süll, c* 33, Nach diesen Bemerkungen wird nun Ref. die vom Verf. angenommenie Ordnung verlassea und die einzelnen Handlungen jn ihrer natürlichen Reihenfolge durchgehn. Die Richter konnten bestellt werden entweder durch aortiiio oder edüio. Bei jener looste der Richter aus den in eine Urne gelegten Namen^sämmtlicher Richter seiner quaestio die zum Judi- cium erforderliche Anzahl , weiche je nach der quaestio und dem zur Zeit für sie geltenden Gesetze sehr verschieden sein Jconnte. Waren die Parteien mit den Personen zufrieden, so war das Con- silinm der Richter constituirt; wo nicht, so konnte jede Partei ohne Beifügung von Gtünden eine gewisse, meist sehr bedeutende Anzahl verwerfen. Die Bestimmungen aller einzelnen Leges über die Zahl der zu Verwerfenden können wir Jiier nicht aufzählen; — die freieste Bestimmung war die der lex Vatinia de liltemis con- siliis reiiciendis., Cic. in Vatin. c. 11. § 27. vgl. pro Plane, c. 13. § 30. (wegen des Ausdrucks vgl. in Vjerr. II. c» 13. § 32.), — die beschränkendste die delr lex Cornelia, der gemäss Nicht-Senatoren nur drei Richter sollten rejiciren dürfen. — An die Stelle der verworfenen Richter wurden andere geloost (subsortitio). Dass aber aus diesen wieder verworfen werden konnte und so fort , so lange noch die Gesammtzahl der Richter zureichte, scheint dem Verf. das Wahrscheinlichste, uns völlig unwahrscheinlich und un- denkbar. Auch findet sich nirgends auch nur die leiseste Andeu- tung davon. — Die im Folgenden (S. ^10 ff.) besprochenen Ver- änderungen , welche Pompejus bei dem Processe gegen Milo vor- nahm, übergeht Ref«, da sie sich nach seiner Ueberzeugung blos auf jenen Process bezogen, nicht aber auch auf die übrigen Quästionen erstreckten. Dio Cassius (XL. 52.) wiegt uns hier zu wenig. Sein Irrthum lässt sich leicht erklären, wenn man bedenkt, dasfli die in demselben Jahre gegebene lex Pompeia de ambitu ahn- Geib: Gesehichte de« rSm. CriiiiiaaIpro«ewe<> 285 liehe Bestimmungen wie die lex Pompeia de v\ enthielt, nnd dass nicht kn^e zuvor die lex Pompeia iudiciaria fäiit, diese aher aich auf alle Qiiästionen erstreckte. Die andre Art, die Richter zu bestellen, war die editio. Doch- findet sich diese nachweisbar nur in zwei Gesetzen vorge- sehrieben, in der lex Serrilia repetundarnm und der lex Liciniade sodalitiis. Zufolge jener, auf welche der Verf. Cic. pro Plane« e. 17. z. A. bezieht , edirte zuerst jede der beiden Parteien 100 Richter, dann aber verwarf jede aus den 100 der Gegenpartei 50, so dass im Ganzen 100 übrig blieben. Dei der qu. de sodai. hin- gegen bestimmte der Anklager 4 Tribus, aus denen die Richter genommen werden sollten , und von diesen 4 verwarf der reua Eine. Aus den übrigbleibenden 3 Tribus edirte sodann der An- kläger selbst die einzelnen Richter. Ueber Näheresf, sowie über andre hier einschlagende Vorschriften zu sprechen, können wir unterlassen und verweisen auf Wunder in- seiner Ausgabe der Pianciana, zu dessen gründlichen Untersuchungen sich nicht leicht etwas möchte hinzufügen lassen. Die gesammten gleichviel ob erloosten oder edirten Richter trug der Prätor in ein Verzeichniss ein, das vielleicht öifentUch ausgestellt wurde. Jedenfalls aber wurden auch die Einzelnen noch besonders zum Judicium bestellt. Am Tage des Judicium selbst aber — uhd hiermit erst beginnt der eigentliche Process — zu der fiir den Anfang bestimmten Stunde wurden die einzelnen Richter, sowie der Angeklagte und der Anklager citirt d. h. es wurde ihr Name vom praeco (dreimal 1 ich glaube , man kann dies dahin gestellt sein lassen) mit lauter Stimme aufgerufen. War ein Richter ohne genügende Entschuldigung aussengeblieben, so konnte der Prätor ihn mit einer Geldbusse belegen oder auch so- gleich herbeiholen lassen. Hier war.anzuführenCic. pro Mur. c. 20. § 42.*) Doch war es nicht nothweiidig, dass alle Richter erschie- nen; allein (was der Verf. nicht erwähnt) ein festgesetztes Minimum musste wenigstens zur Abhaltung des Judiciums vorhanden sein ; vgl. Cic. ad Qu. fr. fl. ep. 13. Wir legen hier zugleich gelegentlich dem Verf. dieFrage vor, ob sich vielleicht ans Cic. pro Cioent c. 27. § 74. schliessen lässt, dass bei der Stimmenabgabe am Schlüsse des Pro- cesses der AnkKger oder der Vei^theidiger mif Recht verlangen konnte , d«8s ein abwesender Richter herbeigeholt werde. — Antwortete d«r Ankläger auf die Citation nicht , so wurde der Name des AngdAag>len aus «der Uste 4er rei gefiftrichen (dadurdh aher freiHdh keine Sicheratdl^Bg «ror nodmah'ger Einkitoiig ei- nes Processes wegen desselben Verbrechens gegeben). Wir müssen noch hemeiicen, dass -es ganz gleich galt, ob der Ankläger zugegen war oder nicht. Die 'Iftiuptsache war, ^ass er nicht anl- *) Dass es aber nicht immer seiir genaa g«»oinmen warde, zeigt Cic; ad Att. IT. ep. 2. § 4. 286 Römische Alterthumskund«. wortete. S. Clc. in Verr. IL c. 40. § 98. z. E. — War eadlidi der reu8 nicht erschienen und antwortete nicht auf die citatio, ao trat , falls er in's Exil gegangen , ohne Zweifel das schon für die 1. Per. geschilderte Verfahren ein; war er^ aber aus irgend einem Grunde, jedoch ohne genügende Entschuldigung (als Krankheit, ein Todesfall {n der Familie, Abwesenheit in Angelegenheiten des Staats etc.) weggeblieben , so ward eine bestimmte Zeit lang ge- wartet und dann (nicht , wie der Verf. sagt , auf die gesetzliche Strafe des fraglichen Verbrechens erkannt , sondern) sei es nach vorhergegangenen Verhandlungen oder nicht^), vom consilium der Richter über den Fall abgestimmt. — Waren die Citationen be- endigt, so folgte zunächst die Beeidigung der sämmtlichen Richter und des iud. quaest *'*'). Dann kam die Anklagerede, nach dieser die Vertheidigungsrede, und den Beschluss machten die Zeugen- Terhandlungen. Wo in den Reden Cicero's (pro Fontelo , pro Flacc, pro Scaur.) Zeugen als schon vernommen erwähnt werden, handelt es sich um Fälle der comperendinatio (von der unten aus- führlicher gehandelt werden wird), und die Reden sind in der actio secunda gehalten, so dass also auf die in der aictio prima zum' Schluss abgehörten. Zeugen Bezug genommen werden konnte. — Was die Reden selbst betrifft, so pflegte in dieser Per. der rens seine Vertheidlgung nicht in eigner Person zu führen , sondern nahm anfänglich Einen, später bis 4, nach den Bürgerkriegen bis 12 patrouos an, bis durch eine lex lulia die Zahl wieder be- schränkt wurde. Bezahlen durften sich aber die patroni vom reus nicht lassen ; ja sie durften nicht einmal Geschenke oder Darlehen während der Daner des Processes von ihm annehmen oder sich versprechen lassen. So schrieb die lex Cincia v. J. 550 vor. Da * diese aber als lex imperfecta häufig übertreten wurde, bestimmte Augustus für jeden Contraventionsfali die Strafe des vierfachen Ersatzes. — Der accusator war stets nur Einer; doch konnten ihm bis 3 ^ubscriptores beitreten. Ohne irgend einen subscriptar aufzutre- ten, war auffallend. Natürlich! da man dann schliessen konnte^ es habe sich Niemand gefunden, der die.AnkUge für begründet ansehe. Für die Reden sowohl der accusatores als der patroni {aus- «ehliesslich der etwa in sie fallenden Verlesungen schriftlicher Ur- kunden) war ein Maximum von Zeitdauer bestimmt, jedenfalls l>ei den verschiedenen Quästionen ein verschiedenes. Pompejus beschränkte es bei dem Processe gegen Milo für den Ankläger *) Eine (wenn auch kurze) Anklage masste sicher stattfinden; s. €ic. in Verr. II. c. 38. $ 92. z. E. § 93. z. A, *'^) Dass das hierauf S. 317. Bemerkte am unrechten Orte steht, wird nach dem von ans oben in Betreff der Aufeinanderfolge der einzelnen Acte Gesagten klar sein. I • Geib : Geschichte dös rom. Cninfnalprocesses. 287 ttif 2 , für deD Yertheidiger auf 3 Stunden. Da« Ende der Re- den zeigte dn praeco duvch den Ausruf : dixere! an, und nun kam es zu der sog« altercatio oder eigentlichen actio, d. h. die Parteien gingen auf ihre beiderseitig vorgebrachten Argumente «etc. nicht in zusamroenhängender Rede^ sondern einander unterbre- chend, berichtigend, Einw&rfe vorbringend näher ein. Hierauf erst folgte die Zeugenabhörung. Der Verf. benutzt diese Gelegenheit, Tom Beweisverfahren überhaupt zu sprechen. Hierher gehört 1) das Geständniss. Das« durch dieses jeder andre Beweis überflüssig wurde und eine so- fortige Verurtheilung eintreten sollte, ist nicht wahr; daas aber der Ankläger auf das Geständniss des reus sich Torzugsweise be^ rief, um die Richter zu tiberzeugen , ist natürlich. Die Richter konnten, wie auch der Verf. bemerkt, trotz Geständniss, Zeugen-' aussagen etc. freisprechen. Freilich aber konnte der Vertheidiger bei Torliegendem Geständniss des reus nicht den Thatbestand widerlegen, sondern musste die That selbst zu entschuldigen suchen. Denn dn der Richtigkeit eines Geständnisses zu zweifeln fiel , wie schon früher bemerkt wurde , in dieser Zeit Niepiandem ein. Zur Erlangung dieses Geständnisses nun durfte gegen Freie nie ein Zwangsmittel angewendet werden. Gegen Skiaren aber wurde die Folter gebraucht. Im Uebrigen gilt hier dasselbe wie in der 1. Per. . ^ 2) Der Beweis durch (stets mehrere) Zeugen, Freie zeugten, nachdem sie den Eid geleistet (vgl. noch Cic. pro Flacc. c 36. §90.), sowohl nichts I7i3traÄr&i auszusagen , als auch keinen Theil der Wahrheit zu verschweigen, aber stets nur mit dem Aus- druck arbitror, nicht mit der Bezeichnung des Wissens. Die Rucksichten, unter denen ein Zeuge als nicht glaubwürdig er- schien, übergehen wir hier, da, wie der Verf. selbst sehr richtig bemerkt , dieselben keine feststehenden Nortnen bildeten, welche in jedem einzelnen Falle hefolgt werden mussten, sondern nichts als Anhaltepunkte für das richterliche Ermessen waren. (Note 269. war noch vorzüglich zu citiren Cic. ppo Rose. Amer. c. 36« § 104. pro. Flacc. c. 10. u. c. 18. ine). Gänzlich ausgeschlossen aber als Zeugen waren dieselben, die schon für die 1. Per. genannt wurden (ausser den Frauen, welche es in dieser Periode nicht mehr waren). Die Vertheidiger des Angeklagten mochten wir in- dess nicht mit dem Verf. hierher ziehen ^ sondern unter die reeb- nen, weldie nicht zum Zeugnisse genöthigt werden konnten. Auch einen vom Gesetze nicht Ausgeschlossenen wider seinen Willen cum Zeugniss und zum Erscheinen vor dem Colleg;ium der Richter zu nöthigen (testimonium denuntiare) hatte blos der Ankläger, nicht aber der Angeklagte das Recht, der Ankläger aber auch im voOsten Umfange , in Rom, wie in Italien und in allen Provinzen. Verhört jedoch wurden die Zeugen von beiden , d. h. jeder ein- lelne Zeuge von deijenigen Partei, 4ie ihn producirt hatte. Doch 288 Romische Alterthumskunde. konnte darauf auch die andre Partei in Betreff der schon getba- nen Aussagen nähere Befragung anstellen, um etwaige Ungenauig- keiten oder Widersprüche zum Vorschein zu bringen. Uebrigens war die Zahl der persönlich vor Gericht Zeugenden für die cin> zelnen Quästlonen durch Gesetze begrenzt (Val. Max. YIII. 1, 10.). — Ausser diesen mündlichen Zeugnissen hemmen aber auch schriftliche vor, "eon Solchen , die persönlich zu erscheinen behindert waren oder dazu (wie die Zeugen jür den Ausgeklag- ten) nicht gezwungen werden konnten. Diese schriftlichen Zeug- nisse wurden dann ^n den auf sie Bezug nehmenden Stellen der Reden Torgelesei^'^). Unter sie gehören auch die von Corpo- rationcin ausgehenden schriftlichen Zeugnisse gegen den reus, welche Ton Gesandten, zu denen die sie schickende Corporation natürlich meist angesehene Männer wählte, iiberbracht wurden.' ^,Es leidet keinen Zweifei^% sagt der Verf., „dass diesen Ge- sandten gleich allen andern Zeugen, selbst von der Gegenpartei, bestimmte Fragen vorgelegt werden durften^^ (S.345.), aber, mns» 8en wir hinzufügen , nicht als Gesandten , so dass dann ihre Aus- sagen gleiche Kraft mit dem ihnen iibergebenen schriftlichen Zeugnisse gehabt hätten, sondern nur als Einzel- und Privatzeu- gen, und dies naturlich vermöge des Rechts des Anklagers zur testimonii denuntiatio. Gleiches gilt von den laudationes über^ bringenden Gesandten. Noch sind nämlich als schriftliche Be- welsdocumente die Laudationeo zu erwähnen , sowohl von ganzen Corporationen ausgehende , die schriftlich durch Gesandte über^ bracht wurden , als von Privatpersonen ausgehende , welche wie die eigentlichen Zeugnisse sowohl schriftlich als mündlieh abge- legt werden konnten. Ihrem Inhalte nach konnten sie sich nie auf ein einzelnes Factum beziehen, sondern waren auf die Eknpfeblung des reus im Allgemeinen und auf Schilderung seines Lebens uni Charakters , als mit Welchem das fragliche Verbrechen nicht za vereinigen sei"^^), gerichtet. (In dieser Hinsicht aber hätte der Verf. die schriftlichen von Corporationen ausgehenden Zeugnisse gegen den reus nicl^t so unbedingt mit den Laudationen verglei- chen sf^en.) Die gewöhnliehe Zahl Aer Laudatoren war zu Ct- bero's Zeit zehn. Ob sie auch wie die Zeugen ihre Aussagen zu beschwören hatten, wollen wir dahingestellt sein lassen. So viel ist aber gewiss , dass die Stelle Cic. in Verr. II. 5. nimmermehr, w!e*d«r Verf. getfaan, hierfür geltend gemacht werden kann. Denn ^) In der Erkläzung der Stelle Cic. pro Cluent. c. 60. (s. Nota 311.) stimmen wir mit dem Ver£ in der Hauptsache uberein, können aber nicht begreifen, waram in ihr eine grosse Schwierigkeit liegen soll. Man mnss nur mdit jeden einzelnen Umstand ^ der einmal erwähnt wird, anf feste Normen und bestimmten Gebrauch reduoiren wollen. ^) So hatte aSmlich der Vardieidiger aitf .Grand der laudatio an fchliessen. ^ Geib; Geachiekte des rom. CridiiiiBlproeesflefl. 289 * , ea ist jt dort nrit deutlicben Woitien gcitgt, dats die Oesandlen, wekhe die laudatio der Mamertttter/r/r Verrea iberbracht hatten) privatim gegen ihn zeugten. Also aia Zeugen gegen Verrea, niebt ab Laudatoren batten <8ie den Eid f eleiatet. So Viel TOR den Zeugnissen der Freien. Hinskbtiicb der Depositionen der Sklaven galten die Grundaitie der vorigen Pe-» riode fort ^.nämlich l)d«a8 sie nur auf der Folter abgelegt ntFiir« den, und 2) das» ein Sklave nicht gegen seinen Herrn gefoltert werden durfte (non licet ^.qnaerere de servd in dominimi^'). Hin* sichtlich des letiten Punktes machte ntan nur bei dem Verbrechen des (religiösen) Inceatea Ausnahmen, sowie überhaupt bei quaeatt« extraord., wenn die eine qu. extraord« anordnende lex Solche^ be«- atimrate, mithin bei den qüaestt. perpp. nicht '^)« Ueber die Pr6^ cesse gegen die Catiiinarier s. Cic. pro Soll. e. 28. § 78. Vgl. auch Schol. Gronov. S. 443. Z. 22 f. Was das Wesen der Folte- rung betrifft, .so können wir die treffende Bemerkung des Verf. nicht unerwähnt lasaen, daas man jetzt von dem friher» Zwecke^ durch die Folterung nur eine Bekriftignng der Aussagen za erhal- 'ten, abging und die Folter schon iir der Absicht zu gebrauchen anfing, die Angabe des wirklichen Sacfaterhältnisses zu erzwingen und überhaupt gegen den Willen der Gefolterten die Wahrheil selbst erst zu erpressen. 3) Der fieweis durch Urkunden; namentfieh durch die Rech** nnngsbi&cher (codicea accepti et expensi), die In dieaer Zeit von Jedermann geMirt wurden- und sowohl iibeir unerlaubte Einnahmen (wie bei dem crimen- repetundarum), -als über unerlaubte Ausga- ben (wie bei ambitus) Auskunft geben mussten , znmal wenn man aie mit denen der Personen verglich , von welchen die bet i^effen* den Posten empfangen oder an die sie ausgezahlt worden sein sollten. Dem Ankläger stand nämlich dia Recht zu, dergleichen! Reehnangsbneber an sich zu nehmen.. Sie nrassten danv im Bei- sein von Zeugen versiegelt und bei dem Präsidenten der betreffen- den quaeatio niedergelegt werden, und zwar, wenn sie (wie häufig bei dem crimen repet.) ana der Provinz waren, binnen 3 Tagen von der Zuruckkunf t des Anklägers nach Rom an ^). Diese co^ dices wurden nun anfbewahrt und wtiirend dea Judicium bei de« betreffenden Stellen der Reden die Belege aus Ihnen vorgeleaen. Dann gingen sie unter den Richtern von Hand zu Hand herum, da-» mit diese Ihre Echtlielt und Unversehrtheit aeibat prfifien konnten^. *) Wir glauben nieht VmeiAt zu haben , wena wir dem Verf» diene Passvng statt der tob ihm gewählten vorsoklagen. Die Yergleichang dbr von i^m citirten Stellen spricht fär qiib, * ^) 8» scheint ivenigstens das tridao bei Cic^ pro iFbce. c. 9. an er-> klaren au sein , nickt aber (wie der Verf. will) "Mn 3 Tagen aach ^b«» kmf derjenigen Zeit, weiche gleich' anfiinf^s- aur FutanHig* dcF Untenncfamtg: nbethaüpt bewilligt worden war,^ iV. Jahrb. f, Phil. y. Päd, od. KrU, Bibl. pd.XXXVllU BfU 3. 19 MO' Romische Alterihiimskand e. Was. die S^echmin^sbiicher 4er publicani io den Provinaen betrifft, 80 durften diese nicht im Ori^naie mit nach Rom genommen wer-^ den, sondern man nahm von ihnen nur begiaobigte Abschriften^ die dann im Ferneren wie die Priyaturkunden behandelt worden. • 4) Der //tdtctVnbeweis erhält vom Verf. seine 'Existenz auch int diese Zeit gesichert , denn wenn seine Zaiä'ssigiceit im röm. Processe namentlich von Abegg geleugnet worden ist^ ao sprechen dagegen, wie der Verf. bemerkt, nicht nur die ausführlichen Vor« Schriften , welche skh in den Rhet. ad Herenn., in Cicero*« Rhe- toricis und bei Qointilian (namentlich V. 10. und VII. 2.) für die Bewdsfühmng nach Indioien finden, sondern auch die Procesae gegen die Söhne des T. Gloeiius (s. Cic. pro Rose« Amc^r. c. 23.), gegen Se3L.Rosciiis, gegen Cluentins, Gaelius u A., in denen „der Ankläger immer nur auf die Indicien baute , der Vertheidiger aber Mos ' die Schwäche , nicht aber die Argumentation anzugreifba suchte.'^ Die einaelnen Beweisregeln, welche beim Indicienbe weise vorkommen, polten wir hier nicht mit dem Verf. näher beaeichnen, da sie *gana dieselben sind, die auch jetzt gelten, und in den oben- angeführten rhetorischen Schriften sich vollständig und systema- tisch entwickelt finden. Im Uebrigen TCrsteht es sich von selbst, dass auch der Indicienbeweis, wie alle andern Beweismittel, nur einen Anhaltepunkt für das richterliche Ermessen bildete , nicht eine objective Nothigung enthielt. Mit der Zeugenabhörung nach den Parteivorträgen und der alter* eatio waren die Verhandlungen geschlossen, und es kam nun zorUr* theilsföUung durch Abstimmung. Hierbei ist zu bemerken 1) daas sich- das Urtheil. nur auf das der betrefi^enden qnaestio zugehörige Verbrechen erstrecken konnte,80 dass, wenn auch noch so viele andre erwiesen, dieses aber nicht erwiesen war, Freisprechung erfolgen »Bsste. 2) Bei erfolgter Verurtheilung nrnsste die Strafe , und zwar die volle Straffe, die in der g^gen das fragliche Verbrechen gegebenen lex bestimmt war , in Anwendung kommen; Eine Be* riiduichtigong von Erschwerungs -• oder Milderun^sgrnnden war mach dem Urtheil der Judices schlechthin unzulässig, wenn sie auch auf die Fällung des Urtheils selbst Ton Seiten der Richte« Binflnss haben konnte. — Was die Art der Absiimmong betrifft, so geschah dieselbe seit 617 (lexCassia) nicht mehr mundlich, son- dern per tabeilas, indem jeder Richter (in den quaestt. perpp.) eia mit Wnchs überzogenes Täfelehen (cerata^tahella) erhielt, auf das er, wie bekannt, entweder A oder C oder NL schrieb. Dieses Täfelchen warf er in das hierzu bestimmte Gefäss, sitella, cista odier nma genannt. Auch die letztere Benennung war vom Verf. hinzuzufügen. Denn dass Cic, ad. Qu. fr. II. ep. 6. § 4. die umk senatorum nicht von der cista zu vemtehen sei, in weiche die Stimmtäfeleheik der Richter geworfen wurden , sondern dass nrna senatorum so viel sei, als senatores sorte lecti (also urna das 6e- , aus dem die Namen der zum Judicium zu loosenden Richter Gelb i Ge89hichte des rom. CrimioalptocteMe«. m l^daogeii Word«» wia*€D) und ebenso Qnia.eqoituiii, wie Wonder Verl?* Lei2t. p. 164. will, scheint Ref. (nnd es möge ihm sein ver- ^rter ehefln)a]ig^r Lehrer diese abweichende Meinung vergebea) doch nicht recht wabrssheiniich. Was den Ausdruck sitelia für die eista , in weiche die SitmmtäfelGhen gelegt wurden , betrifft, so mössen wir wegen Wunder, ib. p. 160. bemerken, dass er durch fragm. leg. Serv. cap. 13« (vom Verf. nota 396. angeführt) gerecht- fertigt wird (IN. EAM. SITELLAM. MANVM. DEMITTITO,).— Seit der lex Aurella , welche drei Staude in die Gerichte berief, wurden drei Urnen aufgestellt, für jeden Stand eine eigene. Trotzdem aber ward. das endliche Resultat forthin nach der. 6e- sammtzahl der stimmenden Richter berechnet, so jedojch, dass im Fall der Stimmengleichheit die deni Angeklagten günstigere Ent- scheidung (A oder NL) den Vorzug erhielt. Nach der Abstim- mung wurde deren Resultat vom Prator mit den Worten; fecisse videtnr, oder uon fecisse videtur, oder (wenn di^ Mehrzahl mit NL gestimmt hatte) mit ampiius bekannt gemacht. Darauf wurde das Gericht förmlich entlassen, indem der Praco: ilicet ausjrief. Hatte die Mehrzahl mit NL gestinvnt, so Mmrde dann das ganze Verfahren nochmals wiederholt, d» h« aowohl ^nkläger^ als Ver^ theidiger hielten nochmals Reden , und wenn auch vielleicht die Zeugen nicht mehrinaU abgehört, sondern nur die über Ihre früheren Aussagen aufgenommenen Protojcolle abgelesen wurden, so musste es doch natürlich erwünscht sein, heue Zeugen zu hören. Im Uebrigen konnte diese amplßatia so oft wiederholt 'werden, als mit ML entschieden wurde, d. h. so lange 9. bis die Richter zusubjectivc^r Gewissheit gelangten und sich entweder mit A oder mit.C zu stimmen ente^chieden ; s. Vai. Max. VIII. 1, 11. cujus (L. Cottae) caiisa — : septiiea ampllata et ad ultimum octavo'iudicio absoluta e^t. Bei der quaestio repetundaruin fand ein anderes Verfahre^ statt — die comperendinaiio. Sie . wurde durch die lei Serrilia eing^uhrt, und bestand seitdem pihne Unterbrec&ung fort. Denn die lex Acilia setzt der Verf. , wie aus Cic. in Vjerr. I, c. 9. Jeder, der afir den Willen zu sehen hat, klar sehen muas^ mit Recht vor die lex Servilia. Durich diese comp^endinatio wurde die aropliatio aasgeschlossen (Cic. 1. 1.). Ihr Wesen aber bestand, darin, dasir der Process in eine actio f. und II. eetheüt wurde (nach welche« beiden erst die Abstimmung folgte), so dass die actio L ganz dem Verfahren bei andern Quästionen glich, in der, actio II. aber«» weldbe der ersten so folgte, dass Ein Tag (excl. der etwa einfal- lenden Festtage). dazwischen lag, nur die Parteireden wiederholt wurden , die sich nun natürlich haupisächlich auf die Prüfung der Zeugenaussagen, als welche bei den Reden in der actio L noch nicht vorlagen, sondern erst auf sie folgten, bezogen. Es waren daher die. Reden der zweiten 9ctio mehr joristischer Natiir, die 10 19* * ' 2Sfe Raiiiischo* AlterthtriiiÄkHiitie. \ler ersten Terbrelteleii sieh ftteüt Aber das AUg^emelnc. Wie GL cer'o be! dem Proceifs^ des Yerr6s hiervon abwich« ist bekannt «lud beteit» früher befflhYt worden. Es stand Hmi nb«r dies frei, denn feste Normen wanen nicht YOrgfeschrieben. — Hierbei hatte der Yerf. die oft anfgeatellte Meinung zil bekämpfen Verein thätiger, kundiger Männer ^um Zwecke der Erhaltung und Auf- bewahrung der in der Rheinprovin? zahlreich vorhandenen Alter- thömer'^ sich bilde, ist seit dem 1. Oct. 1841 In Bonn verwirk- licht worden, und die beiden Hefte der obenerwähnten Jahrbücher dieses Vereins geben das beste Zengniss von der Thätiglleit des* selben imd von der Theiln^hme, weiche dieselbe in dem! Rheiit* lande von der Schweiz bis nach Holland mit Recht findet. Damit wird sich" nun auch eine „planmässige Beaufsichtigung der Altei^- Ihumer^^ leicht verbinden lassen. " . Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wenden wir uns zu einzelnen Inschriften, mit deren Deutung der Ref. nicht ganz ein* ▼erstanden ist. Auf dem Votivsteine f^. 9. wird eine Caha den ' erwähnt. Nachdem der Hr. Verf. die verschiedenen Meinuagen über diese Calva angegeben hat, wirft er die Frage auf: ^,Lag dem Beinamen vielleicht eine alte , bildliche Darstellung eines glatten 6pLq>aX6^ zu Grunde ?^^ und bemerkt daba, dass die ältesten Gott- heiten der Griechen als ctQyoi At^o/, als Xüov bSo% geformt geweseii seien, wie aoch Servius von der Venus berichte, dass sie bei den Cypriern in modum umbilici, vel, ut quidam volont, metae, verehrt werde. Diese Deutung der Venus Calva, wenn aBders diese Göt- tin hier geroeint ist, scheint etwas zu weit hergeholt zu sdn , und ich glaube nicht, dass der Römer bei seiner kahl geschomen oder glatzköpfigen Venus an das alte fetischartige Bild der cyprischen Aphrodite in der Form eines Kegels oder eines Phallus (s. Len%^ die Göttin von Paphos auf alten Bildwerken. Gotha, 1808) ge-; dacfift habe. Die Veranlassung zu diesem Beiflamen ist gewiss vag» in der römischen Sitte zu suchen. Allein es ftragt sich noch, ob - hier überhaupt eine römische Göttin gemeint sei und ilicht viel^ niehr eine germanische, auf der Eifei zu Pelm bei Gnolstoin , wo der'lStcin im J. 1833 gefunden wurde, verehrte Locnlgöttio. Ba ist allerdings sehr auifällig, dass ein dort wahrscheinlich änsäsBiger Pollentiner (ans der oberitalischen Sladt Follentia) M. Victorinii .der nur ^pecrell in Rom vermehrten Venus Calva eine Kapelle ge-» I 386 . Epigrapfcik. weihet und diese dssH kwvweg Caiva dea geoannl faabe^ aoBtatl «icli der gewöfaolicIierB voU«taodigeB Bezeiclinuii^ Venus Caka, ohne dea, wie auf dem Trierer Steine Venus Victrix sieht, au i>e^ dienen. Dagegen ist es gewöhniich^ dass nach dem Namen ger- manisclier oder celtiscdcr weiblicher Localgottheiten dea siehl, wie. Aventia dea^ Bibracte dea, Intat'abo dea, Maiviviae deaa, Nehelennia dea^ a. Steiner'a Codex Inscript Register <>. S. 208 f> In diese Beihe gehört auch, die C^li^a oder Caiua^dea* Dass Ro- «er, wenn) sie «ich auf deutschem Bodea angesiedelt hatten, d«ii Wcaiea Grotthciten Altäre und Kapellen errichteten , um sich auch Ihres Schutaes an erfreuen, ist belcannt und bedarf Jceipes Be^ weises. Ich erinnere nur an den Votivstein des Bonner Mus^ims^ welchen C. Tiberins Verns der deae HIadanae geweihet bat. Ceatralmuseum II. Nr. 27. Die Erklärung des germanischen oder eeltischen Nameas Calfa überlassen wir den Sprachforschern. Der Stein wurde, wie die Angabe der Consuln aussagt, im Jahr 124 «. Oir. am 5. Oetober geweibet; was in der Erklärung nicht ange* merkt ist, obwohl bei andern Steinen die Zeitangabe nach christ- liefaer Rechnung nicht vergessen ist. Unter den übrigen Trier- sehen Inschriften erregen die christlichen aus defa Zeitalter der Conatantine unsere besondere Tbeilnahme« da diese Todten durch das geistige Band der Religion uns näher stehen, und der einfaclHS Ausdruck ihrer theilnehmenden Liebe und ihres Schmerzes an de« firähern ihrer Lieben auch der unsrige ist. Bs sind, diese Steine Bieist auf den ältesten christlicheA Todtenackem bei der ehema* ligvn Abtei St. Matthiasnind bei St. Panün ausgegraben worden» Benerkenswerth ist gleich der erste Qraiistein (Nr. 53.) des Sy^, ners Azizoa Agripa ai|S den Bergen bei der syrischen Siadt Apa« mea, mit griechischer Quadratschrift. Nicht au übersehen ist, dass nach swei andre Grabsteine syrischer Christen bei Trier ge« fluiden wurden , weiche firower in den Aonal. Trev. I. p. 63. an« fuhrt. Dieser Umstand Ifisst uns vermuthea, dass das Christen« Ihum sunächst aus Syrien in das Moaelthal gekommen sei, ebne Zweifel dnrch christliche römische Krieger, welche ihre syrischea Garnisoaen au Constantins Zeit oder auch schon früher mit deaeii an der Aiasei TerCauscben mtissten, wie dies durch die merkwür- dige Grabschdft eiiies zu Trier Terstorbenen Centurio einer syri- schen Coborte bewiesen wird. S. Steiner Nr. 827. Die Grab- schrift des Subdiaconus Ursimanus^ qui meruit sanctorum sociari aefMilcra, besteht aus vier hexametrisch gemessenen Versen, so dass nur der Name am Anfange und am Schluss die Angabe der Zeit der Bestattung ausserhalb der metrischen Reihe stehen. Die traute Gattin Luduia setzte ihrem früh entrissejaen erst 33 Jahr aHen Gemahl diesen Stein. Die Subdiaconen konnten also damala lerheirathel; sein., da noch kein Gregor VIL die Priesterehe Ter- botDn hatte. Die Vecse mfwsen rhytlimisch gelesen werden^ wie auf andern christUcbea Grabschrifteii, welche den VerfaU der Lersch : CentralminenQ rhekiiaadiscber iMchriften. 297 daadsck^ Lediiltät uns recht deutlich machen , da ia ihnen alle Prosodie aufbort. So mues auf den Grabstein Mr. 55. als Dakty*- his die Seihe gelesen werden: • Füit in I populo | gritus et | in suo | genere 1 primus. Häufig sind diese christlichen Grabsteine mit dem Tielfach gestal- teten Mooogramni XP^ mit ASl*/ mit den christlichen Symbolen der Taube und des Oelzweigs geziert, worüber schon im Central- musenm I. S. 64 f. das Nötliige nachgewie{$cn ist. Wir fügen noch Jiinaa: MJitrUer*s Sinnbilder vmA Knnstvorstellungen der Christen. Altona, 1825. Recht deutliche Spuren der barbarisch gewordenen Römer* Sprache, die sich als iingua rustica, als Vulgardialekt, noch lange nach dem Untergange der Römerherrschaft In den römischen An- siedelungen, besonders in Gallien und Spanien, erhielt, trägt der Grabstein der dreijährigen Honoria (Nr. 6::^.) : Hie requiescet in pace Honorla, qui vixit annus llll. et menses IUI. pareiitis tetolum posue- runt in pace. Den Schhiss der Trierschen Inschriften macht der Grabstein des Leviten und Mönchs Amulricus^ er starb am 4; Alärz, das Jahr Ist leider nicht angegeben , wie es auch sonst auf diesen Steinen gewöhnlich fehlt. Dass die in Meier's Aachen'schen Geschichten angefOhrted römischen Inschriften von Jachen unecht sind , hat der Hr. Verf. . ohne dadurch den Ruhm seiner Vaterstadt zu schmalem, auf das Klarste nachgewiesen und über allen Zweifel erhoben. Meier scheint selbst der Betrogene zu sein , nicht der Urheber dieses jetzt aufgedeckten und bewiesenen Betrugs« Bei der griechischen Inschrift des Reliquienkastens Nr. 88. ist zu bemerken^ dass Li- kandoa odier Ljkandos die Hauptstadt des gleichnamigen Thema's in Armenien war, welche Melias, ein Begleiter des Kaisera Leo, aus Ihren Ruinen wieder aufgebaut hatte. S. Gbnstantinus Pro* phyrog. de thematibus I, 12. Auf dem Neuwieder Steine Nr. 99., welchen ich vor meh* rem Jahren selbst copirte , sind die Namen richtig herausgelesen; nur habe ich damals in der letzten Zeile der rechten Seite P statt R^ und auf der linken in dem Namen Dagovassus ein C statt G abgeschrieben. Auf der deutlichen Inschrift Nr. 101. lässt sich nichts andern und deuteln, wenn wir auch sonst nichts von d^n Hornbrittonen wissen. Grotefend*s Horeabrittonum steht nicht auf dem Steine , ebensowenig lässt sich genio cohortis II. Britto* num herauslesen, wie der Hr. Verf. vorschlagt. In der dritten Zeile liest derselbe also: A-lBLIOMARiVSOPPI|VS. Der Name Ibliomarius ist durch zwei Luxemburger Inschriften bestätig t^ statt Oppius las ich COPEliVS. Das POSIT in der vierten Zeile acheint nur ein Versehen des Steinmetzen au sein , da in der fol* ^enden deutlich POS VIT steht, nur ist das S und die Hälfte des V durch einen Bruch im Steine nicht mehr sichtbar. Am Schlnissc • Rieht deutUf>h VH und ein Strich vom M, das jedoch diiri?h deli 298 Bpigraphik:/ Abbruch d«8 Steines gelitten hat. Ich trete daher der Grote- fend'schen Erklärung bei: Votum Hoc Monumeiitum. Dass auf dem Steine Nr. 98. DEO MARTI PRE8TANTI praestans ein Bei- name des Mars sein soll, ungefähr mit Victor analog, will mir nicht recht einleuchten: einen Mars praestans wird wohl k^in Römer anerkennen , es müsste wenigstens dabei stehen , wodurch er praestans sei ; so ohne nähere Bestimmung kann es nicht als Beiname gebraucht werden. Eher iiesse sich ein Praestantius herauslesen. Das folgende UlrAio Niseilio Donno bleibt noch zweifelhaft. Es kann auch Ulmionis f. heissen. In der letzten Zeile habe ich LICMONNO abgeschrieben. Zur Vervollständigung des Wallrafianums oder städtischen Museums zu ICöln kann ich noch folgende Fragmente mittheilen, deren Abschrift ich der Güte des Hrn. Conservators Dr. Janssen SU Leyden verdanke. Auf einem Altar von Kalkstein : IN H D D | PRO SALUT g IMP. Es scheinen ursprünglich wohl 13 Zeilen gewesen zu sein, die vorsätzlich ausgekratzt und darnach schlecht renovirt wurden. Die Schrift ist zwar sehr verwischt, kann aber nach Janssen's Meinung wiederhergestellt werden, wenn man sich mit den erforderlichen Hulfsmitteln versieht und dazu die gehö- rige Zeit darauf verwendet, was meinem Freunde bei seinem letz- ten Besuche des Museums nicht möglich war. Die von Lcrsch unter Nr. 161. angefiihrte sehr unleserliche Inschrift hat wohl in der ersten Zeile nicht NAN JN sondern MNOIN/^ M. Antonino; in der zweiten nicht: PROP sondern RPOT tribuniciae potestatis. Auf dem untern Theile eines Altärchens von Kalkstein steht: P. L. M. posuit lubens merito. Ein ringsum abgebrochenes Frag- ment hat MA (manibus?) in der dritten Zeile IBIO (Ubiorum!). Auf einem andern Fragment ist noch zu lesen: EN|.T.XX1X (stipend.)l FC (faciundum curavit), und endlich auf einem klei- nem.: L MARO. Lucio Mario. In dem Eingange der St. Gerons- kirche zu Köln ist ein 1 F. breites, 4 Z. hohes Fragment von Kalk- stein eingemauert mit zwei Reihen Schrift , jedoch ist die obere halb zerstört; auf der untern steht GRIENT. Hier befindet sich such der Grabstein des Bischofs Hildibertua vom Jahre 757 mit einer gereimten elegischen Inschrift f HILDIBERTVS MERITIS QVI FVLSIT EPISCOPVS ALMIS ASSVMPTVS CAELO ' HOC lACET IN TVMVLO OBIT- AN NJCAR-DNI\DCCLViniIIKLIV[j[ Hildibertüs, meritis qui fülsit ejiiscopus Almi», Assomptüs caelo hie jacet in tumulo. Obiit anno incarnationis Domini 757. d. 2B. Iiraii. Janssen las in der letzten Zeile die Zahl DCCCIXIi. 811. In dieselbe Zeit gehört wohl auch die in demselben Eingänge Ler3ch: Centralmiifleam rbdnlandiflcher Inschriften. M9 IV^ F. hohe, 2% F. Breite, rhythmisch geMmie OrabsdMft eines gewissen MeinJefus, welche nach J&nsien's Copie so lautet: REGVM AETERNE v XPE MISERERE MIHI MISELLO . TVO IVEiNLEFO HOC POSCAT PIA V HVMILIS CATERVA N VJSC ET I\E WM : SEMPER HIC MANENTV liD IVLII . HINC ^ TERRIS ABU X ^ XPO FRVITVRVS . NVC ET H(B)IS OMtB. Regum aeteroö, Christe, miserere ; Mihi mideilo, tuo Meioiefa! Hoc poscat pia , hnmilis caterva . ^ Nunc et in aevuin seniper hie manentum* Seciindo die (s. sec. idus) f ulii hine a tefxia abJI Christo fruiturus.nunc et horis omnibus. ■ In Hübsch's Epigrammatogr. Th. IL S. 15» Nr. 34. steht dies^ Inschrift sehr fehlervoli; ebendas. S. 8. Nr. 17. die Grabschrift Hildeberts, auch in Gelenius de magn. urb. Col. p. 270. ; Auf der bronaenen Statuette in der Sammhing der Frau Mertens, S. 86. Nr. 14^., ist wohl statt invito zu lesen: invicto, denn dieses ist das gewöhnliche Prädicat des Mythras, dem jenes kleine Denkmal von Secnn^iiius geweihet ist. Eine ganz gleiche Inschrift DEO INVlCTO MITHR. SECVNDINVS DAT wkr in Lyon. Gruter p. 33. Nr. 11. Auch hätte hier zu den Berekherun- gen des Bonner Museums nachtraglich der bei Berghom an det-Sieg gefundene 4 F. hohe, 2 F. breite Altarstein erwähnt werden könneii, dessen Inschrift leider sehr rerstümmeit und zum Theil vorsätzlich ausgekratzt ist. - Ueber die auf Denkmälern absichtlich zufolge Öffentlichen Befehls getilgten Namen s« Lameg in der Actis Acail. Palat. T. II. p. 119 — 135. Die obere linke Seite des Steins isl abgebrochen. Janssen liest: lovi Optimo Maximo ET | (Hep) CVLI ET I (Ne) PtVNO BT | . Aus den folgenden drei Zeilen lässt sich nichts herausbringen ; in der siebenten scheint der Name MARC^If^O Marcello zu stehen, in der achten liest Janssen 0IAN0NI810; die neunte ist verwischt, nur S am Ende zu er- kennen; die zehnte ist ganz weggekratzt, und in der letzten sind nur einige Buchstäben noch deutlich. Unbedeutend ist das kleine, 8 Z. hohe, 1% Z. breite Fragment von röthiichem Trachyt, worauf ntr noch BV IF (Dis Manibus lalii LI) N I S zu er- kennen ist. Das römische Dornomagns oder das heutige Dormagen hat durdi die Entdeckung eines Mithreums und durch die dadurch veranlasste Sammlung des Hrn. Delhoven^ dessen Valer im Jahfe 1821 diese Mithrasgrotte in einer Tiefe von 10 F. beim Umgraben seines Fel- des fand, die Aufmerksamkeit der Alterthurasfreunde auf sich ge- zogen, und die in der Delhoven'schen Sammlung befindlichien. Denkroüler des persischen Mithrasdienstes, welcher von den Ufern # • 600 ' fi(tigraphilu , des T%ri0 unA Eu^bral durch d«8 ^ea Ref. röm. iMchriften M Xanten. Wcael^ ISdÖ 8. 17. In Bezug auf die Inaehrift der im Houben^acfac^ Antlqoarinni sin Xanten befindlichen kleinen Ära, CM. H. IIL Nr. 197. heaaetke ich, dass ich jetat nach wiederholter Beaichtigung des Steinea die Lesart ALATiVIAE f&r die richtige halte. Auf Nr. 200., dem Grabstein des Adlertragers L. Vettins Regintis (nicht: Reginliis) von der XXI. Legion , steht in der dritten Zeile nach VE1T1V8 ein Pnnkt und vom L des Tribasnamens ¥0L Ist nur. der untere Theit noch au sehen , weil der obere durch den Bmch verwischt ist. ' In der fünften Reihe muss nach NEPOT! ein Punkt stehen; in der folgenden ist in PIETATE das I wohl nnr aus Versehen dea Druckers in die Höhe über die Linie geräckt; aof dem Steine steht es mit den übrigen Bachstaben in gleicher Linie. Diesen 2u Vetera verstorbenen Vettius stellen wir mit dem atif einem zu Zahlbach gefundenen Grabsteine erwähnten Q. Veitius zusam- meii, welcher wahrschdniich auch zur Voltinla gehörte, denn statt V(eli)iiia dürfte wohl Voltinia zu ergänzen sein , wie steh ans der genauen Besichtigung des Steines ergeben wird. S. Jahr- bücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Bonn, 1842 H. II. S. 99. Zum Schluss seiner mühevollen Arbeit hat der HrT Verf. aus den kaum noch lesbaren Schriftzeichen des Grabsteins auf dem Hause Tervoört bei Meurs , welche nach der bisherigen Lesung eine Cohors SILAVCfENSium erwähnt, den ohne -Zweifel richtigen Namen S](LVANECTENSinm herausge- bracht, denn im belgischen Gallien gab es eitie civitas Silvane- ctensium und ein Volk Silvanectae. Auch war der Soldat, dem dieser Grabstein bei Asciburgium gesetzt wurde, ein Gallier von Geburt und zwar aus der Gegend von Tours. Die Silauciensier lassen sich aus keinem uns bekannten Ortsnamen herleiten, wie es doch hei den übrigen Cohorten der Fall ist. Ohne das dem Hrn. Verf. uhd seiner Arbeit mit Recht ge- bührende Lob tiur irgendwie schmälerti zu wolkn, glaaben wir doch am Schlüsse dieser Bemerkungen einen kleinen Mangel, dem sich hei einer zu erwartenden neuen Auflage an vielen Stellen leicht abhelfen lässt, picht verschweigen zu dürfen. Bei den ein-» zelnen Steinen haben wir ungern 'die Angabe Ihrer Grösse und Form vermisst, nicht selten auch die Aezeichnung der Steinart, 302^ Spigraphik'. ' w^s doch zar VoUstäodig^keit einer epigraphiscbbn Beschreibaiig gehört. Wenn wir auch dankbar die grosse Sorgfalt anerkennen, mit welcher der paläographische Charakter einiger seltenen Bach- Stäben und Siglen , soweit es mit Typen möglich ist , wiederge- geben ist , so können wir doch nicht umhin zu bemerken , dass doch iiicht genug dafür gesorgt ist,, dass der Leser selbst die Grösse der mutilirten Zeilen und Schriftincken beurtheilen nnd darnach eine Wiederherstellung des Textes versuchen kann. Dieser Vortheii kann dadurch leicht erzielt werden, wenn nach richtigem IViaasse die Lange der Zeilen tind die Höhe der Buch- staben angemerkt wird. Bei dem jetzigen Stande der Epigraphik sind solche Dinge , auch wenn sie unwesentlich und geringfügig iseheinen sollten , doch für die epigraphische Kritik und Restaura- tionskunst von Wichtigkeit, weil sie zu neuen Aufschlüssen und Wiederherstellungen Terwischter Texte allein den Weg bahnen. So scheiden wir von diesem Theile des rheinischen Ccntral- museums mit dem Wunsche , dass es dem Hr. Verf nicht an loh- iiender Aufmunterung und Unterstützung fehlen möge, um auch die ausserhalb Rheinpreussens befindlichen Inschriftensammlungen jKU Nlmwegen ^ Mainz , Darmstadt , Mannheim , Karlsruhe u. s. w. in folgenden Heften in gleicher. Weise bekannt zu machen. Zu den beiden ersten Heften des Centralmuseums , welche die römischen Inschriften der Kölner und Bonner Sammlungen enthalten, lasse ich hier noch einige Nachträge folgen^ wdche ich zum Theil meinem Freunde Hrn; Dr. Janssen in Leyden verdanke. Die Inschrift auf einer weissen Marmorplatte im Kölner Mu- seum (CM. H. LS. 53. Nr. 54.) D* M- L GAIVS AFFECTVS EST AMORB ERGAMVSAS welche der eifrige Sammler Wallraf von einem französischen Kuusthändler als eine inscription sepulcrale kaufte, ist allerdings wegen ihres Inhalts und der auf solchen Denkmälern .ungewöhn- lichen Form der Buchstaben, welche nach oben zu gleich den pompejanlschen Maueranschriften ausgeschweift sind, sehr ver- dächtig. Der Hr. Herausgeber macht zuvörderst aufmerksam auf den sonderbaren Namen Lpcius Cajas, deren jeder zwar als Vor« name gebräuchlich sei, von denen er aber Gajus als Gentilname nicht aufzuweisen vermöge. Dies vermögen wir freilich auch nicht, verweisen aber den Hrn. H. auf das CM. H. 2. S. 37. Nr. 32. wo er selbst die Buchstaben T* G* L* F erklärt: Tlti Caji, Lueii filii etc. wo Cajus doch als 6entünaq;ie vorkäme , wenn anders dte Deutung richtig ist , woran wir noch zweifeln. Bei Namen von Personen niedern Standes y wie von Freigelassenen und Schau- spielern, zumal in einer spätem Zeit, trifft man oft eine seltsame Vermischung im Gebrauch der Namen an, da der frühere featr Lersch : Centralmusenm rheiuläiidischer Inschriften» 3QS stehende Doterschied der Gentil- und Zun»meD nicht mehr be- achtet, sondern die Namen oft willkürlich und nach Laune in- aammeugeatelit wurden. Dieser Umstand ^lebt also noch keinen genügenden Grund der CJnechthelt dieses Marmors; ebensowe- nig die Form affectus, obwohl adfectus auf Inschriften häufiger sein mag. Das Unechte scheint mir in dem ganzen Ausdruck affectas est amore erga Musas zu liegen» zumal es von einem Schauspieler gesagt wird, denn die drei Masken und die Abbil- dungen des Histrio zur Seite zeigen uns deutlich , welche Kunst dieser L. Cajus getrieben habe. Jedenfalls verdient dieser Stein, welchen Wallraf zugleich mit dem schonen Medusenkopf, der eine bessere Zeichnung verdient hätte, als die beigegebene litho- graphirte Abbildung, von einem französischeii oder italienischen Kunsthändler angekauft hat, eine erneuerte genauere Unter- suchung. In derselben Sammlung S. 9. Nr. 8. ist MERCVRIO CISSONIO nicht CESSOMO zu lesen. In der dritten Zeile ist LAR...VS ^mit zwei Buchstaben durch Larcius ergänzt, während im Texte drei fehlende durch drei Punkte angegeben sind. Es scheint aber zwischen R und VS kein Buchstabe zu fehlen, sondern das kleine Spatium mit der Figur eines Blattes au8gerüllt gewesen zu sein. In, der vierten Zeile, welche Hr. Dr. L. SEII IS schreibt und pro se et suis erklärt, ist zu lesen SEN IS, worin wahrscheinlich ein Name liegt, aber die Zahl der etwa fehlenden Buchstaben ist nicht angegeben. ^— In Nr. 14. S. 21. ist am Schlüsse nach EX jussu zu ergänzen , welches verwischt ist. — Den Stein Nr. 16. weihete der Göttin Epona CAClVs OPTATus MVcro. Zwischen Optataa und der Anfangssilbe MV ist keine Lücke , sondern nach dersel- ben fehlen ein paar Buchstaben. Ueber die Epona vgl. Curiosi- tateh der Vor- und Mitwelt. Weimar 1820. Bd. VIII. St. 4. S. 318.Taf.9. worin ein Auszug aus CajetanoCattanaro^s Abhandlung über die Equejas (Mailand, 1«19 fol.) steht. — In Nr. 30. S. 35. sind einige Zeilen nicht richtig abgetheilt: es muss in der fünften Zeile und den beiden folgenden heissen: LVPVS ET VICA RINIA AVGVS TINA PATRI In Nr. 31. ist statt DOMVERCEL zu lesen DOMOV. Ueber das am.Eiide der Inschrift befindliche Monogramm, welches ein quer liegendes H und S in einem Kreise enthalt und nach Kopp's Erklärung durch hoc sibi ordinavit oder hunc locum testamento sibi ordinavit , richtiger aber durch : Ossa hie sita gedeutet wird, vgl. Vertaullng en körte Uetlegging van de Opschriften op Altarren en Gcdenk-Steenen der Romeinen, op het Raudhuis te Nymegen. 1787. ^. 13. Centralmuseum H. II. S. 71. — In Nr. 35. ist FILIS (fillis) abbrevirt geschrieben, so dass^IL ein Zeichen ist F. — Bei Nr. 52. fehlt in der dritten Zeile nach EVERVS das Punkt- 304 Bpigraphik. zeichen. In def sswelleit Z^^le ton Vt 56. steht aftii En^ EPI- lYN I CHANL— Dass die befdeo FragtAente (Nr. 97.) von einer christlichen 6rab,8chrift zudammen^eh&reo, hat der Hr. H. rieh- ^ig bemerkt. Wir setzen hinzu, dass es ciile metrische ist und in den ersten beiden Zeilen einen Hexameter enthalt i-Y Presbiter egregiis exceliens moribus arcam. Die Zeile ÜELPINSAMOI heisst richtiger OELIINSMOr. Die Form des C ist auf spätem christlichen Inschriften nicht sei« ten, ebenso 11 für E, zu MO fehlt RI, wovon sich nur ein Stricli noch erhalten hat. In der vorletzten Zeile steht RNATIONIS, und am Schluss IBQEIVs. heisst : ibi bene quiescant ejus ossa. — Nr. 99. In der ersten Zeile ist DISNAIV zu ändern in DIGN(a)TVr wie es auch in der Erklärung richtig angegeben ist; in der dritten Zeile RVgVpMA fehlt zwischen den beiden V und zwischen V und MA nur ein Buchstabe^ woruach der Name RV(f)V(?)MA ge- heissen haben kann. DICo wird wohl dicor zu lesen sein. — lu der Krypta der Gereonskirche zu Köln sind noch einige Inschrif-^ ten aus dem Mittelalter (nach der Gestalt der Buchstaben zu ur- theilen, etwa aus dem zwölften Jahrhundert) welche ich nach der ?on meinem Freund Janssen genommenen Abschrift hier mittheiie. 1) PRINCEPS MAVRORVM GREGORIVS ALTA POLORVM SCANDEN(s) AD MORTEM DAT SEQVE SVA MOEROREM. 2) Demselben Gregorius ist wohl die Inschrift gewidmet, die sich in dieser Krypta auf einem Reifen eines der anf Kalk tfchöu gemalten Figuren findet, die einer näheren Beleuchtang verdienten. Die Inschrift heisst: ::CCIES TER Q' GENTVlIME DVCß GREGORIO. 3) Auf dem Schafte einer Säule steht: t AUS lATHEIRlDE und auf einem andern ALIS MAVRORViir« Jlis ist wohl ein Name. Derselbe kommt auf einem Grabsteine vor, der zu Oude- naarde entdeckt wurde, worauf stand: CI GIST ALIS DE PE- LENGIEN POIIBZ POVR SON AME : ,,Hier ruhet Alis von Pelen- gien. Betet für seine Seele«^^ S. Messager des Scienses et des Arts. Gand, 1824 p. 856. Aus dem zwölften Jahrhundert scheinen anch die Inscbriftea flof den Märtyrertodtenkisten id der Gereonskirche zu sein, von denen eine lautet : VII CORPORA RECONDVNTVR HI€ THE- BANORVM MAR TYRVM. Ueber diese Märtyrer der thebfischen Legion vgl. P. de Rivatz, Eclairissements snr le Martyre de In legion Thebeenne et sur Fepoque de la pers^cutiou des Gaulesr sous Dfocietian et Maximien. Paris, 1779. Zum zweiten Hefte des Centralmusenms , welches die Inr Lersch : Centralmuseoni rheinlandischer Inschriften. 305 Schriften des Bonner Muueum^ enÜiiU, fbge ich nodi folgende Varianten und Bemerkungen hinzu: Auf der iithographirten Abbildung des berühmten Denkmals Ton Manius Cälius^ welcher in der .Varusschlacht (hello Varlano) fiel^ ist in der vierten Zeile TE statt TF gezeichnet ; in der Er- klärung steht es abef richtig. Dass dieser Cälius nicht Legate son- dern nur Centurio gewesen sei ^ wird durch das Centuriouenxei- chen 3 bestätigt* $• Grotefend's Bemerkung im CM. H* IIL S. 114. - Nr. 2. Z. 9. lies ^tatt MEMORII: MEMORIN, wje auch in der Transscription der Name Memorlniis richtig steht. — U^ber das Jahr der auf zu8ehcn war. Ich erlaube mir den Gegenbeweis aus Tacitua selbst aufzustellen. Dass der Römer die Ems kannte, zeigt ihre Erwähnung in den Annalen I, 60. 63. II, 23. , nnd doch wird sie in der Germania übergangen. Auf welche Weise Hesse sich eine so grobe Nachlässigkeit von Seiten des sonst so genauen Römers entschuldigen, wenn es seine Absicht wirklich ^r, Alles in. einem Buchelchen von nur 46 Capiteln zusammenzustellen., was man zu seiner Zeit von Deutschland wusste?^ Streitet nicht schon der geringe Umfang gegen eine solche Behauptung? Das Buch enUuLlt keine Silbe von den heriihmten Kriegen der Römer 310 Alte ^QogräptLiei* f gBgen unsce Abn^n, nichts yon der traurigen Niederlage der tüchtigen Legionen des Ya^ ^ ^^i dustern und unheÜTolien Teuto- , burger Walde, nichts you Campus Idistavisus, kurj; wenig oder nichts von dem , was man nach Hrii. F/s Annahme* darin suchen und finden müsste. Wie wird Flr, F. es erklären wollen , dass die Germania der Weser keine Erwähnung thut? War sie dem Taeitus unbekannt , da die Römer sie nothwendiger Weise eher kennen lernen mussten als die Elbe , welphe Tacitos von ihrem Ursprung bis zur Mündung kennt? O ja! Taeitus kennt die Weser sehr genau. Vgl, Annal. I, 70, 11, 9. 11. u. s. w. Auch, die Oder muss Taeitus gekannt haben, da er weit östlicher gele- gene Völker sehr genau beschreibt, und dennoch erwähnt er sie nicht? Auch in andrer Hinsicht lässt sich darthun, dass Taeitus lange nicht nach der Annahme des Hrn. F. gearbeitet hat. Wie lässt es sich denken , das^ dem Taeitus der deutsche Jupiter nicht bekannt war? der donnernde Gott, dessen Andenken noch im Donnerstag erhalten ist? und doch nennt ihn Taeitus nicht. Warum hat der Römer nicht Rücksicht genommen -auf die Caesa- rische Darstellung der deutschen Religion? Im Gegentheii ist Taeitus, der sonst so genaue Römer, an mehreren Stellen äusserst nachlässig gewesen. Dahin gehören die grossen und kleinen^ Frie- sen, Yon denen Taeitus recht gut wusste, dass sie nur in seiner Einbildung existirten; dahin gehören die Cimbern, jenes räthsel- bafte Volk .. welchem Taeitus bestimmte Wohnsitze anzeigt , an einer Stelle, wo er leicht erfahren konnte, dass sie da nicht wohnten, jenes wunderbare Volk, welches die Römer Jahrhun- derte lang suchten und nie fanden, ohne je sich zu der kritischen Ueberzeugung erheben zu können, dass es nur in der Einbildung existirte. Denn die Fab>l , dass die Cimbern einen ehernen Kessel a'n Augustus abgeschickt haben, um seine Verzeihung zu ehalten, wird hoffentlich beute Niemand mehr als Beweis benu- tzen wollen , dass das Volk existirte. Dergleichen Hesse sich noch . mehr anfuhren, um Hm. F.'s Ansicht von der Germania als falsch . nachzuweisen. Der Hr. Verf. der so gelehrten Geographie hätte vielleicht daran wohlgethan, den Titel, welchen die Germania in uBsern Tagen führt, als von dem Römer selbst herrührend zu bezweifeln. Die Absicht des Taeitus bei der Abfassung der Ger- mania war ohne allen Zweifel folgende; Er wollte der verdorbe- nen römischen Sitte die Lauterkeit und Unschuld deutscher Sitte und deutschen Herkommens gegenüberstellen, er wollte seiner verderbten Zeit einen Sittenspiegel vorhalten, um zur Tugend aufzufordern, indem er nachwies, da^ bei Barbaren mehr Tu- gend wohpe,* als in der gebildetsten Stadt der Welt« Die Geo-^ gr^hie Germania's ist ihm nur Nebensache, nicht aber ein Haupte äieil des Buches, wie Hr. F. annimmt. Daher beschreibt er ver- schiedene Volker ziemlieh genau, bei andern sich begpiigend, ihvMi Namen der Nachwelt flberliefert zu haben ^ andre endlicb^ Korbiger: 'H»il<)b neb d^r altem Geographie. äU vQii denen er nichts ivtusste nder zu unbestimmte Nacbrjoblen l^atte^ oder welche er für unbedeutend hielt, f^anz der Verges- senheit Ubergiebend« Dies Alles aber würde l'aeitus sich schwer- lich erlaubt haben, wenn er nach Hrn. F/s Flau gearbeitet hätte. Noch auf eine andre Nachlässigkeit des Hrn. F. muss ich auf- merksam machen. S. 372. wird die alte verkehrte Schreibart Istaevones lind Hermiones beibehalten. Schon Hess. Var. lectt. in Tacit. Germon. comment. 3. (Helmstädt 1834.) p. 3. theilt aus Handschriften die Lesart Iscevonea mit, und Jakob Grimm, wel- cher von den Bearbeitjero "der Germania noch immer zu wenig berücksichtigt wird , da ihm dqch allein bei deutschen Zweifeln und Fragen die entscheidende letzte Stimme zusteht, hat schon im Jahr 1835 in seiner. Deutschen Mythologie p. 207. und Anhang p. XXVII. und XXVIII. die Schreibart Iscaevones und Hermino- nes ausser Zweifei gesetzt. Jetzt schreiben wir 1843 , -und Hrn. F. ist bei seiner grossen Belesenheit eine Stelle des berühmtesten deutschen Meisters entgangen! Zu S. 470. erlaube ich mir die Bemerkung, dass die Expositio totius mundi et gentium von A. Mai vollständiger und currecter unter dem Titel lunioris Philo- soph! totius orbis descriptio , nebst einer Demonstratio provincfa- ruro in den Ciass. autor. e Vatt. Codd. edit. Tom. IIL p. 385— ^r 415. herausgegeben, und jüngst von Bode Scriptt. rerum.mythi- carum Latin. Tom. II. p., I — XXIll. wiederholt worden ist. Offenbar eine willlfonimene Zugabe sowohl der leichteren Uebersicht wegen , als durch die Art ihrer Finrichtung, sind die geographischen Tafeln, welche eine Uebersicht der Fortschi^itte in der Erdkunde liefern. Jede Tafel zerfällt in sieben Columnen, eine chronologische, eine die gleichzeitigen politischen Begeben- heiten vergleichende, die dritte die Facta, welche eine Erweite- rung, der Erdkunde zur Folge hatten, darstellend, die vierte, fünfte, sechste, die Quellen angebend (Dichter, Philosophen und Logographen), die siebente endlich die geographischen Vorstef* Inngen selbst in kurzen, aber deutlichen Umrissen schildernd« Die zweite Periode, und somit die zweite Tafel machte einige Aenderungcn nöthig,^ie Columne der Dichter und Logographeo fällt natürlich ,aus^ eine wird den Geschiqhtschreibern , eine den Geographen zugestaadefi. A^f der dritten Tafel finden wir diö Quellen in fMufColumpenabgetheilt, eine die Philosophen, zwei die Geschichtschrdbpn (Gri^hen und Römer), zwei die Geo- graphen (Grieche^ und Römer) nennend. Die vierte Tafel endr lieh gestattet don Quellen nur zfirei Columnen, eine den griechi«- sohen und eine den römischen* Der Rest. der Einleitung schildert vielleicht in zu gedrängter Uebersicht^ wenn man auf die vprKergehende Seitenzahl Rück- sieht nimmt, die Fortschritte und Behandlungsweisen der alten Geographie seit der Wiedergeburt der Wissenschaften und grie^ . chiachen Cultuiivim Ocpidi^iijtt Qa9 am Schluss hincugefügte Yer- 312 ^ Alte Geographie« zeichniss der geo^aphischen Lehr- and Handbucher ist aller« dings willkommen, da aber diese mehr oder weniger bekannt sind, so wäre es vielleicht Vielen willkommener gewesen, wenn eiu Verzeichniss der geographischen Monographieen nach den Erd- thlBÜen und wiederum nach den einzelnen Staaten geordnet, wo- bei denn aach die in den verschiedeueu Zeitschriften zerstreuten Artikel nicht unberücksichtigt bleiben durften, noch angehängt wäre. Das ist allerdings eine mühsame^ bibliothekarischen Fleiss lind eine umfassende Bücherkenntniss voraussetzende Arbeit, aber, wie es scheint, wäre eine solche Arbeit rerdienstlich und dürfte am allerwenigsten einem Buche fehlen , welches wie das Hrn. F.*s eingerichtet ist; Vielleicht findet der Hr. Verf. aber für gut, auf diesen Wunsch in dem hoffentlich bald erscheinenden zweiten Bande Rücksicht zu nehmen. — Der erste oder allgemeine Theil zerfallt in zwei Haupt- abschnitte, in die Schilderung der mathematischen und physischen Qieographie. Es versteht sich, dass in beiden Gebieten viel Stroh zu dreschen war, und dass die Alten kaum eine Ahnung von der wahren Gestalt dieser Verhältnisse hatten. Aber auch das Stu- dium der Irrthümer ist belehrend und zum mindensten interessant. So stellt Hr. F. die Ansichten einiger Philosophen über das Welt- all und seine Entstehung, über das Verhältniss und Wesen der Gestirne, über Sonne, Mond, Milchstrasse und' Kometen, dann über die Bewegung der Gestirne und über die Finsternisse dar. Wir finden hier wiederum die Ansichten einiger Philosophen auf- gezählt, die aber ohne Zusammenhang und ohne Einflnss auf den Glauben und die Ansicht des Volkes waren und bleiben mussten, 80 lange der gemeine Mann nicht im Stande war, sich auf die Bildungsstufe der Philosophen emporzuschwingen. Warum^ bit- Hr. F. es für überflüssig gehalten, die Vorstellungen der einzel- nen Völker von diesen Phänomenen zu berücksichtigen, da meiner Meinung nach die Ansichten der Völker, selbst wenn sie auf Irr- thümer sich gründen , in der Wagschale der Kritik eben so viel, wiegen, als die Irrthümer und Träumereien gelehrter Philosophen. Warum ist der lo, welche sich ihren Verfolgern entzieht, warum des h'un^ertäugigen Argos mit keinem Worte Erwähnung gesche- hen? Warum nicht Loki berührt, der für seine Unthaten in Fes- seln gelegt wird, der erst am Weltende wieder frei werden soll? Warum blieb die Mythe von Fenrir ganz vernachlässigt , der in Wolfsgestalt den Mond zu verschlingen sucht 1 Sonnen- und Mondfinstemisse waren den meisten heidnischen Völkern schauer- lich , die eintretende und wachsende Verfinsterung der leuchten- den Kugel schien ihnen der Zeitpunkt zu sein , wo sie der Rachen des Wolfes zu verschlingen drohte. Da glaubte man durch lautes Geschrei und Lärmen aller Art dem gefährdeten Monde Hülfe zu leisten. Eben so sehr kann man sich wohl darüber wundern, dass nirgends die astra rorantia des Ennius erwähnt sind , unge- Forbiger: Handbuch der alten Geographie* 318 achtet mehrfach daTon die Rede ist, dass nach einfgfer Philo- sophen Meinung sich die Sterne Ton den Ausdünstungen der Erde und des Meeres nährten. Dasselbe gilt von der Komaitho und , ihreiki Purpurhaar, wie von ähnlichen mythischen Wesen, weiche hei Gelegenheit der Aufzählung der irrtliümlichen Ansichten von Kometen und andern Himmelskörpern wenigstens erwähnt werden mussten. S. 518. werden die 'Meinungen der Alten über Zahl, Ordnirag und Entfernung derTianeten von einander^ dann S. 522 f. von der Grösse der Sonne und Planeten gehandelt, und S. 525« ist das Nöthigste über die Jahresbestimmung und das Kalender- wesen der Alten zusammengestellt. Bei dem Citat Censorinus de die natali c. 18* vermisse ich den Aristides, welcher da«8elbe ver- sichert, also die Glaubwürdigkeit des Censorinus bekräftigt. Aber mass man nicht erstaunen^ wenn blos auf den ägyptischen*, grie- . chischen und römischen Kalender Rücksicht genommen ist? Nach dem Worte des Hrn. F. hätte man wenigstens erwarten sollen, dass auf die andern Völker eben so gut Rücksicht genommen wurde , als auf die drei genannten , oder es musste überhaupt die ganze Untersuchung wegbleiben^ wenn es nämlich blos darauf abgesehen war, dem Leser nur einseitige iind halbwahre Ansichten über den Begriff des Nöthigsten zu obtrudiren. Auch über die Zeit des Umlaufs der einzelnen Gestirne, über die Grösse der Erdkugel nach den Meinungen der Alten iSnden wir schätzbare ' Notizen aufgehäuft. Den Schluss der Untersuchung endlich bil- det eine Abhandlung über die Längenmaasse der Alten, welche auf Pariser Maasse zurückgeführt sind. In Absicht der physischen Geographie gilt im Allgemeinen, was man dem ganzen Werke lassen muss: Gelehrsamkeit und Geist durchflechten das Ganze. Deshalb erlaubt sich der Recen- sent nur no.ch einzelne Bemerkungen.. S« 571. ist von Quellen von tödtlicher Kraft die Rede. Hr. F. bedient sich dabei des Ausdrucks ^^sollten!'^^ als wenn er selbst nicht an die Existenz schädlicher Wasser in Griechenland glaube. Ich verweise den gelehrten Hrn. Verf. auf das jungst erschienene Handbuch für Reisende in Griechenland von Neigebaur und Aldenhoven I. p. 15., wo man Folgendes lesen kann: „Wasser allein ist oft schädlich, mag es auch aus der klarsten , kühlsten Quelle kommen. Anch ist es rathsam, hevor man seinen Dnrst löscht, stets den Führer zu fragen, ob man ans der Quelle trinken darf, indem diese Leute alle Quellen kennen, welche gesundes oder schädliches Wasser enthaltcn.^^ Zu diesen vermeintlich schädlichen Quellen wird^ zuvörderst die Quelle Styx gerechnet. Es muss natürlich dem Leser auffallen, wenn ein re^ommirter Geograph vergisst, bei einem in das Dunkel der Mythe und Fabel eingehüllten Wasser denjenigen Schriftsteller zu citiren, welcher allein im ganzen Alterthum eine richtige Vorstellung davon hat« Dieses ist Pau- sanias Vill, 17 f. Ob das Wasser in der Tbat giftig ist oder nicht, 314 Alte' Geographie. ist vielleicht lieute noch nicht entschieden. Noch beute betrachtea die Soliotcn die Cascade mi^ abergläubiger Scheu. Allerdings mag die Tradition das Beate dabei gethan haben, aber die Wild- qIss der Umgebung, die Eigenthümlichkeii der Cascade, welche den tiefsten Fall in ganz Griechenland hat, der schauerh'chc Ein« druck, welchen das von zahllosen Strömen durchschnittene Fel- sengebirge auf den Wanderer macht, endlich der Umstand, das^ es unmöglich ist, dicht an den Abg^rund heranzutreten, oder in der Tiefe das in Staub verwandelte Wasser zu betrachten , soi^- d^ro man das grossartige Scbauspiel nur aus einiger Entfernung gemessen kann, -r Alles dieses wird dazu beigetragen haben, die yielen Fabeln von diesem berüchtigten Quell, von seiner gött* liehen, chthpnischen Natur in Umlauf zu setzen und die from- , men Menschen des Alterthums schon bei Nennung oder dem Ge> danken an den fürchterlichen Namen mit Schauder und Schrecken zu erfüllen. Wohl wäre es vielleicht gut gewesen , wenn Hr. F. mitunter auf die Erläuterimg solcher Verhältnisse eingegangen wäre, wenigstens lässt sich nicht absehen, wenn Alles dieses dem zweiten Theile vorbehalten ist, weil dieser an Wiederholungen, namentlich in Absicht derCitate, laboriren wird. Doch hoffen wir, Hr. F. werde diese schwierige Frage leichter und besser iöseii, als es dem Recensenten in diesem Augenblicke möglich erscheint. S* 571. zählt ferner Hr. F. unter die Fabeln des Alterthums, dass Flüsse unter der Erde verschwinden, eine Zeitlang unter der- selben fortfliessen und dann an einer ganz andern Stelle wieder hervorbrechen. . Ein ganz unbegreiflicher Satz! Nicht blos Pau- ' sanias Arcad. 59» sagt,, der Alpheius verschlingt sich oftmals selbst und tritt dann wieder an das Tageslicht hervor, sondern alle neuern Reisenden, der äitern nicht zu gedenken. Ich ver- weise daher Hrn. F. nur auf Leake, Travels in the Morea I, 123. So lässt sich's leicht erklären, wie die Zeit, welche der Mytho- löge mit dem Namen ^v^ozonog bezeichnet, an den sich absor- birenden Fluss die Sage vom Verfolgen der Arethusa nach Ortjgi^ knüpfte. Bei solchen Dingen steht es aber dem Forscher besser an, nach dem Grunde zu forschen, als die Sache selbst mit einem altklugen „so^ar*'\ hervorzuheben und auf diese elegante Weise grosse Unkunde zu verdecken. Pausanias sagt vom Erasinos, dass er sich in ein xaöfia stürze und in Argolis wieder an's Tageslicht hervorkomme, dort heisse er aber Erasinos anstatt Stymphalos. Wir hören Leake IIl. p. 113. : Der Fluss stiirzt sich in die Zere- thra des Berges Apelaurum und bricht bei den Mühlen von ArgQs wieder hervor. Dieses Factum ist um so auffallender, da die Entfernung zwischen den beiden Punkten grösser ist, als die Lange irgend ' eines unterirdischen Flusses im Peloponnes , und ausaerdero verschiedene hohe Gebirge dazwischen ragen. Pausa- niaa sagt, er habe gehört, dass das Wasser des Pheneatischen Sees in die Höhlen dea Gebirges hinabsteige, dann wieder hervor- Forbiger: Handbuch der alten Geographie. 315 breche und die Quellen des Ladon bilde. ,^Aber icbj^ann dies nicht- behaupten. ^^ Pausanias hatte es sich erzählen lassen, aber er wurde nicht betrogen, denn Leake hat die Sache gra) Verhältnisse nnd Pro- portionen. Arithmetische und geometrische Verhältnisse. Expo- nent. Proportionen. Anwendung der Proportionslehre. (Gerades und amgeicehrtes Verhältniss. Einfaches, zusammengesetztes, qua- dratisches, cnbisches Verhältniss. Kettenregel. Gesellschafts- nnd Miscluingsregel.) Der r/rtV^^ Abschnitt enthält von § 34 — 59. Auf- gaben über Potenzen, Wurzeln, Logarithmen; er zerfallt in folgende Theile: A) Potenzen mit ganzen Exponen*ten. Potenzen mit dem Exponenten und der Basis 0, mit negativem Exponenten und mit ne- gativer Basis. Potenzirung einer Summe oder Differenz. Binomial- Coefficienten-Tafel. B) Wurzeln. Begriff der Wurzel. Potenzen und Wurzeln mit gebrochenen Exponenten. Ueber das Vorzeichen der Wurzel. Rechnung mit imaginären Grössen» C; Wurzeln aus Zahlen und algebr. Ausdrücken. Quadratwurzeln aus Zahlen. Qua- dratwurzel aus algebraischen Ausdrücken. Cubikwurzel aus Zahlen. Cubikwurzel aus algebraischen Ausdrücken. Ausziehen höherer Wurzeln aus Zahlen und algebraischen Ausdrücken. Verwand- lung der Summe zweier Quadratwurzeln in eine Quadratwurzel, und umgekehrt. D) Logarithmen. Begriff eines Logarithmus. Logarithmische Sätze. Gebrauch der logarithmtschen Tafeln. Berechnung gegebener Ausdrücke mit Hülfe der Logarithmen. Servierte Abschnitt behandelt von § 60 — 80. die Gleichungen. Die einzelnen Theile dieses Abschnittes sind : Begriff und Ein- theilung der Gleichungen. A) Gleichungen vom ersten Grade. Gleichungen vom ersten Grade mit einer unbekannten Grösse. Exponentialgleichungen. Aufgaben, als Anwendungen der Glei- chungen des ersten Grades mit einer unbekannten Grösse. Glei- chungen vom ersten Grade mit mehreren unbekannten Grössen. Exponentialgleichungen. Aufgaben, als Anwendungen der Glei- chungen des ersten Grades mit mehreren unbekannten Grossen. B) Gleichungen vom zweiten Grade. Gleichungen vom zweiten Grade mit einer unbekannten Grösse. Exponentialgleichungen. Anwendungen der Gleichungen vom zweiten Grade mit einer unbekannten GlrÖsse. Gleichungen vom zweiten Grade mit meh- reren unbekannten Grössen. Aufgaben, als Anwendungen def Gleichungen de» zweiten Grades mit mehreren unbekannten Grössen. C) Diophantische Gleichungen. Anwendungen der diophantischen Gleichungen. Der fünfte Abschnitt bringt von §81—86. Aufgaben über die Progressionen und Kettenbriiche. Die Unterabtheilungen dieses Abschnitts sind: Arithmetische Progressionen. Aufgaben, als Anwendungen der arithmetischen Progressionen. Geometrische Progressionen.' Aufgaben , als An- wendungen der geometrischen Progressionen. Zinseszinsen- und Sentenrechnung. Kettenbruche. Anwendung der Kettenbrüche xtir Auflösung der unbestimmten Gleichungen und zur Auffindung der Quadratwurzeln und Logarithmen. Der Sechste ^ditdtt • % I Heis : Sammlang yon Beispielen hn» d. Arithm. o. Algebra. 310 endlich enthiilt von § 87 — 93. /^nf^aben über PermatatioDenf/ Combinationen , Variationen) binonii$Ghen und polyDomischeD Lehrsatz, fignrirte Zahlen, Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das in Rede stehende Werk zeichnet sich, wie sthon aus dem angeführten detaiiiirten Inhalte hervorgeht, ganz besonders durch die Reichhaltigkeit der behandelten JMaterien, sowie auch • durch die Menge, Neuheit und glückliche Wahl der gegebenen Beispiele vor vielen derartigen Schriften vortheilhaft aus. Beson- ders angenehm wird es schon deshalb für manchen Lehrer sein, der viele Jahre hindurch sich mehrerer Sammlungen bediente, well er eine Menge neuer, zweckmassig geordneter Beispiele erhält, bei welchen zugleich, mit Ausnahme von fast allen Auf- gaben der sieben einfachen Rechnungs- Operationen, die Kesul* täte der Aufgaben mitgetheilt sind. Für manchen Schüler, der, wie es vorzüglich bei den Gymnasiasten vorkommt,, die Mathe^ matik nicht mit der gehörigen Liebe betreibt, sind die hinzu- gesetzten Antworten häufig die Veranlai^ung oder doch die Stütze der Trägheit und Nachlässigkeit. Daher gab der Hr. Verf. die Resultate der Aufgaben nur bei zusammengesetzten und schwie- rigeren 'Rechnungen, ganz besonders aber nur ohne Ausnahme bei den Aufgaben, die über 'Gleichungen mitgetheilt sind« Allein auch da sind die Resultate nicht unmittelbar unter die gegebenen Aufgaben gesetzt, sondern sie sind von den Aufgaben getrennt, zusammengestellt. Um von der Reichhalti^eit der Sammlung einen Begriff' zu geben, mögen folgende Angaben genügen: Anwendung der Proportionslehre, 6ö Aufgaben. Quadratwur- zeln aus Zahlen, «47 Aufgaben. Berechnung gegebener Aus- drücke mit Hülfe der Logarithmen , 42 Beispiele. Gleichungen vom ersten Grade mit einer unbekannten Grösse, 154 Beispiele. Anwendungen dieser Gleichungen, 238 Aufgaben u. s. w. Ganz besonders haben -diejenigen Aufgaben unsern Beifall, die die An- wendungen ZU' denen des vierten, fünften und sechsten Abschnitts enthalten, denn sie sind nicht blos aus dem gemeinen Leben genommen, sondern sie erstrecken sich auch über Gegenstände der Physik , mathematische Geographie, Astronomie, Bergwerks- wissenschaft u. 8. w. Wir theilen hier einige solche Beispiele mit. S. 140. Kr. 135. Vor einer totalen und centralen Sonnen- finsterniss, die an einem Orte vorfiel, standen., der Berechnung jsufolge, um 9 Uhr 18 Minuten Vormittags die Mittelpunkte der Sonnen- und Mondscheibe noch 5| Mondsbreiten ton einander. Beide Scheiben hatten dieselbe scheinbare Grösse ond bewegten »Ich nach derselben Richtung hin, voti Westen nach Osten* Der Mond legte auf seiner Bahn in einer Stunde 1^^^, |Ke Sonne dt^ gegen in derselben Zeit nur ^^ Mondsbreite zurück«. Un^ wie ▼lei Uhr fielen fie Mittelpunkte beider Scheiben zusammen , (totale Flnsterwiss) t Uns wie vfel Uhr berührten sich die Sdie»- be» mit ihren RlM^n znis erfirten und um wie vier Uhr zum . 320 Mathematik« , ' aweiten Maie (Anfang und Bpide der Finsteralss)? — 8. 143. Nr. 152. Kin Dampfwa^en gelit von ei.nem Orte A naqh einem östiicli gelegenen Orte B, der mit ilim gleiche geographisclie Breite hat, und macht, jede Stunde 32 engl. Meilen. Wegen Verschiedenheit der.Ortsuhren gewinnt der Wagen ausserdem bei je 10 Meilen,. die er zurücklegt, eine Minute an Zeit. .Wena nnU der aus A Morgens um 9 Uhr nach der Ortszeit, abgehende. Wagen in B Nachmittags. um 4 CJhr 6 Minuten, nach der Uhr des Ortes B, anlangt, wie weit sind beide Orte toii einander ent- fernt? — S. 147. Nr. 175. In einem Kohlenbergwerke befinden sich zur Förderung der Steinkohlen zwei Dampfmaschinen.. Die erste bringt in^je 5 Stunden 1728 Centner auf eine Höhe von 625 Fuss, die zweite in je 3 Stunden 1600 Centner auf eine Höbe von 540 Fuss. Beide Dampfmaschinen wurden an denselben Ort gebracht, und es fand sich, dass, nachdem die erste bereits Ij Stunde, gearbeitet hatte, el»e die zweite anfing, diese, doch nach 7 Stunden 225 Centner mehr lieferte , als jene. W4e lässt sich aas diesen Angaben die Tiefe b^erechnen, aus der beide Ma- schinen die Steinkohlen zu Tage förderten? — S. 196. Nr. 48. Ein Körper geht mit gleichförmiger Geschwindigkeit von einem Punkte A nach einem 301 Fuss entfernt gelegenen Punkte B, und geht , ahne zu ruhen , mit derselben Geschwindigkeit wieder von B nach A zurück. 1 Secunden später geht ein zweiter Körper von B nach A. mit ebenfalls gleichförmiger, aber geringerer Ge- schwindigkeit und trifft in 10 Secunden nach seinem Abgange ^ zum ersten Male und in 45 Secunden «nach seinem Abgange zum zweiten Male mit dem ersten Körper zusammen. Wie viel Fuss legt jeder Körper in einer Secunde zurück ^ — S. 228. Nr. 23. Köln y 'fachen und Düsseldorf liegen in einem rechtwinkeligen Dreiecke , dessen Spitze Köln bildet. . Die Entfernungen von Aachen nach Düsseldorf und von Aachen nach Köln stehen in dem Verhältnisse 19 : 17 , und die Entfernung von Köln nach Düsseldorf beträgt 4^ Meile. Wie viel Meilen betragt die Ent- fernungr zwischen Aachen und Köln, und zwischen Aachen und Düsseldorf? — S. 274. Np. 14 Wenn ein gezahntes Rad 27, ein andres 55 Zähne hat, wird alsdann nach und nach jeder Zahn des ersten Rades in^ jede Zahnlücke des zweiten Rades kommen? Wird dieses auch geschehen ^ wenn das erste Rad 28, das zweite 35 Zahne hat? Von welcher Art muss die Anzahl der Zähne bei ' zwei in einander greifenden Rädern sein, wenn alle Zähne des einen nach und nach in alle Zahnläcken des andern Rades gelan- gen sollen? — S. 281. Nr. 14. Den neuesten Untersuchungen gemäss nimn)t die Temperatur des Erdkörpers um so mehr^zu, ]e mehr man sich dem Mittelpunkte der Erde nähert. Wenn nun die Wärme bei einer Tiefe von 200 preuss. Fuss 9^,5 Reaumur beträgt und für je 115 preuss. Fuss, die man dem Biittelpunkte der Erde sich nähert, die Temperaturerhöhong 1^ Reaumur aus- Heist Saminlnng von Beispielen aus d. Arithm. u. Algebra. 321 macht, bei welcher Tiefe wird man die Warme des kochenden Wassers =:= 80^, bei welcher die Hitze des schmelzenden Bleies ^:= 283,2^ Reaumiir antreten? Welche Temperatur wurde, wenn das Gesetz für die Zunahme bis zum Mittelpunkte der Erde statt- findet, der Mittelpunkt der Erde haben (der Halbmesser der Erde beträgt 859^ Meile, jede Meile 9U 23,628 preuss. F. gerechnet)? — S. 290. Nr. 22. Der Recipient einer Luftpumpe hat 76, der Stiefel ' 20 CubikzoU Inhalt. Wie viel Cubikzoli Luft von der Dichtigkeit, der äussern befindet sich nach 24 Ziagen in dem Recipieiiten? Wenn wir übrigens einerseits die wohlgeordnete Zusammen- stellung det Aufgaben, nach welcher immer die gleichartigen Bei- spiele unter einander gestellt sind , und stets die leichtern Auf- gaben den schwerern vorangehen, lobend erwähnen; so müssen wir doch auch an4rcr8eits nnsern Tadel darüber aussprechen, dasB sich eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Fehlern, ausser den am Ende des 'Buches bemerkten, eingeschlichen hat, die wir nicht immer und nicht überall der Schuld des Setzers bei- messen können. Ref. erlaubt sich , diejenigen Fehler hier anzu- führen , die ihm während des Gebrauchs der in Rede stehenden ^ammlung aufgefallen sind, und hoff't damit den Besitzern dieses Werkes einen kleinen Dienst zu erweisen. S. 78. in der 35. Aufg. fehlt im Divisor die Schlussklammer. S. 87. möchte es in dem zweiten Beispiele der 19. Aufg. wohl heissen: [r^==i;08— 0,6]3, statt: [1^—1,80— 0,6] 3. S. 95. in der 9. Aufg. muss es heissen: 60x*y* + 1547x3 y', statt: 110x4 y2 __ 1547x3 y3. s. 118. im zweiten Theile der Gleichung 5x3? — x7| bxH—iJt ^ ,^^ 100 ffluss es heissen: , statt: . S. 119. 4 4 muss man im zweiten Theile der 107. Gleichung 2b + /x statt 26 + yfx setzen. S. 122. ist die Auflösung der Gleichung 83 . qicht 7, sondern 4{^. S. 123. in der Auflösung der 103. Glei- chung lese man 43,30127 statt 4,330127. S. 124. fehlt in der Auflösung der 150. Gleichung vor 1,533174 das Zeichen „ — ^^ S. 127. Z. 15. muss es heissen: 8 pCt., statt: 10^ pCt. S. 131. Z. 26. lese man : weniger , statt : nebst, S. 134. Z. 8« wird es ^§- statt ^^ heissen müssen. S. 173. kommt zum zweiten Theile der ersten Gleichung in der 35. Aufg. noch das Glied „+ 4b3^^ hinzu, so dass dieser H^'heil nun folgender wird: (b + G)y vf- a(a — 4b) 4* ^b^« S. 173. muss es im zweiten Theile der zweiten Gleichung der 36. Aufgabe 4 statt 8 heissen. S. 174. lese mao in der 40. Aufgabe: ,1^1^=^, statt: 7y+1^3-5x g^ ^^^ 1 I muss man in der 69. Aufgabe setzen: ^4.^ 1 ^^ '~~ iV. Jahrb, f. Phil. «. Paed. od. KHU Hibl, ßd, XXXVIII. Hfl. 3. 21 322 Mathematik. 1 1 statt: ^^1 i ----. ^1 j, S. 179. in der 94. Aufgabe lese man ^bc statt 2ali , 2ab statt 2ac , 2ac statt 2bc. S. 186. in der Auflösuu^ der 39. Gleichung lese man x = 5 , y ^:=z 7 , statt X =::i: 4, y ^^ 8. S. 187. in der 75. Auflösung ist x = 17, und nicht X -~ 7. S. 188. Auflösung 97 muss es heissen: x = 2 2 2 : — 5 y -- — 1 > statt: x :^ , y = m — n + p '^ ' m + n — p' m + n — p' "^ 2 ; — . S. 189. Auflösung 121 lese man: x == 5, y = 7, m — n + p statt: X ^^ 3, y -= 4. S. 190. Z. 3. v. u. lese man 35615750 statt 356157500. Ebendas. lese man 5717850 statt 57178500. S. 206. Z. 2. V. 0. muss es heissen 73 statt 37. S . 212. ist der aweite Theil der 17. Gleichung K0,25x« — 8, und nicht «Y 7 Ko;25xa _ 8x. S. 215. lese man in der 86. Gleichung T _g ßx 7 statt 5 T7 . S. 216. muss es im zweiten Theile der 97. Glfei- 8x — 6 chung heissen: 15bc, statt: 156c. S. 225. fehlt Tor dem Werth'e Ton X' in der 142. Auflösung das Minuszeichen. S. 251. wird der erste Theil 'der ersten Gleichung in der 77« Aufgabe yf^*lf\ statt ^a.^^ Iieissen müssen. S. 256. Z. 1. v. u. lese mao: 15 + r285 uiiim 2 , y/ » ^ + r 77 + 5r285 . statt: ■iHIIHt 15 + 3 r285 _ r 73 + 15 r29 8,257. 2 ' ~-N" 2 fehlt die Auflösung der 74. Gleichung. Sic ist x = x' = 3, y = z' =: 12, z = y =: 4; X" ^— X'" -- 16, y" t^^** --^ 1,5 + 0,5 r^=l83 , z'" ^ y''' =^ 1,5 — 0,5 r^=l83. Die angege- benen Auflösungen von Nr. 74. 75. und 76. gehören zu der 75. 76# und 77. Gleichung.- So eben kommt dem Ref. die zweite , vermehrte Auflage des angezeigten Werkes in die Hände, wefthe bei demselben Ver« k^er 1840 erscbieuen ist. Die neue Auflage unterscheidet sich voa der ersten vorzüglich dadurch, dass ihr ein siebenter Ab- schnitt hinzugelügt ist , weicher Aufgaben über die Gleichungen VttB hohem Graden enthält. Ausserdem sidd in der neuen Auf- lage die meisten der oben bemerkten Druckfehler verbessert. Für die Besitzer der ersten Auflage wird es aber immer nicht uninteressant aefo , das mitgetheilte Druckfehlerverzeichniss ken- nen zu lernen. Haiitz: Jaootnis Micyiias. 32S Wir wvmchen dem angezei^en Werke und seiner neuen Auflage eine recht weite Verbreitung; und empfehlen es ailcn Lehrern an Gymnasien und technischen Anstalten/ Das Acüssere der alten und neuen Auflaufe verdient Lob« Frei b erg. Mathematicus Hofmänn» lacobus Micyllus Argentoratensis^ pküologua et poeta, Heidelbergae et Rupertinae univeraitatis otim decus. Commentatio hiatorico - liier aria^ quam eomcripdt loannes Fridericus HautZy Lgcei Heidelbcrgensis prqf^ssor. Heidelbergae, sumptibds I. C. B. Mohr, bibliopolae academici. MDCCCXI.II. VI und 66 8. 8. In dieser, zunächst als Programm für die jVingsten Herbst- Prüfungen des Lycenms an Heidelberg erschienenen, nunmehr aber auch in den Buchhandel übergegangenen, kleinen Schrift erneuert ein sehr verdienter Schulmann das Andenken eines Man- nes, der einen der ersten Plätze unter denjenigen deutschen Gelehrten einnimmt^ die zu Ende des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch Bearbeitung der dassischen Literatur und durch Beförderung der humanistischen Studien sich um die Mit- und Nachwelt unsterbliche Verdienste erworben haben, indem hauptsachlich sie es waren, die am Ende der laugen trau- rigen Nacht des Mittelalters mit seinem geisttödtenden Scholastik cismus zuerst jenes Licht anzündeten, das später alle Wissen- schaften, namentlich die Theologie, ja, man kann wohl sagen, mittelbar alle Lebensverhältnisse erleuchtend und erwärmend durchdrang. Mit vollem Rechte wird Jakob Micyllua einem Melanchthon ^ einem Erasmus und Andern an die Seite gestellt, und völlige Verkennung seines Werthes und Undank wäre es, wenn ihm die Geschichte nicht gleiche Ehre mit diesen ausge- zeichneten Männern zutheilen würde. Was insbesondere sein Veriiältniss zur Universität Heidelberg betrifft, so verdankt ihm dieselbe wahrlich nicht den kleinsten Tfaeil der Bliithe und Ceie- britat, vermöge deren sie ^on den Zeiten der Reformation an einen so hohen Rang unter den deutschen Hochschulen einnahm. Wer nun das Lebf a und Wirken eines solchen Mannes, zumal bei dem Abgange genauerer historischer Nachrichten, mittelst zirrerlässiger Nachweisungen aus bisher wenig oder gar nic^it bekannt gewesenen Quelle^ beleuchtet, • und das bisher nur in unbestimmten Zügen unserm €kiste vorschwebende Bild des- selben in bestimmten und scharfen Umrissen gezeichnet, zur^Ali- schauang bringt, der erwirbt sich gerechten Anspruch sof den Dank aller Freunde der Literar- und Culturgescbichte.^ Und diesen Anspruch hat sich der würdige Verf. vorliegender in hohem Grade erworben. 21 * 324 Literargeschichte. Wir wollen es^versticheD, das, vop denMelben unter Be* nntxnng theils handschriftlicher Quellen (Jcta ordinia philoso- phorum universilatia Heidelb. manuscr. F. und Annales univer- aitatis He